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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Evaluation der Relevanz und curricularen Integration von geschlechtersensiblen und kulturellen Kompetenzen durch Medizinstudierende im Praktischen Jahr: Effekte von diversitätsbezogenen Studierendengruppen und Curriculum

Artikel Evaluation

  • corresponding author Sabine Ludwig - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • author Susanne Dettmer - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland
  • author Wiebke Wurl - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Berlin, Deutschland
  • author Ute Seeland - Charité - Universitätsmedizin Berlin,Institut für Geschlechterforschung in der Medizin, Berlin, Deutschland
  • author Asia Maaz - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Prodekanat für Studium und Lehre, Dieter Scheffner Fachzentrum für medizinische Hochschullehre und Ausbildungsforschung, Prodekanat für Studium und Lehre, Berlin, Deutschland
  • author Harm Peters - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Prodekanat für Studium und Lehre, Dieter Scheffner Fachzentrum für medizinische Hochschullehre und Ausbildungsforschung, Prodekanat für Studium und Lehre, Berlin, Deutschland

GMS J Med Educ 2020;37(2):Doc19

doi: 10.3205/zma001312, urn:nbn:de:0183-zma0013122

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2020-37/zma001312.shtml

Eingereicht: 30. Januar 2019
Überarbeitet: 16. Juli 2019
Angenommen: 26. September 2019
Veröffentlicht: 16. März 2020

© 2020 Ludwig et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Diversitätsaspekte spielen in der medizinischen Versorgung eine wichtige Rolle und werden vermehrt in medizinische Curricula in Europa und weltweit integriert. Forschung zur Sichtweise der Studierenden hinsichtlich der Relevanz und der Integration von Diversitätsaspekten wie geschlechter- und kultursensible Kompetenzen ist jedoch noch begrenzt.

Methodik: An der Charité – Universitätsmedizin Berlin wurden parallel ein Regel- und ein Modellstudiengang angeboten. Diversitätsperspektiven, insbesondere Geschlechteraspekte, wurden systematisch in den Modellstudiengang integriert. Im Jahr 2016 wurde ein Online- Fragebogen an alle Medizinstudierenden im letzten Studienjahr beider Studiengänge verschickt. Die Studierenden machten diversitätsbezogene Angaben (Geschlecht, Alter, Anzahl der Kinder, Migrationshintergrund, körperliche Beeinträchtigungen / Behinderung) und beurteilten die Relevanz von geschlechter- und kultursensiblen Kompetenzen und deren Integration in ihren Studiengang. Sie beurteilten auch ihren Grad der Vorbereitung auf das Praktische Jahr und auf ihre ärztliche Tätigkeit.

Ergebnisse: Die befragten 184 Studierenden betrachteten geschlechter- und kultursensible Kompetenzen als sehr relevant oder relevant (62%; 73%). Die Beurteilung der Relevanz war dabei unabhängig vom Studiengang und signifikant höher bei Studentinnen. Von den Studierenden des Regelstudiengangs bewerteten 69% das Ausmaß der Integration als gering, wobei 83% der Studierenden des Modellstudiengangs das Ausmaß der Integration als groß beurteilten. Die Studierenden des Modellstudiengangs fühlten sich signifikant besser auf die ärztliche Tätigkeit vorbereitet. Dabei waren keine signifikanten Geschlechterunterschiede zu verzeichnen. Alter, Anzahl der Kinder, Migrationshintergrund oder körperliche Beeinträchtigungen / Behinderung hatten separate Effekte auf die Beurteilungen der Studierenden.

Schlussfolgerung: Medizinstudierende im letzten Studienjahr beurteilten geschlechtersensible und kulturelle Kompetenzen als relevant, dies war unabhängig vom Studiengang. Diese Beurteilungen liefern zusätzliche Evidenz, dass unsere systematische Vorgehensweise der curricularen Integration erfolgreich war.

Schlüsselwörter: Gender, Diversity, Kultur, Medizinische Ausbildung, Studierendenevaluation, medizinische Kompetenzen


1. Einleitung

Die medizinische Ausbildung befindet sich momentan in einer Transitionsphase von einem traditionellen, fächerorientierten hin zu einem integrierten, kompetenzbasierten Curriculum [1], [2], [3]. Im Rahmen dieses Transitionsprozesses werden Diversitätsaspekte und –kompetenzen, insbesondere gendermedizinische sowie kulturelle Aspekte integriert [4], [5], [6]. An medizinischen Fakultäten in Amerika [7], [8] und Kanada [9], [10], [https://cihr-irsc.gc.ca/e/8673.html], gab es bereits mehrere Bemühungen, geschlechtersensible Curricula zu entwickeln [11], [12], [https://www.ttuhsc.edu/medicine/sex-gender-specific-health/]. In Europa wurden Geschlechteraspekte zum Beispiel in Österreich [13], Schweden [14], und den Niederlanden [15], integriert. Verdonk et al. [16] haben eine Bewertungsskala für Geschlechtersensibilität entwickelt und Dogra et al. zwölf Tipps für eine kultursensible medizinische Ausbildung [17]. In mehreren medizinischen Fakultäten in Amerika gibt es zudem Bemühungen, kulturelle Kompetenzen zu integrieren [18], [19], [20], [21], [22], [23]. Die Lancet Commission on Culture and Health hat 2014 die Bedeutung der Integration von kulturellen Kompetenzen in die medizinische Ausbildung betont [24]. Der Ausschuss „Kulturelle Kompetenzen und Global Health“ der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) hat zudem ein Positionspapier zur Integration von kulturellen Kompetenzen in die medizinische Ausbildung veröffentlicht [25]. Bisher ist jedoch nur wenig darüber bekannt, was Medizinstudierende über die Integration von Diversitätsaspekten in die medizinische Ausbildung denken. Das Ziel der vorliegenden Studie ist daher zu analysieren, wie Medizinstudierende die Relevanz von Diversitätskompetenzen wie geschlechtersensible und kulturelle Kompetenzen sowie das bisherige Ausmaß der Integration in das Curriculum beurteilen.

In diesem Artikel verwenden wir folgende Definitionen für „Sex“, „Gender“ und „kulturelle Kompetenz“: „Sex“ ist das biologische Geschlecht und umfasst unter anderem Gene und Hormone, „Gender“ ist das soziokulturelle Geschlecht wie der Lebensstil oder das Verhalten. In der Medizin kann das biologische Geschlecht nicht unabhängig vom soziokulturellen Geschlecht betrachtet werden: So hat das biologische Geschlecht einen Einfluss auf das Gesundheitsverhalten und den Lebensstil und damit auf die Gesundheit. Geschlechterbedingtes Verhalten kann wiederum biologische Faktoren beeinflussen und modifizieren und auf diese Weise einen Einfluss auf die Gesundheit haben [26].

Kulturelle Kompetenz definieren wir hier unter anderem als ein „Repertoire an im Lebensverlauf erlernten, veränderlichen Denk- und Handlungsweisen sowie die Anerkennung der Kontextabhängigkeit von kultureller Identität“ [25].

Diversitätsaspekte spielen in vielen, wenn nicht allen Bereichen der ärztlichen Tätigkeit eine Schlüsselrolle [27]. Für die Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung von Frauen und Männern ist die Integration von Diversitätsaspekten wie Geschlecht, kultureller Hintergrund, Religion, Alter, körperliche Beeinträchtigungen und sexuelle Orientierung [28] in die medizinischen Curricula sowie die Curricula weiterer Gesundheitsprofessionen notwendig und bedeutsam [13]. Angehörige der Gesundheitsprofessionen sollten in der Zukunft über ausreichend Wissen zu relevanten Diversitätsaspekten bei Erkrankungen verfügen, wie beispielsweise Wissen zu Geschlechterunterschieden bei der Prävention, Entstehung, Diagnose, Manifestation und Therapie von Erkrankungen [26], [28]. Sie sollten zudem Geschlechterunterschiede beim Gesundheitsverhalten sowie geschlechterbezogene Risikofaktoren für spezifische Erkrankungen benennen und erläutern können [8]. Zudem sollten sie im Bereich der diversitätssensiblen Kommunikation ausgebildet werden, über Wissen zu Geschlechterunterschiede in Public Health verfügen und die eigene Geschlechterrolle reflektieren können [29], [30].

An unserer Einrichtung, der Charité – Universitätsmedizin Berlin, wurde das traditionelle, fächerbasierte medizinische Curriculum seit 2010 durch ein integriertes, kompetenzbasiertes Curriculum, den Modellstudiengang Medizin, ersetzt [2], [3]. Mit der Einführung des neuen Studiengangs wurden Diversitätsaspekte mit dem Fokus auf Geschlechteraspekte systematisch in das Curriculum als Lehrinhalte und Lernziele integriert. Dabei gibt es Lehrveranstaltungen zum Thema Gendermedizin, wie zum Beispiel zu Geschlechterunterschieden in der Pharmakologie sowie Lehrveranstaltungen mit integrierten geschlechterbezogenen Lernzielen: “Die Studierenden sollen Geschlechterunterschiede beim Typ 2 Diabetes mellitus, Lungenkarzinom und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erläutern können” und “Die Studierenden sollen eine geschlechtersensible Anamnese, eine geschlechtersensible Diagnose und Therapie durchführen können”. (9. Semester, Modul 35 „Geschlechtsspezifische Erkrankungen“). Kulturelle Aspekte sind ebenfalls integriert, wie zum Beispiel in den Lehrveranstaltungen zum Einfluss von Kultur und Geschlecht auf das Ernährungsverhalten (Modul 12 „Ernährung, Verdauung, Stoffwechsel“), zur medizinischen Versorgung von Migrant*innen sowie interkulturelle Aspekte in der Arzt/Ärztin-Patient*in-Kommunikation (2. Semester, Modul 6, „Gesundheit und Gesellschaft”) [31].

Dieser Prozess der Integration wurde durch eine spezifisch hierfür eingesetzte Diversity- und Gender-Beauftragte sowie durch ein systematisches, fakultätsübergreifendes zehnschrittiges Vorgehen für die Integration begleitet und umgesetzt [31]. Aus struktureller Sicht und auf Basis der aktuellen Evaluationsstandards kann diese Integration als erfolgreich betrachtet werden [15]. Auf diese Weise konnte erreicht werden, dass 5% der Lernziele, 21% der Vorlesungen, 12% der Seminare und 8% der Praktika explizit diversitätsbezogene Themen, insbesondere Geschlechteraspekte, beinhalten [31].

Über die Indikationen für eine erfolgreiche strukturelle Integration hinaus wissen wir derzeit nicht, wie die Studierenden - als eine Hauptzielgruppe – diese Intervention beurteilen, wie sie die Relevanz von diversitätsbezogenen Kompetenzen für ihre Ausbildung und zukünftige ärztliche Tätigkeit und das Ausmaß der curricularen Integration in den neuen Studiengang im Vergleich zum Regelstudiengang einschätzen.

Das Ziel der vorliegenden Studie ist daher die Beantwortung folgender Fragen:

1.
Wie beurteilen Studierende im letzten Studienjahr die Relevanz von diversitätsbezogenen geschlechtersensiblen und kulturellen Kompetenzen für ihre Ausbildung?
2.
Inwieweit sind geschlechtersensible und kulturelle Kompetenzen im Modellstudiengang im Vergleich zum Regelstudiengang integriert?
3.
Wie beurteilen Medizinstudierende des Regel- und Modellstudiengangs ihren Grad der Vorbereitung (Preparedness) auf das Praktische Jahr und ihre zukünftige Arbeit als Ärztin oder Arzt?
4.
Gibt es neben dem Geschlecht Unterschiede in der Bewertung der Relevanz, curricularen Integration und Preparedness zwischen Studierenden weiterer diversitätsbezogener Studierendengruppen, wie z.B. Alter, mit oder ohne Kinder, Migrationshintergrund oder körperliche Beeinträchtigungen/Behinderung?

2. Methodik

Rahmenbedingungen

Die Befragung wurde von Juni bis August 2016 an der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit Hilfe eines Online-Fragebogens durchgeführt. Die Datenschutzbeauftragten sowie die Ethikkommission der Charité haben die Studie genehmigt (Nr. 8-16; Datenschutzbeauftragte und Ethikkommission Charité, Campus Mitte).

Das Medizinstudium umfasst insgesamt sechs Jahre. Jährlich werden etwa 600 neue Studierende aufgenommen. Im Jahr 2010 wurde das bisherige traditionelle, fächerbasierte Medizinstudium semesterweise durch ein voll integriertes, kompetenzbasiertes Studium für die neu immatrikulierten Studierenden ersetzt [2], [3]. In beiden Studiengängen besteht das letzte Studienjahr aus einer ähnlichen Abfolge von klinischen Praktika.

Fragebogenentwicklung

In einem interdisziplinären, iterativen Prozess wurde ein halbstandardisierter Fragebogen gemeinsam mit Fakultätsmitgliedern aus dem Bereich Qualitätssicherung des Prodekanats für Studium und Lehre, des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, des Dieter Scheffner Fachzentrums für medizinische Hochschullehre und Ausbildungsforschung, Gender- und Diversity – Expert*innen sowie Medizinstudierenden entwickelt. Ziel der Befragung war es, die Qualität von Studium und Lehre, die Studienbedingungen und die curricularen Strukturen zu evaluieren. Mehrere Items aus dem Fragebogen des Kooperationsprojekts „Absolvierendenstudien“ [32] wurden integriert.

Die Studierenden wurden dabei um grundlegende, diversitätsbezogene soziodemographische Informationen (Geschlecht, Alter, Anzahl der Kinder, Migrationshintergrund oder körperliche Beeinträchtigungen/Behinderung) gebeten. Für die Relevanz und das Ausmaß der Integration medizinischer Kompetenzen wurden Items aus den Fragebögen der Studie „Karriere- und Lebensplanung in der Medizin“ [33] verwendet: „Bitte bewerten Sie, wie relevant die folgenden Kompetenz- und Inhaltsbereiche ärztlicher Tätigkeit für Sie persönlich sind“ und „Bitte beurteilen Sie das Ausmaß der Vermittlung der folgenden Kompetenz- und Inhaltsbereiche ärztlicher Tätigkeit durch Ihr Studium an der Charité“. Dieses Instrument wurde um Fragen zu geschlechtersensiblen und kulturellen Kompetenzen ergänzt.

Die Studierenden wurden auch zu ihrer Preparedness auf das Praktische Jahr und ihrer zukünftigen ärztlichen Tätigkeit befragt. Für die in diesem Manuskript vorgestellten Items (Relevanz, Ausmaß der Integration, Preparedness) haben wir 5-Punkt-Likert-Skalen für geschlossene Fragen verwendet (Relevanz: sehr wichtig, eher wichtig, teils/teils, eher unwichtig, überhaupt nicht wichtig; Ausmaß der Integration: sehr groß, groß, teils/teils, gering, sehr gering; Preparedness: stimme voll zu, stimme eher zu, teils/teils, stimme eher nicht zu, stimme gar nicht zu).

Eine elektronische Version des Fragebogens wurde in dem Evaluationssystem EvaSys (Evaluationssysteme GmbH, Lüneburg, Deutschland) programmiert. Im Dezember 2015 wurde ein Pretest durchgeführt und auf Basis der Rückmeldungen weitere Modifikationen vorgenommen. Die Änderungen betrafen nicht die in diesem Manuskript untersuchten Items.

Fragebogenverwaltung

Im Sommer 2016 wurde der Fragebogen per E-Mail an alle Medizinstudierenden (N=835) im letzten Studienjahr verschickt (492 Studentinnen und 343 Studenten). Diese Studierendenpopulation wurde gezielt ausgewählt, da sie einen guten Überblick über das Lehren und Lernen in ihrem Studiengang haben und bereits über eine gewisse praktische Erfahrung verfügen, um beurteilen zu können, was für ihre zukünftige ärztliche Tätigkeit erforderlich ist. Der Fragebogen wurde an 612 Studierende des Regelstudiengangs Medizin und an 223 Studierende des Modellstudiengangs Medizin der Charité verschickt. Informationen zur Befragung wurden über die studentische Fachschaftsinitiative Medizin (FSI), soziale Medien und Plakate auf dem Campus kommuniziert. Die Studierenden wurden mehrfach zur Teilnahme an der Befragung aufgefordert. Der Erhebungsszeitraum wurde verlängert, um die Rücklaufquote zu erhöhen.

Statistik

Statistische Datenanalysen wurden mit SPSS® Statistics 25.0 (IBM, Böblingen, Deutschland) durchgeführt. Die deskriptive statistische Datenanalyse umfasst die prozentuale Beteiligung der Studierenden und die Bewertung der Items. Der Mittelwert, Median und die Standardabweichungen wurden hinzugefügt, wenn dies notwendig und angemessen war. Signifikante Unterschiede wurden mit dem Chi-Quadrat-Test nach Pearson, dem exakten Fisher-Test, dem Kruskal-Wallis-Test und/oder dem Mann-Whitney-U-Test berechnet. Ein p-Wert von <0,05 wurde als statistisch signifikant betrachtet.


3. Ergebnisse

Studienteilnehmer*innen

Insgesamt haben 184 Studierenden im letzten Studienjahr an der Befragung teilgenommen (22%). Davon machten 182 Angaben zu ihrem Geschlecht: 114 weibliche (62%) und 67 männliche Studierende (37%). Dies entspricht der Geschlechterverteilung der gesamten Studierendenpopulation der medizinischen Studiengänge an der Charité. Eine befragte Person wählte bei Geschlecht die Option „anderes“ (N=1; 1%). Von der gesamten Studierendenpopulation studierten 120 (65%) im Regelstudiengang und 64 (35%) im Modellstudiengang Medizin. Was die Altersverteilung der Studierenden betrifft, die sich an der Befragung beteiligt haben, so sind 5% der Studierenden im Regelstudiengang zwischen 20 und 25 Jahren, 81% zwischen 26 und 30 Jahren, 12% zwischen 31 und 40 Jahren und 2 % über 40 Jahre alt (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Im Vergleich dazu sind 39% der Studierenden im Modellstudiengang Medizin zwischen 20 und 25 Jahren, 52% zwischen 26 und 30 Jahren, 6% zwischen 31 und 40 Jahren und 2% über 40 Jahre alt. Weitere Merkmale der Teilnehmenden sind: 10% (N=18) haben Kinder, 2% (N=3) haben weitere familiäre Betreuungsaufgaben, 20,8% (N=38) einen Migrationshintergrund und 35% (N=64) eine körperliche Beeinträchtigung. Davon haben 14% (N=26) psychische Beeinträchtigungen (Psychosen, Depressionen, Essstörungen, Sucht), 9% (N=17) chronische somatische Erkrankungen, 4% (N=7) Mobilitäts- und Bewegungsbeeinträchtigungen, 3% (N=5) Sehbeeinträchtigungen/Blindheit und 1% (N=2) Hörbeeinträchtigungen.

Kompetenzen

Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der Bewertungen von Studierenden beider Studiengänge zur Relevanz und zum Ausmaß der Integration geschlechtersensibler medizinischer Kompetenzen und kultursensibler medizinischer Kompetenzen im Vergleich zu den allgemeinen medizinischen Kompetenzen einer Ärztin bzw. eines Arztes dargestellt.

A. Geschlechtersensible medizinische Kompetenzen
Beurteilung der allgemeinen Relevanz

Insgesamt betrachten 62% (Median 2, Mittelwert 2,3±0,977 [SD]) der Medizinstudierenden im letzten Studienjahr geschlechtersensible medizinische Kompetenzen als „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“. Deutlich mehr weibliche als männliche Studierende (68% vs. 51%, p<0,01) halten geschlechtersensible medizinische Kompetenzen für „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“. Nur 8% der weiblichen und 16% der männlichen Studierenden halten sie wiederum für nicht relevant (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Neben dem Geschlecht gibt es keine signifikanten Unterschiede in den Bewertungen anderer diversitätsbezogener Studierendengruppen, wie z.B. Studierende unterschiedlicher Altersgruppen, mit/ohne Migrationshintergrund oder mit/ohne körperliche Beeinträchtigungen/Behinderung. Studierende mit einem oder mehreren Kindern betrachten geschlechtersensible Kompetenzen als relevanter als Studierende ohne Kinder; diese Unterschiede sind jedoch nicht signifikant (p=0,562).

Beurteilung der Relevanz - Studiengänge

Sowohl die Studierenden des Regelstudiengangs als auch des Modellstudiengangs Medizin betrachten geschlechtersensible medizinische Kompetenzen als wichtig (63% vs. 62% „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“; Regelstudiengang: Median 2, Mittelwert 2,25±0,97 [SD]; Modellstudiengang: Median 2, Mittelwert 2,42±0,98 [SD]). Es bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Studiengängen (p=0,377).

Beurteilung der curricularen Integration

Die Abbildung 2 [Abb. 2] zeigt die Beurteilung des Ausmaßes der curricularen Integration geschlechtersensibler medizinischer Kompetenzen von Studierenden des Regelstudiengangs und des Modellstudiengangs Medizin. Das Ausmaß der curricularen Integration wurde von nur 7% (Median 4, Mittelwert 3,88±0,96 [SD]) der Studierenden des Regelstudiengangs als „sehr groß“ oder „groß“ eingeschätzt, signifikant mehr Studierende des Modellstudiengangs (83%; Median 2, Mittelwert 1,95±0,72 [SD]; p<0,001) hingegen bewerteten das Ausmaß der Integration als „sehr groß“ oder „groß“. Dabei beurteilen 69% der Studierenden des Regelstudiengangs und nur 3% des Modellstudiengangs Medizin die Integration als „sehr gering“ oder „gering“. Es liegen keine signifikanten Geschlechterunterschiede in den Bewertungen des Ausmaßes der curricularen Integration sowie zwischen Studierenden verschiedener Altersgruppen, mit oder ohne Kinder, Migrationshintergrund oder körperlicher Beeinträchtigung/Behinderung vor.

B. Kultursensible medizinische Kompetenzen
Beurteilung der allgemeinen Relevanz

Von den Medizinstudierenden im letzten Studienjahr, die an der Befragung teilgenommen haben, bewerten 73% (Median 2, Mittelwert 2,1±0,95 [SD]) kultursensible medizinische Kompetenzen als „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“. Ähnlich wie bei den geschlechtersensiblen medizinischen Kompetenzen bewerten deutlich mehr weibliche als männliche Studierende kultursensible medizinische Kompetenzen als „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“ (80% vs. 51%, p<0,01) (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Nur 3% der Studentinnen und 19% der Studenten betrachten kultursensible Kompetenzen als „eher unwichtig“ oder „überhaupt nicht wichtig“. Insgesamt gibt es keine signifikanten Unterschiede in den Bewertungen der Studierenden verschiedener Altersgruppen, mit oder ohne Kinder, Migrationshintergrund oder körperlicher Beeinträchtigung/Behinderung. Studierende, die die Relevanz von geschlechtersensiblen Kompetenzen als gering bewerten, bewerten auch die Relevanz von kultursensiblen Kompetenzen als gering, und Studierende, die die Relevanz von geschlechtersensiblen Kompetenzen als hoch bewerten, bewerten auch die Relevanz von kultursensiblen Kompetenzen als hoch.

Beurteilung der Relevanz – Studiengänge

Die Relevanz von kultursensiblen Kompetenzen wurde von den Studierenden des Regelstudiengangs und des Modelstudiengangs Medizin als gleichermaßen hoch eingeschätzt (71%, Median 2, Mittelwert 2,1±0,97 [SD] vs. 76%, Median 2, Mittelwert 2,11±0,92 [SD]), p=0,163).

Beurteilung des Ausmaßes der curricularen Integration

Die Abbildung 2 [Abb. 2] zeigt die Beurteilung des Ausmaßes der curricularen Integration kultursensibler medizinischer Kompetenzen von Studierenden des Regelstudiengangs und des Modellstudiengangs Medizin. Im Vergleich zu den Studierenden des Regelstudiengangs (8%, Median 4, Mittelwert 3,97±0,97 [SD]) schätzen deutlich mehr Studierende des Modellstudiengangs Medizin das Ausmaß der curricularen Integration kultursensibler medizinischer Kompetenzen als „groß“ oder „sehr groß“ ein (57%, Median 2, Mittelwert 2,47±0,99 [SD]; p<0,001). Dementsprechend schätzen 72% der Studierenden des Regelstudiengangs und 14% des Modellstudiengangs Medizin das Ausmaß der curricularen Integration als „gering“ oder „sehr gering“ ein. Es liegen keine signifikanten Geschlechterunterschiede in der Beurteilung des Ausmaßes der curricularen Integration vor. Zwischen Studierenden verschiedener Altersgruppen, mit oder ohne Kinder, Migrationshintergrund oder einer körperlichen Beeinträchtigung/Behinderung sind die Unterschiede in der Beurteilung ebenfalls nicht signifikant.

C. Vorbereitung auf die ärztliche Tätigkeit
Vergleich zwischen den Studiengängen

Wie in Abbildung 3 [Abb. 3] dargestellt, fühlen sich die Studierenden des Regelstudiengangs weniger gut auf die ärztliche Tätigkeit vorbereitet als Studierende des Modellstudiengangs Medizin. So schätzen Studierende des Modellstudiengangs den Grad ihrer Vorbereitung auf das Praktische Jahr (75%, Median 2, Mittelwert 2,1±0,89 [SD], p<0,001; Regelstudiengang: 19%, Median 4, Mittelwert 3,53±1,1 [SD]) und auf ihre ärztliche Tätigkeit (60%, Median 2, Mittelwert 2,46±0,96 [SD]; p<0,001; Regelstudiengang: 16%, Median 4, Mittelwert 3,47±1,13 [SD]) signifikant besser ein.

Vergleich nach diversitätsbezogenen Studierendenuntergruppen

Es gab einige Trends, aber keine signifikanten Geschlechterunterschiede in den Bewertungen (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Auch bei den Bewertungen von Studierenden unterschiedlicher Altersgruppen, mit oder ohne Kinder, mit oder ohne Migrationshintergrund oder mit körperlichen Beeinträchtigungen/Behinderung lagen keine signifikanten Unterschiede vor.


4. Diskussion

Die Implementierung von Diversitätskompetenzen in die Ausbildung der Gesundheitsprofessionen nimmt eine zunehmend bedeutendere Rolle ein [34], [35]. Der Schwerpunkt der bisherigen Integration lag insbesondere auf strukturellen Aspekten [36], zum Beispiel auf Fragen wie „Welche Themen und Inhalte sollten intergiert werden?“, „Welche Lehr-, Lern- und Prüfungsformate sind geeignet?“, „Wie können diese in bereits bestehende oder neue Programme integriert werden?“, „Was sind mögliche und geeignete Qualitätskriterien für eine erfolgreiche Integration?“ [15], [31]. Die vorliegende Studie liefert zusätzliche und ergänzende Evidenzen zu dieser Entwicklung, indem sie die persönliche Perspektive der Medizinstudierenden im letzten Studienjahr zur Relevanz von Diversitätskompetenzen für ihre zukünftige ärztliche Tätigkeit und zum Ausmaß der Vermittlung betrachtet.

Unsere Studie zeigt, dass Medizinstudierende im letzten Studienjahr geschlechter- und kultursensible medizinische Kompetenzen als relevant für ihre ärztliche Tätigkeit betrachten. Dies ist unabhängig davon, ob sie im Regelstudiengang oder im Modellstudiengang Medizin studiert haben. Allerdings werden geschlechter- und kultursensible medizinische Kompetenzen als etwas weniger relevant betrachtet als die allgemeinen medizinischen Kompetenzen über die eine Ärztin bzw. ein Arzt verfügen sollte. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse die Notwendigkeit, geschlechter- und kultursensible medizinische Kompetenzen in der medizinischen Ausbildung zu implementieren. Dies ist unserer Meinung nach eine wichtige Aussage, zumal die bisherige Integration noch nicht systematisch und umfassend erfolgt: So hat eine aktuelle Studie in Deutschland beispielsweise gezeigt, dass nur eine von 36 medizinischen Fakultäten eine umfassende Integration von geschlechtersensiblen Kompetenzen in die medizinische Ausbildung erreicht hat [37].

Interessant ist auch das Ergebnis unserer Studie, dass Studentinnen die Relevanz geschlechter- und kultursensibler medizinischer Kompetenzen deutlich höher einschätzen als die Studenten. Dies wird auch durch andere Studien gestützt: So ist die Patientenzufriedenheit bei den Ärztinnen oft höher [38] und Studentinnen weisen eine ausgeprägtere Geschlechtersensibilität auf als Studenten [39]. Risberg et al. fanden heraus, dass männliche Mitglieder der medizinischen Fakultäten in Schlüsselpositionen geschlechterbezogene Themen zwar wichtig, aber von geringem Status finden und als nicht sehr relevante medizinische Kompetenzen ansehen, was mit unseren Ergebnissen übereinstimmt [40], [41].

Des Weiteren gibt es insgesamt keine signifikanten Unterschiede in den Beurteilungen von Studierenden mit und ohne Kinder, Migrationshintergrund, körperlichen Beeinträchtigungen / Behinderungen oder verschiedener Altersgruppen. Auch dies ist eine Beobachtung, die unabhängig von der Art des medizinischen Studiengangs ist, in dem sie eingeschrieben sind.

Die Evaluation der Studierenden hat zudem gezeigt, dass die geschlechter- und kultursensiblen medizinischen Kompetenzen umfassend in den neuen kompetenzbasierten Modellstudiengang Medizin implementiert sind, im Vergleich zu einem geringen Ausmaß der Integration im Regelstudiengang. Es liegen dabei keine Geschlechterunterschiede in den Bewertungen vor. Dies deckt sich gut mit den Beurteilungen der Studierenden zum Grad der Berufsvorbereitung, die als übergreifender, integrativer Maßstab für die durch ein Medizinstudium vermittelten Kompetenzen dienen kann: So führte die umfassendere Implementierung geschlechter- und kultursensibler Kompetenzen sowie der Zugewinn an allgemeinen medizinischen Kompetenzen im Modellstudiengang zu einer besseren Bewertung des Grads der Vorbereitung auf das Praktische Jahr und die ärztliche Tätigkeit.

In einer früheren Studie haben wir gezeigt, dass Geschlechterkompetenzen strukturell umfassend im Modellstudiengang implementiert sind [31]. Die Beurteilung der Umsetzung durch die Studierenden lässt schließen, dass diese Intervention erfolgreich war und die methodische Vorgehensweise mit dem Einsatz einer Diversity- und Gender-Beauftragten, einer zehnschrittigen Vorgehensweise und eines institutionellen Rahmenwerks für die Integration sich als wirksam erwiesen hat. Allerdings sollte man aus dieser Studie nicht den Schluss ziehen, dass die Integration geschlechter- und kultursensibler Kompetenzen nur im Rahmen eines kompetenzbasierten Medizinstudiums möglich ist. Wir sind der Ansicht, dass mit einer ähnlichen systematischen Vorgehensweise die Integration auch in einem traditionellen, fächerorientierten Medizinstudium zu erreichen ist. Die Integration von geschlechter- und kultursensiblen Kompetenzen wird jedoch durch ein integriertes, kompetenzbasiertes Curriculum erleichtert.

Für zukünftige Entwicklungen sollte man bedenken, dass sich das Forschungsfeld zu diversitätsbezogenen Kompetenzen noch in der Entwicklung befindet [42], [43]. In Europa wurde der Prozess beispielsweise durch ein Positionspapier des Ständigen Ausschusses der europäischen Ärztinnen und Ärzte unterstützt, in dem die Bedeutung der Integration von Geschlechteraspekten in die medizinische Ausbildung und die Auswirkungen auf die Qualität der medizinischen Versorgung hervorgehoben werden [http://www.cpme.eu/cpme-policy-on-sex-and-gender-in-medicine/].

Der Ausschuss „Gender, Diversity und Karriereentwicklung in der medizinischen Aus- und Weiterbildung“ der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Ausbildung hat zudem 207 geschlechter- und diversitätsbezogene Lernziele für den nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalog in der Medizin (NKLM) entwickelt und vorgeschlagen. Davon wurden 82 Lernziele zu Gender und Diversity integriert, was einem Anteil von 4% aller Lernziele entspricht. Dieser Katalog dient als Orientierungshilfe für die curriculare Integration der medizinischen Fakultäten in Deutschland [http://www.nklm.de]. Im Rahmen der AMEE gibt es ebenfalls eine Interessengruppe („International Community of Practice“) zu „Gender und Diversity in der medizinischen Ausbildung“, die die weitere Integration dieser Themen fördert und unterstützt [https://amee.org/home]. Eine Studie in den Niederlanden zur Integration von Diversitätsaspekten in ein medizinisches Curriculum hat gezeigt, dass trotz unterstützender Rahmenbedingungen das Lehrmaterial noch nicht ausreichend diversitätssensibel ist [44].

Es gibt zudem mehrere Bemühungen, Diversität, insbesondere Geschlechteraspekte, besser in die Hochschuldidaktik zu integrieren, indem geschlechter- und diversitätssensible Lehr- und Lernmaterialien und geschlechter- und diversitätssensible Sprache verwendet sowie Unterschiede im Lernfortschritt und -verhalten von Frauen und Männern und weiteren diversitätsbezogenen Studierendengruppen berücksichtigt werden [45], [46]. Diversitätsaspekte müssen auch in die Studiengangsstrukturen und das Studienumfeld integriert werden, dazu gehören familiengerechte Stundenpläne, ein barrierefreier Zugang zu den Unterrichtsräumen und Lehrveranstaltungen sowie ein geschlechter- und diversitätssensibles Zulassungsverfahren. Wie Verdonk und Janczukowicz beschreiben, ist es notwendig, „to fix the content, the institution and the numbers“ [43]. Des Weiteren können verschiedene Instrumente des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung, wie Akkreditierungsverfahren, Studierendenevaluationen und Absolvierendenbefragungen, entwickelt und verwendet werden, um die Integration und Kontinuität von integrierten Diversitäts-, insbesondere Geschlechteraspekten, zu unterstützen [47], [48].

Dabei sollten Fragen zur sexuellen Orientierung, zu familiären Betreuungsaufgaben, zum Migrationshintergrund, zu körperlichen Beeinträchtigungen/Behinderungen, zum Familienstatus sowie zur finanziellen Situation in die Studierendenevaluationen und Absolvierendenbefragungen integriert werden, um die Bedürfnisse unterschiedlicher Studierendengruppen analysieren zu können [47]. Durch den vor kurzem vom Bundesverfassungsgericht erlassenen Beschluss zur Integration einer weiteren, bei der Geburt zugewiesenen Geschlechteroption („divers“) besteht ein wachsender Bedarf an Wissen und Forschung zur Gesundheit von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender und intersexuellen Bevölkerungsgruppen und zu deren Integration in die medizinischen Curricula [49], [https://www.bundesverfassungsgericht.de/e/rs20171010_1bvr201916.html]. Daten zur Gesundheit dieser Bevölkerungsgruppe sind derzeit noch begrenzt und es gibt Bemühungen, diese Dimension in nationale Gesundheitssurveys zu integrieren, um epidemiologische Daten zu erhalten [50].

Diese Studie hat auch Limitationen. Sie wurde bisher nur an einer Institution durchgeführt, weitere Forschung ist daher notwendig, um Aussagen zur Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Institutionen und Kontexte machen zu können. Zweitens, obwohl eine große Anzahl Studierender befragt wurde, betrug die relative Rücklaufquote nur 22%. Dies kann zu einem Bias bei der Auswahl der Studierenden mit möglichen Auswirkungen auf die Studienergebnisse führen. Dabei sollte angemerkt werden, dass die Rücklaufquote jedoch im Rahmen des bei Online-Befragungen üblichen Rücklaufs liegt [51]. Drittens, können wir keine Aussagen dazu machen, inwiefern das Ausmaß der integrierten geschlechter- und kultursensiblen Kompetenzen die Einschätzung der Preparedness verbessert. Zudem können wir nicht daraus schließen, dass das größere Ausmaß der curricularen Integration geschlechter- und kultursensibler Kompetenzen in den Modellstudiengang dazu führt, dass die Studierenden diese Kompetenzen tatsächlich in ihrer zukünftigen ärztlichen Tätigkeit anwenden.


5. Schlussfolgerungen

Die vorliegende Studie liefert den empirischen Nachweis, dass Medizinstudierende im letzten Studienjahr geschlechter- und kultursensible Kompetenzen als sehr relevant für ihre zukünftige ärztliche Tätigkeit einschätzen. Darüber hinaus liefern die Beurteilungen der Studierenden zusätzliche und komplementäre Hinweise, dass eine erfolgreiche Integration geschlechter- und kultursensibler Kompetenzen durch eine systematische Vorgehensweise erreicht werden kann. Insgesamt zeigt die Studie die Notwendigkeit, diversitätsbezogene Kompetenzen in die medizinische Ausbildung zu implementieren. Da sich Aspekte der Diversität in Forschung und Praxis ständig weiterentwickeln, sollte das Vorgehen bei der Implementierung dynamisch sein und sich daran orientieren.


Danksagung

Unser Dank gilt der stellvertretenden Prodekanin für Studium und Lehre Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey a. D., dem Prodekan für Studium und Lehre Prof. Dr. Joachim Spranger, dem Geschäftsbereichsleiter für Studium und Lehre Burkhard Danz, dem ehemaligen Referenten der Prodekanin für Studium und Lehre Prof. Dr. Markus Feufel sowie den Kolleg*innen aus dem Bereich für Qualitätssicherung Martina Klau-Fadke, Rita Kraft, Peter Kube, Mandy Petzold, Dr. Yadira Roa-Romero und aus dem Dieter Scheffner Fachzentrum Josefin Bosch, Andreas Böttner, Dr. Anja Czeskleba, und Ylva Holzhausen für ihre Unterstützung und ihren Beitrag zur Studie.


Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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