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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

10 Jahre Basistraining Lehre für Einsteiger in die Hochschullehre an der Charité

Artikel Dozierendentraining

  • corresponding author Ulrike Sonntag - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Dieter Scheffner Fachzentrum für medizinische Hochschullehre und evidenzbasierte Ausbildungsforschung, Berlin, Germany
  • author Harm Peters - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Dieter Scheffner Fachzentrum für medizinische Hochschullehre und evidenzbasierte Ausbildungsforschung, Berlin, Germany
  • author Kai P. Schnabel - Universität Bern, Institut für Medizinische Lehre, Abteilung für Unterricht und Medien, Bern, Switzerland
  • author Jan Breckwoldt - Universität Zürich, Medizinische Fakultät, Dekanat, Zürich, Switzerland

GMS J Med Educ 2017;34(4):Doc39

doi: 10.3205/zma001116, urn:nbn:de:0183-zma0011163

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2017-34/zma001116.shtml

Eingereicht: 19. April 2016
Überarbeitet: 6. September 2016
Angenommen: 18. November 2016
Veröffentlicht: 16. Oktober 2017

© 2017 Sonntag et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Einleitung: An vielen medizinischen Fakultäten werden Programme zur didaktischen Qualifizierung ihrer Dozierenden aufgebaut, mit dem Ziel, den studentischen Lernerfolg zu steigern. Herausfordernd für die nachhaltige Etablierung derartiger Programme sind oft wechselnde Rahmenbedingungen an den Fakultäten. In dieser Arbeit werden daher exemplarisch förderliche und hinderliche Bedingungen am konkreten Beispiel des Basistrainings Lehre (BTL) an der Charité – Universitätsmedizin Berlin (Charité) dargestellt.

Projektbeschreibung: Ausgehend von punktuellen Ansätzen zur hochschuldidaktischen Qualifizierung wurde 2006 an der Charité das Basistraining Lehre für alle neu in der Lehre tätigen Mitarbeitenden etabliert. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe des Prodekanats für Studium und Lehre entwickelte das inhaltliche Konzept entsprechend des Kern-Zyklus für Curriculumsentwicklung. Die Fortbildungsakademie der Charité stellte die organisatorischen Ressourcen zur Verfügung. Innerhalb von 10 Jahren absolvierten über 900 Mitarbeitende das BTL (9% der aktuell aktiven Dozierenden der Charité). Das BTL durchlief verschiedene Phasen (Pilotierung, Evaluation, Weiterentwicklung, personelle und finanzielle Versteigung), die durch wechselnde personelle und organisatorische Konstellationen gekennzeichnet waren. Evaluationen durch die Teilnehmenden waren sehr positiv, Nachhaltigkeitseffekte auf den Unterricht konnten eingeschränkt nachgewiesen werden.

Diskussion: Erfolgsfaktoren für die Verstetigung des Programms waren die institutionelle Rahmensetzung durch die Fakultätsleitung, das Engagement der beteiligten Akteure, die Unterstützung durch Drittmittel und die durchweg positive Evaluation durch die Teilnehmenden. Hinderlich erwiesen sich die sich wandelnden Rahmenbedingungen sowie die Allokation der Ressourcen für formatspezifische didaktische Qualifikation im Rahmen der Einführung des Modellstudiengangs Medizin.

Fazit: Die Verstetigung des Programms wurde durch institutionelle Weichenstellungen der Fakultätsleitung ermöglicht. Durch den hohen Einsatz und das Engagement der auf Arbeits- wie auf Leitungsebene beteiligten Akteure ist das Basistraining Lehre heute etablierter Bestandteil des hochschuldidaktischen Qualifizierungsprogramms der Charité.

Schlüsselwörter: Hochschuldidaktik, Personalentwicklung, Qualifizierung


Autoren

Die Autoren K. Schnabel und J. Breckwoldt teilen sich die Autorenschaft.


1. Einleitung

Die Qualität des Unterrichts hat einen wesentlichen Einfluss auf den Lernerfolg der Teilnehmenden [1]. Daher haben viele medizinische Fakultäten Programme zur didaktischen Qualifizierung aufgebaut [2], [3], [4]. Die nachhaltige und breite Implementierung solcher Programme ist eine große Herausforderung für Fakultäten, insbesondere wenn das Programm für die sehr große Gruppe von Anfängern in der Lehre gedacht ist. Deshalb ist die Kenntnis von positiven wie negativen Wirkfaktoren und -bedingungen hilfreich. In diesem Projektbericht sollen daher exemplarisch förderliche und hinderliche Bedingungen bei der Einführung eines Basistrainings Lehre (BTL) an der Charité - Universitätsmedizin Berlin (Charité) dargestellt werden. Dabei wird die konzeptionelle Entwicklung des BTL, seine Pilotierung, Evaluation und kontinuierliche Weiterentwicklung beschrieben. Das Projekt wurde nach den sechs Schritten des Modells zur Curriculumsentwicklung von Kern [5] entwickelt, entsprechend ist der Projektbericht gegliedert. Daran anschließend werden förderliche und hinderliche Faktoren für die nachhaltige Etablierung des Programms diskutiert.


2. Projektbeschreibung

2.1 Ausgangspunkt

Ausgehend von einem eher allgemeinen Didaktik-Programm für Habilitierende, entwickelte im Jahr 2005 die informelle „Arbeitsgruppe Hochschuldidaktik“ ein Konzept für das BTL. Die Arbeitsgruppe war als Initiative von klinisch und nicht-klinisch tätigen Ärzten und Ärztinnen, Psychologinnen und Pädagoginnen entstanden und wurde vom Prodekanat für Studium und Lehre und der Fortbildungsakademie der Charité aufgenommen und gefördert.

In der Literatur finden sich kaum Hinweise für ein differenziertes Vorgehen beim Training von neuen Dozierenden. Im BTL sollten neben didaktischer Grundkompetenz und einem Verständnis für die Rolle als Lehrende Methoden der Unterrichtsplanung und -durchführung vermittelt werden. Die Dozierenden des BTL sollten als kollegiale „Senior Teachers“ wahrgenommen werden, die ihr Wissen an „Junior Teachers“ weitergeben.

2.2 Konzeption

Die Curriculumsentwicklung orientierte sich an den 6 Schritten des Kernzyklus` [5].

2.2.1. Allgemeine Bedarfsanalyse (Schritt 1 nach Kern)

Für die Habilitation an der Charité wurde 2004 eine 20-stündige medizindidaktische Fortbildung verpflichtend eingeführt. Dieser Kurs wurde von den Teilnehmenden als sehr sinnvoll, allerdings für den Karrierestand als zu propädeutisch und daher zum absolvierten Zeitpunkt nicht hilfreich angesehen.

Aus Sicht der Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltungsevaluationen in den Jahren 2004 bis 2006 wurde die überwiegende Mehrheit der Dozierenden hinsichtlich Motivation, Freundlichkeit und Fachkompetenz sehr positiv eingeschätzt. Die Studierenden wünschten sich allerdings mehr praktisch orientierten Unterricht, mehr Wissen um den curricularen Aufbau und klarere Kommunikation der Lernziele sowie mehr Pünktlichkeit von den Dozierenden.

2.2.2. Bedarfsanalyse für die Zielgruppe: (künftige) Lehrende (Schritt 2 nach Kern)

2005 wurde unter wissenschaftlichen Mitarbeitenden in operativen Fächern (n=30) eine Befragung zur didaktischen Qualifizierung durchgeführt. Die meisten Befragten berichteten eine positive Einstellung zur Lehre und fühlten sich ausreichend auf ihre Lehrtätigkeit vorbereitet; im Durchschnitt hatten sie 16 Stunden didaktische Weiterbildung absolviert. Trotzdem konstatierten 90% der Befragten persönlichen Weiterbildungsbedarf. Sie wünschten sich neben Techniken zur Unterrichtsgestaltung und Präsentation auch Strategien zur Konfliktlösung. Als Trainer solcher Weiterbildungen wurde eine paritätische Mischung von Medizinern und Pädagogen favorisiert.

Aufgrund der unterschiedlichen Lehrsituationen (nicht-klinische Grundlagen vs. klinischer Unterricht mit Patienten) erschien es sinnvoll, eine „nicht-klinische“ Kursvariante (Schwerpunkt Präsentation, Interaktion und Visualisierung) und eine „klinische“ Kursvariante (Bedside-Teaching) anzubieten.

2.2.3. Übergeordnete und spezifische Lernziele des Trainings (Schritt 3 nach Kern)

Die AG Hochschuldidaktik konsentierte folgende übergeordnete Lernziele:

Die Teilnehmenden des BTL sollen nach dem Kurs ...

1.
lerntheoretische Erkenntnisse bei der Unterrichtsplanung berücksichtigen können
2.
die gebräuchlichsten Lehr- und Lernmethoden beschreiben können
3.
verschiedene Lehr- und Lernmethoden im eigenen Unterricht anwenden können
4.
strukturiertes und konstruktives Feedback geben können
5.
eine positiv-verstärkende Grundhaltung gegenüber dem Lernenden erworben haben
6.
ein Rollenverständnis über die eigene Vorbildfunktion als Dozierende erworben haben.

Die spezifischen Lernziele des BTL sind in Tabelle 1 [Tab. 1] aufgeführt.

2.2.4. Lehr-/Lernformate (Schritt 4 nach Kern)

Das BTL umfasst insgesamt 20 Unterrichtseinheiten (UE), verteilt auf zwei ganze Tage (9-17 Uhr, je 9 UE) im Abstand von einer Woche und zwei weiteren UE zur Vorbereitung des jeweiligen Präsenztages. Die Verteilung über ganze Tage wurde gewählt, um die Teilnehmenden vollständig von Krankenversorgung und anderen Dienstaufgaben freizustellen. Die Aufteilung zwischen Basis-Didaktik und Microteaching-Übungen betrug in der Pilotphase 75:25, später dann 50:50.

Zur flexiblen Planung für die Teilnehmenden und entsendenden Einrichtungen finden die Trainings sowohl während des Semesters als auch in der vorlesungsfreien Zeit statt. Die Gruppengröße wurde auf 7-12 Teilnehmende festgelegt.

In der Tabelle 2 [Tab. 2], Tabelle 3 [Tab. 3] und Tabelle 4 [Tab. 4] ist die Gestaltung des Kurses hinsichtlich der Themen, der didaktischen Umsetzung und der Zeitplanung dargestellt.

2.2.5. Umsetzung des Curriculums (Schritt 5 nach Kern)

Jährlich werden etwa 300 wissenschaftliche Mitarbeitende an der Charité neu eingestellt (ca. 20% Nicht-Kliniker). Die Teilnehmenden werden bei ihrer Einstellung durch die Personalabteilung über das obligatorische BTL unterrichtet. Die Lehrbeauftragten werden auf der zentralen Veranstaltung des Lehrdekanats zur Semestervorbereitung sowie per Email über das Kursangebot informiert. Die Administration der Kurse erfolgte initial über die Fortbildungsakademie der Charité und obliegt seit 2013 dem Bereich Hochschuldidaktik im Dieter Scheffner Fachzentrum. Seit 2013 wird das BTL von der Berliner Ärztekammer mit 20 Fortbildungspunkten anerkannt.

Die Teilnahme am BTL wird durch die Kliniken und Institute innerhalb der Arbeitszeit ermöglicht. In der Einführungsphase 2006-2010 wurde die entsendende Einrichtung mit jeweils €200 pro Teilnehmenden aus den „Leistungsorientierten Mittel“ (LOM) belohnt. Danach wurden dafür keine finanziellen Mittel mehr bereitgestellt. Bis 2012 wurde der pädagogische Basisteil vorwiegend von externen Dozierenden durchgeführt. Den klinischen Teil mit einem Schwerpunkt auf „bed-side-teaching“ gestalten erfahrene Kliniker mit verschiedenen didaktischen Qualifikationen. In der Anfangsphase wurde im Unterricht wechselseitig hospitiert. Zur nachhaltigen Ergebnissicherung erhalten die Teilnehmenden in der klinischen Kursvariante eine Pocket-Version der „Checkliste Unterricht am Krankenbett“ (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) und „Unterricht aus Patientensicht“ (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]).

Unterstützt durch die Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Qualitätspaktes Lehre seit 2012 (Förderkennzeichen: 01PL11036) werden die Kurse von einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin (Pädagogin/ Psychologin) und klinisch tätigen Vertretern aus dem Dieter Scheffner Fachzentrum im Rahmen ihrer Dienstaufgaben durchgeführt.

Insgesamt haben über 900 Mitarbeitende der Charité das BTL absolviert, das entspricht 9% der aktuell tätigen Dozierenden. Demgegenüber sind 26% aller Dozierenden an der Charité für die Lehrformate „POL“ und 11% in „Kommunikation-Interaktion-Teamarbeit(KIT)“ qualifiziert. In Tabelle 5 [Tab. 5] ist die Anzahl der BTL- Kurse und Teilnehmenden, aufgeteilt nach Kursvariante pro Jahr dargestellt.

2.2.6. Evaluation und Feedback (Schritt 6 nach Kern)

Direkt nach dem Kurs evaluierten die Teilnehmenden den Kurs schriftlich. Der Fragebogen hat sich im Laufe des zehnjährigen Programms aufgrund wechselnder Kursverantwortung mehrfach geändert. Erfragt wurden die subjektive Zufriedenheit und der erlebte Kompetenzzuwachs. In der Pilotphase 2006 wurde ein halboffener Fragebogen verwendet, weil für die curriculare Weiterentwicklung konkrete Kommentare am hilfreichsten erschienen. Zur globalen Qualitätseinschätzung wurde eine Intervallskala (0 - 10) eingefügt. In der Einführungsphase wurden auch die Dozierenden des BTL gebeten, den Kurs schriftlich zu evaluieren.

Um die Nachhaltigkeit des Kurses zu erfassen, wurde an eine repräsentative Stichprobe von Teilnehmenden (n=40) aus dem Jahr 2007 8-15 Monate nach dem Kurs ein Fragebogen versandt und um eine retrospektive Einschätzung des Trainings gebeten. Im Erhebungsbogen wurde nach Einstellungen zum Unterricht und den verwendeten Unterrichtstechniken vor und nach dem BTL gefragt.

Im Rahmen des BTL wurde außerdem eine quasi-randomisierte verblindete „matched-pair“-Untersuchung durchgeführt, bei der Dozierende im Praktikum Notfallmedizin verglichen wurden, je nachdem ob sie das BTL absolviert hatten oder nicht. Outcomeparameter waren die Prüfungsergebnisse der Studierenden sowie deren Kurs-Evaluationen [6].

Exemplarisch werden hier die Evaluationsdaten aus den Einführungsjahren (2006-2007) und den Jahren 2014-2015 dargestellt. 2006 war der Gesamteindruck insgesamt sehr positiv (Rücklaufquote: 96%, Median für den allgemeinen Didaktikteil: 8 von 10, für den praktischen Teil mit Microteachings : 9 von 10). In den Freitextkommentaren der Fragebögen bewerten die Teilnehmenden vor allem die Praxisnähe, die Verknüpfung von Theorie und Praxis, die Wertschätzung durch die Dozierenden, das erhaltene Feedback und die Strukturierung des Kurses positiv. Sie wünschten sich mehr Zeit und Raum und ausführlichere Rollenspiele. Der theoretisch-medizindidaktische Teil wurde als zu lang bewertet und eine bessere Abstimmung von theoretischen Inhalten und praktischen Unterrichtsanteilen gewünscht. Die Teilnehmenden hoben das Engagement und die Vorbildfunktion der Dozierenden positiv hervor.

Aus Sicht der Dozierenden des BTL hatte der Kurs trotz seines Pflichtcharakters eine sehr positive Grundstimmung. Seitens der Teilnehmenden wurde vielfach angesprochen, dass sie die Einrichtung des Kurses durch die Fakultät als wichtiges Bekenntnis zur Wertigkeit der Lehre wahrnähmen. Vor allem mit den klinisch-praktischen Übungen wurde offenbar ein großes Defizit bedient. Als problematisch wurde die kurze verfügbare Zeit für praktisches Üben angesehen, die dem einzelnen Teilnehmenden zu wenig Eigenaktivität mit individuellem Feedback gelassen hatte.

Aus den Jahren 2014 und 2015 liegen Angaben von 121 Teilnehmenden vor (90% Rücklauf). Die Teilnehmenden bewerteten den Kurs im Rahmen der Evaluation der Ärztekammer Berlin auf einer sechsstufigen Skala (1-sehr gut, 6-völlig unzureichend) hinsichtlich 12 verschiedener Aspekte, u.a. des Informationsgehalts und des eigenen Erkenntnisgewinns. Die Bewertungen lagen für alle Items im Median bei 2 oder besser. Die klinische Relevanz des Kurses wurde in der klinischen Kursvariante höher eingeschätzt.

Die Nachbefragung aus dem Jahr 2007 hatte einen Rücklauf von 40%. Die Teilnehmenden gaben nach dem Training verbesserte Einstellungen zum Unterricht und den häufigeren Einsatz von Fallbeispielen (93% vs. 62%) an. Der Einsatz anderer Unterrichtstechniken änderte sich allerdings kaum. Die Motivation zum Unterrichten blieb unverändert auf hohem Niveau. Die Zufriedenheit mit dem eigenen Unterricht war nach dem BTL niedriger als zuvor.

Der Vergleich Dozierender im Notfallpraktikum mit bzw. ohne BTL-Teilnahme zeigte keine Verbesserung nach dem BTL.

Auf Grundlage der Evaluation und der wechselnden Rahmenbedingungen wurde die Konzeption des BTL kontinuierlich weiterentwickelt. Den Auswertungen der Pilotphase entsprechend wurde das Kurs-Konzept für 2007 verändert. Der klinische Anteil („Bed-side-teaching“) wurde von einem halben Tag auf einen ganzen erweitert und der didaktische Grundlagenteil wurde enger mit dem klinischen Teil abgestimmt. So wurde z.B. in den Rollenspielen mehr Bezug auf allgemeindidaktische Grundlagen genommen und didaktische Elemente vom klinischen Teil in den allgemeindidaktischen Teil verlagert.

Dem Thema „Studium und Lehre an der Charité“ wurde ein größerer Raum gegeben, da der Bedarf der Dozierenden im Zuge der Einführung des Modellstudiengangs Medizin in diesem Bereich zunahm. Seit dem Jahr 2016 werden zudem für ca. eine halbe Stunde studentische Modulverantwortliche in den Kurs eingeladen, um die Perspektive der Studierenden – insbesondere im Hinblick auf die spezifische Situation an der Charité mit sich wandelnden Curricula - einzubringen.


3. Diskussion

In einem systematischen auf dem Kern-Zyklus basierenden Ansatz wurde ein Basistraining Lehre entwickelt, pilotiert, evaluiert und kontinuierlich weiterentwickelt, um neue wissenschaftliche Mitarbeitende auf ihre Tätigkeit als Dozierende vorzubereiten. Die didaktischen Ziele stehen im Einklang mit nationalen Empfehlungen [7], [8], [9].

3.1 Förderliche Faktoren

Obwohl die Fakultätsleitungen immer wieder wechselten, konnte durch die Konstanz und das Engagement einzelner Akteure sowie der Fortbildungsakademie der Charité das Programm in seiner Grundkonzeption aufrechterhalten werden. Gerade in den Anfangsjahren war dies der Schlüssel zum Gelingen. Durch die Einwerbung von Drittmitteln (BMBF) und die Verstetigung des Programms im Bereich Hochschuldidaktik unter dem Dach des Dieter-Scheffner- Fachzentrums konnte das BTL langfristig gesichert werden. Weiterhin trugen die durchgehend positiven Evaluationen der Teilnehmenden und die damit einhergehende Werbung für das Training zum Erfolg bei. Der Erkenntnisgewinn durch den Kurs wird als sehr gut bis gut eingeschätzt. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit Ergebnissen eines systematischen Reviews zur Evaluation von Dozierendentrainings [10], nach dem Teilnehmende generell sehr zufrieden mit hochschuldidaktischen Weiterbildungen sind sowie einen Kompetenz- und Wissenszuwachs und einen Wandel ihrer Unterrichtspraxis berichten. Dass die Zufriedenheit mit dem eigenen Unterricht nach dem BTL niedriger als zuvor war, kann eventuell als Folge von gestiegenen Ansprüchen an die eigene Lehre erklärt werden.

Die beiden Kursvarianten werden von den Teilnehmenden gleich gut bewertet, erwartungsgemäß schneidet der Aspekt der klinischen Relevanz in der klinischen Kursvariante signifikant besser ab [11].

Für den nachhaltigen Nutzen des BTL existieren indirekte und gering ausgeprägte Hinweise aus der retrospektiven Sicht der Teilnehmenden. In unseren Untersuchungen bestehen Limitationen aufgrund eines schon primär vorhandenen Deckeneffekts, der Einschränkung auf stark standardisiertes Skills-Training in der Notfallmedizin und eines frühen Messzeitpunkts. Ein prä-post-Design zur Überprüfung der Wirksamkeit des Trainings war nicht möglich. Es ist durchaus damit zu rechnen, dass neue Unterrichtsstrategien erst in die Routinen integriert werden müssen bis nachhaltige Verbesserungen eintreten.

Offen bleibt die Antwort auf die Frage nach dem langfristigen Nutzen eines Einsteigerkurses für die Lehre. Hier wurde der subjektiv erlebte Kompetenzzuwachs und die Zufriedenheit mit dem Kurs gemessen. Die Studie zur retrospektiven Einschätzung des Kurses ist nicht repräsentativ. Tendenziell veränderte sich nach dem BTL die Haltung zum Unterricht, nicht aber die eingesetzten Unterrichtstechniken. Zur Objektivierung wäre hier ein Pre-post-Vergleich notwendig. Dennick zeigte, dass Teilnehmende eines zweitägigen Didaktikkurses nachhaltig ihre Unterrichtspraxis und ihre Einstellung zur Lehre veränderten [12]. Hofer et al [4] konnten auch objektive Verbesserungen in der Lehrqualität nach der Absolvierung eines fünftägigen Didaktiktrainings nachweisen.

3.2 Hinderliche Faktoren

Die Schwankung der Teilnehmerzahlen im BTL geht mit wechselnden Rahmenbedingungen im Zuge der Umstellung vom Regel- zum Modellstudiengang Medizin an der Charité einher. Laut den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums [13] ist insbesondere die hochschuldidaktische Qualifizierung der Lehrenden ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Implementierung von Modellstudiengängen. Der Schwerpunkt der Dozierendenqualifikation lag in den letzten Jahren auf den Lehrformaten „Problemorientiertes Lernen (POL)“ und „Kommunikation-Interaktion-Teamarbeit (KIT)“. In den Qualifikationen für diese beiden Formate werden ebenfalls didaktische Basiskompetenzen vermittelt. Denkbar ist, dass die Abteilungen ihre Mitarbeitenden eher für diese Lehrformate qualifizieren lassen, weil die Teilnehmenden im Anschluss POL und KIT unterrichten dürfen und ihre Lehrleistung den Abteilungen zugute kommen. Darüber hinaus war die Lehrbelastung vieler Abteilungen in den Jahren der Umstellung des Curriculums und der parallelen Umsetzung von drei humanmedizinischen Studiengängen enorm hoch, so dass die Abteilungen ihre Mitarbeitenden weniger zu allgemein didaktisch qualifizierenden Angeboten entsendet haben.

Der geringe Anteil Dozierender an der Fakultät, die das BTL absolviert haben, verdeutlicht zum einen die hohe Personalfluktuation in den vergangenen Jahren, zeigt aber auch, dass die Verpflichtung zur Teilnahme von neuen Mitarbeitenden nicht umgesetzt bzw. die Nicht- Teilnahme nicht sanktioniert wird. Unsere Daten zeigen, dass die Teilnehmerzahlen des BTL in den letzten zwei Jahren wieder deutlich steigen, was auch mit der abgeschlossenen Implementierung des Modellstudiengangs Medizin erklärt werden kann.

Denkbar ist auch, dass der Wegfall der LOM für die Teilnahme an den Kursen sowie der Weggang der Initiatoren des BTL negative Auswirkungen auf die Sichtbarkeit und Breitenwirksamkeit des Kursprogramms hatten.

Die Lehrtätigkeit an medizinischen Fakultäten steht in zunehmender Konkurrenz mit der Krankenversorgung und der Priorisierung der Forschung, auch damit kann der Rückgang der Teilnehmerzahlen erklärt werden [14]. Huwendiek et al konstatierten, dass vor allem ein Mangel an akademischer Anerkennung und institutioneller sowie finanzieller Unterstützung als Herausforderungen für die Lehrtätigkeit angesehen werden [15]. Auch Steinert et al identifizierten für klinische Dozierende ähnliche Barrieren zur Inanspruchnahme von Faculty Development Programmen [16], insbesondere der klinische Alltag mit hoher Arbeitsdichte und Zeitmangel wurden als hinderliche Faktoren angegeben.

3.3 Weiterentwicklung des Basistraining Lehre

Künftig konzentriert sich die konzeptionelle Weiterentwicklung des BTL auf die Integration von elearning-Anteilen im Sinne eines „Blended Learning“, um die Präsenzzeit verstärkt zur Anwendung erworbenen Wissens zu nutzen und den Teilnehmenden größere Flexibilität bezüglich ihrer Lernzeiten zu ermöglichen.

Für die Wirksamkeit der didaktischen Qualifikation an einer Fakultät ist die Weiterbildung einer kritischen Masse an Dozierenden erforderlich [7]. Anreizfaktoren zur Teilnahme für Mitarbeitende und entsendende Einrichtungen müssen weiter identifiziert und verstärkt strategisch eingesetzt werden. Um den sich wandelnden Anforderungen an Dozierende („shift vom teaching zum learning“) [17], [18] noch besser Rechnung zu tragen, wurde Ende 2015 ein ergänzender, BTL-spezifischer Evaluationsbogen entwickelt (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). Damit soll eine dynamische und teilnehmerorientierte Weiterentwicklung des BTL unterstützt werden.

Als wichtige Erweiterung des Konzepts wird das Einbeziehen von Studierenden in das BTL angesehen. Damit werden die Lernenden als Adressaten der Hochschullehre sichtbar und das Bewusstsein für die wechselseitige und gemeinsame Verantwortung für das Lernen gestärkt.

Als Weiterführung des BTL wurde 2016 das Aufbaumodul „Vertiefung Lehre“ eingeführt. Dieses Angebot richtet sich an Lehrerfahrene, die sich in der Lehre professionalisieren wollen, u.a. auch zur Qualifikation im Rahmen des Habilitationsverfahrens. In ersten Rückmeldungen bewerteten die Teilnehmer diese zweistufige Qualifizierung sehr positiv.


4. Schlussfolgerungen

Durch einen systematischen Ansatz in der Programmentwicklung und -implementation ist es gelungen, an der Charité neuen wissenschaftlichen Mitarbeitenden grundlegende Techniken zum Unterrichten und eine positive Haltung zur Lehrtätigkeit zu vermitteln. Die Verstetigung eines solchen Programms wurde durch institutionelle Rahmensetzung seitens der Fakultätsleitung sowie durch starkes Engagement der beteiligten Akteure ermöglicht. Es ist gelungen, das Basistraining Lehre als Ausgangspunkt und festen Bestandteil des hochschuldidaktischen Qualifizierungsprogramms der Charité zu verankern.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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