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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Effektive Didaktiktrainings für Dozenten der Medizin

Effective didactic training for medical teachers

Projekt Humanmedizin

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  • corresponding author Matthias Hofer - Medizindidaktisches Pilotprojekt, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • author Martin Jansen - Anatomisches Institut II, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • author Sibylle Soboll - Studiendekanat der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2005;22(1):Doc07

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/zma/2005-22/zma000007.shtml

Eingereicht: 20. April 2004
Veröffentlicht: 28. Januar 2005

© 2005 Hofer et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Die Zielsetzung dieser Studie war die Konzeption, die schrittweise Evaluation und die Optimierung eines Trainingsprogramms für medizinische Dozenten, das zeitgemäße didaktische Konzepte und effektive Methoden für unterschiedliche Unterrichtsformate und -inhalte möglichst effizient vermittelt.

Methodik: Es wird das resultierende Konzept für 5-tägige Didaktikworkshops für jeweils 6 bis maximal 10 Schulungsteilnehmer (TN) vorgestellt: Es umfasst praktische Lehrübungen mit videounterstütztem Feedback zu Kommunikations-, Präsentations- und Interaktionstechniken, effektiver Zielkommunikation, standardisierten Prüfungsmethoden und anderen Schlüsselkompetenzen. Die Evaluation des Konzeptes beruht auf zwei Komponenten: A) einer vergleichenden Selbsteinschätzung der TN zu vorgegebenen Qualitätskriterien effektiver Lehre vor, am Ende und 6-12 Monate nach dem Training und B) einer Fremdbeurteilung der Lehrqualität zu Beginn versus zum Ende der Trainingswoche in Form standardisierter OSTE-Lehrproben. Alle Bewertungen wurden auf Trends und signifikante Unterschiede untersucht (X2 -Test nach Pearson): Die Ergebnisse zeigen eine hochsignifikante Verbesserung der Lehrkompetenzen in allen 13 Qualitätskriterien, deren Nachhaltigkeit für mindestens 12 Monate von den TN bestätigt wird. Dieses positive Ergebnis deckt sich mit hochsignifikanten Verbesserungen in den zweiten OSTE-Lehrproben in 13 von 16 Kriterien mit p-Werten < 0.01 gegenüber dem Einstiegsniveau.

In der Diskussion werden potentielle Erfolgsfaktoren auf die Akzeptanz und Effektivität sowie die kontroverse Frage von Kursgebühren bei Didaktiktrainings eingehend dargestellt.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der vorliegenden Studie haben gezeigt, dass in nur wenigen Trainingstagen mit dem vorgestellten, aktiven Schulungskonzept mit vertretbarem Aufwand erhebliche Steigerungen der didaktischen Kompetenzen der Dozenten erzielbar sind, die nach Einschätzung der TN auch auf Dauer anhalten. Das Trainingskonzept ist für 21 CME-Punkte der höchsten Kategorie „C" der Akademie der LÄK Nordrhein zertifiziert.

Schlüsselwörter: Didaktik, Dozentenschulung, OSTE, Trainingskonzept, Kompetenz

Abstract

The purpose of this study was to develop, test, evaluate and finally implement effective state-of-the-art Teacher Trainings in didactic skills and methods. The training concept should be designed and beneficial for medical teachers in under- and postgraduate Medical Education.

Methods: A 5-day workshop with 12 theoretical and 9 „hands-on" modules has been designed and stepwise improved, according to trainees' feedback. All trainees were educated in small groups (6 to 10 participants per workshop). The workshops consisted of mini-lectures, repeated microteaching exercises and video-supported feedback concerning the following key-competencies: Communication of goals, methods to trigger interactivity, design of slides in ppt-presentations, effective feedback-techniques and use of media, time-management, skills teaching, assessment methods (e.g. OSCE and others), evaluation and general presentation skills. The evaluation was based on two components: A) Trainees' scores in two OSTEs (objecitve structured teaching exercises) at the beginning and end of workshop: the ratings of 15 to 20 external oberservers were checked for significant trends (X2 -Test Pearson) in 17 pregiven criteria for high teaching effectiveness. B) The trainees rated 20 teaching competencies in a retrospective „pre-post-analysis" (self-assessment questionaire) at the end of each workshop and after 6 to 12 months later. The results revealed highly significant improvements (p < 0.01) in 15 of 17 OSTE-criteria and in 19 of 20 items of the pre-post-analysis, predominantly estimated to be „persistent". Overall, trainees' feedback has been highly encouraging to continue and broaden the program. The discussion covers potential factors for the training success as well as pitfalls and controverse issues of time and costs.

In conclusion, the designed 5-day training workshops to enhance didactic skills and teaching methods turned out to be highly effective and can be attended by all medical teachers with different teaching backgrounds and specialities (http://www.medidak-pilotprojekt.de/). The training has been CME-certified for 21 credits (category „C") by the Academy of the Physicians' State Association North-Rhine-Westfalia (LÄK Nordrhein).

Keywords: didactic, teacher training, OSTE, training program, competence


Einleitung

Die letzte Novelle der Ärztlichen Approbationsordnung [1] fordert eine intensivierte interdisziplinäre Verknüpfung der theoretischen mit den klinisch-praktischen Inhalten und den verstärkten Einsatz von Kleingruppenunterricht. Diese Entwicklung [35] erhöht die Notwendigkeit, die Lehrenden in Hinsicht auf eine zeitgemäße Unterrichtskonzeption und z.B. interaktivere Unterrichtsformate methodisch adäquat zu qualifizieren: Das Leiten einer Kleingruppe erfordert z.B. zusätzliche soziale Kompetenzen [5], [27], wie z.B. die Kenntnis gruppendynamischer Prozesse, didaktischer Lehr- und Lernstrategien sowie Erfahrungen im Zeit- und Konfliktmanagement. Deshalb haben schon etliche Universitäten spezielle Trainingsprogramme für ihre Ausbilder eingerichtet [21], [39], [41], zumal viele Dozenten in der Medizin über keine pädagogische Grundausbildung [7], [34] verfügen. In Düsseldorf werden seit 1994 Methodik- und Didaktiktrainings mit unterschiedlichen Schwerpunkten für Dozenten in der Medizin angeboten: Diese Schulungsangebote haben sich stufenweise aus den Tutoren- und Dozententrainings [16], [18] entwickelt, deren Einführung aus interdisziplinären Kleingruppen-Praktika in bildgebenden Verfahren [17], [19] resultierte.

Die Zielsetzung dieser Studie war die Konzeption, die schrittweise Evaluation und die Optimierung eines Trainingsprogramms für medizinische Dozenten, das zeitgemäße didaktische Konzepte und effektive Methoden für unterschiedliche Unterrichtsformate und -inhalte möglichst effizient vermittelt. Es wurde dabei davon ausgegangen, dass die Trainees nach der Schulung häufig in ein Curriculum zurückkehren, das nicht nur kleine POL-Gruppen, sondern auch Seminare, Praktika und (noch) konventionelle Vorlesungsformate einsetzt. Daher sollte ein möglichst breit gefächertes Schulungsmodell entwickelt werden, das den hierzulande verbreiteten Anforderungen unterschiedlicher Unterrichtsformate gerecht wird und somit standortübergreifend einsetzbar ist.


Methoden

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde ein fünftägiges Trainingskonzept für Gruppen von 6 bis maximal 10 TN entwickelt, das in modularer Form unterschiedliche Kompetenzbereiche effektiver Lehre abdeckt. Das Konzept wurde stufenweise an die Erfordernisse angepasst, die sich aus Rückmeldungen der Schulungsteilnehmer ergaben. Die trainierten Lehrkompetenzen umfassten Methoden für:

• Zielgruppenanalyse,

• ein schnelles Etablieren transparenter Lernziele, mit hohem Identifikationsgrad für die jeweilige Zielgruppe,

• unterschiedliche Phänomene der sozialen Wahrnehmung und Gruppendynamik in Abhängigkeit von Unterrichtsformat und Gruppenzusammensetzung,

• effektives und interaktives Feedback,

• interaktive Frage- und Antworttechniken, Planung von Fragekaskaden,

• effektiver Einsatz von Medien, z.B. Foliendesign, Overhead Projektion und das Erstellen didaktisch sinnvoll animierter Powerpoint-Präsentationen,

• Rhetorik und Präsentationstechniken: Sprechtempo, Pausen, Lautstärke, Synchronisation audiovisueller Informationsvermittlung, Gestik und Mimik,

• Einsatz standardisierter Prüfungsmethoden (OSCE, triple jump etc.),

• Vermittlung praktischer Fertigkeiten (4-Schritt-Methode nach R. Peyton)

• Evaluationsmethoden und Ressourcenbeschaffung.

Die Schwerpunktsetzung und zeitliche Verteilung der Inhalte sind aus der Tabelle 1 [Tab. 1] ersichtlich. Den größten Umfang haben im Laufe der Weiterentwicklung des Konzeptes schließlich die praktischen Übungen zu den genannten Rhetorik- und Präsentationstechniken eingenommen.

In der Regel wurden die Module durch einen kurzen Theorievortrag des Trainers eingeleitet, der anhand nachgespielter Unterrichtsszenarien (Videoszenarios) oder Kasuistiken eine Diskussionsgrundlage für jeweils effektive und professionelle Verhaltensweisen lieferte. Anschließend entwickelten die TN jeweils ihre persönliche Zielvorstellung und erprobten diese selbst an Lehrbeispielen. Im Anschluss an diese Lehrproben oder Rollenspiele erhielt jeder TN ein videobasiertes, zeitlich streng limitiertes, mündliches Kurzfeedback (3-5 Minuten) von Co-Trainees und Trainer. Zusätzlich erhielt jeder TN von allen Co-Trainees ein teilstandardisiertes, schriftliches Feedback, das zuvor festgesetzte pädagogische bzw. methodische Qualitätskriterien berücksichtigte (Tabelle 2 [Tab. 2]). Die schriftlichen Feedbacks hierzu lasen die TN in einem benachbarten Nebenraum durch, bevor sie dort im unmittelbaren Anschluss ihr Video sichteten, während die übrige Gruppe im Trainingsraum bereits mit dem nächsten Kurzvortrag oder Rollenspiel fortfuhr. Nach einigen Trainings der Konzeptionsphase wurden nicht nur positiv vorformulierte Kriterien in den Feedbackbogen aufgenommen, sondern auch negativ formulierte Kriterien eingestreut, um einer „Ja"-Tendenz vorzubeugen und die Ergebnisse besser auf Plausibilität testen zu können. Nach einer initialen Gruppenbildungsphase wurden alle Kurzvorträge, Lehrproben und Rollenspiele mit Videokamera dokumentiert und über den Verlauf des Trainings nacheinander für eine spätere Trendanalyse aufgezeichnet. Individuelle Videokassetten vereinfachten unmittelbare und anschauliche Vergleiche der eigenen Lehrproben.

Teilnehmerstruktur und Kursgebühren: Die insgesamt 102 Schulungsteilnehmer rekrutierten sich überwiegend (~ 70%) aus Ärzten der klinischen Fachgebiete der Inneren Medizin, Neurologie, Pädiatrie, Pathologie, Endokrinologie, Anästhesie, Rechtsmedizin etc. und aus den operativen Fachgebieten der (Neuro-) Chirurgie, Orthopädie, Gynäkologie, Opthalmologie. Der Anteil an Fachärzten, bereits habilitierten Dozenten und Ärzten in der Weiterbildung lag jeweils bei ca. 25%, die restlichen 25% stellten Biologen / Biochemiker aus der vorklinischen Lehre und Dozenten, die als MTAs, Physiotherapeuten oder Orthoptisten an MTA-, Krankengymnastik-, Krankenpflege- oder Sehschulen tätig waren. Die Teilnehmergebühren beliefen sich je nach Berufsstatus und Herkunftsinstitution auf 300 € bis 625 € pro TN und Woche, von denen jedoch bei bestandener Prüfung eine „Erfolgsprämie" von 25% erstattet wurden [16].

Die Evaluation bezog sich nach der initialen Konzeptions- und Optimierungsphase auf die Effektivität der letzten drei Didaktiktrainings mit insgesamt 21 TN, die nach nahezu identischem Muster abliefen. Sie basierte auf zwei Komponenten: Die erste bestand aus einer zweimaligen Fremdbewertung durch externe Beobachter in standardisierten Lehrproben (OSTE = objective structured teaching exercise [40]), die zu Beginn und am Ende der Trainingswoche zu absolvieren waren:

Alle TN wurde schon bei ihrer Anmeldung darum gebeten, aus ihrem normalen Unterrichtsrepertoire eine maximal 10-minütige Lehrprobe (Kurzvortrag) für ein Auditorium vorzubereiten, das in der vorgestellten Materie über keine Vorkenntnisse verfügen sollte. Das Thema und die verwendeten Medien konnten die TN selbst wählen. Diese Lehrproben wurden am Abend des ersten Trainingstages im Hörsaal gehalten und von 12 bis 20 Beobachtern (50% erfahrene Dozenten mit pädagogischer Zusatzausbildung und 50% Medizinstudenten aus dem 2. Klinischen Studienabschnitt mit standardisierten Beurteilungsbögen mit den Kriterien der Tabelle 2 [Tab. 2] bewertet. Die Fragebögen umfassten neben standardisierten Kriterien auch die Möglichkeit, die Stärken und Schwächen der jeweiligen Ausbilder in freien Kommentaren zu beschreiben und mit Verbesserungsvorschlägen zu kombinieren.

Die zweite Lehrprobe erfolgte mit gleichen Rahmenbedingungen am letzten Trainingstag, nur hatten die TN die zusätzliche Aufgabe, zwischenzeitlich gelernte Methoden anzuwenden und eine geeignete, standardisierte Prüfungsform für den von ihnen vermittelten Lernstoff vorzubereiten und dem Auditorium vorzustellen. Diese externen Bewertungen wurden auf signifikante Unterschiede zwischen den beiden Lehrproben mit Hilfe des X2-Tests nach Pearson auf signifikante Unterschiede getestet.

Die zweite Komponente bestand aus einer ebenfalls zweimaligen Selbsteinschätzung der TN: Sie wurden am Ende des Workshops aufgefordert, ihre eigenen Lehrkompetenzen vor und nach dem Workshop im zeitlichen Verlauf einzuschätzen (retrospektive „vorher-nachher-Analyse" nach dem Muster des Stanford Faculty Development Program [36]). Sie bekamen 6 bis 12 Monate danach einen identischen Fragebogen, um die Höhe und Dauerhaftigkeit der Trainingseffekte erneut retrospektiv einzuschätzen. Die Rücklaufquote der Fragebögen betrug 100% (zum Trainingsende) bzw. 94% (6-12 Monate danach). Auch diese Einschätzungen wurden mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS auf signifikante Unterschiede „vor" versus „nach" der Trainingsteilnahme getestet.

Als Ausschlusskriterien wurden vor Beginn der Studie die Ergebnisse und Bewertungen von TN definiert, zu denen a) nicht mindestens 10 plausible OSTE-Fremdbewertungen beider Erhebungszeitpunkte vorlägen, um eine vertretbare Reliabilität mit zu erwartenden Korrelationen von > 0,70 zu gewährleisten [4], b) bzw. nicht beide Rückmeldebögen zum Trainingseffekt vorlägen oder c) TN, die zu weniger als 90% der Trainingszeit teilnehmen sollten (a-c kamen nicht vor). d) Circa 5% der Bewertungsbögen enthielten widersprüchliche Einzelwertungen, die auf Ermüdung oder Unaufmerksamkeit der Beobachter beruhen könnten und gingen daher nicht in die Ergebniskalkulation ein. Hierbei handelte es sich um Widersprüche der Bewertungen zu den Kriterienpaaren A↔M, C↔N, D/E↔O & I/J↔P.


Ergebnisse

Insgesamt schätzen die TN die positiven Effekte des Trainings auf ihr persönliches Lehrverhalten zu über 95% als „sehr stark" bis „stark" ein, kein TN votierte für „niedrig" oder „ohne Effekt" (Abbildung1 [Abb. 1]). Die genauere Aufschlüsselung, wie groß der Schulungseffekt in welchen Teilaspekten empfunden wurde, liefert die Abbildung 2 [Abb. 2]. Besonders bemerkenswert ist die retrospektive Einschätzung der TN ca. 1 Jahr nach Absolvieren des Trainings, dass diese Effekte nachhaltig anzuhalten scheinen und nicht nur als vorübergehend zu betrachten sind (Abbildung 3 [Abb. 3]). Die vergleichende Analyse der Selbsteinschätzung der eigenen Lehrkompetenzen vor versus nach dem Training zeigt in 12 von 13 Kriterien eine als hochsignifikant erlebte Verbesserung mit p-Werten < 0.001, selbst im Kriterium C (soziale Wahrnehmung) wurde noch ein signifikante Verbesserung (p<0.017) angegeben (Abbildung 4 [Abb. 4]).

Diese Selbsteinschätzung wird durch den Trend in der Fremdwahrnehmung externer Beobachter bestätigt: Im Vergleich der beiden standardisierten OSTE-Lehrproben bekamen die Trainees am letzten Kurstag hochsignifikante Verbesserungen in 13 von 16 Qualitätskriterien im Vergleich zum Kursbeginn für eine effektivere Lehre attestiert (Abbildung 5 [Abb. 5]). Besonders deutlich waren die Veränderungen weg von Frontalvorträgen mit passiven Zuhörern hin zu interaktiveren Unterrichtsformen (Kriterium C und N). Die geringere Zahl n der Bewertungen von den negativ vorformulierten Kriterien M bis P erklärt sich dadurch, dass diese erst im Verlauf der Studie als Plausibilitätskontrolle eingeführt worden waren. Die Bewertungen studentischer Beobachter unterschieden sich dabei weder tendenziell noch signifikant von den Bewertungen erfahrener Dozenten mit pädagogischem Hintergrundwissen.


Diskussion

Viele Studien zu Didaktiktrainings messen lediglich die Zufriedenheit der geschulten Dozenten, ohne einen externen Qualitätsmaßstab für die Beurteilung der Trainingseffektivität heranzuziehen [28], [41]. Die große Übereinstimmung der hier trainierten Dozenten mit der Fremdeinschätzung durch externe Beobachter spricht jedoch dafür, dass das hier vorgestellte Konzept eines 5-Tages-Didaktikworkshops mit seinem Schwerpunkt auf zahlreiche und wiederholte Lehrübungen und Lehrproben („microteaching exercises") zu einer tatsächlichen Steigerung der Lehrkompetenzen der Teilnehmer geführt hat und nicht nur zu dem subjektiven Eindruck, mehr über effektive Lehre zu wissen. Hierzu ist bemerkenswert, dass erfahrene Dozenten mit ausgeprägtem pädagogischen Hintergrund die Trainees nicht wesentlich anders beurteilt haben als Studierende der Medizin aus dem 2. Klinischen Studienabschnitt, die zu 50% die Beobachter stellten, um eine möglichst Zielgruppen-nahe Perspektive in die Bewertung der Lehrqualität mit einfließen zu lassen. Dieser Befund deckt sich mit Ergebnissen anderer Studien, die eine ähnlich hohe Übereinstimmung zwischen studentischen und externen Bewertungen [4] ergeben haben.

Gelegentlich wird in Diskussionen angeführt, dass die Effekte von Didaktiktrainings auf Seiten der geschulten Trainees oft schnell wieder verblassen („fading effect"), wenn diese sich den Beanspruchungen durch Forschung und Patientenversorgung ihrer akademischen Heimatinstitution bzw. klinischen Abteilung stellen müssen, so dass dahinter ein verstärktes Engagement für die Lehre im „Klinikalltag" wieder zurückstehen müsse [25], [33]. Um so erfreulicher ist das Ergebnis dieser Studie, bei dem die TN auch noch 6 bis 12 Monate nach ihrer Schulungsteilnahme die Nachhaltigkeit der Schulungseffekte betonten (Abbildung 3 [Abb. 3]). Man könnte kritisieren, dass der zweite Erhebungszeitpunkt der TN-Selbsteinschätzung zwischen 6 und 12 Monaten Latenz nach Schulungsende variierte. Die Flexibilität war insofern sinnvoll, als alle TN nach dem Training die Gelegenheit haben sollten, zunächst die gelernten Methoden im Unterricht auch angewendet zu haben, bevor sie deren Praktikabilität bzw. Dauerhaftigkeit einer Verhaltensänderung retrospektiv einschätzten. Einige TN nahmen jedoch nicht jedes Semesters Lehraufgaben wahr, sondern nur im jeweiligen Sommer- bzw. Wintersemester.

Kursgebühren

Während sich international bereits zahlreiche Didaktiktrainings an Medizinischen Ausbildungsinstitutionen etabliert haben [14], [24], [32], [37], [38], [44] und zahlreiche Empfehlungen für die Konzeption und Ausgestaltung von Didaktiktrainings für Dozenten (faculty development) existieren [2], [3], [9], [20], [31], [43], wird hierzulande gelegentlich behauptet, dass für professionelle Didaktiktrainings in kleinen Gruppen keine „Marktakzeptanz" bestehe, sobald dafür relevante Kursgebühren gefordert würden. Sowohl die Schulungen für POL-Tutoren an der LMU in München [23], die in Kooperation mit der Harvard University durchgeführt werden, als auch das hier vorgestellte Programm sprechen für das Gegenteil (Abbildung 6 [Abb. 6]). Diese Akzeptanz des Trainings trotz der damit verbundenen Reisekosten und trotz der geforderten Kursgebühren ist ein zusätzlicher Beleg für die Attraktivität bzw. Effektivität des Konzeptes, zumal in den letzten beiden Jahren zunehmend Kollegen vorheriger Trainees auf Empfehlung an den angebotenen Trainings teilnahmen.

Die partielle Erstattung der TN-Gebühr im Erfolgsfall hat nach Auskunft der TN einen sehr effektiven Leistungsanreiz gesetzt. Die zusätzliche Staffelung nach Ausbildungsstand hat die Akzeptanz von Lehrpersonen in niedrigeren Lohngruppen erhöht, während die Staffelung nach Herkunftsinstitution es dem Veranstalter ermöglichte, den Erwartungen von Sponsor-Institutionen (Land NRW bzw. HHU) gerecht zu werden.

Erfolgsfaktoren

Die Gründe für diesen Erfolg sind statistisch nur schwer fassbar und können allenfalls aus den mündlichen oder Prosa-Kommentaren der Schulungsteilnehmer extrahiert werden:

Besonders gelobt wurde die Beschränkung des Workshopformates auf kleine Gruppen (max. 10 Trainees) mit konsekutiv zahlreichen Gelegenheiten zu praktischen Übungen [6], [22], [42] und der hohe Stellenwert der Videoedukation („mir fielen die Schuppen von den Augen, als ich mich immer wieder selbst in der Dozentenrolle agieren sah"). Ebenso deutlich hat sich die Praxis bewährt, dass die Videos der Einzelszenen nicht vor der gesamten Gruppe systematisch analysiert und zeitaufwändig diskutiert, sondern nach kurzem mündlichen Feedback nur von dem/der Vortragenden selbst in einem Nebenraum gesichtet wurden - dadurch wurde die Veranstaltung von vielen TN als weniger „zäh" oder „ermüdend" empfunden. Außerdem verdoppelte sich dadurch im gegebenen Trainingszeitraum nahezu die Anzahl der aktiven, eigenen Trainingsmöglichkeiten vor der Kamera, da die Gruppe gleichzeitig schon mit der nächsten Präsentation/Übung fortfahren konnte. Dies deckt sich mit der Erkenntnis, dass wiederholtes, selbständiges Ausführen (hier: der Lehrübungen) die Reproduzierbarkeit eines Handlungsablaufes erheblich steigert [30]. Der vermeintliche Nachteil, so die Übung nur jeweils eines nachfolgenden Co-Trainees zu versäumen, wurde von unseren TN als nachrangig eingeschätzt.

Die meisten Gruppen waren in Hinsicht auf die Lehrerfahrung und Persönlichkeit der Trainees sehr inhomogen. Daher wurden nicht standardisierte Übungen für alle Trainees einer Gruppe eingesetzt, sondern individuell den Stärken und Schwächen der einzelnen Trainees angepaßt, so dass der Schwerpunkt auf dem individuellen Verbesserungspotenzial jedes einzelnen TN gelegt werden konnte. Dies variierte je nach Berufsgruppe, Lehrerfahrung und Persönlichkeit in bemerkenswertem Ausmaß, besonders in den Rhetorik-/Präsentationsübungen bzw. in den Rollenspielen zur Frage-/Antwortbehandlung und Interaktion. Trotzdem wurde vielfach die Möglichkeit honoriert, auch aus den Stärken und Fehlern der anderen Schulungsteilnehmer viel gelernt zu haben.

Häufig spielt die visuelle Vermittlung eines Handlungsablaufes eine entscheidende Rolle für den dauerhaften Lernerfolg (das „Beibehalten"). Die Tatsache, dass visuell präsentierte Inhalte von den meisten Menschen besser behalten werden als nur durch Texttafeln oder sprachlich angebotene Inhalte, gilt auch in der pädagogischen Literatur als akzeptiert [10], [26], [29] . Daher wird in den hier beschriebenen Schulungen auch der gezielte Einsatz verschiedener Unterrichtsmedien (u.a. Overhead, Videoprojektion, sinnvoll animierte Powerpoint-Präsentationen und Live-Demonstrationen mit Hilfe von Videobeamern) trainiert.

Viele TN gaben die Rückmeldung, dass der Zwang zur häufigen schriftlichen Beurteilung der Lehrproben ihrer Co-Trainees zu einer schnelleren und klarer strukturierteren Internalisierung von Qualitätskriterien für eine effektive Lehre geführt habe. Die Kombination von mündlichem Feedback in der Gruppe und schriftlichem Feedback, das der Vortragende anschließend in einem Nebenraum lesen konnte, bietet außerdem die Möglichkeit, Beobachtungen, die als „zu persönlich" empfunden werden, nicht vor der Gruppe, sondern zeitsparend quasi „privat" mitzuteilen. Gerade diese Rückmeldungen waren in den Augen der TN jedoch oft sehr hilfreich und wären ansonsten häufig nicht geäußert worden.

Außerdem scheint der berufliche Hintergrund des Didaktiktrainers relevant zu sein: Nach den Prosa-Rückmeldungen der TN scheint es auch eine erhebliche Rolle zu spielen, ob der Didaktiktrainer selbst einen typisch ärztlichen Sozialisations-prozess z.B. im Rahmen einer interdisziplinär ausgerichteten Facharztweiterbildung durchlaufen hat und über eine pädagogische bzw. Trainerqualifikation verfügt, oder nur einen rein pädagogischen bzw. soziologischen Hintergrund hat: Etliche Trainees gaben an, mit Kommunikationsformen und Wortwahl anderer Rhetorik- oder Kommunikationstrainer mit rein pädagogischem oder soziologischen Hintergrund (d.h. ohne ärztliche Berufserfahrung) zuvor starke Probleme gehabt zu haben. Es sei zusätzlich hilfreich, wenn der Trainer auch die fachliche Schlüssigkeit und logisch-verständliche Darstellung medizinischer Fachthemen kompetent beurteilen könne. Der Einfluß dieser Faktoren muß in den Evaluationen nachfolgender Trainings jedoch noch weiter untersucht werden.

Insgesamt kann sich die Attraktivität einer didaktischen Zusatzqualifikation u.a. durch den Zugewinn an persönlicher Souveränität auch in anderen beruflichen Situationen ergeben: Die geschulten Ausbilder profitieren davon z.B. auch bei ihren Vorträgen bei Fachkongressen oder vor wichtigen Entscheidungsgremien. Natürlich profitieren sie auch für andere Situationen im Berufsalltag von den Kommunikationstrainings [8], [13] und merken dies sehr schnell.


Limitationen der Studie

Insgesamt wäre die Durchführung einer dritten OSTE-Lehrprobe 6 bis 12 Monate nach dem Training hier aus evaluationsmethodischen Gründen zwar optimal, jedoch mit erheblichen Reisekosten der TN bzw. der Beobachter verbunden gewesen, da die TN sich aus zahlreichen Städten mit größerer Entfernung zum Trainingsort (z.B. Berlin, Rostock, Regensburg etc.) rekrutierten. Zusätzlich hätten auch die Beobachter identisch sein müssen, um die Interobserver-Reliabilität valide testen zu können. Ein solcher finanzieller Aufwand erschien kaum vertretbar und wäre durch die Sponsoren (s. Danksagung) auch nicht unterstützt worden.


Schlussfolgerung

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie haben gezeigt, dass mit dem vorgestellten Schulungskonzept mit vertretbarem Aufwand erhebliche Steigerungen der didaktischen Kompetenzen auf Seiten der Dozenten in nur wenigen Trainingstagen zu erzielen sind, die nach Einschätzung der Trainingsteilnehmer auch auf Dauer anhalten. Diese Schlußfolgerung und die Übertragbarkeit des Konzeptes wurde bereits dadurch bestätigt, dass bereits zahlreiche Dozenten unterschiedlicher medizinischer Fakultäten diese Angebote [15] trotz der damit verbunden Kosten und des Zeitaufwandes nutzen. Das Training wurde von der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung für die Maximalpunktzahl von 21 Punkten in der höchsten Kategorie „C" zertifiziert [11], [12].


Danksagung

Die Studie wurde durch das Programm „Studienreform 2000 Plus" des Landes NRW und durch den Verein der Freunde & Förderer der Heinrich-Heine-Universität umfangreich unterstützt, indem sie dem Projektleiter eine Trainerausbildung an der Leland Stanford University und die Teilnahme an mehreren didaktischen Fortbildungen, u.a. an der Harvard und Maastricht University ermöglicht haben.


Abkürzungen

ÄAppO - Ärztliche Approbationsordnung

HHU - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

LÄK - Landesärztekammer (hier: NRW)

LMU - Ludwig-Maximilian-Universität München

OSTE - Objective structured teaching examination (standardisierte Lehrprobe)

POL - Problem-orientiertes Lernen

TN - Teilnehmer der Studie (trainee)


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