gms | German Medical Science

GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Die aktive Beteiligung deutschsprachiger Länder an den Konferenzen der Association for Medical Education in Europe (AMEE) zwischen 2005 und 2013: Spiegelbild der Entwicklung der medizinischen Ausbildungsforschung?

Forschungsarbeit Humanmedizin

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  • corresponding author Patricia Raes - Ludwig-Maximilians-Universität München, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, München, Deutschland
  • author Daniel Bauer - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Franziska Schöppe - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Witten, Deutschland
  • author Martin R. Fischer - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2014;31(3):Doc28

doi: 10.3205/zma000920, urn:nbn:de:0183-zma0009202

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2014-31/zma000920.shtml

Eingereicht: 17. April 2014
Überarbeitet: 22. Mai 2014
Angenommen: 5. Juni 2014
Veröffentlicht: 15. August 2014

© 2014 Raes et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Zielsetzung: International gewinnt medizinische Ausbildungsforschung an Bedeutung. Seit Anfang der 2000er ist auch in deutschsprachigen Ländern (D-A-CH) ein steigendes Interesse zu beobachten. In einer kontinuierlichen Steigerung der Publikationszahlen deutscher Autoren in internationalen Fachzeitschriften zum Thema „medizinische Ausbildung“ schlug sich das bisher jedoch nicht nieder. Die vorliegende Arbeit untersucht, ob sich jene Entwicklungen aus der aktiven Teilnahme deutschsprachiger Forscher an den Konferenzen der AMEE ablesen lassen.

Methoden: Die Tagungsbände der AMEE-Kongresse von 2005-2013 der Kategorien „Postervorträge“, „Short Communications“, „Research Papers“ und „Plenarvorträge“ wurden auf Beteiligung aus D-A-CH hin untersucht. Im Anschluss wurden die Abstracts einer inhaltlichen Analyse unterzogen und nach Studiendesign, Methodik, Untersuchungsgegenstand und Forschungsthema kategorisiert.

Ergebnisse: Von 9446 analysierten Abstracts weisen 549 Beiträge mindestens einen Erst-/Co- oder Letztautor aus D-A-CH auf. Die absolute Zahl der Beiträge pro Kongress schwankt zwischen 44 im Jahr 2010 und 77 im Jahr 2013. Der prozentuale Anteil schwankt zwischen 10,0% in 2005 und 4,1% im Jahr 2010. Seit 2010 stieg die Beteiligung jedoch kontinuierlich an. Die Arbeiten sind zumeist deskriptiver Art (62,7%). Studien zu grundlegenden Fragen des Lehrens und Lernens (clarification studies) sind eher selten (4,0%). Angewandt wurden meist quantitative Methoden (51,9%), um Fragestellungen zu Themen wie Lehr- und Lernmethoden (33,0%), Evaluation und Assessment (22,4%) oder Curriculumsentwicklung (14,4%) zu untersuchen. Untersuchungsgegenstand sind meist Studierende (52,5%).

Schlussfolgerung: Die Beitragszahlen aus D-A-CH weisen zu Beginn und am Ende des Untersuchungszeitraums ein Maximum auf. Ein kontinuierlicher Anstieg der aktiven Beteiligung seit 2005 ist nicht zu beobachten. Dieser Umstand spiegelt nicht das steigende Interesse an der medizinischen Ausbildungsforschung in den deutschsprachigen Ländern wieder.

Schlüsselwörter: Medizinische Ausbildung, AMEE, Konferenzen und Kongresse, Deutschland, Österreich, Schweiz, Originaldesign


Einleitung

Die medizinische Ausbildungsforschung in Deutschland war Anfang des neuen Jahrtausends nur vereinzelt etabliert und professionalisiert [14]. Durch die Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte im Jahr 2002 kam es in Deutschland zu grundlegenden Veränderungen im Bereich der medizinischen Ausbildung. Dem Praxisbezug und der Weiterentwicklung sozialer Kompetenzen wurde eine größere Bedeutung zugesprochen [5]. Dies führte an vielen medizinischen Fakultäten in Deutschland zu grundlegenden Reformen der Curricula und zur Auseinandersetzung mit medizindidaktischen Fragestellungen. Initiiert durch medizindidaktische Reformen in Ländern, wie beispielsweise den USA oder der Niederlande, kam es zur selben Zeit auch in der Schweiz zu Reformen der medizinischen Studiengänge und deren Curricula [20]. Ebenso haben das Akkreditierungsgesetz 1999/2000 und das Universitätsgesetz 2002 in Österreich eine Reihe von strukturellen Neuerungen bewirkt [3]. Das von Rost [18] 2005 beobachtete, steigende Interesse an der medizinischen Ausbildungsforschung in Deutschland konnten Eisnach et al. mit einem rasanten Anstieg der Zugriffszahlen auf die Artikel der GMS Zeitschrift für Medizinische Ausbildung – German Journal for Medical Education – belegen [8]. Die Etablierung eines deutschsprachigen Master of Medical Education (MME) Studiengangs im Jahr 2004 [9], [13] unterstreicht ebenfalls diese Tendenz. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, ob sich diese positive Entwicklung in der Beteiligung deutschsprachiger Autoren an den Konferenzen der Association for Medical Education in Europe (AMEE) widerspiegelt.

Die Association for Medical Education in Europe (AMEE) wurde 1972 in Kopenhagen gegründet und bietet seitdem Ausbildern im Bereich der Medizin aus verschiedenen Ländern die Möglichkeit, sich auszutauschen und weiterzubilden [22]. Neben den jährlich stattfindenden Kongressen gibt die AMEE die Fachzeitschrift „Medical Teacher“, sowie den „AMEE Education Guide“ heraus und initiiert weltweit Kurse und Projekte verschiedenster Art zu Themen der medizinischen Ausbildung.

Eisnach et. al [8] haben bereits untersucht, ob sich die oben beschriebenen Entwicklungen in der deutschen medizinischen Ausbildungsforschung in einer gesteigerten Publikationsaktivität deutscher Autoren in fünf führenden, internationalen Zeitschriften der medizinischen Ausbildungsforschung widerspiegeln. Es konnte allerdings gezeigt werden, dass deutsche Autoren in den untersuchten Zeitschriften eher selten vertreten sind (1,4% der insgesamt publizierten Artikel) [8]. Außerdem zeigen sich Schwankungen der Publikationszahlen im Zeitverlauf [8]. Da die Publikation von Studien und wissenschaftlichen Erkenntnissen in Zeitschriften nur einen Teil des internationalen Forschungsaustauschs darstellt, untersucht die vorliegende, deskriptive Arbeit die deutschsprachige Beteiligung an den AMEE-Konferenzen zwischen 2005 und 2013.

In der Literatur gibt es kontroverse Meinungen bezüglich der Qualität angewandter Methoden in der medizinischen Ausbildungsforschung. Es wird konstatiert, dass Untersuchungen oft auf mangelhaften wissenschaftlichen Studiendesigns basieren [6], [12], [15], [23]. Andererseits zeigen Baernstein et al. [2], dass sich die angewandten Methoden seit den 70er Jahren kontinuierlich verbesserten. Um die medizinische Ausbildungsforschung weiter voranzubringen und neue Forschungsansätze zu entwickeln, bedarf es auch einer Grundlagenforschung (clarification studies [7]) auf dem Gebiet, deren Stellenwert momentan noch nicht ausreichend gewürdigt wird [19]. Durch eine inhaltliche Analyse der Abstracts im oben genannten Untersuchungszeitraum soll die vorliegende Arbeit aufzeigen, welche methodischen Ansätze bei deutschsprachigen AMEE-Beiträgen überwiegen. Ebenso wird untersucht, ob die Forschungsthemen und Untersuchungsgegenstände der Studien vergleichbar zu jenen internationaler Veröffentlichungen sind.

Die vorliegende Arbeit beantwortet dementsprechend folgende Fragestellungen:

  • Wie viele Beiträge (Posters, Short Communications, Research in Medical Education Papers, Plenaries) deutschsprachiger Autoren wurden auf den AMEE-Konferenzen zwischen 2005 und 2013 präsentiert? Lässt sich daraus ein Trend ablesen?
  • Um welche Art von Studien handelt es sich dabei und welche Methoden werden angewandt?
  • Welche Themen und welche Untersuchungsgegenstände werden in den Studien untersucht?

Methoden

Zur Untersuchung der oben genannten Fragestellungen wurden die Tagungsbände der AMEE-Konferenzen von 2005 bis 2013 im Hinblick auf deutsche, österreichische oder schweizerische Autorenschaft analysiert und eine Datenbank erstellt. Es wurden dabei alle Beiträge berücksichtigt, an denen mindestens ein deutschsprachiger Erst-, Co- oder Letztautor (Arbeitsort: Deutschland, Österreich oder Schweiz) beteiligt war. Beachtung finden nur Beiträge aus den folgenden vier übergeordneten Kategorien:

1.
Poster-Präsentationen: Inklusive E-Poster, da diese in digitaler Form auf den Kongressen präsentiert werden. Web-Poster wurden im Gegensatz dazu bei der vorliegenden Analyse nicht berücksichtigt, da diese nicht auf den Konferenzen präsentiert werden. In thematisch gruppierten Sessions wird das Poster in üblicherweise zwei bis drei Minuten präsentiert. Anschließend können Fragen gestellt und diskutiert werden.
2.
Short Communications: Der Autor stellt seine Arbeit in einer i.d.R. zehnminütigen Präsentation vor. Nach der Präsentation können fünf Minuten lang Fragen gestellt werden.
3.
Research in Medical Education Papers: Nach einer meist 15-minütigen Präsentation der Arbeit besteht für fünf Minuten die Möglichkeit, Fragen zu stellen mit anschließender Diskussion.
4.
Plenaries: Plenarvorträge vor großem Publikum mit anschließender Fragerunde und Diskussion.

Andere Veranstaltungen und Beiträge, wie beispielsweise im Rahmen der Kongresse stattfindende Workshops, wurden nicht in die Analyse miteinbezogen. Somit wurden insgesamt 9446 Beiträge gefiltert und daraufhin 549 Abstracts mit deutschsprachigen Beteiligten bei der weiteren Auswertung analysiert (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

In der Datenbank wurden jedem Beitrag die Namen und Arbeitsstädte der Erst-, Co- und Letztautoren, sowie das Arbeitsland des Letztautors zugewiesen. Es wurden lediglich die Städte übernommen, aus denen der Beitrag stammt und nicht die einzelnen Fakultäten, da zum einen aus den Tagungsbänden nicht immer ersichtlich war, welcher Fakultät die Autoren angehörten, und zum anderen auch einige wenige Beiträge präsentiert wurden aus Städten, an denen keine medizinische Fakultät angesiedelt ist. Im nächsten Schritt wurden alle 549 Abstracts der Beiträge inhaltlich analysiert und kategorisiert nach: Art der Studie, Methodik, Untersuchungsgegenstand und Forschungsthema. Die Subkategorien zu Untersuchungsgegenstand und Forschungsthema wurden von drei Autoren dieser Arbeit entworfen. Die Kategorisierung wurde von einer Person durchgeführt, die bei fehlender Eindeutigkeit der Zuordnung in Diskussion mit den anderen Autoren trat. Die Subkategorien wurden folgendermaßen definiert:

Art der Studie

Nach Cook et al. [7] können Arbeiten der medizinischen Ausbildungsforschung hinsichtlich des Studiendesigns folgenden drei Kategorien zugeordnet werden: Description studies, justification studies und clarification studies. Description studies sind rein deskriptiv angelegt und beschreiben lediglich eingeführte Interventionen oder Prozesse. Dabei können Ergebnisdaten (z.B. Evaluationsergebnisse) präsentiert werden, diese sind aber nicht zwingend erforderlich. Justification studies liegen auf der nächst höheren Untersuchungsebene. Hier soll der Nutzen einer Intervention belegt werden, indem zum Beispiel ein randomisiertes Kontrollgruppendesign gewählt wird. Um grundlegende Mechanismen und Zusammenhänge im Bereich der medizinischen Ausbildung aufzudecken, werden clarification studies benötigt. Dabei wird mithilfe von Erklärungsmodellen untersucht, weshalb oder auf welche Art und Weise eine Intervention wirkt [7].

Methodik

Soweit aus dem Abstract die Art der angewandten Methodik ersichtlich war, wurde jeder Beitrag entsprechend der Verwendung quantitativer, qualitativer oder gemischter Methoden kategorisiert [4].

Untersuchungsgegenstand

Folgende Subkategorien wurden definiert, um den Untersuchungsgegenstand der Beiträge benennen zu können: Studenten/undergraduates, Ärzte/postgraduates, Organisation/Institution, Dokumente, Sonstiges. Die Subkategorie Studenten/undergraduates umfasst dabei nicht nur Medizinstudierende, sondern beispielsweise auch Pflegeschüler/-innen oder andere Auszubildende. Ebenso verhält es sich mit der Subkategorie Ärzte/postgraduates. Ihr wurden Beiträge zugeordnet, deren Untersuchungsgegenstand in erster Linie nicht nur Ärzte und Ärztinnen waren, sondern beispielsweise auch examinierte Pflegekräfte oder nicht klinisch tätige Mediziner. Projekte deren Untersuchungsgegenstand als Organisation/Institution definiert wurde, befassen sich nicht direkt mit Ausbildern oder Auszubildenden, sondern untersuchten beispielsweise eine Fakultät oder einen Fachbereich als Ganzes. Eine Dokumentenanalyse untersucht hingegen Daten, die bereits als schriftliche Informationsquelle vorliegen. Die Subkategorie Sonstiges umfasst alle Studien, deren Untersuchungsgegenstände den erstgenannten Subkategorien nicht zuzuordnen waren.

Forschungsthema

Die übergeordneten Forschungsthemen der Projekte wurden in folgende Subkategorien unterteilt: Curriculumsentwicklung, Lehr-/Lernmethoden, Kompetenzen und Lernziele, Implementierung und Maintenance, Evaluation und Assessment, Sonstiges. Der Subkategorie Curriculumsentwicklung wurden alle Studien zugeordnet, die Untersuchungen zu curricularen Veränderungen beinhalten. Wurden im Gegensatz dazu die Lehrmethoden genau erläutert (z.B. E-Learning, Simulationen, ...) und nicht nur die Erweiterung des Curriculums um eine neue Veranstaltung beschrieben, wurde der Beitrag der Subkategorie Lehr-/Lernmethoden zugeordnet. Diese umfasst auch Studien, die Lernverhalten analysieren. Beiträge, in denen auf spezifische Lernziele oder Kompetenzen eingegangen wird, wurden der Subkategorie Kompetenzen und Lernziele zugewiesen. Die Subkategorie Implementierung und Maintenance umfasst Studien, welche die Fakultätsentwicklung als Ganzes untersuchen. Präsentationen, die beispielsweise Innovationsmanagement oder die Implementierung medizindidaktischer Schulungen zum Thema haben, fallen in letztgenannten Bereich. Alle Beiträge, die sich mit Prüfungsmethoden und Prüfungsauswertungen im weitesten Sinne befassen und Studien, die sich mit der Evaluation bestehender Strukturen beschäftigen, wurden der Subkategorie Evaluation und Assessment zugeordnet. Auch bei der Kategorisierung der Forschungsthemen wurde eine Subkategorie Sonstiges gebildet, unter die alle nicht näher zuzuordnenden Themen subsummiert wurden.

Um den prozentualen Anteil der Beiträge deutschsprachiger Autoren an der Gesamtzahl bestimmen zu können, wurde aus allen Tagungsbänden im genannten Untersuchungszeitraum die Gesamtzahl gehaltener Vorträge bestimmt. Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit wurden auch in diesem Schritt nur die Beiträge aus den vier Kategorien Poster, Short Communications, Research Paper und Plenary summiert.

Die Häufigkeitsanalysen der Daten und die Veranschaulichung der Ergebnisse erfolgte mithilfe von IBM SPSS Statistics 21.


Ergebnisse

Anzahl und Art der Beiträge deutschsprachiger Autoren

Auf den AMEE-Kongressen zwischen 2005 und 2013 wurden insgesamt 549 Projekte deutschsprachiger Autoren präsentiert. Die Zahl der Beiträge pro Kongress schwankt dabei zwischen 44 im Jahr 2010 und der zahlenmäßig bisher größten Vertretung deutschsprachiger Autoren von 77 Präsentationen im Jahr 2013 (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]). Der prozentuale Anteil deutschsprachiger Beiträge an der Gesamtzahl der Präsentationen schwankt zwischen 4,1% in 2010 und 10,0% in 2005 (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Tabelle 1 [Tab. 1] zeigt eine Übersicht. Insgesamt stammen 5,8% aller Beiträge im Untersuchungszeitraum von deutschsprachigen Autoren.

Tabelle 2 [Tab. 2] gibt eine Übersicht über Art und Herkunft aller analysierten Artikel. Der Großteil der Präsentationen deutschsprachiger Forscher im Untersuchungszeitraum besteht aus Postervorträgen (60,3%). Den zweiten großen Anteil bilden die Short Communications. Research Paper und Plenarvorträge haben nur einen geringen Anteil. Der zweite Abschnitt der Tabelle 2 [Tab. 2] veranschaulicht die Herkunftsländer aller analysierten Artikel. Dazu wurden alle Abstracts mit mindestens einem deutschsprachigem Erst-, Co- oder Letztautor hinsichtlich des Arbeitslands des Letztautors gelistet. Aus Deutschland stammt demnach der Großteil der Artikel (insgesamt 444 Beiträge, 80,9%).

Hinsichtlich der publikatorischen Aktivitäten auf den AMEE-Kongressen zeigt sich, dass die meisten deutschsprachigen Beiträge aus Berlin stammen (siehe dritter Abschnitt der Tabelle 2 [Tab. 2]). Mit etwas Abstand folgen Heidelberg, und Witten. Frankfurt am Main und München teilen sich Platz vier. Für diese Häufigkeitsanalyse wurde jeweils der Arbeitsort des Erstautors herangezogen. Abbildung 4 [Abb. 4] zeigt die Beitragszahlen aller beteiligten deutschsprachigen Städte im genannten Untersuchungszeitraum, aufgeschlüsselt nach der Art des Vortrags.

Methodische und thematische Kategorisierung der Beiträge

Bei den Beiträgen deutschsprachiger Autoren auf den AMEE-Konferenzen im genannten Untersuchungszeitraum handelt es sich hauptsächlich um deskriptive Studien (62,7%, siehe Tabelle 3 [Tab. 3]). Justification studies machen ein Drittel aller Beiträge (33,3%) aus, während clarification studies den geringsten Anteil mit nur 4,0% einnehmen.

Die angewandten Methoden sind meist quantitativer Art (51,9%). Allerdings wurden auch die Daten vergleichsweiser vieler Studien mithilfe qualitativer Methoden gemessen (38,6%). Untersucht wurden meist Studierende (52,5%). Ebenfalls beliebte Untersuchungsgegenstände waren verschiedene Organisationen und Institutionen (19,1%), sowie Ärzte und Personen mit abgeschlossener Ausbildung (15,7%). Thematische Schwerpunkte in den untersuchten Beiträgen sind Lehr- und Lernmethoden (33,0%), sowie Evaluation und Assessment (22,4%). Mit dem Thema Curriculumsentwicklung befassen sich ebenfalls viele Beiträge (14,4%).


Diskussion

Die AMEE-Beiträge deutschsprachiger Autoren

Die Ergebnisse der vorliegenden Häufigkeitsanalyse zeigen zwischen 2005 und 2013 eine schwankende Repräsentanz deutschsprachiger Ausbildungsforscher auf den Kongressen der AMEE. Die Anzahl deutschsprachiger Beiträge ist zu Beginn des Untersuchungszeitraums sehr hoch, fällt im Jahr 2010 dann bis auf das Minimum ab, um im Jahr 2013 ein neues Maximum zu erreichen. Betrachtet man allerdings den prozentualen Anteil der Beiträge deutschsprachiger Forscher an der Gesamtzahl aller Präsentationen, fällt auf, dass die deutschsprachige Beteiligung in den letzten Jahren nie mehr so hoch war wie in den Jahren 2005-2007. Ab 2010 lässt sich allerdings, sowohl aus den absoluten Zahlen als auch aus den relativen Werten, eine konstante Steigerung der aktiven Teilnahme deutschsprachiger Ausbildungsforscher an den AMEE-Kongressen ablesen.

Die um die Jahrtausendwende geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen zur universitären Ausbildung in Deutschland, Österreich und der Schweiz [3], [5], [20] könnten die relativ hohe Zahl an deutschsprachigen Beiträgen zu Beginn des Untersuchungszeitraums erklären. Curriculare Innovationen konnten berichtet und beforscht werden und Vergleiche zwischen Studierenden der auslaufenden und der neuen, reformierten Curricula boten sich an. Allerdings ist die Gesamtzahl der präsentierten Studien auf der AMEE zu Beginn des Untersuchungszeitraums deutlich geringer als gegen Ende, wodurch die Beiträge deutschsprachiger Autoren bei der relativen Häufigkeitsanalyse stärker ins Gewicht fallen.

Eisnach et al. konnten zeigen, dass 1,4% der publizierten Artikel in den wichtigsten internationalen englischsprachigen Zeitschriften zum Thema „medizinische Ausbildungsforschung“ von deutschen Autoren stammen (Untersuchungszeitraum 2004-2009 [8]). Die aktive Beteiligung deutschsprachiger Forscher an den jährlich stattfindenden AMEE-Kongressen ist mit 4,1-10% deutlich höher. Allerdings ist zu beachten, dass Beiträge aus der Schweiz und aus Österreich bei Eisnach et al. keine Berücksichtigung fanden. Grund für diese Diskrepanz könnte aber auch sein, dass in den internationalen Zeitschriften hauptsächlich justification und clarification studies veröffentlicht werden (70% der Zeitschriftenartikel deutscher Autoren [8]). Die vorliegende Arbeit zeigt im Gegensatz dazu, dass deutschsprachige Forscher auf den AMEE-Kongressen hauptsächlich deskriptive Studien (63%) in Form von Postervorträgen (60%) präsentieren, welche dann nur selten als Zeitschriftenartikel veröffentlicht werden.

Es gibt große Unterschiede zwischen den einzelnen (Fakultäts-)Städten bezüglich der Publizierung medizindidaktischer Forschungsarbeiten auf der AMEE. Während einige Städte häufig dort vertreten sind, treten andere nur vereinzelt in Erscheinung. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Eisnach et al [8]. Diese Tatsache könnte die unterschiedliche Entwicklung und Bedeutung der Medizindidaktik an den einzelnen Standorten widerspiegeln. In Deutschland mangelt es vielerorts an medizindidaktischen Experten [11], was auch ein Grund dafür sein könnte, dass dort der Ausbildungsforschung nur langsam mehr Bedeutung beigemessen wird.

Methodische und thematische Kategorisierung

Eisnach et al. konnten die Forschungsergebnisse verschiedener Autoren [6], [12], [15], [23], dass Untersuchungen zur medizinischen Ausbildung oft auf mangelhaften wissenschaftlichen Ansätzen und Studiendesigns basieren, teilweise widerlegen [8]. Auch Baernstein et al. [2] konnten zeigen, dass die Qualität der angewandten Methoden in dieser Disziplin international seit den 70er Jahren kontinuierlich ansteigt. Leider tendiert die medizinische Ausbildungsforschung mit ihren Wurzeln in der Medizin aber nach wie vor dazu, quantitativ zu arbeiten und den Wert qualitativer Forschung nicht angemessen zu würdigen [7], [21]. Rotgans [19] bestätigt, dass die medizinische Ausbildungsforschung zu großen Wert auf Effektivitäts-Nachweise legt und nur selten versucht, neue Forschungsansätze zu finden und Grundlagenforschung zu betreiben. Um solche clarification studies umzusetzen, bedarf es allerdings der Verwendung qualitativer Methoden. Nur 11,5% der deutschen Artikel in internationalen Zeitschriften greifen auf diese zurück [8]. Immerhin weisen aber fast 40% der deutschsprachigen AMEE-Beiträge die Verwendung qualitativer Methoden auf, wie diese Arbeit zeigen konnte.

Rotgans [19] untersuchte internationale Abstracts in den sechs wichtigsten Zeitschriften zur medizinischen Ausbildungsforschung zwischen 1988 und 2010 inhaltlich und konnte zeigen, dass Assessment, Skills Training, Praktika und Lehrmethoden die vier häufigsten Forschungsthemen sind. Die vorliegende Arbeit hat herausgearbeitet, dass deutschsprachige AMEE-Beiträge ebenfalls den zwei Bereichen Lehr-/Lernmethoden und Assessment die größte Bedeutung beimessen. Lehr- und Lernmethoden, Curriculumsentwicklung und Assessment sind die führenden Themen in Zeitschriftenartikeln deutscher Autoren [8]. Auch die häufigsten Untersuchungsgegenstände der AMEE-Beiträge und jene der Zeitschriftenartikel deutscher Autoren sind zum Großteil deckungsgleich. Studierende und Examinierte sind in beiden Fällen die wichtigsten Untersuchungsobjekte. Lediglich der Untersuchungsgegenstand Organisation/Institution ist in Studien, die auf AMEE-Kongressen vorgestellt werden, gehäuft vertreten. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass ein Kongress eine gute Plattform darstellt, um die eigene Organisation zu präsentieren.

Limitationen dieser Studie

Da diese Arbeit lediglich die Beiträge auf AMEE-Kongressen untersucht, ist es nur bedingt möglich, daraus Rückschlüsse auf die gesamte Entwicklung der medizinischen Ausbildungsforschung in den deutschsprachigen Ländern zu ziehen. Zumal wurde nur ein relativ kleiner Zeitabschnitt (neun Kongresse) betrachtet. Um spezifischere Aussagen treffen zu können, müssten auch Tagungsbände anderer Konferenzen untersucht werden. Außerdem ist unklar, wie viele Studien zur medizinischen Ausbildung eher auf fachspezifischen medizinischen Kongressen, Pädagogik- oder auf Psychologenkongressen präsentiert werden. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Bedeutung der Ausbildungsforschung zurzeit nicht nur in Deutschland zunimmt, sondern auch international [1], [2], [10], [16]. Einen Hinweis darauf liefert auch die Gesamtzahl der Beiträge (Postervorträge, Short Communications, Research Papers und Plenarvorträge) auf den AMEE-Kongressen, deren Zahl seit 2005 fast kontinuierlich von 762 auf insgesamt 1363 im letzten Jahr angestiegen ist, wie die vorliegende Arbeit zeigen konnte. Die steigende Beachtung der internationalen medizinischen Ausbildungsforschung (z.B. in Asien, Südamerika oder Afrika [1], [10], [16]) könnte ebenfalls eine größere Konkurrenz für die deutschsprachigen Länder zur Folge haben.

Ein interessanter Ansatz, um die Rolle deutschsprachiger medizinischer Ausbildungsforscher im internationalen Rahmen besser beurteilen zu können, wäre ein Vergleich mit der prozentualen Beteiligung anderer Länder an den AMEE-Konferenzen. Dies hätte allerdings den Rahmen dieses Beitrags gesprengt.


Schlussfolgerung

Insgesamt ist festzuhalten, dass weder Eisnach et al., noch die vorliegende Arbeit die zunehmende Bedeutung der Medizindidaktik im deutschsprachigen Raum mithilfe von Häufigkeitsanalysen internationaler Publikationen untermauern können. Allerdings endet der Untersuchungszeitraum der Studie von Eisnach et al. im Jahr 2009. Die vorliegende Arbeit kann dagegen seit 2010 eine kontinuierliche Steigerung der Repräsentanz deutschsprachiger Autoren auf den AMEE-Kongressen belegen. Weitere Untersuchungen werden zeigen müssen, ob diese Entwicklung anhält.


Daten

Daten für diesen Artikel sind im Dryad-Repositorium verfügbar unter: http://dx.doi.org/10.5061/dryad.9b56t [17].


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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