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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Medizinstudierende in ihrer ersten Sprechstunde: Vergleich zwischen einer simulierten Präsenz- und einer Tele-Sprechstunde zum Training ärztlicher Gesprächskompetenz

Artikel Simulation – Gesprächsführung

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  • Lena Dahmen - Universität Ulm, Medizinische Fakultät, Institut für Biochemie und molekulare Biologie, Ulm, Deutschland
  • Maike Linke - Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Psychosoziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften, Dresden, Deutschland
  • Achim Schneider - Universität Ulm, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Ulm, Deutschland
  • corresponding author Susanne J. Kühl - Universität Ulm, Medizinische Fakultät, Institut für Biochemie und molekulare Biologie, Ulm, Deutschland

GMS J Med Educ 2023;40(5):Doc63

doi: 10.3205/zma001645, urn:nbn:de:0183-zma0016459

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2023-40/zma001645.shtml

Eingereicht: 3. November 2022
Überarbeitet: 7. Mai 2023
Angenommen: 7. Juli 2023
Veröffentlicht: 15. September 2023

© 2023 Dahmen et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Das simulierte Arzt-Angehörigen-Gespräch im Sinne einer ärztlichen Sprechstunde wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie von einer konventionellen Präsenz-Sprechstunde (SS 2019) zu einer Tele-Sprechstunde (SS 2020) umgestellt. Das ärztliche Aufklärungsgespräch ist Teil des Biochemieseminars „Vom Gen zum Protein“, an welchem Studierende der Humanmedizin im 2. Semester teilnehmen. Ziel dieser Studie war zu analysieren, inwiefern sich die Umstellung auf die Zufriedenheit und Motivation der Studierenden auswirkte.

Methodik: Im Seminar erlernen die Studierenden neben biochemischen auch kompetenzorientierte Lerninhalte, wie die ärztliche Gesprächsführung im simulierten Arzt-Angehörigen-Gespräch. Im SS 2019 fand das Training der ärztlichen Gesprächsführung mit Laienschauspieler*innen als traditionelle Sprechstunde im Präsenzformat statt. Im SS 2020 wurde das Arzt-Angehörigen-Gespräch unter vergleichbaren Bedingungen, jedoch als Tele-Sprechstunde, durchgeführt. Die Zufriedenheit und Motivation der Studierenden wurde durch einen Evaluationsbogen im Anschluss an das Seminar erfragt.

Ergebnisse: Beide Sprechstundenformate erzielten eine hohe Zufriedenheit seitens der Studierenden (Schulnote 1-2). Bei einigen Evaluationsitems, wie beispielsweise der „realitätsnahen Sprechstundensimulation“ erzielte die Präsenz-Sprechstunde eine höhere Zufriedenheit (Md=5,0, IQR=1,0) im Vergleich zur Tele-Sprechstunde (Md=5,0, IQR=2,0). Zudem konnte die subjektive Motivation der Studierenden im Medizinstudium durch die Präsenz-Sprechstunde (Md=5,0, IQR=1,0) stärker gesteigert werden als durch die Tele-Sprechstunde (Md=4,0, IQR=2,0).

Schlussfolgerung: Die hohe Zufriedenheit und Akzeptanz der Studierenden für beide didaktische Konzepte lässt schlussfolgern, dass die simulierte Tele-Sprechstunde bezüglich der untersuchten Parameter einen adäquaten Ersatz für die Simulation einer traditionellen Präsenz-Sprechstunde bietet.

Schlüsselwörter: Arzt-Angehörigen-Gespräch, simulierte Sprechstunde, Schauspielpatient*innen, Biochemie, E-Learning


1. Einleitung

1.1. Hintergrund

Die zwischenmenschliche Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil einer jeden Beziehung. Folglich stellt sie auch die Grundlage einer intakten Beziehung zwischen Arzt bzw. Ärztin und Patient*innen dar [7]. Sowohl verbale, als auch nonverbale Interaktionen haben signifikante Auswirkungen auf den Behandlungserfolg. So werden beispielsweise die Fähigkeit der Empathie des Arztes bzw. der Ärztin im Gespräch mit Patienten*innen oder Angehörigen, sowie eine offene Körperhaltung, z. B. nicht gekreuzte Beine und Arme, mit einem positiven Behandlungsergebnis assoziiert [1].

Die Interaktion zwischen Arzt bzw. Ärztin und Patient*in hat nicht nur einen Einfluss auf eine schnelle und richtige Diagnosestellung und den Therapieverlauf, sondern auch auf die Compliance (Bereitschaft zur Mitarbeit der Patient*innen), Zufriedenheit und Lebensqualität der Patient*innen [1], [2], [5], [18], [28]. Im Umkehrschluss können demnach auch einige ärztliche Verhaltensweisen, wie beispielsweise unangemessen formales oder dominantes Verhalten, zu negativen Auswirkungen in der Therapie führen [1]. Auch die ärztliche Gesprächsführung mit Angehörigen von Patient*innen ist von besonderer Wichtigkeit, da sie als wichtige Unterstützer*innen der Patient*innen gelten und ebenso Einfluss auf die Krankheitsverarbeitung, die Compliance und somit den Therapieverlauf haben [31].

Diese positiven und negativen Auswirkungen zeigen die Relevanz einer intakten Arzt-Patienten- bzw. Arzt-Angehörigen-Beziehung auf, da diese eng mit einer guten Versorgung der Patient*innen assoziiert ist. Die adäquate Ausbildung der Gesprächsführungskompetenz von Studierenden der Humanmedizin und somit künftigen Ärzten bzw. Ärztinnen ist demnach von großer Bedeutung. Mit den erlernten Kompetenzen können dann komplexe Sachverhalte fachfremden Person empathisch und verständlich vermitteln werden. Kommunikative Fähigkeiten sollten deshalb schon während des Studiums geschult und verbessert werden. Einige Universitäten lehren die ärztliche Kommunikation als longitudinales Curriculum, welches häufig als Pflichtveranstaltung angesetzt wird [8], [10], [12], [13], [21], [32]. Im deutschsprachigen Raum werden hierfür vermehrt (Laien-)Schauspielpatient*innen in Rollenspielen eingesetzt [10], [25].

1.2. Die Ausgangssituation im biochemischen Seminar an der Universität Ulm und Ziel der Studie

Das Integrierte biochemische Seminar „Vom Gen zum Protein“ findet im vorklinischen Abschnitt des Humanmedizinstudiums an der Universität Ulm statt und verfolgt biochemische und kompetenzorientierte Lernziele [4], [16], [23].

In einer vorangegangenen Studie zeigte sich, dass die Umstellung des biochemischen Seminars von einem Inverted Classroom (IC) Konzept zu einem reinen online Seminar hinsichtlich der Zufriedenheit und Akzeptanz der Studierenden sowie den Klausurergebnissen sehr gut gelungen ist und einen adäquaten Ersatz bietet [4]. Ein Teilbereich des Seminars beschäftigt sich mit kompetenzorientierten Lernzielen. Hier erlernen die Studierenden auch die Gesprächsführung in einem simulierten Arzt-Angehörigen-Gespräch [4], [16], [23].

Im Jahr 2019 wurde das simulierte Arzt-Angehörigen-Gespräch als traditionelle Präsenz-Sprechstunde durchgeführt, während es im Jahr 2020 – im Zuge der COVID-19-Pandemie und damit verbundenen Kontaktbeschränkungen – als Tele-Sprechstunde stattfand.

Durch die Umstellung der Präsenz- zur Tele-Sprechstunde ergab sich die Chance auf den direkten Vergleich der beiden Sprechstundenformate im selben Seminar unter vergleichbaren Rahmenbedingungen. Um herauszufinden, ob und inwiefern die Umstellung Einfluss auf die Zufriedenheit, das Interesse und die Motivation der Teilnehmenden hat, wurde das Arzt-Angehörigen-Gespräch im Vergleich analysiert.

Somit war das Ziel dieser Studie der Vergleich einer Simulation eines Arzt-Angehörigen-Gesprächs als traditionelle Präsenz-Sprechstunde und einer Tele-Sprechstunde hinsichtlich Zufriedenheit, Interesse und Motivation der Studierenden.

Dafür wurden folgende konkrete Fragestellungen untersucht:

1.
Ist die Zufriedenheit der Studierenden hinsichtlich Vorbereitung, Umsetzung und Durchführung eines simulierten ärztlichen Aufklärungsgesprächs als Präsenz-Sprechstunde vergleichbar mit der in einer Tele-Sprechstunde?
2.
Beeinflusst das Format – Präsenz oder Tele – der Sprechstunde die subjektive Motivation der Teilnehmenden im Medizinstudium und das Interesse an der Biochemie?
3.
In welcher Hinsicht äußern die Studierenden Lob, wo Kritik bzw. Verbesserungsbedarf zur Simulation der Sprechstunde?

2. Material und Methoden

2.1. Kursbeschreibung

Die Studie wurde im Integrierten Biochemieseminar „Vom Gen zum Protein“ an der Medizinischen Fakultät Ulm im vorklinischen Studienabschnitt durchgeführt. Im Seminar erlernen Studierende der Humanmedizin des 2. Semesters biochemische und kompetenzorientierte Lerninhalte in 16 Seminargruppen mit einer Gruppengröße von jeweils ca. 20 Studierenden. Die zwei selben Dozierenden leiteten das Seminar in beiden Jahren [4], [16], [23]. Das Seminar wurde im Sommersemester (SS) 2019 im IC-Konzept durchgeführt (Wechsel zwischen asynchronen online-basierten Selbstlernphasen mit synchronen Präsenzphasen an der Universität), während es für das SS 2020 zu einem reinen online-Lehrkonzept (Wechsel zwischen asynchronen online-basierten Selbstlernphasen mit synchronen online-basierten Präsenzphasen) umgestellt wurde. Inhaltlich waren beide Seminare identisch, Unterschiede gab es nur im didaktischen Aufbau und der Durchführung. Ein detaillierter Ablauf des Seminars sowie weiterführende Informationen zur Durchführung des Seminars in den Jahren 2019 und 2020 finden sich in unserer vorangegangenen Studie [4].

2.2. Training ärztlicher Gesprächsführung

Die Übung zur ärztlichen Gesprächskompetenz wurde in einem simulierten Arzt-Angehörigen-Gespräch in der jeweiligen (online-) Präsenzphase in 16 Seminargruppen durchgeführt. Hierbei erhielten die Studierenden im Vorfeld (im Präsenzunterricht oder über die Lernplattform Moodle) ein Arbeitsblatt mit den Grundlagen zur ärztlichen Gesprächsführung sowie detaillierte Rollenskripte für die Rolle des Arztes/der Ärztin und die Rolle der Beobachter*innen. Des Weiteren bekamen sie Informationen zu einem klinischen Fall einer Patientin mit mit Osteogenesis imperfecta inklusive eines Röntgenbildes, sowie Informationen zu der/dem Angehörigen [4]. Die Studierenden einer Seminargruppe wurden vor dem Simulationsgespräch zufällig in zwei Teams, einem „Beobachterteam“ und einem „Ärzteteam“, aufgeteilt. Das „Beobachterteam“ wurde zudem in Feedbackgeber*innen und reine Beobachter*innen unterteilt. Ein*e Studierende*r des Ärzteteams schlüpfte in die Rolle des Arztes/der Ärztin und bereitete sich mit dem Team und dem jeweiligen Rollenskript auf das Gespräch vor. Das Beobachterteam bereitete sich selbstorganisiert auf das Feedback vor. Weitere Teilnehmende des Arzt-Angehörigen-Gesprächs waren ein*e Laienschauspieler*in in der Rolle des/der Angehörigen der Patientin sowie die/der Dozierende. Das Arzt-Angehörigen-Gespräch wurde pro Seminargruppe einmalig in Rahmen eines (Online-)Präsenztermins durchgeführt. Nach der Durchführung des ärztlichen Aufklärungsgespräches erfolgte die Feedbackdiskussion anhand eines Bewertungsbogens. Hier durfte zunächst der/die Studierende in der Arztrolle über die eigene Erfahrung und sein/ihr Empfinden während der Sprechstunde berichten. Im Anschluss gaben der/die Schauspieler*in, die Feedbackgeber*innen, die weiteren Studierenden sowie der/die Dozierende Feedback [4].

2.2.1. Die Laien-Schauspieler*innen in der Angehörigenrolle

Die Schauspieler*innen für das Arzt-Angehörigen-Gespräch im SS 2019 waren Teilnehmende des Schauspielpatient*innen-Programms der Medizinischen Fakultät Ulm. Die Ausbildung umfasst allgemeine Rollenspiele, rollenspezifische Trainings und Feedback-Workshops [25]. Ziel des Programms ist es, die Laien-Schauspieler*innen in wissenschaftlicher und kommunikativer Hinsicht auszubilden, um so gut auf das Arzt-Angehörigen-Gespräch vorbereitet zu sein und das Gespräch professionell durchführen und reflektieren zu können [25]. Für das ärztliche Aufklärungsgespräch im SS 2020 wurden zwei Mitarbeiterinnen des Instituts für Biochemie und Molekulare Biologie rekrutiert und ausgebildet, da die Organisation des Online-Semesters aufgrund der COVID-19 Pandemie sehr schnell und in einem sehr kurzen Zeitraum erfolgen musste. Aufgrund dieser zeitlichen Limitation sowie der Kontaktbeschränkungen war die Umsetzung der Tele-Sprechstunde nur auf diese Weise möglich. Die beiden Mitarbeiterinnen wurden in vergleichbarer Weise in die Rolle der Angehörigen eingeführt wie die Laien-Schauspieler*innen im SS 2019. Das Rollenskript im SS 2020 wurde lediglich an die Online-Situation angepasst; ansonsten war es identisch zu dem des SS 2019.

Die Schauspieler*innen übernahmen in beiden Jahren im ärztlichen Gespräch die Rolle eines/einer besorgten Angehörigen, um die Studierenden in der ärztlichen Rolle über die Krankheit der Patientin zu befragen. In unserer vorangegangenen Studie finden sich weitere detaillierte Informationen [4].

2.2.2. Durchführung der Präsenz-Sprechstunde im SS 2019

In einer vorangestellten Präsenzphase erhielten die Studierenden zunächst das Arbeitsblatt mit den Grundlagen zur ärztlichen Gesprächsführung, sowie erste Informationen zu ihrem Patientenfall. In der darauffolgenden Selbstlernphase erhielten die Studierenden das Rollenskript für die ärztliche Rolle und die Rolle der Feedbackgeber*innen bzw. Beobachter*innen. Zur Vorbereitung auf die nächste Präsenzphase bekamen die Studierenden die Aufgabe, das Szenario zu lesen und Überlegungen anzustellen, wie sie das Arzt-Angehörigen-Gespräch führen würden. Hierfür sollten die Studierenden ihre Freunde und Familie befragen, um herauszufinden, wie deren Vorstellungen in Bezug auf die ärztliche Gesprächsführung und dessen Inhalt aussehen. Die Simulation des ca. 10-minütigen Arzt-Angehörigen-Gesprächs fand im Präsenzunterricht an der Universität im Anschluss an eine kurze Vorbereitungsphase statt. In dieser Vorbereitungsphase hatten die Studierenden die Möglichkeit, die Vorgeschichte ihrer Patientin und das zugehörige Röntgenbild nochmals durchzusehen, sowie die Lehrmaterialien zur ärztlichen Gesprächsführung zu verwenden. Im Anschluss an das absolvierte ärztliche Gespräch folgte die Feedbackdiskussion.

2.2.3. Durchführung der Tele-Sprechstunde im SS 2020

Zur Vorbereitung auf die Tele-Sprechstunde erhielten die Studierenden in der vorgeschalteten Selbstlernphase über die Lernplattform Moodle zunächst ein Dokument zu den Grundlagen ärztlicher Gesprächsführung sowie die Rollenskripte für die ärztliche Rolle und die Rolle der Feedbackgeber*innen bzw. Beobachter*innen.

In der darauffolgenden Online-Präsenzphase erfolgte die Durchführung des Arzt-Angehörigen-Gesprächs in 16 Seminargruppen à ca. 20 Teilnehmenden über das Videokonferenzsystem Big Blue Button. Die Studierenden wurden im Vorfeld via Moodle schriftlich über den Ablauf informiert. Nach dem Eintritt in das Video-Seminar und der Aktivierung von Mikrofon und Kamera erfolgte die Begrüßung durch den/die Dozent*in und eine Einweisung in die Technik. Alle Studierenden wurden instruiert, für die anschließende Simulation nur die beiden Gesprächspartner, den/die Studierende*n in der Arztrolle sowie den/die Laien-Schauspieler*in anzupinnen, damit nur jene beiden zu sehen und zu hören waren. Im ca. 10-minütigen simulierten Arzt-Angehörigen-Gespräch klärte der/die Studierende in der Arztrolle den/die Laien-Schauspieler*in in der Rolle des/der Angehörigen über das Krankheitsbild der Osteogenesis imperfecta und die Behandlungsmöglichkeiten auf. Im Anschluss an das Gespräch folgte die Feedbackdiskussion vergleichbar zur Präsenz-Sprechstunde im SS 2019, wobei die ganze Seminargruppe über Kameras und Mikrofone aktiv teilnehmen konnte.

2.3 Studiendesign

Diese Studie dient dem Vergleich der Präsenz-Sprechstunde im IC-Konzept mit der Tele-Sprechstunde des reinen online Lehrkonzepts (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Die Evaluation des Arzt-Angehörigen-Gesprächs erfolgte in beiden Jahren durch einen vergleichbaren Evaluationsbogen des Instituts für Biochemie und Molekulare Biologie (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). An dem Seminar nahmen im SS 2019 335 und im SS 2020 322 Studierende teil. An der Evaluation zur Simulation einer ärztlichen Gesprächsführung nahmen im SS 2019 164 (49% der Seminarteilnehmenden) und im SS 2020 100 (31,1% der Seminarteilnehmenden) Studierende teil.

2.4. Datenerfassung

2.4.1. Quantitative und qualitative Datenerfassung

Sowohl im SS 2019 als auch im SS 2020 wurde direkt im Anschluss an das Seminar eine anonyme und freiwillige Evaluation (siehe Anhang 1 [Anh. 1]) durchgeführt, welche folgende Daten enthielt:

Demografische Daten

Zum Vergleich der beiden Studiengruppen wurden den Studierenden eingangs Fragen zu ihrer Person gestellt. Die Studierenden gaben ihr Alter und ihr Geschlecht an. Des Weiteren wurde nach ihrer Vorbildung im Sinne einer Ausbildung im medizinischen Bereich (Gesamtdauer>1 Jahr) oder eines Studiums (Gesamtdauer>1 Jahr) gefragt.

Evaluation des Arzt-Angehörigen-Gesprächs

Der Fragebogen zur Simulation des Arzt-Angehörigen-Gesprächs umfasste 12 Fragen. Die Fragen 1-4 erfragten das Interesse an der Biochemie und der Motivation im Medizinstudium, jeweils vor und nach der Durchführung des Arzt-Angehörigen-Gesprächs. Fragen 5-11 umfassten die Vorbereitung, Umsetzung und Durchführung des ärztlichen Aufklärungsgesprächs. Frage 1-11 wurden mit einer Antwortskala des Likert-Typs von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 6 (trifft völlig zu) bewertet. Die Studierenden hatten ebenso die Möglichkeit, jede Frage mit „keine Angabe“ zu beantworten. Frage 12 erfragte von den Studierenden eine Schulnote zur allgemeinen Bewertung des Simulationsgesprächs von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend). Der Großteil der Fragen zur Evaluation der Präsenz-Sprechstunde wurde in einer unserer vorangegangenen Studie erfolgreich eingesetzt und veröffentlicht [25]. Die Fragen zur Tele-Sprechstunde wurden im Rahmen der vorliegenden Studie neu erstellt, wobei lediglich die Formulierungen der Items an das online Sprechstundenformat angepasst wurden, inhaltlich sich aber nichts änderte. So war ein 1:1 Vergleich der beiden didaktischen Konzepte möglich.

Freitextfelder

In einem zusätzlichen Feld hatten die Studierenden die Möglichkeit, Freitextkommentare in den beiden Rubriken Lob und Kritik bzw. konkrete Verbesserungsvorschläge zum Simulationsgespräch und dessen Vorbereitung zu geben.

2.4.2. Statistische Analyse

Da der Kolmogorov-Smirnov-Test ergab, dass die Daten nicht normalverteilt waren (p<0,05), wurde der Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test zum Vergleich der Evaluationsergebnisse herangezogen. Ein p-Wert von p<0,05 wurde als signifikant erachtet. Die Effektstärken wurden über r berechnet (r=z/Quadratwurzel n). Zur Datenanalyse wurde IBM SPSS Statistics Version 26 für Mac OS verwendet [4].

Der Chi-Quadrat-Test wurde zur Analyse der demografischen Daten und der quantifizierten Freitextkommentare eingesetzt. Die Freitextkommentare wurden quantifiziert, indem positive und negative Kommentare bzw. Kommentare mit Verbesserungsvorschlägen ausgezählt wurden. Kommentare, die sowohl positive als auch negative Kommentare bzw. Kommentare mit Verbesserungsvorschlägen enthielten, wurden nicht gezählt, da die Identifizierung von eindeutig positiven bzw. eindeutig negativen Kommentarinhalten schwer zu beurteilen war und die direkte Gegenüberstellung von Lob und Kritik ohne diese deutlicher dargestellt werden konnte. Dieses Vorgehen wurde in unserer vorangegangenen Studie bereits erfolgreich angewendet [23]. Nicht gezählt wurden auch jene Kommentare, welche sich nicht auf die Durchführung der Sprechstunde bezogen. Ein Auszug an Kommentaren mit häufig genannten Lob- bzw. Verbesserungsinhalten ist im Ergebniskapitel 3.4 dargestellt.

2.5. Ethik

Die Ethikkommission der Universität Ulm bestätigte schriftlich, dass ein Ethikantrag für diese Studie nicht notwendig war. Die Datenerhebung war freiwillig und anonym, die Studierenden wurden für die Teilnahme nicht vergütet. Des Weiteren wurden die Studierenden informiert, dass sie mit Einsendung der Evaluation der Datenverarbeitung zustimmen.


3. Ergebnisse

3.1. Vergleich der demografischen Daten der Studierenden im SS 2019 und SS 2020

Zur Gegenüberstellung der beiden Studiengruppen wurden die demografischen Daten der Teilnehmenden untersucht. Die Studierenden gaben neben ihrem Geschlecht und ihrem Alter auch ihre Vorbildung im Sinne einer bereits absolvierten Ausbildung bzw. eines bereits absolvierten Studiums an. Die Daten zeigen, dass zwischen den beiden Studiengruppen hinsichtlich der demografischen Daten kein signifikanter Unterschied bestand (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]).

3.2. Analyse der Zufriedenheit der Studierenden durch die unterschiedlichen Sprechstundenformate

Sowohl die Präsenz-, als auch die Tele-Sprechstunde wurde von den Studierenden mit einer vergleichbaren Gesamtschulnote von 1-2 bewertet („Ich gebe dem Simulationsgespräch inklusive Vorbereitung folgende Schulnote“, SS 2019: Median (Md)=5,0 (entspricht Schulnote 2), Interquartilsabstand (IQR)=1,0, n=164; SS 2020: Md=6,0 (entspricht Schulnote 1), IQR=1,0, n=98).

Die traditionelle Präsenz-Sprechstunde erzielte signifikant bessere Ergebnisse im Bereich der Sprechstundensimulation. Sowohl die realitätsnahe Simulation des Arzt-Angehörigen-Gesprächs („Das Simulationsgespräch hat mich in eine realitätsnahe Situation versetzt“, SS 2019: Md=5,0, IQR=1,0, n=151; SS 2020: Md=5,0, IQR=2,0, n=97; p=0,0003, r=0,2), als auch die Feedbackdiskussion („Die Feedbackdiskussion im Anschluss an das Simulationsgespräch hat mir zusätzlich geholfen“ SS 2019: Md=6,0, IQR=1,0, n=156; SS 2020: Md=5,0, IQR=2,0, n=98; p=0,0002, r=0,2) wurden von den Studierenden im Präsenzformat signifikant besser bewertet. Zusätzlich ergab sich ein signifikanter Unterschied bei der Frage nach dem Wunsch einer vermehrten Umsetzung simulationsbasierter Unterrichtsformate im weiteren Studium („Für mein weiteres Studium wünsche ich mir mehr simulationsbasierte Unterrichtsformate“ SS 2019: Md=5,0, IQR=1,0, n=162; SS 2020: Md=5,0, IQR=2,0, n=99; p=0,000004, r=0,02). Die Effektstärke r der signifikanten Unterschiede war klein. Beide Formate erzielten vergleichbare Ergebnisse in allen anderen Bereichen der Simulation des Gesprächs (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]).

3.3. Subjektiv empfundene Motivation und Interesse der Studierenden durch die unterschiedlichen Sprechstundenformate

Des Weiteren wurden die Studierenden nach ihrer Motivation im Medizinstudium und nach ihrem Interesse an der Biochemie gefragt. Hinsichtlich der Motivation im Medizinstudium, vor dem jeweiligen Simulationsgespräch, erzielten beide Sprechstundenformate vergleichbare Ergebnisse. Für die subjektiv empfundene Motivation im Medizinstudium nach Durchführung des ärztlichen Aufklärungsgesprächs ergab sich für die Studierenden eine signifikante Steigerung durch die Präsenz-Sprechstunde im Vergleich zur Tele-Sprechstunde („Durch das heutige Simulationsgespräch wurde meine Motivation im Medizinstudium gesteigert“, SS 2019: Md=5,0, IQR=1,0, n=159; SS 2020: Md=4,0, IQR=2,0, n=99; p=0,00008, r=0,2). Die Effektstärke r kann als klein beschrieben werden. Das Interesse an der Biochemie, jeweils vor und nach dem Simulationsgespräch, wurde hinsichtlich der Umstellung vergleichbar bewertet (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]).

3.4. Analyse der Freitextkommentare zu den unterschiedlichen Sprechstundenformaten

Die Analyse der Freitextkommentare ergab, dass die Präsenz-Sprechstunde im SS 2019 den Studierenden einen realitätsnahen und motivierenden Blick in die Zukunft ermöglichte. Die Studierenden merkten an, dass sie sich weitere Grundlagen und Techniken zur ärztlichen Gesprächsführung wünschten.

Die Studierenden lobten in den Kommentaren zur Tele-Sprechstunde im SS 2020 das Engagement der Dozierenden sowie die Übung der Formulierung komplexer Sachverhalte in einfachen Worten. Als Kritik bzw. Verbesserungsvorschlag wurde angemerkt, mehrere kurze Simulationen mit weniger Studierenden durchzuführen. Des Weiteren wurden technische Probleme bei der Umsetzung der Tele-Sprechstunde gemeldet.

Die quantitative Analyse der Kommentare ergab einen geringen Rückgang der Kommentare bzgl. Lob von 85% im SS 2019 auf 80% im SS 2020. Die Kommentare mit Verbesserungsvorschlägen erhöhten sich von 15% im SS 2019 auf 20% im SS 2020. Der Chi-Quadrattest zeigte, dass es zwischen den Lehrmethoden keinen statistisch signifikanten Unterscheid hinsichtlich der Anzahl an Kommentaren mit Lob bzw. Kritik/Verbesserungsvorschlägen gab (p=0,35). Im SS 2019 enthielten 14% der insgesamt abgegebenen Kommentare sowohl Lob als auch Kritik/Verbesserungsvorschläge, im SS 2020 27,6%. Bemerkungen, welche nicht auf die Sprechstundensimulation abzielten und deswegen in der vorliegenden Studie auch nicht ausgewertet wurden, machten im SS 2019 9,9% und im SS 2020 3,4% der insgesamt abgegebenen Kommentare aus (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]).


4. Diskussion

Diese Studie zeigt, dass das ärztliche Aufklärungsgespräch als Tele-Sprechstunde größtenteils einen guten Ersatz zur Präsenz-Sprechstunde darstellt. Berücksichtigt wurden hierbei die Zufriedenheit und die Motivation der Studierenden.

4.1. Die Zufriedenheit der Studierenden war in beiden Sprechstundenformaten vergleichbar

Die Ergebnisse unserer Auswertung zeigen, dass sowohl die Präsenz-, als auch die Tele-Sprechstunde eine hohe Zufriedenheit der Teilnehmenden erreichte. Die drei signifikanten Ergebnisse im Bereich der Sprechstundensimulation haben eine kleine Effektstärke und stellen somit kleine Abweichungen der Zufriedenheit der Studierenden dar. Auch andere Studien zeigen, dass das Training eines simulierten ärztlichen Gespräches mit großer Zustimmung der Studierenden umgesetzt werden konnte [10], [32]. Die Durchführung eines Kommunikationstrainings als Onlineveranstaltung wurde bereits auch an einigen anderen Universitäten erfolgreich Studien-begleitend mit größtenteils positiven Rückmeldungen der Studierenden implementiert [9], [11], [14], [17], [20], [29]. Des Weiteren wurde an der Universität Frankfurt die Umstellung eines Kommunikationskurses zu einem Online-Format untersucht. Der Kurs beinhaltet neben Themen wie Kommunikationstheorien und Fragetechniken auch ein simuliertes Anamnesegespräch [26]. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen eine hohe Zufriedenheit bzw. Zustimmung der Teilnehmenden in Bezug auf den subjektiv empfundenen Lernzuwachs, die Relevanz von Kommunikation und Gesprächsführung und die Atmosphäre im Kurs. Der Großteil der Evaluationsergebnisse war ähnlich zu den Evaluationsergebnissen der Präsenzveranstaltungen der Vorjahre. Wesentliche Unterschiede ergaben sich hinsichtlich der Kursstruktur. Die Eignung des Onlineformats zum Erlernen von Anamnesegesprächen wurde eher kritisch bewertet [26]. Insbesondere die positive Bewertung der Kursatmosphäre, sowie ähnliche Tendenzen bei der Gegenüberstellung von Präsenz- und Online-Format spiegeln unserer Daten wider.

4.2. Die Teilnehmenden empfinden durch das Arzt-Angehörigen-Gespräch mehr Motivation und Interesse

Die Teilnehmenden unserer Studie gaben an, dass ihre Motivation im Medizinstudium und ihr Interesse an der Biochemie durch die Durchführung der ärztlichen Sprechstunde sowohl im Präsenz- als auch im Tele-Format subjektiv gesteigert werden konnte. Kontakt mit Patient*innen im vorklinischen Abschnitt zeigte auch an der Universität Essen eine deutliche Steigerung der Motivation in Grundlagenfächern [22]. Durch den Angehörigen-Kontakt in unserem Seminar bekommen die Studierenden sehr früh im Studienverlauf einen ersten Einblick in der Berufsalltag und sammeln gleichzeitig erste Erfahrungen zur Kommunikation mit Patient*innen bzw. deren Angehörigen. Somit ist es nachvollziehbar, dass sich der Einblick in das spätere Berufsleben subjektiv motivierend auf die Studierenden auswirkt und demensprechend gleichzeitig das Interesse an der Biochemie größer wird. Die Studierenden lernen durch die direkte Anwendung ihres Wissens in einem Laiengespräch die Relevanz und Wichtigkeit der Grundlagenfächer kennen. Außerdem erlernen sie, komplexe Sachverhalte für Laien einfach und verständlich zu erläutern. So erkennen sie die Wichtigkeit, den Vorlesungsstoff nicht nur als Faktenwissen auswendig zu lernen, sondern das Gelernte auch zu verstehen, um dieses in der Folge in eine einfach verständliche Sprache zu „übersetzen“. Eine weitere Studie zeigte, dass sich das Sicherheitsgefühl der Studierenden im Umgang mit Patient*innen durch die Durchführung eines simulierten digitalen Arzt-Patienten-Gespräches signifikant steigern ließ [30]. In kommenden Studien wäre es interessant herauszufinden, ob und inwiefern die Kommunikationskompetenz messbar verbessert wird.

4.3. Überwiegend Lobkommentare in beiden Formaten

Durch die Option der Freitextkommentare hatten die Studierenden die Möglichkeit, unabhängig von den gestellten Evaluationsfragen Rückmeldung zum Seminar zu geben. Auch in einer anderen Studie hatten die Teilnehmenden eines simulierten Arzt-Patienten-Gesprächs die Möglichkeit, schriftliches Feedback zu geben [19]. Auch hier wurden durchweg positive Kommentare verfasst. Die Teilnehmenden lobten die realitätsnahe Gestaltung des ärztlichen Gespräches und das nützliche Feedback, was unsere Ergebnisse untermauert. So gaben die Teilnehmenden unserer Studie an, dass das ärztliche Simulationsgespräch einen guten Einblick in die klinische Praxis liefert und sie sich so besser auf den klinischen Alltag vorbereitet fühlen. Diese Erfahrung teilen auch Studierende aus Großbritannien, die sich durch ein simuliertes Online-Arztgespräch besser auf den ärztlichen Alltag in der Klinik vorbereitet fühlten [3].

Als Problem bei der Umsetzung der Tele-Sprechstunde wurde in unserer Studie die technische Umsetzung genannt, wobei insbesondere Probleme mit den Mikrofonen bzw. dem Ton auftraten. Diese Erfahrung teilt auch schottisches Klinikpersonal. Sie führten in einer Studie Online-Konsultationen mit Patienten durch und stellten ähnliche technische Probleme wie beispielsweise das „Einfrieren“ der Kamera oder schlechte Hörbarkeit während des ärztlichen Gesprächs fest [6]. Aufgrund dieses Aspektes wäre es in weiteren Studien interessant zu analysieren, inwiefern sich solche Probleme durch weiteren technischen Fortschritt eliminieren lassen.

4.4. Stärken und Schwächen der Studie

Eine Stärke der Studie stellt der konstante Einsatz der identischen Dozierenden in beiden Semesterjahren dar. Unabhängig von der Lehrmethode blieben die Lehrpersonen in Form der beiden Hauptdozierenden gleich. Darüber hinaus verfügen beide Dozierende über vergleichbar viel Lehrerfahrung und -motivation. So liegt es nahe, dass sich die Lehre in beiden Jahren und in allen Seminargruppen vorwiegend in der Methodik, aber nicht merklich in der didaktischen Qualität der Dozierenden unterscheidet. Etwaige Unterschiede in der Evaluation zwischen SS 2019 und SS 2020 adressieren somit im Wesentlichen die Änderungen in der Lehrmethode.

Eine Schwäche der Studie stellen die unterschiedlichen Laien-Schauspieler*innen in SS 2019 und SS 2020 dar. Die Laien-Schauspieler*innen im SS 2019 stammten aus dem Schauspielpatientenprogramm der Medizinischen Fakultät Ulm, während die beiden weiblichen Laien-Schauspielerinnen im SS 2020 Mitarbeiterinnen des Instituts für Biochemie und Molekulare Biologie waren. In beiden Jahren wurde jedoch sowohl die Eltern-, als auch die Großelternrolle vergeben. Weiterhin wurde bei der Ausbildung der Laien-Schauspieler*innen in beiden Jahren darauf geachtet, dass eine vergleichbare Vorbereitung auf die Rolle erfolgte, indem ein Vorgespräch mit der hauptverantwortlichen Dozentin (S.J.K) stattfand.

Eine weitere Schwäche dieser Studie stellen die unterschiedlichen Raten der Evaluationsteilnehmenden in den beiden Sommersemestern 2019 und 2020 dar. Im SS 2019 nahmen 164 Studierende an der Evaluation der Präsenzsprechstunde teil (entspricht 49% der Seminarteilnehmenden). Im SS 2020 hingegen nahmen 100 Studierende an der Evaluation der Tele-Sprechstunde teil (entspricht 31.1% der Seminarteilnehmenden).

Ein Grund für die höhere Anzahl an Evaluationsteilnehmenden im SS 2019 könnte sein, dass die Studierenden die Evaluation in Papierform am Ende des Seminars in der Präsenzphase an der Universität ausgehändigt bekamen und persönlich gebeten wurden, diesen – vor Ort – auszufüllen. Die Studierenden des SS 2020 hingegen evaluierten die Tele-Sprechstunde – im Zuge der Online-Lehre – online. Sie wurden dafür per E-Mail benachrichtigt. Auch eine vorangegangene Studie, welche die Lehrkonzepte IC und Online-Lehre in demselben Seminar „Vom Gen zum Protein“ gegenüberstellte, ergab ebenfalls eine geringere Quote an Evaluationsteilnehmenden im SS 2020 [4]. In dieser Studie wurde allerdings sowohl die Evaluation des SS 2019, als auch die des SS 2020 von den teilnehmenden Studierenden online durchgeführt. Daher ist die geringere Evaluationsteilnahme im SS 2020 eher auf die Studiengruppe und infolgedessen mutmaßlich auf den Kohorten-Effekt zurückzuführen.

Des Weiteren wurden in dieser Studie nur die Evaluationsergebnisse der Studierenden berücksichtigt. Es wurde nicht geprüft, inwiefern sich die Umstellung der Lehrmethode auf den Kompetenzerwerb bzw. -zuwachs in der ärztlichen Gesprächsführung auswirkte. Die Etablierung eines objektiven Prüfungsformates zur Überprüfung der Kommunikationskompetenz wäre hierfür sinnvoll.


5. Schlussfolgerung und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Zufriedenheit der Studierenden sowohl in der simulierten Präsenz- als auch in der Tele-Sprechstunde hoch und größtenteils vergleichbar ist. Die Simulation einer Tele-Sprechstunde stellt somit einen guten Ersatz zur traditionellen Präsenz-Sprechstunde dar. Auch im Bereich des Interesses und der Motivation erzielen beide Formate vergleichbare Evaluationsergebnisse, wobei die subjektiv empfundene Steigerung der Motivation im Medizinstudium zu Gunsten des Präsenzformates ausfällt. Zukünftig wäre eine Analyse des Kompetenzerwerbs zur ärztlichen Kommunikation in beiden Konzepten sinnvoll. Des Weiteren wäre es interessant, ob und inwiefern die Ergebnisse dieser Studie bzw. der Vergleich des Inverted Classroom Konzepts mit der Online-Lehre auch nach der COVID-19-Pandemie – unter Standardbedingungen – reproduzierbar sind.


Danksagung

Wir möchten uns bei den Studierenden für die Teilnahme an den Umfragen bedanken.


Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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