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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Übersetzung einer Skala zur Messung kognitiver Prüfungsangst (G-CTAS) und deren psychometrische Überprüfung unter Humanmedizinstudierenden in Deutschland

Artikel Prüfungsangst

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  • corresponding author Alexandra Stefan - Ludwig-Maximilians-Universität München, Zentrale PJ-Koordination, München, Deutschland
  • author Christina M. Berchtold - Ludwig-Maximilians-Universität München, LMU-StaR (Staatsexamensrepetitorium), München, Deutschland
  • author Matthias Angstwurm - Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinikum der Universität München, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, München, Deutschland

GMS J Med Educ 2020;37(5):Doc50

doi: 10.3205/zma001343, urn:nbn:de:0183-zma0013436

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2020-37/zma001343.shtml

Eingereicht: 15. August 2019
Überarbeitet: 15. Januar 2020
Angenommen: 29. Mai 2020
Veröffentlicht: 15. September 2020

© 2020 Stefan et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Prüfungsangst äußert sich in einer Vielzahl körperlicher und kognitiver Prozesse. Durch ihren Einfluss auf Prüfungsleistungen kann sich besonders die kognitive Prüfungsangstkomponente negativ auf Betroffene auswirken. Ein Messinstrument hierfür ist im deutschen Sprachraum bisher nicht verfügbar, existiert aber in Form der „Cognitive Test Anxiety Scale“ (CTAS) unter anderem in englischer Sprache. Ziel dieser Arbeit war die Erstellung und psychometrische Überprüfung einer deutschen Version der Skala (G-CTAS).

Methodik: Mithilfe eines Vorwärts-Rückwärts-Verfahrens wurde eine deutsche Übersetzung der Skala erstellt. An einer Kohorte Humanmedizinstudierender wurden anschließend statistische Untersuchungen durchgeführt, welche eine Itemanalyse mit Berechnung von Schwierigkeit, Varianz und Trennschärfe sowie die Ermittlung der internen Skalenkonsistenz beinhalteten. Eine Überprüfung der Kriteriumsvalidität erfolgte über Prüfungsleistungen sowie geschlechtsspezifische Unterschiede.

Ergebnisse: Die finale Version enthält 26 inhaltlich passende Items mit akzeptablen Itemkennwerten (Mittelwerte >1,46, <3,13; Varianzen >0,48; Trennschärfeindices >0,37). Cronbach’s alpha betrug 0,92, die Skala stellt somit ein reliables Messinstrument dar. Die Skalenvalidität konnte durch signifikante Unterschiede (p<0,01) zwischen Summenwerten weiblicher und männlicher Teilnehmer sowie signifikante Korrelationen (p<0,001) zwischen Summenwerten und Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Physikum bestätigt werden.

Schlussfolgerung: Mit G-CTAS steht ein geeignetes Messinstrument kognitiver Prüfungsangst auch für den deutschen Sprachraum zur Verfügung, welches sich unter anderem für Untersuchungen des Zusammenhangs zwischen Stress, Prüfungen und Prüfungsangst unter Medizinstudierenden anwenden lässt.

Schlüsselwörter: Prüfungsangst, Cognitive Test Anxiety Scale, worry, Itemanalyse, Validitätsprüfung, Prüfungsleistung, Gender, Medizinstudierende, Staatsexamen, psychische Belastung


Einleitung

Prüfungsangst wird zu den Angststörungen gezählt. Nach dem „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th Edition“ (DSM-5 [1]) wird sie als soziale, nach der „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, 10th Revision“ (ICD-10 [2]) als spezifische Phobie kodiert [3]. Eine allgemein akzeptierte und somit verbindliche Definition von Prüfungsangst liegt nicht vor, weit verbreitet ist jedoch die „Zwei-Komponenten-Theorie“, welche die beiden Hauptkomponenten, “emotionality“ und “worry“ unterscheidet [4]. Physiologische Symptome wie Schwitzen, Anstieg der Herzfrequenz und Nervosität werden der „emotionality“-Komponente zugeschrieben. Der „worry“-Komponente wird dagegen eine Vielzahl an kognitiven Prozessen zugerechnet, ursprünglich von Liebert & Morris beschrieben als „jeder kognitive Ausdruck von Besorgnis über die eigene (Prüfungs-)Leistung“ [4]. Dazu zählen unter anderem der Vergleich der eigenen Leistung mit Vergleichsgruppen, Nachdenken über die Konsequenzen des eigenen Versagens und geringes Selbstbewusstsein sowie Verlust des Selbstwertgefühls. Aufgrund der großen Breite und Komplexität der Prozesse, welche die „worry“-Komponente ausmachen, wird diese auch als kognitive Prüfungsangst bezeichnet.

Prüfungsangst hat vielfältige Auswirkungen. Bekannt sind ein negativer Einfluss auf das subjektive Wohlbefinden von Betroffenen [5], [6], Zusammenhänge mit sozialen und spezifischen Phobien [7] sowie eine Korrelation mit depressiven Symptomen [8]. Ebenfalls konnten wiederholt Zusammenhänge zwischen erhöhter Prüfungsangst und reduzierten Prüfungsleistungen festgestellt werden [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15]. Diese Zusammenhänge konnten vermehrt für die kognitive Komponente beobachtet werden, während der Einfluss der affektiven Komponente meist als neutral oder sogar positiv bewertet wurde [16], [17].

Verschiedene Studien zeigen, dass Frauen höhere Werte für allgemeine und kognitive Prüfungsangst angeben als Männer [13], [15], [17], [18], [19], [20], eine eindeutige Ursache hierfür konnte bisher nicht identifiziert werden.

Laut Powell [21] stellen auch Humanmedizinstudierende ein Risikokollektiv hinsichtlich Prüfungsangst dar. Unterschiedliche Studien zeigten, dass es sich bei angehenden Ärzten um eine psychisch stark belastete Personengruppe handelt [22], [23], [24]. So nehmen Depressivität und Ängstlichkeit bereits zu Beginn des Studiums zu [25], die psychische Gesundheit ab [26]. Relevant sind diese Entwicklungen auch, da sie sich bis in die Berufstätigkeit fortsetzen [27], [28] und durch eine reduzierte Behandlungsqualität negativ auf die Patientensicherheit auswirken können [29]. Eine nicht zu unterschätzende Rolle in diesen Entwicklungen stellen Prüfungen dar, da sie durch Angst vor Überforderung und Leistungsdruck als relevanter Auslöser für Stress unter Studierenden gelten [30].

Mehrere Fragebögen zur Messung von Prüfungsangst sind bereits etabliert und zum Teil in mehrere Sprachen übersetzt worden. Sie verfolgen dabei unterschiedliche Ansätze: Das „Differentielle Leistungsangst Inventar“ von Rost & Schermer [31] erfasst unter anderem auslösende sowie aufrechterhaltende Bedingungen und ermöglicht hierdurch eine beratungs- und therapieorientierte Diagnostik. Zur Messung der von Liebert & Morris beschriebenen Komponenten eignen sich dagegen unter anderem das „Prüfungsangstinventar“ von Spielberger [32] und dessen überarbeitete Versionen [33], [34], [35]. Die „Cognitive Test Anxiety Scale“ (CTAS) von Cassady & Johnson [36] wurde primär zur Messung und Untersuchung kognitiver Prüfungsangst entwickelt. Die Skala und deren überarbeitete Versionen wurden bereits für zahlreiche Studien im Ausland verwendet [37], [38], [39], [40], [41], [42], [43], [44], [45], [46] und in mehrere Fremdsprachen übersetzt [47], [48], [49], [50].


Problemstellung & Zielsetzung

Aufgrund der vielfältigen negativen Auswirkungen ist ein genaueres Verständnis von Prüfungsangstursachen sowie die Identifikation von Risikogruppen wichtig. Langfristig ergibt sich außerdem weiterer Forschungsbedarf zur Entwicklung von Behandlungsansätzen. Dies gilt insbesondere im Kontext des Medizinstudiums. Voraussetzung hierfür ist die exakte Messung mithilfe einer geeigneten und überprüften Skala. Da bestehende, deutsche Skalen nicht explizit für die Messung kognitiver Prüfungsangst geeignet sind und bislang keine deutsche Version von CTAS zur Verfügung steht, sind die Möglichkeiten im deutschsprachigen Raum eingeschränkt. Ziel war es daher, CTAS ins Deutsche zu übersetzen, die Items statistisch zu überprüfen sowie eine Untersuchung der Reliabilität und Validität der Skala vorzunehmen.


Material & Methoden

Das Studienvorhaben wurde von der Ethikkommission der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) geprüft und für unbedenklich erklärt (Antragsnummer 166-15).

Stichprobe

Zwischen Herbst 2015 und Herbst 2016 wurde an der LMU eine Onlinebefragung unter Medizinstudierenden nach dem ersten Abschnitt der ärztlichen Prüfung (Physikum) durchgeführt. Nach deren Einwilligung wurden mittels Verteiler der Universität alle Studierenden via E-Mail kontaktiert, welche sich zum Prüfungszeitpunkt im 4. oder höheren vorklinischen Semester befunden hatten und somit potenziell am Physikum teilgenommen hatten. Die Beantwortung des Fragebogens war freiwillig, es resultierten für die Studierenden keine Vorteile aus einer Studienteilnahme oder Nachteile aus einer Nicht-Teilnahme. Nur vollständig bearbeitete Fragebögen wurden in die Auswertung miteinbezogen. Die Stichprobe setzte sich aus insgesamt 291 Studierenden zusammen, der überwiegende Anteil war weiblich (weiblich: N=191, 65,6%; männlich: N=100, 34,4%), das durchschnittliche Alter lag bei 22,75 (SD 4,26). Die Stichprobengröße ermöglichte die Durchführung einer Itemanalyse sowie die Bestimmung der internen Konsistenz und Kriteriumsvalidität der Skala, die Größe war jedoch nicht ausreichend für die Durchführung einer Faktorenanalyse [51].

Fragebogen

Für die Onlinebefragung wurde ein Fragebogen, bestehend aus demographischen Daten, einem Instrument zur Messung kognitiver Prüfungsangst sowie Angaben zu Prüfungsleistungen, erstellt.

Demographische Daten

Teilnehmer wurden zu Beginn nach Alter und Geschlecht befragt.

Kognitive Prüfungsangst

Cognitive Test Anxiety Scale (CTAS)

CTAS beinhaltet unterschiedliche Facetten kognitiver Prüfungsangst, abgefragt wird ein breites Spektrum an Symptomen, darunter Aufgabenirrelevantes Denken während der Prüfungsvorbereitung und in der Prüfung selbst, der Vergleich mit anderen, aufdrängende Gedanken während dem Lernen und in der Prüfung sowie die Neigung, relevante Aufgabendetails in Prüfungen zu überlesen [36]. In der Studie wurden alle 27 Items der ursprünglichen Version von CTAS [36] verwendet, wovon neun Items invers gepolt sind. Die Beantwortung erfolgt auf einer vierstufigen Likertskala, welche von starker Ablehnung bis zu starker Zustimmung reicht. Starke Ablehnung wird mit einem Punkt bewertet, starke Zustimmung mit vier Punkten. Nach Umkodierung der invers gepolten Items sind hohe Skalenwerte indikativ für ein hohes Ausmaß kognitiver Prüfungsangst. Die 27-stufige Skala verfügt über eine hohe interne Konsistenz und hohe Kriteriumsvalidität [46]. Sie erwies sich außerdem als stabiles und konsistentes Messinstrument kognitiver Prüfungsangst mit einer hohen Vorhersagekraft für Prüfungsleistungen. Eine hohe Übereinstimmung konnte in Pilotstudien zu den bereits etablierten Instrumenten „Prüfungsangstinventar“ von Spielberger [32] und „Reactions to Tests“ von Sarason [11] gezeigt werden [36].

Übersetzung von CTAS ins Deutsche

Alle 27 Items wurden mittels Vorwärts-Rückwärts-Verfahren übersetzt. Eine erste deutsche Übersetzung wurde von den Autoren erstellt, wobei der Fokus weniger auf einer wörtlichen als auf einer inhaltsgetreuen Übersetzung lag. Die Übersetzung wurde mit einer englischen Muttersprachlerin diskutiert und eine vorläufige Version der Skala erstellt. Diese wurde anschließend von drei zweisprachig aufgewachsenen Personen unabhängig voneinander zurück ins Englische übersetzt. Die vorläufige Version wurde mit den Rückübersetzungen verglichen, dabei wurden inhaltliche Abweichungen identifiziert und diskutiert. Schließlich wurde eine endgültige Version der Skala erstellt.

Prüfungsleistungen

Teilnehmer wurden zu ihren Prüfungsnoten im schriftlichen und mündlichen Physikum befragt, die Angabe beider Noten war freiwillig.

Analysen
Itemanalyse

Zu Beginn wurde eine Umkodierung der neun invers gepolten Items durchgeführt und für alle nachfolgenden Analysen beibehalten. Deskriptive Statistiken der Items, darunter Mittelwert (M), Standardabweichung (SD) und Varianz (V), wurden berechnet. Items mit einer sehr hohen Schwierigkeit von unter 10% (M<1,3) oder sehr geringen Schwierigkeit von über 90% (M>3,7) wurden inhaltlich überprüft und bei mangelhafter inhaltlicher Formulierung von der Skala entfernt. Eine inhaltliche Überprüfung fand außerdem statt, wenn ein Item eine relativ geringe Varianz aufwies oder das Antwortformat unvollständig ausschöpfte. Die Trennschärfe der Items berechnete sich über part-whole korrigierte Diskriminationsindices [51]. Items mit niedrigen Trennschärfeindices (rit<0,3) wurden ebenfalls bezüglich ihres Inhalts überprüft und falls nötig entfernt. Nach Entfernung eines Items wurde erneut eine Berechnung der Trennschärfen der verbliebenen Items vorgenommen.

Skalenreliabilität

Zur Realitätseinschätzung der Skala wurde deren interne Konsistenz mittels Cronbach’s alpha berechnet. Die Skala galt als reliabel, wenn Cronbach’s alpha >0,8 [52].

Kriteriumsvalidität

Zur Ermittlung der Kriteriumsvalidität wurden Skalensummenwerte zwischen weiblichen und männlichen Teilnehmern mittels T-Test verglichen. Der Zusammenhang von Skalensummenwerten mit Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Physikum mithilfe des Korrelationskoeffizienten nach Pearson (rp) untersucht.

Programme

Für die statistische Datenauswertung wurden das „Statistical Package for the Social Sciences“ (SPSS) 25 und Microsoft Excel 2013 verwendet.


Ergebnisse

Itemanalyse
Schwierigkeit

Die deutsche Übersetzung aller 27 Items ist gemeinsam mit deren deskriptiven Statistik in Tabelle 1 [Tab. 1] abgebildet. Die Schwierigkeit der Items lag zwischen M=1,46 (SD=0,74; Item 20: „Wenn ich an einer anspruchsvollen Prüfung teilnehme, fühle ich mich schon als Versager, bevor ich überhaupt angefangen habe.“) und M=3,13 (SD=0,77; Item 13: „Mir fallen Tests unter Zeitdruck besonders leicht.“) und somit innerhalb des festgelegten Schwierigkeitsintervalls. Varianzen der Items lagen zwischen V=0,48 (Item 19: „Während einer Prüfung habe ich das Gefühl, dass ich mich nicht besonders gut schlage.“) und V=1,11 (Item 25: „Ich fühle mich ziemlich unter Druck, gute Noten zu schreiben.“). Item 4 („Bei wichtigen Klausuren oder Intelligenztests tendiere ich dazu, plötzlich wie gelähmt zu sein.“), 19 („Während einer Prüfung habe ich das Gefühl, dass ich mich nicht besonders gut schlage.“) und 20 („Wenn ich an einer anspruchsvollen Prüfung teilnehme, fühle ich mich schon als Versager, bevor ich überhaupt angefangen habe.“) wiesen die vergleichsweise geringsten Varianzen auf, schöpften aber wie auch die übrigen Items das Antwortformat voll aus. Da sich zudem kein Anhalt für inhaltlich problematische Formulierungen ergab, wurden alle drei Items beibehalten.

Trennschärfe

Bei der Berechnung der Trennschärfeindices fiel eine ungenügende Passung von Item 25 („Ich fühle mich ziemlich unter Druck, gute Noten zu schreiben.“) zur übrigen Skala auf, welche sich nach inhaltlicher Überprüfung bestätigte (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Item 25 war bereits von Furlan et al. [48] als inhaltlich unzureichend identifiziert worden und war daraufhin für alle nachfolgenden Analysen von der Skala entfernt worden. Nach der Entfernung von Item 25 lagen die Trennschärfeindices der übrigen Items zwischen rit=0,37 (Item 3: „Mir fällt es weniger schwer als dem durchschnittlichen Studenten, Prüfungsanweisungen präzise aufzufassen.“) und rit=0,68 (Item 14: „Während einer Klausur werde ich so nervös, dass ich Dinge vergesse, die ich eigentlich weiß.“) und somit oberhalb des zuvor festgelegten Werts.

Skalenreliabilität

Cronbach’s alpha der Skala betrug 0,92.

Kriteriumsvalidität

G-CTAS-Summenwerte der weiblichen Teilnehmer lagen im Durchschnitt bei 59,76 (SD=12,67), G-CTAS-Summenwerte der männlichen Teilnehmer im Durchschnitt bei 54,22 (SD=13,59). Die Werte unterschieden sich im T-Test signifikant voneinander (mittlere Differenz: 5,54, T=3,46, df:289, p<0,01). G-CTAS-Summenwerte korrelierten signifikant (p<0,001) mit Noten im schriftlichen (rp=0,44) und mündlichen Physikum (rp=0,40).


Diskussion und Schlussfolgerungen

In der vorliegenden Untersuchung wurde eine deutsche Version von CTAS erstellt sowie an einer Kohorte Humanmedizinstudierender statistisch überprüft und validiert. Die Untersuchungen zeigten, dass 26 Items der deutschen Version akzeptable Schwierigkeit, Varianz und Trennschärfe besitzen. G-CTAS verfügt außerdem über eine hohe interne Konsistenz und Konstruktvalidität.

Die Stichprobe ist durch ihre Größe und Geschlechterverteilung als repräsentativ für eine deutsche medizinische Fakultät zu bewerten. Es handelte sich um Medizinstudierende ähnlichen Alters im gleichen Studienabschnitt und somit um ein stark selektiertes Studienkollektiv, weshalb sich die Ergebnisse weniger zur Erstellung von Normwerten oder zur Definition von Schweregraden kognitiver Prüfungsangst eignen. Allerdings qualifiziert dies die Skala besonders für weitere Studien zu kognitiver Prüfungsangst unter Medizinstudierenden. Die Itemformulierungen ermöglichen die Anwendung der Skala für Untersuchungen zur kognitiven Prüfungsangst im Studium ohne Einschränkung in Bezug auf den Studiengang. Weitere Studien an deutschen Fakultäten können somit ohne Adaptation der Skala folgen.

Da wiederholt ein Methodeneffekt durch die Verwendung invers gepolter Items beobachtet werden konnte, existieren bereits mehrere überarbeitete Versionen der Skala [42], [43], [44]. Im Rahmen dieser Arbeit wurde für die Übersetzung der ursprünglichen Skala entschieden, da sich durch Entfernung aller invers gepolten Items die von Cassady & Finch vorgeschlagene Kurzform der Skala [42] einfach generieren lässt.

Die Auswahl der Items erfolgte nicht auf Basis eines Kennwerts, sondern in Hinblick auf Schwierigkeit, Varianz und Trennschärfe. Die inhaltliche Formulierung spielte beim Ausschluss eines Items eine entscheidende Rolle. Laut Bühner [51] sollte der Inhalt oberste Priorität bei der Itemselektion haben, in bisherigen Analysen mit CTAS und seiner Übersetzungen wurde auf diese jedoch kaum Bezug genommen. Dennoch deckt sich das Ergebnis der Itemanalyse mit den Beobachtungen von Furlan et al. [48], welche ebenfalls zum Ausschluss von Item 25 führten. Vermutlich misst Item 25 primär Leistungsdruck und weniger kognitive Prüfungsangst.

Auch Cronbach’s alpha von G-CTAS war vergleichbar mit Voruntersuchungen [48]. Der Wert spricht für eine hohe interne Konsistenz und somit für eine homogene Skala. Eine ausführliche Analyse der Faktorenstruktur konnte nicht angeschlossen werden, da die Stichprobengröße nicht ausreichend für eine explorative und anschließende konfirmatorische Faktorenanalyse war [51]. Diese sollte als nächster Schritt durchgeführt werden, da eine genaue Kenntnis der Skalenstruktur nicht nur die Grundlage für die Bildung von Normwerten darstellt, sondern außerdem zu einem genaueren Verständnis von Prüfungsangstursachen und -auswirkungen beitragen könnte.

Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Teilnehmern sowie signifikante, positive Korrelationen mit Prüfungsleistungen konnten die Kriteriumsvalidität der deutschen Skala belegen. Das Studiendesign ging nicht weiter auf geschlechtsspezifische Unterschiede kognitiver Prüfungsangst ein, weshalb deren Ursachen weiter unklar bleiben. Dagegen ermöglichte das Studiendesign einen Vergleich der Zusammenhänge von kognitiver Prüfungsangst mit schriftlichen und mündlichen Prüfungen. Hier konnte ein signifikanter Zusammenhang mit beiden Prüfungsmodalitäten auf ähnlich hohem Korrelationsniveau beobachtet werden.

Dass kognitive Prüfungsangst mit schriftlichen als auch mündlichen Prüfungsleistungen in Zusammenhang steht, verdeutlicht einmal mehr die möglichen Ausmaße für Betroffene. Zusammenhänge mit der Leistung in einer relevanten Prüfung wie dem Staatsexamen heben hervor, wie entscheidend Prüfungsangst in Bezug auf den Studienerfolg sein kann. Das Finden von Prüfungsangstursachen sowie von Behandlungsansätzen ist nicht nur aus Sicht der Betroffenen wichtig, sondern sollte auch für Universitäten eine hohe Priorität einnehmen. Medizinstudierende stellen ein Risikokollektiv bezüglich psychischer Belastung und Prüfungsangst dar und sollten dahingehend unterstützt werden. Ein genaueres Verständnis der Dynamiken zwischen Stress, Prüfungen und Prüfungsangst sind wesentlich, um gefährdete Personen identifizieren und frühzeitig in diese negativen Entwicklungen eingreifen zu können. Die Grundlage hierfür stellt ein geeignetes und möglichst exaktes Messinstrument kognitiver Prüfungsangst dar. Mit G-CTAS ist dieses nun auch im deutschsprachigen Raum verfügbar.


Danksagung

Unser Dank gilt Frau Dr. Amanda Tufman, Frau Sarah Garcia, Frau Franziska Enders und Frau Miruh Lee für die Unterstützung bei der Übersetzung der Skala.


Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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