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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Kompetenzbasierte Dozierendenqualifikation zum Kleingruppen-Unterricht mit Simulationspatienten (SP) – Konzept, Ablauf und Evaluation eines Workshops

Artikel Dozierendentraining

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  • corresponding author Henrike Hölzer - Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Neuruppin, Deutschland
  • author Julia Freytag - Charité-Universitätsmedizin Berlin, Abteilung für Curriculumsorganisation, Berlin, Deutschland
  • author Ulrike Sonntag - Charité-Universitätsmedizin Berlin, Abteilung für Curriculumsorganisation, Berlin, Deutschland

GMS J Med Educ 2017;34(4):Doc42

doi: 10.3205/zma001119, urn:nbn:de:0183-zma0011192

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2017-34/zma001119.shtml

Eingereicht: 8. Januar 2016
Überarbeitet: 7. Juni 2016
Angenommen: 22. Juli 2016
Veröffentlicht: 16. Oktober 2017

© 2017 Hölzer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Die zunehmende Einführung innovativer Lehrformate und -methoden in die medizinische Ausbildung macht eine spezifische didaktische Schulung der Lehrenden erforderlich, um aufwendige Formate effektiv nutzen zu können. Der vorliegende Beitrag beschreibt Vorüberlegungen, Konzeption, Ablauf und Evaluation eines kompetenzbasierten Workshops (10 Unterrichtseinheiten) zum Unterrichten mit Simulationspatienten. Das Ziel ist, die für eine nachhaltige Wirkung wesentlichen Bestandteile des Workshops so zu beschreiben, dass das Konzept für den eigenen Kontext adaptiert werden kann.

Methodik: Es werden die zugrunde liegende Theorie, die Ziele, die didaktische Methodik und die Umsetzung des Workshops vorgestellt. Die Evaluation des Workshops erfolgte mittels Fragebögen. Die Dozierenden der Humanmedizin (klinische und theoretische Fächer) schätzten zunächst unmittelbar nach der Schulung ein, wie gut sie sich vorbereitet fühlen. Später, nach eigener Unterrichtserfahrung, gaben sie darüber im Kontext der Semesterevaluation erneut Rückmeldung.

Ergebnisse: Im Verlauf von drei Jahren wurden 27 Schulungen mit insgesamt 275 Teilnehmenden durchgeführt und evaluiert. Im Rahmen der Semesterevaluation wurden 452 Fragebögen zur Qualität der Fortbildung ausgewertet.

Schlussfolgerung: Die Evaluation zeigt, dass die Teilnehmenden das Konzept des Workshops schätzen und sich auch längerfristig ausreichend gut vorbereitet fühlen. Einschränkend ist zu sagen, dass es sich dabei bislang nur um die Selbsteinschätzung der Dozierenden handelt. Dennoch kann festgehalten werden, dass auch ein eintägiger Workshop mit einem stringenten Unterrichtskonzept zur Qualitätssicherung der Lehre mit innovativen didaktischen Methoden beiträgt.

Schlüsselwörter: Didaktik, Dozentenschulung, Simulationspatient, Trainingskonzept, Kompetenz


1. Einleitung

Wir wissen, dass Lehrende, um ihre Aufgaben in der medizinischen Ausbildung effektiv erfüllen zu können, didaktisch und methodisch qualifiziert werden müssen [1], [2]. Zu diesem Zweck werden häufig Workshops durchgeführt, weil sie als ressourcenschonend gelten: Personal- und Planungsaufwand sind gering und auch die Teilnehmenden (TN) sparen Zeit und Kosten [3]. Gleichzeitig ist der Nutzen von Workshops umstritten, weil sie als Einzelveranstaltung kaum nachhaltig wirken können [4]. Bisher gibt es nur wenige nachvollziehbare Beschreibungen von erfolgreich evaluierten Schulungsmodellen, wie z. B. Bylund et al. [5] beklagen. Unsere Studie trägt dazu bei, diese Lücke zu schließen. Hier wird dargelegt, wie mit einem einzelnen Workshop zum effektiven Einsatz einer didaktischen Methode, nämlich Simulationspatienten (SP), dieser Spannung zwischen Effizienz und Nachhaltigkeit begegnet werden kann. Wichtig ist, allgemeine Kompetenzen zu vermitteln, die sich auch auf andere Veranstaltungen und Inhalte übertragen lassen und gleichzeitig den Dozierenden spezifische methodische Unterstützung anzubieten, die sich unmittelbar anwenden lässt.

Es werden das Konzept, der Ablauf und die Evaluation eines Workshops beschrieben, der sich speziell mit der Frage befasst, wie Dozierende SP möglichst gewinnbringend in den Kleingruppen-Unterricht einbinden. Dieser Workshop ist in ein hochschuldidaktisches Gesamtkonzept eingebettet, das neben hochstrukturierten Manualen und Online-Lehrmaterialien fakultativ auch vertiefende Schulungen zu Techniken ärztlicher Gesprächsführung beinhaltet.


2. Projektbeschreibung: Workshop „Arbeit mit Simulationspatienten“

Das Ziel hochschuldidaktischer Fortbildungen ist, die Dozierenden bei der Professionalisierung ihrer Tätigkeit zu unterstützen und sicherzustellen, dass sie die erforderlichen Kompetenzen haben oder erwerben können [6]. Innovative didaktische Methoden, die den wenigsten Dozierenden bereits aus ihrer eigenen Ausbildung bekannt sind, wie zum Beispiel der Einsatz von SP im Unterricht, erfordern eine besondere Schulung, damit deren Potential auch ausgeschöpft werden kann.

An der Charité werden seit dem Jahr 2000 SP im Unterricht eingesetzt [7]. Seit der Einführung des Modellstudiengangs 2010 finden jährlich knapp 2000 Einsätze von SP im Unterrichtsformat Kommunikation-Interaktion-Teamarbeit kurz: KIT, statt, welches längsschnittlich über acht Semester im Curriculum der Humanmedizin verankert ist. Jeder Studierende erlebt 25 verschiedene SP-Szenarien. Die SP-Gespräche dienen dazu, die Studierenden dabei anzuleiten, Gesprächsführungstechniken wie z. B. motivierende Gesprächsführung [8] oder –modelle wie z. B. NURSE [9], [10] gezielt einzusetzen und zu überdenken. Darüber hinaus werden soziale Kompetenzen, wie ein behutsamer Umgang mit Tabuthemen oder interkulturelle Sensibilität geübt. Für die Dozierenden bedeutet das, dass sie mit einer neuen Gewichtung der Inhalte, einem neuen Lehrformat und wenig vertrauten didaktischen Methoden konfrontiert sind, die zudem zentral und damit institutsübergreifend vorgegeben werden.

Nur wenige Dozierende können neben der Patientenversorgung an umfangreichen Hochschuldidaktik-Programmen teilnehmen. Das Format „Workshop“ ermöglicht es, eine große Anzahl an Personen mit der erforderlichen Mindestqualifikation auszustatten. Seit August 2012 wurde der Umfang der vorbereitenden Schulung neuer Dozierender im Unterrichtsformat KIT von 4 auf 15 Unterrichtseinheiten erhöht. Fünf Einheiten davon dienen der Vorbereitung der Themen des jeweiligen Fachsemesters, in dem der Dozierende unterrichten soll. Zehn Unterrichtseinheiten, die entweder an einem Tag oder an zwei aufeinanderfolgenden halben Tagen absolviert werden, dienen vor allem dazu, die Methode „Simulationspatient“ effektiv anwenden zu lernen. Eine Schulungsgruppe besteht in der Regel aus 10-12 Dozierenden, die unterschiedlichen Fachdisziplinen angehören – auch Grundlagenwissenschaften wie Physiologie und Anatomie. Der Besuch der Schulung ist verpflichtend für Dozierende aller Lehrformate, die mit SP arbeiten.

2.1. Vorüberlegungen

Unter Kompetenzen wird die grundsätzliche Fähigkeit einer Person verstanden, in einem spezifischen Kontext „das Richtige“ zu tun, also eine Kombination von Wissen, Fertigkeiten und Haltung [11], [12]. Lehrkompetenz beinhaltet neben dem Fachwissen, ein an den Bedürfnissen des Lernenden orientiertes Vorgehen („Lernerzentrierung“), soziale und kommunikative Kompetenzen, professionelles Verhalten – auch als Vorbild – sowie Reflexion der Praxis und eine auf das System bezogene Praxis. Ebenso erforderlich ist die spezifische Qualifizierung auf der Microebene [6], also bezogen auf das Handwerkszeug, das Dozierende zur Durchführung des Unterrichts brauchen. Dies umso mehr, als die Methode „Simulationspatient“ an verschiedenen Standorten mit unterschiedlicher Zielsetzung und unterschiedlicher Vorgehensweise eingesetzt wird [13]. Wenn medizindidaktische Fortbildungen konzipiert werden, gilt es also, den Bedürfnissen der einzelnen Dozierenden und Studierenden und auch den Anforderungen der Institutionen Rechnung zu tragen.

2.2. Lernziele des Workshops

Die Konzeption des Workshops orientierte sich an den „Professional Standards for Medical Educators“ http://www.medicaleducators.org/index.cfm/profession/professional-standards/]. Zwar richtet sich die Empfehlung vor allem an Personen mit supervidierender Funktion, jedoch sind die darin beschriebenen Werte und Praxisfelder auch für den Anwenderlevel relevant. Dort werden im 2. Kompetenzfeld [http://www.medicaleducators.org/write/MediaManager/Documents/Teaching-and-_facilitating-learning.pdf], in dem das „Lehren und Strategien, das Lernen zu fördern“ beschrieben werden, sechs zentrale Bestandteile aufgezählt:

1.
Lehrkonzeption,
2.
lernförderliche Umgebung,
3.
didaktische Methoden und Lehrmittel,
4.
Feedback zum Lernerfolg,
5.
Förderung aktiver Beteiligung und Engagement der Lernenden und schließlich
6.
Reflexion.

Die Academy of Medical Educators beschreibt die Anforderungen generell für alle Lehrformate, wir betrachten sie mit Blick auf die komplexe Lehrsituation der Simulation. Der Workshop ist die einzige Möglichkeit, sich darauf auch praktisch vorzubereiten. Die TN werden in dem Workshop in die Konzeption des Unterrichtsformats eingeführt, lernen, eine geschützte Atmosphäre herzustellen, lernen die didaktische Methode SP kennen, anzuwenden und zu reflektieren, und sie üben, Lernende zu aktivieren und bei der Reflexion anzuleiten. Im Einzelnen werden mit dem Workshop die in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellten Lernziele verfolgt.

Die sechs Aspekte im Rahmen eines einzelnen Workshops zu berücksichtigen, ist nur dann möglich, wenn der Fokus auf ein Lehrformat (hier Simulation im Kleingruppenunterricht) mit klar definierten Inhalten (hier soziale und kommunikative Kompetenzen mit definierten Lernzielen) reduziert wird. Auch Themen, wie zum Beispiel „Gruppendynamik“ oder „Selbstreflexion“ werden angesprochen, denn für die Durchführung und Auswertung von SP-Gesprächen ist beides entscheidend. Ziel ist, die Dozierenden dabei zu unterstützen, den SP-Einsatz so gewinnbringend wie möglich in das Gesamtkonzept zu integrieren, um den Lerneffekt zu maximieren.

2.3. Aufbau und Zeitplan des Workshops

Theorien der Erwachsenbildung empfehlen, zunächst an bisheriges Wissen und Erfahrungen der TN anzuknüpfen [14]. Daher findet zu Beginn ein Brainstorming zu möglichen Methoden der Vermittlung sozialer und kommunikativer Kompetenzen statt. Überblickshaft werden Ergebnisse der Ausbildungsforschung zur Vermittlung kommunikativer Kompetenzen und das Kommunikationscurriculum der Charité dargestellt, damit die TN die vermittelten Fertigkeiten als für sich relevant einordnen, was in verschiedenen Studien angeraten wird [15], [16], [17]. Weiter folgt eine ausführliche Darstellung der Qualifikation und Einsatzmöglichkeiten von SP allgemein und spezifisch an der Charité. Dabei werden die Vor- und Nachteile der Methode SP von anderen didaktischen Vorgehensweisen, wie z. B. Rollenspielen unter Studierenden oder dem Unterricht am Patienten abgegrenzt. Anhand einer exemplarischen KIT- Sitzung wird gezeigt, wie die Interaktion mit dem SP in den Unterricht integriert wird. Dafür wurde ein Ablaufschema für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von SP-Gesprächen inklusive Feedback erarbeitet, das auch den SP bekannt ist. Der Ablauf der SP-Interaktion wird in der Schulung anhand von Postern erläutert, die die Dozierenden in ihren Manualen wiederfinden (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). Der nächste Punkt ist ein Beitrag aus der studentischen Arbeitsgemeinschaft KIT, der verdeutlicht, was die Studierenden in diesem Unterrichtsformat erwarten. Im Anschluss erarbeiten sich die TN Feedbackregeln und erproben anhand eines Videobeispiels einer Interaktion zwischen einer SP und einem Arzt das Geben von Feedback. Zur Wirksamkeit von systematischem, konstruktivem Feedback gibt es eine Fülle von Belegen (z. B. [1], [18], [19]), so dass dies heute in der Medizindidaktik unverzichtbar ist.

Schließlich findet die erste von insgesamt zwei Unterrichtssimulationen statt. Eine Teilnehmerin (oder ein Teilnehmer) übernimmt die Dozierendenrolle während alle anderen TN die Studierendenrolle übernehmen. Aufgabe der Dozentin ist es, einen SP-Kontakt nach dem zuvor erarbeiteten Schema mit der Gruppe gemeinsam vorzubereiten und die Interaktion entsprechend der Standards auszuwerten. Hierfür kommt ein weniger komplexer SP-Fall zum Einsatz. Im Anschluss an die ca. 60-minütige Simulation der Unterrichtssituation findet die Auswertung der Dozierendentätigkeit statt. Dabei reflektiert zunächst die Dozentin über ihr Verhalten, im Anschluss erhält sie von den TN und der Trainerin Feedback zu ihrer Dozierendentätigkeit. Abschließend kommt die Dozentin selbst noch einmal zu Wort. In der zweiten Simulation kommt ein anspruchsvolleres SP-Szenario zum Einsatz und wird wie oben beschrieben ausgewertet.

Der letzte Teil der Schulung ist dem Thema „Unterrichten in Kleingruppen – Gruppendynamik“ gewidmet. Die TN reflektieren eigene Unterrichtserfahrungen, erarbeiten sich theoretische Grundlagen wie z.B. Rollen und Funktionen in Gruppen, Phasen von Gruppenprozessen etc. Darüber hinaus können sie verschiedene Übungen aus dem Studierendenunterricht ausprobieren. Fokus bei diesem thematischen Block ist die Rolle als Dozierender und die entsprechenden Aufgaben und Interventionsmöglichkeiten. Eine Auswertungsrunde beendet die Veranstaltung.

Zeitplan und Ablauf der Schulung sind in Tabelle 2 [Tab. 2] dargestellt.

2.4. Didaktische Methodik

Der Workshop zum Unterricht mit SP ist so aufgebaut, dass die Dozierenden möglichst viel von dem, was sie im Unterricht einsetzen sollen, selbst erleben bzw. ausprobieren können. Weitere Erfolgsfaktoren sind der variable Einsatz von verschiedenen Methoden sowie das Anregen von kollegialem Austausch und kollegialer Unterstützung [1]. Es werden also nicht nur immer wieder praktische Tipps gegeben (z. B. was zu tun ist, wenn sich niemand freiwillig meldet), sondern auch fortwährend Möglichkeiten zur Reflexion in der Gruppe angeboten. Die Mehrzahl der TN hat vorher keine eigene Erfahrung mit SP, so ist es wichtig, ihnen zu vermitteln, dass durch die Simulation starke Emotionen ausgelöst werden können. Dabei reicht es für einen Lerneffekt nicht einfach, eine Gesprächstechnik „am Objekt“ zu üben oder die Situation nur zu „überstehen“. Die angewandten Kompetenzen müssen reflektiert werden, um einen Wissenszuwachs bzw. Transfer in die Praxis zu generieren. Nach Kolbs Theorie des Erfahrungslernens [20] sind konkrete Erfahrungen die Grundlage von Beobachtungen und Reflexionen, die ihrerseits die Basis für abstrakte Konzepte bilden, deren praktische Anwendbarkeit dann erneut getestet werden kann [21]. Es wird daher bei den Interaktionen mit SP besonders viel Wert gelegt auf den Bezug der Erfahrung zu den Lernzielen sowie die angeleitete Reflexion und die Ergebnissicherung durch die Dozierenden.

Wenn die Dozierenden sich selbst der Situation aussetzen, die sie den Studierenden abverlangen, merken sie zum einen, dass eine simulierte Situation nicht 1:1 auf die Realität übertragen werden kann (sie ist als Einzelsituation nicht repräsentativ für die Kompetenz eines Lernenden) und zum anderen, dass sich die Erfahrungen eines nur Beobachtenden fundamental von den Erfahrungen eines Teilnehmenden unterscheiden [22]. Diese Erfahrung soll dazu beitragen, dass die Dozierenden die Bedeutung einer sicheren Lernumgebung für die Studierenden erkennen und folglich eine Lernumgebung herstellen, die mit einer klaren Rollenverteilung Orientierung bietet [23], [24].


3. Methodik

Direkt im Anschluss an die Schulungen füllten die TN einen Evaluationsbogen mit acht Items mit einem fünfstufigen Antwortformat (1=stimme voll zu – 5=stimme gar nicht zu) und vier offenen Fragen aus. Die vier offenen Fragen bezogen sich darauf, was den TN an der Veranstaltung besonders bzw. weniger gut gefallen hat, welche Verbesserungsvorschläge sie für diesen Workshop haben und welche Fortbildungsangebote sie sich zukünftig wünschen. Mit der Evaluation soll abgebildet werden, ob die TN nach eigener Einschätzung die Lernziele (insbesondere die Fertigkeiten) erreicht haben, ob sie die Inhalte relevant fanden und ob sie generell mit der Struktur und den Methoden der Veranstaltung zufrieden waren.

Zusätzlich wurden zu Semesterende alle KIT-Dozierenden mit einem weiteren Fragebogen befragt. Anders als direkt nach der Schulung können die Dozierenden nun den Wert der Schulung zu den Anforderungen der Unterrichtspraxis in Bezug setzen. Für den Zeitraum vom Sommersemester 2013 bis zum Wintersemester 14/15 bei einem Rücklauf von durchschnittlich 47 % aller Dozierenden eines Semesters wurden insgesamt 452 Fragebögen für die Re-Evaluation genutzt. Die hohe Fallzahl kommt zustande, da die Dozierenden nach jedem Semester erneut evaluieren und somit zum Teil mehrfach befragt wurden. In dem Fragebogen zur Re-Evaluation sind zwei Fragen nach Qualifizierungsangeboten enthalten. Auf einer Skala von „1=stimme voll“ zu bis „5=stimme gar nicht zu“ beantworten die Dozierenden das Item: „Ich fühlte mich insgesamt durch das Teachertraining gut auf die Lehrendentätigkeit vorbereitet.“ Die zweite Frage lautet „Wünschen Sie sich Möglichkeiten zur Fortbildung, um ihre Lehrendentätigkeit zu verbessern?“. Ein pre-Test für die Items wurde nicht durchgeführt, da die Fragen etablierten Instrumenten zur Qualitätssicherung didaktischer Trainings der Fakultät entnommen wurden. Alle Daten wurden mittels SPSS, Version 22 ausgewertet. Es wurden Mittelwerte und Standardabweichungen berechnet. Die Freitextkommentare wurde inhaltlich ausgewertet und kategorisiert.


4. Ergebnisse

Im Zeitraum von August 2012 bis August 2015 fanden 27 Schulungen statt, insgesamt nahmen 275 Dozierende teil. Die Anzahl der TN pro Schulung schwankte zwischen 5 und 17, im Durchschnitt nahmen zehn Personen teil. Die Schulung wurde durch drei verschiedene Referentinnen durchgeführt, die mehrjährige Erfahrungen mit dem Einsatz von SPs in der Lehre haben

4.1. Evaluation direkt nach der Schulung:

In Tabelle 3 [Tab. 3] werden die Ergebnisse der einzelnen Items der Evaluation direkt nach der Schulung dargestellt.

Von 275 TN evaluierten 90% (n=248) den Workshop in Freitextkommentaren. Dabei lobt ein Drittel den hohen Praxisanteil sowie das ausgewogene Verhältnis von Theorie und Praxis. Einige praktische Übungen werden als besonders hilfreich hervorgehoben. Die Teilnehmenden lobten des Weiteren die abwechslungsreichen Methoden, das Lernklima und die konstruktive Atmosphäre. Kritisiert wurde vor allem die Dauer: einige TN empfanden den Workshop als zu lang bzw. fanden, die Zeit hätte besser genutzt werden können. Als Verbesserungsvorschläge wurden noch mehr praktische Übungen (z. B. mehr SPs) gewünscht, die Vorführung idealer Beispiele (Live oder Video) oder Berichte von erfahrenen Dozierenden. Weiteren Fortbildungsbedarf sehen TN vor allem in den Bereichen Erfahrungsaustausch/Feedback (Intervision oder Supervision) und sie wünschten sich Auffrischungsworkshops. Ein Fünftel der Befragten wünscht sich Fortbildungen zu speziellen didaktischen Themen, z.B. zum Umgang mit schwierigen Studierenden.

4.2. Erneute Evaluation nach eigener Unterrichtserfahrung

Die Befragten fühlten sich gut durch das Teachertraining auf die Lehrendentätigkeit vorbereitet (95% gültige Rückmeldungen mit einem Mittelwert von 2.3 [SD 0.87]). Die Frage „Wünschen Sie sich Möglichkeiten zur Fortbildung, um ihre Lehrendentätigkeit zu verbessern?“ beantworteten 55% mit „Ja“.


5. Diskussion

Der Workshop ist als Basis-Workshop konzipiert. Er ist für die TN häufig die erste hochschuldidaktische Schulung. Aus der hohen Zustimmung zu den Fragen 2 und 3 der Evaluation im Anschluss an die Schulung lässt sich schlussfolgern, dass die TN sich die erforderlichen Fertigkeiten zutrauen. Auf dem von Kirkpatrick entwickelten Vier-Ebenen-Modell der Evaluation [25] werden damit zwar nur die Ebenen 1 „Reaktion“ und 2 (subjektiver) „Lernerfolg“ erfasst, jedoch ist die große Zufriedenheit der TN als Indikator für eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung und eine hohe Motivation zu werten. Beides sind nach Bandura [26] wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Gelernten. Die Inhalte der Schulung werden als relevant wahrgenommen, das zeigt die Zustimmung zum ersten Item. Bei immer noch guten Werten ist die Frage nach „gruppendynamischen Prozessen“ etwas kritischer zu sehen, hier könnte man die TN wohl noch mehr auf „typische kritische Situationen“ vorbereiten oder es bedarf sogar einer Extra-Schulung zu diesem Thema. Unterstützt wird diese Sichtweise durch den mehrfach geäußerten Wunsch nach Schulungen zum Umgang mit „schwierigen Studierenden“. In der Literatur wird ein hoher Praxisanteil gefordert, sowie die Möglichkeit eigene Erfahrungen zu reflektieren und daraus zu lernen [27]. Die Antworten auf die geschlossenen Fragen 5-7 sowie die Mehrheit der Freitextkommentare zeigen, dass genau das auch bei den TN sehr gut ankommt. Besonders wichtig sind den Dozierenden die Themen Lernklima, Arbeitsatmosphäre und der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen.

Die Evaluation aller KIT-Dozierenden zeigt, dass sie sich auch nach dem „Praxistest“ im Rückblick durch die Schulung eher gut vorbereitet fühlen. Dabei ist zu bedenken, dass von den Dozierenden wahrgenommene Defizite in der Vorbereitung auch im inhaltlichen Bereich liegen können – im Sinne der semesterspezifischen Themen der KIT-Kurse – und sich nicht notwendig auf die Methode „Simulationspatient“ beziehen, auf welche die hier beschriebene Schulung abzielt.

Aus methodischer Sicht ist außerdem zu erwähnen, dass die Fragebögen der späteren Befragung leider aufgrund der Anonymität der Datenerhebung nicht zweifelsfrei zuzuordnen sind. So ist einschränkend zu sagen, dass bei der zweiten Evaluation – wie bereits erwähnt – die gleichen Personen vermutlich mehrfach befragt wurden. Ebenso ist es möglich, dass die Schulung bei einzelnen bereits länger zurückliegt. Trotzdem gibt es den eindeutigen Trend zur positiven Einschätzung der Schulung.

Zu fragen wäre vielleicht, ob sich die Dozierenden auch ohne Schulung gut vorbereitet gefühlt hätten. Die Erfahrungen der Kursleiterinnen sowie die der Studierenden deuten jedoch nicht darauf hin. Zwar ist der Besuch des Workshops obligatorisch, jedoch kommt es vor, dass einzelne Dozierende, z. B. im Rahmen von Vertretungen, ohne diese Vorbereitung unterrichten. Dies lässt sich kritischen Rückmeldungen aus der Studierendenevaluation entnehmen, die eine entsprechende Qualifikation der Dozierenden einfordern. Auch der Workshop-Teil „Studentische Perspektive auf KIT“ ist auf den expliziten Wunsch der Studierenden nach entsprechend qualifizierten Dozierenden entstanden und folgt dem Bedürfnis der Studierenden, sich daran zu beteiligen.

Wird nach weiteren Fortbildungswünschen gefragt, gibt es keine eindeutige Tendenz. Einerseits werden Auffrischungsworkshops und mehr Austausch (Intervision/Supervision) gefordert, andererseits werden die Fortbildungsangebote als ausreichend beschrieben. Hier deutet sich eventuell ein Konflikt zwischen den Qualifikationswünschen und den Rahmenbedingungen an, die es den Dozierenden häufig erschweren, an Fortbildungsangeboten überhaupt teilnehmen zu können. Das wird auch in den Kommentaren zu Zeit und Dauer der Veranstaltung deutlich (z. B. „Workshops zukünftig bitte nur nach 16 Uhr“).


6. Schlussfolgerung

In immer mehr Studiengängen werden neue Lehrformate eingesetzt, was zu einem geänderten Bedarf an Schulungen zum effektiven Einsatz innovativer didaktischer Methoden führt. Unsere Studie zeigt, dass ein Workshop „just-in-time“ [28] zur Vorbereitung von Dozierenden auf ein neues Unterrichtsformat eine sinnvolle Qualifizierungsmaßnahme ist. Wir hoffen, damit, wie von Bylund [5] gefordert, konkret nachvollziehbar zu machen, wie Dozierende mit überschaubarem Zeitaufwand methodisch auf den Unterricht kommunikativer und sozialer Kompetenzen vorbereitet werden können. Unser Beispiel ist kaum an örtliche Besonderheiten gebunden, sondern lässt sich auch auf andere Fakultäten übertragen.

Während nun dargelegt ist, wie der Workshop die Selbsteinschätzung der Dozierenden beeinflusst, bleibt offen, inwieweit die Dozierenden die Standards des SP- Programms im Unterricht tatsächlich umsetzen. Dies wird in einer gerade abgeschlossenen Beobachtungsstudie bei nach diesem Konzept geschulten Dozierenden überprüft. Eine vorläufige Auswertung der Ergebnisse weist darauf hin, dass die Mehrheit der Standards von den Dozierenden umgesetzt wird, so dass die Selbsteinschätzung der Dozierenden im Wesentlichen mit der Einschätzung der Beobachter konkordant zu sein scheint.


7. Danksagung

Wir danken Rita Kraft aus dem Evaluationsbereich für die Unterstützung bei der der Datenerhebung und –auswertung sowie Rolf Kienle, Isabel Mühlinghaus und Simone Scheffer aus dem Bereich Interaktion/KIT, mit welchen der Ablauf von SP-Gesprächen ausgearbeitet wurde.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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