gms | German Medical Science

GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Auf dem Weg zu kompetenzorientierten Prüfungen für eine sichere Patientenversorgung

Leitartikel Prüfungen

Suche in Medline nach

  • corresponding author Jana Jünger - Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Kompetenzzentrum Prüfungen in der Medizin Baden-Württemberg, Heidelberg, Deutschland
  • Ara Tekian - Univerity of Illinois at Chicago, Chicago, USA
  • John J. Norcini - Foundation for Advancement of International Medical Education and Research (FAIMER), Philadelphia, USA

GMS Z Med Ausbild 2015;32(4):Doc47

doi: 10.3205/zma000989, urn:nbn:de:0183-zma0009897

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2015-32/zma000989.shtml

Eingereicht: 18. September 2015
Überarbeitet: 18. September 2015
Angenommen: 18. September 2015
Veröffentlicht: 15. Oktober 2015

© 2015 Jünger et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Leitartikel

International hat sich die Medizinische Ausbildung in den vergangenen Jahrzehnten in Richtung Kompetenzorientierung entwickelt. Dieser Prozess wurde jüngst in Deutschlang mit der Verabschiedung des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog (NKLM) aufgegriffen, der die Lernziele für die medizinische Ausbildung beinhaltet [http://www.nklm.de und [http://www.nklz.de] zuletzt geprüft am 18.09.2015], [1]. In den Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums in Deutschland wird gefordert, dass sich die veränderten Lerninhalte auch in den Prüfungen widerspiegeln [2]. Ziel dieser Entwicklungen ist es, sicherzustellen, dass die Absolvent_innen unserer medizinischen Fakultäten das erforderliche Wissen, die Fertigkeiten und die Haltungen aufweisen, die eine hervorragende Versorgung der Patient_innen gewährleisten.

Die Implementierung einer kompetenzbasierten medizinischen Ausbildung erfordert eine Abstimmung der NKLM-Lernziele mit dem Curriculum, insbesondere mit den eingesetzten Lehrmethoden und Prüfungsstrategien. Viele Fakultäten haben mit verschiedenen Ansätzen versucht, diesen Herausforderungen mit den vorhandenen Ressourcen zu begegnen.

Diese spannenden Projekte werden unter Leitung engagierter Arbeitsgruppen vorangebracht, viele dabei in Kooperation mit der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung. Dadurch wurde eine neue Kultur an den Hochschulen geschaffen. Eine zentrale Aufgabe der kompetenzbasierten medizinischen Ausbildung besteht darin, beurteilen zu können, ob Studierende über die im NKLM festgelegten Kompetenzen verfügen. Hierfür sind Weiterentwicklungen in der Art und Weise unserer Prüfungen notwendig.

Vor diesem Hintergrund haben wir Beiträge für das vorliegende Heft zum Thema Prüfungen zusammengetragen.

Die verstärkte Einbeziehung der Studierenden ist ein entscheidendes Merkmal dieser neuen Kultur. Ein Beispiel hierfür ist der Beitrag von Wagener et al., der die Ergebnisse des studentischen kompetenzorientierten Progresstests darstellt [3]. Die Studierenden haben hier nicht nur fakultätsübergreifend die Prüfungsfragen entwickelt, sie erhalten auch Feedback über ihren Wissenszuwachs im Hinblick auf die NKLM Kompetenzen während ihres Studiums. Ein weiterer Aspekt dieses Kulturwandels ist die zunehmende Relevanz von Prüfungen zur Unterstützung des Lernverhaltens. Beispielsweise legen Profanter et al. den Fokus auf arbeitsplatzbasierte Prüfungen, die dazu dienen sollen, Studierenden ein individuelles Feedback zu ihren Stärken und Schwächen zu geben [4]. Die Studie zeigt, dass in der Folge Dozierende ihre Lehrmethoden modifizierten, um das Lernverhalten der Studierenden zu steigern.

Studierende sind oftmals um die gerechte Beurteilung ihrer Prüfungsleistung besorgt. Bedenken bestehen insbesondere hinsichtlich der erheblichen Bandbreite bei der Notengebung durch unterschiedliche Prüfende. Die Wichtigkeit von Prüferschulungen wird im Beitrag von Schickler et al. betont [5]. Die Abstimmung unter den Prüfenden ist für mündliche Prüfungen bedeutsam, insbesondere wenn es sich um Abschlussprüfungen wie das Staatsexamen handelt. Prüferschulungen sind daher ein wesentlicher Aspekt der Qualitätssicherung von Prüfungen.

Der Artikel von Tekian & Norcini thematisiert das „Standard-Setting“ (z.B. die Festsetzung der Bestehensgrenze) für Prüfungen [6]. Dieses Thema blieb in Deutschland bei der Prüfungserstellung lange Zeit unberücksichtigt, obwohl es für eine gerechte und genaue Leistungsbewertung unverzichtbar ist. Darüber hinaus beeinflusst die Festlegung einer starren Bestehensgrenze von 60% den Inhalt einer Prüfung. Die Eignung einer Fragestellung für die Prüfung wird dahingehend beurteilt, ob damit eine adäquate „bestanden/durchgefallen“ Entscheidung getroffen werden kann, anstatt die Prüfungsaufgaben nur nach der inhaltlichen Relevanz auszuwählen. Der Beitrag von Möltner et al. thematisiert ebenfalls die Zuverlässigkeit der Entscheidung „bestanden/durchgefallen“ bei Prüfungen, die sich aus mehreren Teilprüfungen zusammensetzen [7].

Die Bedeutung und die Rolle technischer Unterstützungsmöglichkeiten zur Erhöhung von Qualität und Effektivität von Prüfungen wird im Beitrag von Hochlehnert et al. dargelegt [8].

Um voranzukommen, ist es wichtig über die Landesgrenzen zu schauen und von unseren Kolleg_innen zu lernen. Berendonk et al. erläutern die Einführung der klinisch-praktischen Prüfung in die Staatsprüfung Humanmedizin der Schweiz [9].

Dies stellt nur eine Auswahl der Beiträge zum Thema Prüfungen dar, die in diesem Themenheft zusammengestellt sind. Die Arbeiten in diesem Themenheft zeigen die ersten Erfolge auf dem Weg zu einer kompetenzorientierten medizinischen Ausbildung auf Grundlage des NKLM. Für die Zukunft ist es wichtig, unser Netzwerk und die Zusammenarbeit zu stärken sowie Ressourcen gemeinsam noch besser zu nutzen. Kompetenzorientierte Prüfungen sind der Schlüssel, um die Qualität der Patientenversorgung durch die einzelnen Ärztinnen und Ärzte zu verbessern. Der nächste Schritt wird es sein, die Qualität der Ausbildungsprogramme selbst sicherzustellen.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Fischer MR, Bauer D, Mohn K. Endlich fertig! Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkataloge Medizin (NKLM) und Zahnmedizin (NKLZ) gehen in die Erprobung. GMS Z Med Ausbild. 2015;32(3):Doc35. DOI: 10.3205/zma000977 Externer Link
2.
Wissenschaftsrat. Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums in Deutschland auf Grundlage einer Bestandsaufnahme der humanmedizinischen Modelstudiengänge. Drs 4017-14. Dresden: Wissenschaftsrat; 2014.
3.
Wagener S, Möltner A, Tımbıl S, Gornostayeva M, Schultz JH, Brüstle P, Mohr D, Vander Beken A, Better J, Fries F, Gottschalk M, Günther J, Herrmann L, Kreisel C, Moczko T, Illg C, Jassowicz A, Müller A, Niesert M, Strübing F, Jünger J. Entwicklung eines formativen kompetenzorientierten Progresstests mit MC-Fragen von Studierenden - Ergebnisse einer multifakultären Pilotstudie. GMS Z Med Ausbild. 2015;32(4):Doc46. DOI: 10.3205/zma000988 Externer Link
4.
Profanter C, Perathoner A. Einführung von DOPS (Direct Observation of Procedural Skills) als Work-place based assessment (WBA) im studentischen Skills-Lab: Beeinflussung der Performanz klinischer Fertigkeiten und Nebeneffekte auf die curricular-institutionelle Entwicklung. GMS Z Med Ausbild. 2015;32(4):Doc45. DOI: 10.3205/zma000987 Externer Link
5.
Schickler A, Brüstle P, Biller S. Mündlich-praktischer Teil des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung in Freiburg 2012 - Analyse der Notenvergabe zur Überprüfung von Qualitätssicherungsmaßnahmen. GMS Z Med Ausbild. 2015;32(4):Doc39. DOI: 10.3205/zma000981 Externer Link
6.
Tekian A, Norcini J. Overcome the 60% passing score and improve the quality of assessment. GMS Z Med Ausbild. 2015;32(4):Doc43. DOI: 10.3205/zma000985 Externer Link
7.
Möltner A, Tımbıl S, Jünger J. Die Zuverlässigkeit der Entscheidung "bestanden/durchgefallen" bei zusammengesetzten Prüfungen. GMS Z Med Ausbild. 2015;32(4):Doc42. DOI: 10.3205/zma000984 Externer Link
8.
Hochlehnert A, Schultz JH, Möltner A, Tımbıl S, Brass K, Heid J, Jünger J. Elektronische Erfassung von Prüfungsleistungen bei OSCE-Prüfungen mit Tablets. GMS Z Med Ausbild. 2015;32(4):Doc41. DOI: 10.3205/zma000983 Externer Link
9.
Berendonk C, Schirlo C, Balestra G, Bonvin R, Feller S, Huber P, Jünger E, Monti M, Schnabel K, Beyeler K, Guttormsen S, Huwendiek S. Die neue klinisch-praktische Schlussprüfung in Humanmedizin der Schweiz: Essentielle Schritte der Entwicklung und zentrale Erkenntnisse aus Sicht der nationalen Arbeitsgruppe Clinical Skills. GMS Z Med Ausbild. 2015;32(4):Doc40. DOI: 10.3205/zma000982 Externer Link