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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Endlich fertig! Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkataloge Medizin (NKLM) und Zahnmedizin (NKLZ) gehen in die Erprobung

Nachricht Kompetenzorientierte Ausbildung

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  • corresponding author Martin R. Fischer - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), Erlangen, Deutschland; Klinikum der Universität München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Daniel Bauer - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), Erlangen, Deutschland; Klinikum der Universität München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Karin Mohn - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), Erlangen, Deutschland; Universität Osnabrück, Fachbereich Humanwissenschaften, Osnabrück, Deutschland
  • NKLM-Projektgruppe

GMS Z Med Ausbild 2015;32(3):Doc35

doi: 10.3205/zma000977, urn:nbn:de:0183-zma0009774

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2015-32/zma000977.shtml

Eingereicht: 4. August 2015
Überarbeitet: 5. August 2015
Angenommen: 5. August 2015
Veröffentlicht: 17. August 2015

© 2015 Fischer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Nachricht

Endlich fertig! Anfang Juni wurden die Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkataloge Medizin (NKLM) und Zahnmedizin (NKLZ) auf dem ordentlichen Medizinischen Fakultätentag in Kiel mit überwältigender Mehrheit verabschiedet [http://www.mft-online.de/files/pm_nklm-nklz_2015-07-27.pdf, abgerufen am 03.08.2015] – nach fast sechsjähriger Entwicklungszeit. Die Kataloge beschreiben die Kompetenzen, die eine Absolventin bzw. Absolvent des Medizin- bzw. Zahnmedizinstudiums in Deutschland erworben haben sollte. Sie sind unter www.nklm.de (bzw. www.nklz.de) im Internet seit einigen Tagen frei verfügbar.

Was waren die Ausgangspunkte für den Entwicklungsprozess? Einerseits geben ja seit langer Zeit die Gegenstandskataloge des Instituts für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) das Wissen vor, das in den schriftlichen Staatsprüfungen im Multiple Choice-Format abgeprüft wird. Aber dabei bleibt Vieles unklar: Es werden für den klinischen Studienabschnitt nur Krankheitsbilder und Leitsymptome aufgezählt, ohne dabei aufzuklären, was denn nun ein frisch approbierter Arzt bzw. eine frisch approbierte Ärztin z.B. zum Diabetes mellitus wirklich wissen und können soll - inklusive der interdisziplinären Aufgaben in der Sekundärprävention, der Kommunikation mit den Patienten und ihren Angehörigen und der Zusammenarbeit mit den Diabetesberatern. Im NKLM wird auf eine klassische Fächer- oder Organzuordnung verzichtet - es werden Zuordnungsempfehlungen gemacht und die Fakultäten sollen die einzelnen Kompetenzen jeweils vor Ort dann Fächern zuordnen, die dann jeweils für die Vermittlung zuständig sind.

In welchem Umfang und in welchen Kontexten soll ärztliche Gesprächsführung beherrscht werden? Teamarbeit? Wissenschaftskompetenz mit der Fähigkeit zur kritischen Bewertung von Studien? Eigenen Forschungserfahrungen mit Literatursuche, Entwicklung von Fragestellungen und Hypothesen? All das sind ja bekannte und von den medizinischen Fakultäten schon bisher mehr oder weniger gut vermittelte Inhalte und Kompetenzen.

International gibt es schon in vielen Ländern Kompetenzbeschreibungen für das Medizinstudium – allen voran in Kanada, den Niederlanden und der Schweiz. Diese Kataloge haben als Referenz und Diskussionsgrundlage bei der Entwicklung des NKLM gedient.

2009 wurden die Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und der Medizinische Fakultätentag (MFT) vom Hochschulausschuss der Kultusministerkonferenz der Länder beauftragt, nun auch einen kompetenzbasierten Lernzielkatalog für die Medizin zu erstellen, um den Fakultäten die Weiterentwicklung und Modernisierung ihrer Curricula zu erleichtern [1]. Außerdem sollte mit dem NKLM eine klare Basis für den Übergang in die klinische Weiterbildung geschaffen werden. Der Weg zur Fertigstellung war allerdings länger und komplizierter als ursprünglich gedacht.

Nachdem von 21 Arbeitsgruppen mit über 200 Expertinnen und Experten ein Entwurf erarbeitet und in der mit allen wichtigen Teilhabern an der medizinischen Aus- und Weiterbildung besetzten Lenkungsgruppe – insbesondere Bundesärztekammer, Bundesvereinigung der Medizinstudierenden Deutschlands (bvmd) und Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) - diskutiert und abgestimmt worden war, wurden systematisch alle über 160 wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften der AWMF über eine Online-Plattform in die Überarbeitung einbezogen.

In mehreren Abstimmungsrunden haben sich schließlich insgesamt 98 Fachgesellschaften über zwei Jahre inhaltlich eingebracht und die Entwürfe in einem zweistufigen Delphi-Verfahren kommentiert (allein über 4000 Kommentare in der ersten Delphi-Runde) und kontinuierlich verbessert. Und dies mit Erfolg: So konnten schließlich 100% der 234 Kompetenzen und 281 Teilkompetenzen im NKLM mit überwiegender Zustimmung oder Konsens in die finale NKLM-Version übernommen werden. Nur zwei der insgesamt vorgeschlagenen 1958 Lernziele zur weiteren Operationalisierung und Beschreibung der Kompetenzen und Teilkompetenzen fanden abschließend keine Zustimmung. Die NKLM-Geschäftsstelle der GMA hat hierbei (mit freundlicher Unterstützung der Robert Bosch Stiftung) entscheidende Koordinierungsarbeit geleistet und schließlich die Endfassung in enger Abstimmung mit dem MFT fertig gestellt.

Die nun vorliegenden Kataloge haben auf Kompetenz- und Teilkompetenzebene Empfehlungscharakter und stellen den Fakultäten eine Bibliothek von Lernzielen zur Erprobung zur Verfügung. Es ist davon auszugehen, dass es mit der Zeit eher zu einer Verschlankung der Lernziele kommen wird – so lehrt es jedenfalls das Beispiel Schweiz, wo der Swiss Catalogue of Learning Objectives in seiner 2. Auflage im Vergleich zur 1. Auflage um ca. 30% an Umfang verloren hat [http://sclo.smifk.ch/, abgerufen am 04.08.2015].

Von informationstechnologischer Infrastruktur bis zur Konzeptentwicklung kompetenzorientierter Prüfungen gilt es sich noch verschiedenen Herausforderungen zu stellen. Welche Unterstützung die Fakultäten und einzelne Dozentinnen und Dozenten bei der Implementierung ggf. brauchen werden, wird sich zeigen müssen. Um diesen Prozess zu begleiten, hat der MFT eine Expertengruppe eingerichtet. Bis 2020 sollen die Erfahrungen der Fakultäten mit den Katalogen regelmäßig ausgetauscht und diskutiert werden und zeigen, inwiefern eine Überarbeitung und Weiterentwicklung ggf. gestaltet werden sollten.

Man darf gespannt sein, inwieweit die Kompetenzbasierung tatsächlich Einzug in die medizinische Ausbildung in Deutschland halten und welchen Einfluss sie auf den Masterplan Medizinstudium 2020 der Bundesregierung haben wird. Im 2014 erschienenen und inzwischen vieldiskutierten Papier des Wissenschaftsrates zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums in Deutschland auf Grundlage einer Bestandsaufnahme der humanmedizinischen Modellstudiengänge wird der NKLM prominent und mehrfach als wichtige Grundlage für die zukünftige medizinische Ausbildung in Deutschland genannt [http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4017-14.pdf, abgerufen am 03.08.2015].

Die Fertigstellung von NKLM und NKLZ waren mühsam und begleitet von kontroversen Diskussionen über Wünschbarkeit und Umsetzbarkeit einer kompetenzbasierten medizinischen Ausbildung. Die Einführung und Erprobung der Kataloge an den Medizinischen Fakultäten wird nun nicht weniger Arbeit bereiten und zeigen, wohin der Weg führt. Es geht um nicht weniger als bestmöglich ausgebildete Ärztinnen und Ärzte der Zukunft, die den Herausforderungen im Gesundheitssystem zum Wohle der Patientinnen und Patienten in all ihren verschiedenen Rollen gerecht werden müssen. Allen, die an der Entstehung und kritischen Diskussion von NKLM und NKLZ mitgewirkt haben, sei an dieser ganz herzlich gedankt!


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Hahn EG, Fischer MF. Nationaler Kompetenzbasierter Lernzielkatalog Medizin (NKLM) für Deutschland: Zusammenarbeit der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) und des Medizinischen Fakultätentages (MFT). GMS Z Med Ausbild. 2009;26(3):Doc35. DOI: 10.3205/zma000627 Externer Link