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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Kernkompetenzen für Lehrende in der Medizin (KLM) – Positionspapier des GMA Ausschusses für Personal- und Organisationsentwicklung in der Lehre

Positionspapier Lehrkompetenzen

  • corresponding author Anja Görlitz - Klinikum der Universität München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Thomas Ebert - Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Fachbereich Medizin, Frankfurter Arbeitsstelle für Medizindidaktik, Frankfurt, Deutschland
  • author Daniel Bauer - Klinikum der Universität München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Matthäus Grasl - Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, Wien, Österreich
  • author Matthias Hofer - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Studiendekanat Medizin, Arbeitsgruppe Medizindidaktik, Düsseldorf, Deutschland
  • author Maria Lammerding-Köppel - Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Kompetenzzentrum für Hochschuldidaktik Medizin Baden-Württemberg, Tübingen, Deutschland
  • author Götz Fabry - Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Medizinische Psychologie und Soziologie, Freiburg, Deutschland
  • GMA Ausschuss Personal- und Organisationsentwicklung in der Lehre

GMS Z Med Ausbild 2015;32(2):Doc23

doi: 10.3205/zma000965, urn:nbn:de:0183-zma0009656

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2015-32/zma000965.shtml

Eingereicht: 30. Oktober 2014
Überarbeitet: 7. März 2015
Angenommen: 30. Januar 2015
Veröffentlicht: 13. Mai 2015

© 2015 Görlitz et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Die Entwicklungen in der Medizinischen Ausbildung der letzten Jahre konfrontieren Lehrende zunehmend mit neuen didaktischen Herausforderungen. An zahlreichen Standorten im deutschsprachigen Raum werden bereits Qualifizierungsangebote für Lehrende angeboten, jedoch fehlt bisher ein Orientierungsrahmen für medizindidaktische Kompetenzen, der ein Qualifikationsprofil für Lehrende darstellt.

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Kompetenzorientierung des Medizinstudiums und auf Grundlage aktueller internationaler Literatur wurde durch den GMA Ausschuss für Personal- und Organisationsentwicklung in der Lehre ein Kernkompetenzmodell für Lehrende in der Medizin entwickelt. Das Modell soll nicht nur den Lehrenden Orientierung zu ihrem Qualifikationsprofil geben, sondern auch die inhaltliche Ausrichtung hochschuldidaktischer (Aus-) Weiter- und Fortbildungen sowie die Evaluation von Fakultätsentwicklungsprozessen erleichtern und nicht zuletzt einheitliche Kriterien für die Beurteilung der Lehrqualifikation in deutschsprachigen Raum definieren.

Das Modell besteht aus sechs Kompetenzfeldern, für die jeweils Teilkompetenzen definiert und Lernziele beschrieben wurden. Anwendungsbeispiele sollen die jeweiligen Kompetenzen verdeutlichen.

Das Modell ist für die praktische Anwendung konzipiert und soll in einem nächsten Schritt durch spezifische Kompetenzen für Lehrende mit besonderen Aufgaben ergänzt werden.

Schlüsselwörter: Personal- und Organisationsentwicklung, Lehre, Kompetenzen, Lehrqualifikation, Hochschuldidaktik


Hintergrund

In diesem Dokument wird ein Kompetenzmodell für Lehrende in der Medizin dargestellt, dessen Grundlage auf verschiedenen Ebenen liegt:

Durch die Entwicklung der medizinischen Ausbildungsforschung liegen zunehmend wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse darüber vor, wie den besonderen didaktischen Herausforderungen des Medizinstudiums begegnet werden kann. Damit wächst an den medizinischen Fakultäten auch das Bewusstsein dafür, dass die Lehrenden in der Medizin nicht nur Informationen vermitteln müssen, sondern zunehmend mit neuen Anforderungen konfrontiert sind. Sie müssen sich nicht nur in einem breiten Spektrum von Unterrichts- und Prüfungssituationen bewähren, sondern auch Aufgaben wie Curriculumsentwicklung, die Erstellung von Unterrichtsmaterialien, die Koordination mit anderen Fächern und Ausbildungsstandorten sowie Evaluation und Qualitätssicherung in der Lehre bewältigen. Diese vielfältigen Aktivitäten erfordern eigene Kompetenzen, die nicht einfach als gegeben angenommen werden können. Vor diesem Hintergrund sind seit einiger Zeit an den meisten Fakultäten zumindest grundlegende Angebote zur Schulung didaktischer Kompetenzen etabliert worden [5]. Allerdings fehlt bislang im deutschsprachigen Raum ein Orientierungsrahmen für medizindidaktische Kompetenzen, der das Qualifikationsprofil für Lehrende in der Medizin zusammenfassend darstellt.

Zusätzlich ist im Bildungswesen insgesamt ein Wandel hin zur Kompetenzorientierung zu verzeichnen. In der internationalen Diskussion um die Qualität der ärztlichen Ausbildung setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass der erfolgreiche Erwerb von Kompetenzen, die die Absolventen zur Lösung typischer beruflicher Anforderungen befähigen, das wichtigste Ziel der ärztlichen Ausbildung sein muss. In den angloamerikanischen Ländern sind vor diesem Hintergrund verschiedene Kompetenz-Modelle entwickelt worden, von denen das des „Royal College of Physicians and Surgeons“ in Canada (CanMEDS) [6] international die meiste Aufmerksamkeit erfahren hat. Ursprünglich für den Kontext der Fort- und Weiterbildung entwickelt, findet es auch zunehmend für den Bereich der ärztlichen Ausbildung Verwendung. Auch für die Reformdiskussion in den deutschsprachigen Ländern ist dieses Modell von großer Bedeutung. So liegt es etwa der zweiten Auflage des „Swiss Catalogue of Learning Objectives for Undergraduate Medical Training“ [2], [3] zugrunde und wurde auch als Ausgangspunkt für den derzeit im Entstehen befindlichen „Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin“ (NKLM) [7], [http://www.nklm.de Zugriff am 15.09.2014] der deutschen Fakultäten als Ausgangspunkt gewählt. Damit wird in naher Zukunft auch für die deutsche Ärzteausbildung ein Rahmenwerk vorliegen, das erstmals die Ziele der ärztlichen Ausbildung konsequent als Kompetenzen beschreibt. Die daraus resultierenden Anforderungen an das zukünftige Medizinstudium werden weitreichend sein, denn der NKLM besteht nicht aus der einfachen Auflistung von Lernzielen, sondern wird durch die Kompetenzorientierung auch eine andere Didaktik und Methodik erfordern. Damit verändern sich aber auch die Anforderungen an die Lehrenden.


Was sind Kompetenzen?

Eine der größten Herausforderungen in der Diskussion um die Kompetenzorientierung ist der Kompetenzbegriff selbst. Kompetenz ist seit vielen Jahren ein „Modebegriff“ der Sozial- und Erziehungswissenschaft [9] und erfährt seit Mitte der 1990er-Jahre auch als Schlagwort in der Politik eine wachsende Bedeutung [1]. Viele Definitionen von Kompetenz haben die folgenden vier Merkmale gemeinsam [8]:

Kompetenzen …

  • … äußern sich in der Bewältigung von Handlungssituationen
  • … weisen einen Situations- und Kontextbezug auf
  • … sind subjektgebunden
  • … sind erlern- bzw. veränderbar

Insofern lassen sich Kompetenzen allgemein definieren als

„[…] die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ [14].

Diese Definition wird ebenfalls dem NKLM zugrunde gelegt, dort allerdings um eine weitere, speziell auf die ärztliche Tätigkeit ausgerichtete ergänzt:

„[…] Professional competence is the habitual and judicious use of communication, knowledge, technical skills, clinical reasoning, emotions, values, and reflections in daily practice for the benefit of the individual and community being served.” [4]

Obwohl diese Definition für die ärztliche Tätigkeit formuliert wurde, lässt sie sich auch für die Lehrtätigkeit sinnvoll verwenden, da beiden Tätigkeitsbereichen gemeinsam ist, dass hier keine vorgefertigten Lösungen einfach nur anzuwenden sind, sondern jeweils individuelle Lösungen für komplexe, meist nur unvollständig definierte Probleme gefunden werden müssen. Dazu müssen in der medizinischen Lehre, wie beim ärztlichen Handeln auch, Wissen, Fertigkeiten, Einstellungen, emotionale und wertbezogene Aspekte integriert werden. Der Reflexion kommt dabei zentrale Bedeutung zu, um das eigene Handeln den jeweiligen Erfordernissen flexibel anpassen und aus den dabei gewonnenen Erfahrungen lernen zu können.


Zielsetzung

Vor diesem Hintergrund war es das Ziel des Ausschusses Personal- und Organisationsentwicklung in der Lehre (POiL) der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), in enger Zusammenarbeit mit den im „MedizinDidaktikNetzwerk“ (MDN), einer Arbeitsgruppe des Medizinischen Fakultätentages (MFT), organisierten Lehrenden und Experten bzw. Expertinnen, ein Kompetenz-Modell zu entwickeln, das diejenigen Kernkompetenzen abbildet, die für alle Lehrenden in der Medizin notwendig sind. Der Begriff „Kernkompetenzen“ verdeutlicht, dass hier Grundlagenkompetenzen beschrieben werden, die unabhängig von der Position und dem spezifischen Aufgabenbereich der individuellen Lehrenden sind.

Mit dem Kompetenz-Modell werden in erster Linie pragmatische Ziele verfolgt, nämlich

  • den Lehrenden eine Orientierung zu geben, welche konkreten Kompetenzen von ihnen erwartet werden
  • hochschuldidaktische (Aus-) Weiter- und Fortbildungen an den einzelnen Fakultäten inhaltlich auszurichten
  • die Evaluation von Fakultätsentwicklungsprozessen zu erleichtern
  • einheitliche Kriterien für die Beurteilung der Lehrqualifikation im gesamtdeutschsprachigen Raum zu definieren
  • eine Grundlage für weitere Forschungsarbeiten in der ( Aus-) Weiter- und Fortbildung von Lehrenden in der Medizin zu bieten.

Entstehungsprozess

Das hier dargestellte Modell wurde unter der Leitung des Ausschusses POiL in einem breit angelegten Konsensprozess erarbeitet, um eine möglichst große Akzeptanz an den deutschsprachigen Fakultäten zu erreichen. Der Prozess bestand aus sieben iterativen Schritten, wobei die von einer Arbeitsgruppe des Ausschusses POiL vorbereiteten Vorschläge immer wieder von einer größeren Expertengruppe aus dem deutschsprachigen Raum diskutiert wurden. Die Expertengruppen bestanden aus Hochschuldozenten und –dozentinnen aus der Medizin und anderen Gesundheitsberufen mit langjähriger Erfahrung und wissenschaftlicher Expertise im Bereich der Fakultäts- und Personalentwicklung innerhalb der Fachdidaktik Medizin.

Im Rahmen des Workshops des Ausschusses POiL bei der GMA-Tagung in München 2011 wurde das von Srinivasan et al. [12] beschriebene nordamerikanische Modell vorgestellt und diente als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines eigenen Kompetenzrahmens. Bei der Übersetzung wurde deutlich, dass die Kompetenzdefinitionen nicht 1:1 in den deutschen Sprachraum sowie den Kontext der deutschsprachigen medizinischen Ausbildung übertragen werden können, was eine Anpassung der Kompetenzen notwendig machte. Über die weiteren Schritte informiert Tabelle 1 [Tab. 1]. Das vollständige Manuskript wurde dem Vorstand der GMA im Oktober 2014 vorgelegt.


Ergebnisse

Das Modell der Kernkompetenzen für Lehrende in der Medizin (KLM) beschreibt die folgenden sechs Kompetenzfelder:

  • Medizindidaktisches Handeln
  • Lernerorientierung
  • Soziale und kommunikative Kompetenz
  • Rollenvorbild und professionelles Handeln
  • Reflexion und Weiterentwicklung der eigenen Lehrpraxis
  • Systembezogenes Lehren und Lernen

Diese sechs Kompetenzfelder sind als gleich relevant anzusehen. Für jedes Kompetenzfeld wurden Teilkompetenzen formuliert, die durch Lernziele beschrieben und mit Beispielen veranschaulicht wurden, um sie für die Praxis leichter umsetzbar zu machen (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]).

Die KLM umfassen sechs Kompetenzfelder mit insgesamt 21 Teilkompetenzen, die durch 57 Lernziele operationalisiert sind. Diese wurden durch 63 exemplarische Anwendungsbeispiele veranschaulicht (siehe Tabelle 3 [Tab. 3]). Als Beispiel ist in Tabelle 4 [Tab. 4] ein Auszug aus dem Kompetenzfeld „Soziale und kommunikative Kompetenz“ dargestellt.

Eine Darstellung des Modells „Kernkompetenzen für Lehrende in der Medizin“ mit allen Kompetenzfeldern, Teilkompetenzen, Lernzielen und Anwendungsbeispielen ist im Anhang [Anh. 1] dargestellt.


Diskussion und Ausblick

Das Modell der KLM wurde auf Basis der „Six Core Teaching Competencies for Medical Educators“ von Srinivasan et al. [12] entwickelt, wobei die Aufteilung in sechs Kompetenzfelder beibehalten wurde. Die Benennung dieser Felder und Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen und Lernziele konnte durch den mehrstufigen Konsensprozess an die Erfordernisse und Rahmenbedingungen im Lehrkontext an medizinischen Fakultäten im deutschsprachigen Raum angepasst werden. Der unterschiedliche Umfang der einzelnen Kompetenzfelder ergab sich zum einen als ein Ergebnis aus dem Diskussionsprozess und ist nicht unbedingt auch Ausdruck unterschiedlicher Bedeutsamkeit. Zum anderen gab es Teilkompetenzen und Lernziele, die in verschiedenen Kompetenzfeldern hätten verankert werden können. So wurde die Teilkompetenz „Kompetente Lehrende in der Medizin überprüfen/ beurteilen in angemessener Form den Lernfortschritt der Studierenden in Bezug auf Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen“ im Kompetenzfeld „Medizindidaktisches Handeln“ verankert. Sie hätte aber auch im Kompetenzfeld „Lernerorientierung“ verortet werden können. Ähnlich wie bei der Entstehung des NKLM [7], [http://www.nklm.de Zugriff am 15.09.2014], stellte auch die Granularität der Teilkompetenzen und Lernziele eine Herausforderung dar. Da sehr viele Personen in den Konsensprozess eingebunden waren, war die Vereinheitlichung der Sprache und Granularität eine grundlegende Aufgabe für die Fertigstellung des Modells. Außerdem wurden unterschiedliche Teilkompetenzen von verschiedenen Beteiligten teilweise unterschiedlich gewichtet. Die vorliegende finale Version stellt daher das Ergebnis eines Konsensprozesses dar, bei dem Nützlichkeitserwägungen Vorrang vor konzeptueller Geschlossenheit gegeben wurde.

Im Vergleich zu anderen aktuellen Empfehlungen zu (hochschul-)didaktischen Kompetenzanforderungen an Lehrende ist das Modell der KLM mit 21 definierten Teilkompetenzen weniger umfangreich als andere Modelle, wodurch die Anwendbarkeit in der Praxis vereinfacht wird. Dennoch sind nur wenige Kompetenzen bzw. Lernziele anderer Kataloge nicht enthalten. So ergab der Abgleich der KLM mit den „Core competencies in teaching and training for doctors in Scotland“, einschließlich der Zuordnung der sieben „Framework Areas for the Professional Development of Postgraduate Medical Supervisors“ der Academy of Medical Educators [1], dass nur drei der sehr ausdifferenzieren 80 „core competencies“ nicht durch die KLM erfasst werden können [10]. Diese sind C 46 (Effectively appraise medical students, trainees, colleagues and members of the wider healthcare team), C48 (Adapt their own practice where benefits of using technology have been identified) und C72 (Demonstrate a standard of professional and educational practice consistent with the requirements of the General Medical Council). Diese Unterschiede wurden diskutiert, aber belassen, da mit dem KLM die Kernkompetenzen für alle Lehrenden in der Medizin definiert werden sollten, unabhängig davon, in welcher Position sich diese befinden. C72 konnte in den KLM nicht abgebildet werden, da es keinen vergleichbaren Standard einer entsprechenden Körperschaft gibt und durch die Ärztliche Approbationsordnung keine qualitativen Anforderungen an die Lehrenden an sich gestellt werden. Der Bereich der Kompetenz für die Verwendung von neuen Medien bzw. technischen Neuerungen (C48) wurde in den KLM nicht explizit erwähnt. Im Konsensprozess wurde erarbeitet, dass der Einsatz von neuen Medien in anderen Teilkompetenzen bzw. Lernzielen enthalten ist, beispielsweise „Kompetente Lehrende in der Medizin realisieren diese Teilkompetenzen (… können Lehr- / Lernprozesse didaktisch & methodisch lernförderlich gestalten), indem sie Lernprozesse situationsgerecht analysieren und unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen und Einsatz geeigneter Methoden und Medien gestalten“. Der Einsatz neuer Medien in der Lehre erfordert auch den Erwerb dafür notwendiger Kompetenzen bei Lehrenden. Solche spezifischeren Kompetenzen wurden jedoch bei der Entwicklung der KLM zunächst ausgeklammert, da der Fokus auf grundlegende, verschiedene Lehrmethoden und –formate übergreifende Kompetenzen gerichtet war. Die spezifischen Kompetenzen für Lehrende sollen in einem nächsten Positionspapier des Ausschusses POiL formuliert werden. Im Vergleich zu den fünf inhaltlichen Bereichen (Lehr-Lern-Konzepte; Präsentation und Kommunikation; Prüfen; Lehre als Profession; Beraten und Begleiten) des „Zertifikat Hochschullehre der bayerischen Universitäten“ [http://www.profilehreplus.de/index.php?id=44 Zugriff am 08.08.2014] sind die Kompetenzen, Teilkompetenzen und Lernziele des KLM wesentlich konkreter formuliert und beinhalten den Bezug zur Lehre in der Medizin (z.B. Berücksichtigung von Patienten und Patientinnen, Unterrichtsformate wie Unterricht am Krankenbett). Dies verdeutlicht, warum eine Fachdidaktik und somit auch eine – zumindest teilweise – fachdidaktische Ausbildung von Lehrenden in der Medizin für die fachspezifischen Lehrformate und Lehrbedingungen sinnvoll sind.

Die in den KLM beschriebenen Kompetenzen beziehen sich auf die didaktische (Aus-), Fort- und Weiterbildung von Postgraduierten, jedoch sollte die didaktische Schulung bereits im Studium beginnen [13]. Die derzeit im NKLM (Arbeitsversion: 09/2014) beschriebenen vier Kompetenzbereiche in der Rolle des Gelehrten unterstreichen diese Forderung. Die Kompetenz „Die Absolventin und der Absolvent verbessern und erhalten als lebenslang Lernende professionelles Handeln durch stetiges Weiterlernen aufrecht“ betont noch einen anderen Aspekt, der in den KLM durch die Kompetenz zur Weiterbildung und lebenslangen Lernen aufgegriffen wird. Die Forderung nach lebenslangen Lernen für Lehrende, über die fachlichen Inhalte hinaus, welche durch die Weiter- und Fortbildungsordnungen der Ärztekammern verankert ist, stellt auch für die Lehrkompetenz ein wesentliches Element dar. So gibt es aktuell zwar an vielen Fakultäten bereits strukturierte Programme zur didaktischen Qualifikation, die auch z.B. für die Habilitation nachgewiesen werden müssen, jedoch existieren keine verbindlichen Regelungen für Lehrende über diese Nachweise hinaus. Dies sollte kritisch diskutiert werden, insbesondere vor dem Hintergrund der stetigen Weiterentwicklung von Lehren und Prüfen, da auch die Lehrenden immer neuen Herausforderungen gerecht werden müssen.

Ein Abgleich des Modells der KLM mit den Lernzielen des NKLM für Studierende in der Rolle des Gelehrten sollte erfolgen, sobald der NKLM konsentiert wurde. Dadurch könnte abgebildet werden, welche Kompetenzen Lehrende bereits im Studium erwerben können und in welchen Bereichen die Aus-, Fort- und Weiterbildungsverantwortlichen für die Qualifikation von Lehrenden bereits Studierende mit einbeziehen sollten. Auch die Ausbildung von studentischen Tutoren, die an vielen Standorten bereits systematisch erfolgt [http://www.profil.uni-muenchen.de/tutorplus/ausbildung/index.html Zugriff am 19.09.2014], könnte dann in die Planung von hochschuldidaktischen Kursen miteinbezogen werden.

Die KLM sollen ein pragmatisches Modell darstellen, anhand dessen die Qualifizierungsangebote für Lehrende an allen Standorten abgebildet werden können. Der „Praxistest“ des Modells erfolgt derzeit durch die Anfertigung von strukturierten Selbstberichten durch mehrere medizindidaktische Standorte im Rahmen des Qualitätssicherungsverfahrens des MDN, für den die KLM als Orientierung verwendet werden. Dadurch wird sich zeigen, ob eine Abbildung der Programme der verschiedenen Standorte anhand der KLM möglich ist. Wenn sich das Modell als Mapping-Instrument eignet, könnten dadurch die Programmentwicklungen im Bereich Lehrqualifikation standortübergreifend unterstützt werden. Zudem sollen die KLM den Lehrenden selbst eine Orientierung für ihre Qualifikation bieten.

Die KLM stellen ein Anforderungsprofil für alle Lehrenden in der medizinischen Ausbildung dar. Im Rahmen des Konsensprozesses wurde deutlich, dass es verschiedene Aufgabenfelder und Positionen gibt, für die weitere Kompetenzen erforderlich sind. Diese spezifischen Kompetenzen sollen im Rahmen der Ausschussarbeit des POiL weiter konkretisiert und formuliert werden.


Danksagung

Wir danken allen Mitgliedern des GMA-Ausschusses Personal- und Organisationsentwicklung in der Lehre für die Beteiligung am Konsensprozess. Zudem danken wir dem MedizinDidaktikNetz für die beratende Unterstützung und Johanna Feckl für die formale Korrektur des Dokuments.


Anmerkung

Das Positionspapier wurde dem GMA-Vorstand vorgelegt und von diesem am 30.01.2015 verabschiedet.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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Bürgi H, Rindlisbacher B, Bader C, Bloch R, Bosman F, Gasser C, Gerke W, Humair JP, Im Hof V, Kaiser H, Lefebvre D, Schläppi P, Sottas B, Spinas GA, Stuck AE. Swiss Catalogue of Learning Objectives for Undergraduate Medical Training. Genf: Joint Conference of Swiss Medical Faculties (SMIFK); 2008. Zugänglich unter/available from: http://sclo.smifk.ch/downloads/sclo_2008.pdf Externer Link
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