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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Empfehlungen zur Ausbildung im primärversorgenden Bereich – Positionspapier des GMA-Ausschuss Primärversorgung

Positionspapier Humanmedizin

  • corresponding author Bert Huenges - Universität Bochum, Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland
  • author Markus Gulich - Universität Ulm, Abteilung Allgemeinmedizin, Ulm, Deutschland
  • author Klaus Böhme - Uniklinik Freiburg, Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland
  • author Folkert Fehr - Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Sinsheim an der Elzenz, Deutschland
  • author Irmgard Streitlein-Böhme - Universität Freiburg, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Freiburg, Deutschland
  • author Viktor Rüttermann - Drensteinfurt, Deutschland
  • author Erika Baum - Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland
  • author Wilhelm-Bernhard Niebling - Uniklinik Freiburg, Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland
  • author Herbert Rusche - Universität Bochum, Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2014;31(3):Doc35

doi: 10.3205/zma000927, urn:nbn:de:0183-zma0009279

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2014-31/zma000927.shtml

Eingereicht: 27. November 2013
Überarbeitet: 24. April 2014
Angenommen: 22. Juni 2014
Veröffentlicht: 15. August 2014

© 2014 Huenges et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Studierende müssen im Rahmen der medizinischen Ausbildung mit Aspekten der Primärversorgung vertraut gemacht werden. Ziel ist eine qualitativ hochwertige Ausbildung aller Studierenden, um eine optimale sektorenübergreifende Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Primärversorgung beinhaltet die primäre Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen durch ein ungefiltertes Patientenklientel sowie die kontinuierliche Patientenbetreuung – nicht nur im Bereich der hausärztlichen Versorgung.

Das vorliegende Positionspapier wurde in Zusammenarbeit mit Vertretern der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin (GHA), der Deutschen Gesellschaft für Ambulante Allgemeine Pädiatrie (DGAAP), der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) entwickelt.

Es beinhaltet Empfehlungen für den Unterricht im primärversorgenden Bereich in der Praxis für unterschiedliche Praktikumsformen (Hospitationen, Famulaturen, Blockpraktika und praktisches Jahr).

Die Empfehlungen umfassen Struktur- und Prozesskriterien für die Praktika in unterschiedlichen Hausarztpraxen.

Des Weiteren werden erstmals Empfehlungen für den Unterricht am Campus – in den Fächern Allgemeinmedizin, Pädiatrie, zahlreichen Querschnittsbereichen und anderen klinischen Fächern, aber auch für Anamnese und Untersuchungskurse - formuliert.

Im vorliegenden Positionspapier sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie primärversorgende Aspekte verstärkt in die medizinische Ausbildung integriert werden können.

Schlüsselwörter: Primärversorgung, Medizinische Ausbildung


Einleitung

Primärversorgung in der medizinischen Ausbildung

Primärversorgung – ein ursprünglich in Großbritannien in den 1920er Jahren entwickeltes Konzept – ist der Bereich medizinischer Grundversorgung, in dem die primäre (auch durch ungefilterte Erstinanspruchnahme) umfassende und individuelle Versorgung aller Gesundheitsanliegen erfolgt.

Die Primärversorgung umfasst die niedrigschwellige Betreuung auch durch nichtärztliche Gesundheitsberufe und auch innerhalb von Familien sowie kommunalen Strukturen.

Primärversorgung geht über allgemeinmedizinische bzw. hausärztliche Versorgung hinaus, indem sie unter den Gesichtspunkten der Versorgungsaufgabe, verschiedener Professionen und ihrer länder- und ressourcenspezifischen Ausprägung unterschiedliche Modelle umfasst [http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/137/1613770.pdf].

Primärversorgung betrifft im Zusammenhang mit der medizinischen Ausbildung hauptsächlich die Fächer Allgemeinmedizin sowie die Innere Medizin und Pädiatrie (vgl. Definition der hausärztlichen Versorgung nach § 73 SGB V [http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/sgb_5/gesamt.pdf]), wobei die sie vertretenden Einrichtungen eine qualifizierte hausärztlich orientierte Ausbildung gewährleisten sollen.

Da im deutschen Sprachraum die primäre Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen in unterschiedlichen spezialisierten Bereichen möglich ist, sollte diese im Kontext der medizinischen Ausbildung über die rein hausärztliche Patientenversorgung hinaus auch in allen anderen grundlagenwissenschaftlichen, klinisch-theoretischen und klinischen Fächern sowie in den Querschnittsbereichen Berücksichtigung finden.

Dies beinhaltet insbesondere:

  • ein hermeneutisches Fallverständnis (Nebeneinander somatischer, psychischer und sozialer Bedingungen für Krankheit und Gesundheit)
  • die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie, in Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes
  • die Priorisierung und Koordination präventiver, therapeutischer, rehabilitativer und palliativer Maßnahmen in Diagnostik, Therapie und Pflege
  • die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten (Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung)
  • die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen in Netzwerken mit Sozial- und Bildungs-Behörden und anderen Institutionen
  • die patientenzentrierte Arbeitsweise. Dazu gehört eine effektive Kommunikation mit Patienten aller Altersgruppen unter Einbeziehung ihrer Familien und anderer Bezugspersonen in ihrem jeweiligen kulturellen, sozialen und religiösem Kontext

Im deutschsprachigen Raum [1], [2] ist dieser Trend in den letzten Jahren zu beobachten, der zuletzt in einer Stärkung der allgemeinmedizinischen Ausbildung [http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2012/0238-12.pdf] im Rahmen der deutschen Approbationsordnung für Ärzte [http://www.gesetze-im-internet.de/_appro_2002/BJNR240500002.html] gemündet hat.

Hintergrund für diesen Trend sind unter anderem soziodemographische und gesundheitsökonomische Aspekte, die eine besondere Förderung hausärztlichen Nachwuchses – besonders in strukturschwachen Gebieten [3] – erforderlich machen.

Der Wissenschaftsrat [4] und die Bundesärztekammer [5] fassen die Situation derart zusammen, dass sie einen engen Zusammenhang postulieren zwischen Veränderungen der Lebenswelt, der Bevölkerungsstruktur, der Morbidität, den Fortschritten der biomedizinischen Forschung und der Qualität der professionellen Patientenversorgung.

Auch international werden Elemente der primären Patientenversorgung verstärkt in die Ausbildung von Medizinstudierenden integriert [6].

Schwerpunkt dieses Positionspapiers ist allerdings nicht, den Nachwuchs in der hausärztlichen Patientenversorgung zu sichern [https://www.gmkonline.de/_beschluesse/Protokoll_81-GMK_Top0501_Anlage_AOLG-Bericht.pdf], [7], sondern vielmehr den Ärzten von morgen eine fundierte allgemeine medizinische Ausbildung in einem sich immer weiter spezialisierenden Gesundheitssystem zu vermitteln und deren Kooperationsfähigkeit sowie ihre Einstellung zur Primärversorgung zu beeinflussen [8].

Langfristiges Ziel ist es, die Versorgung von Patienten durch bessere Kenntnis der spezifisch primärärztlichen Herangehensweise an Patienten im Niedrigprävalenzbereich mit dem Nebeneinander unterschiedlicher somatischer wie psychischer und sozialer Probleme zu verbessern.

Evidenzgrad, Stand der Forschung

In Ermangelung guter vergleichender Studien – auch im internationalen Raum [9] – basieren die Empfehlungen auf dem Konsens der Ausschussmitglieder, der die Diskussion in den Fachgesellschaften abbildet.

Dafür wurden durch die Fachgesellschaften der DEGAM [10] und GHA [11] und von Seiten der Landesärztekammer Baden-Württemberg [12] definierte Standards für das Fach Allgemeinmedizin aus dem Jahre 2003 gesichtet, aktualisiert und erweitert.

Die hier vorgestellten Standards haben empfehlenden Charakter.

Empirische Basis ist eine Erhebung der Lehrsituation in deutschen allgemeinmedizinischen Standorten [13] aus dem Jahre 2010. Übernommen wurden Standards, die zu diesem Zeitpunkt bereits in einer Mehrzahl der Standorte umgesetzt wurden [14].

Folgende Effekte der (frühzeitigen) Integration primärversorgender Medizin in die studentische Ausbildung wurden beobachtet [15], [16]:

Frühe Erfahrungen im primärversorgenden Bereich helfen Medizinstudenten bei der Sozialisation für ihren gewählten Beruf, tragen zur Erlangung zentraler Kernkompetenzen bei und steigern die Relevanz erlernter Inhalte. Sie haben potenzielle Vorteile für andere Interessengruppen, vor allem Lehrer und Patienten, und können die spätere Berufswahl beeinflussen.

Frühe Rotationen in den primärversorgenden Bereich waren ein Bestandteil innovativer Curricula, die sich bei der Rekrutierung von Ärzten für die Grundversorgung als effektiv erwiesen haben. Es ist aber nicht erwiesen, dass frühe Erfahrung, in sich selbst, hinreichend für die spätere Berufswahl ist.

Struktur- und Prozess-Kriterien

Konkret empfohlen werden im Folgenden Strukturkriterien, die vor Aufnahme von Studenten erfüllt sein müssen, und Prozesskriterien, die die Lehrärzte kontinuierlich im Laufe ihrer Tätigkeit zu erfüllen haben. Diese Kriterien sind als Empfehlung zu verstehen, von der nur im Einzelfall begründet abgewichen werden kann.

Grad der Empfehlungen:

Empfehlungen werden jeweils zu jedem Abschnitt formuliert. Sie folgen dabei folgender Graduierung:

  • „Sind“ – Über diese Empfehlung herrscht großer Konsens bei Durchführenden von Unterricht in der Primärversorgung. Gute empirische Studien belegen positive Effekte
  • „Sollen“ – Anzustrebende Standrads, die in den meisten Einrichtungen bereits umgesetzt werden.
  • „Sollten“ – Anzustrebende Standards, die momentan in vielen Einrichtungen noch nicht umgesetzt wird. Empirische Belege stehen weitgehend aus.
  • „Können“ – möglicherweise positive Effekte auf das Outcome sind zu erwarten oder ableitbar.

Empfehlungen zum Unterricht in Lehrpraxen

Da sich die Anforderungen an Lehrpraxen je nach Ausbildungsabschnitt unterscheiden, sind die Anforderungen im Folgenden unterteilt nach allgemeinen Anforderungen, Anforderungen an Lehrpraxen für Praxishospitationen, für Famulaturpraxen, für Lehrpraxen in Blockpraktika und für die PJ-Ausbildung.

Allgemeine Anforderungen für Praktika in primärversorgenden Praxen

Empfehlung:

Praktika im primärversorgenden Bereich bilden ein breites Spektrum an Lehrinhalten ab, das für die Primärversorgung typisch ist.

Empfehlung:

Die Praxismerkmale müssen mit den curricularen Anforderungen der jeweiligen Lehrveranstaltung übereinstimmen. Diese werden von den jeweils Fachverantwortlichen festgelegt.

Empfehlung:

In der Praxis stehen angemessene Räumlichkeiten für den Studentenunterricht zur Verfügung. Dies beinhaltet ein Sprechzimmer, in dem Studierende zeitweise eigenständig Patienten befragen und untersuchen können

Empfehlung:

In der Praxis besteht Zugang zu praxisrelevanten medizinischen Informationsquellen (z.B. Internet, Handbibliothek, wissenschaftliche Zeitschriften) für Studierende

Empfehlung:

Lehrärzte in der Primärversorgung sind vertraut mit der medizinischen, organisatorischen und ökonomischen Führung einer Praxis, reflektieren selbstkritisch ihr eigenes Handeln im Sinne eines praxisorientierten Qualitätsmanagement und halten ihre Kompetenz durch regelmäßige und intensive Fortbildung auf dem neuesten Stand. Im Sinne der Einheit der Lehre sollten sie auch Aufgaben in der Weiterbildung und ärztlichen Fortbildung übernehmen.

Empfehlung:

Lehrärzte sollten die Bereitschaft zeigen, einen aktiven Beitrag zu wissenschaftlichen Untersuchungen in der Primärversorgung zu leisten, z.B. durch die Teilnahme an Versorgungsforschungsprojekten.

Begründung: Sowohl im Hinblick auf den Karriereweg „ Allgemeinmedizin“ als auch die spätere interprofessionelle Zusammenarbeit sollte bereits im Studium weiter an einer positiven Perzeption des Faches gearbeitet werden. Dies betrifft Bestrebungen wie die kontinuierliche Ausbildung in psychosozialen Fertigkeiten und eine anteilmäßig möglichst hohe Präsenz des Faches, z.B. in Form von longitudinal angelegten Programmen. Es wäre zu evaluieren, in wie weit solche Maßnahmen auch in Deutschland dazu beitragen können, Einstellungen zu modifizieren und weiteren Nachwuchs für die Allgemeinmedizin zu gewinnen [17].

Empfehlungen zu Hospitationen in frühen Studienabschnitten

Empfehlung:

Studierende sollten bereits in frühen Studienabschnitten Kontakt mit dem primärversorgenden Bereich bekommen.

Begründung: Durch den longitudinalen, wiederholten Einsatz von Studenten in primärversorgenden Praxen kann das Ausbildungsspektrum erweitert, das Interesse der Studierenden an der Grundversorgung geweckt und der Aufbau einer Mentorbeziehung zu einem Hausarzt ermöglicht werden. Mit dem frühen Patientenkontakt soll die Motivation der Studierenden für das Studium und den Beruf gefördert und die professionelle Haltung verbessert werden [18], [19], [20].

Zu den empfohlenen Ausbildungsinhalten können insbesondere gehören:

  • Aufbau einer tragfähigen Arzt-Patienten-Beziehung durch praxisgerechte Gesprächsführung (z.B. Erhebung der Anamnese unter den Bedingungen ambulanter Medizin), geprägt von einer bio-psycho-sozialen Grundhaltung
  • körperliche Untersuchungsmethoden
  • Heranführung an die Stufendiagnostik und Interpretation vorhandener Befunde und Unterlagen
Empfehlungen zu Hospitationspraxen

Hospitationspraxen bieten Studierenden früher Studienabschnitte strukturierte Hospitationen (z.B. im Rahmen der Berufsfelderkundung / Einführung in die klinische Medizin oder von Modellstudiengängen) an.

Kriterien für Hospitationspraxen richten sich nach dem curricularen Kontext, den inhaltlichen Bedürfnissen der Fakultät und dem didaktischen Kontext.

Empfehlung zu Anforderungen an Lehrärzte und Lehrärztinnen
  • Der Lehrarzt / die Lehrärztin verfügt über mindestens 2 Jahre Erfahrung in ambulanter Tätigkeit nach Beendigung der Facharztweiterbildung
  • Der Lehrarzt / die Lehrärztin ist vertraut mit den medizinischen, organisatorischen und ökonomischen Fragen der ambulanten Patientenversorgung
  • Er / sie reflektiert selbstkritisch sein / ihr eigenes Handeln im Sinne eines praxisorientierten Qualitätsmanagements
  • Er / sie hält seine / ihre Kompetenz durch regelmäßige und intensive Fortbildung auf dem neuesten Stand

In Berufsausübungsgemeinschaften verfügt mindestens ein Arzt über die o.g. Voraussetzungen.

Anforderungen an die Praxis
  • In der Praxis stehen angemessene Räumlichkeiten für den Studentenunterricht zur Verfügung. Dies beinhaltet ein Sprechzimmer, in dem Studierende zeitweise eigenständig Patienten befragen und untersuchen können
Prozesskriterien für Hospitationen
  • Die Ausbildungsinhalte sind den Vorkenntnissen und den Interessen des Studierenden anzupassen. Schwerpunkte sollten in einem Vorgespräch zwischen Arzt und Student vereinbart werden.
  • Die Praxisorganisation erlaubt Zeit für regelmäßige Fallbesprechungen. Die für die Ausbildung der Studierenden aufgewandte Zeit soll pro Tag ca. 1 Stunde betragen.
  • Studierende übernehmen – gemäß Ihrer Vorkenntnisse und Anforderungen – Aufgaben, die sie eigenständig aber unter enger Supervision des Lehrarztes erfüllen. Im Anschluss an die Hospitation findet ein Feedbackgespräch zwischen Arzt und Student statt; eine Zwischenbilanz zur Hälfte der vorgesehenen Zeit, in der die Schwerpunkte der weiteren Praktikumszeit festgelegt werden, ist erwünscht.

Famulaturen in der Primärversorgung

Der Ausschuss Primärversorgung hat im Herbst 2012 anlässlich der 1. Änderung der ÄAppO für die GMA eine Stellungnahme zur Einführung einer 4-wöchigen Pflicht-Famulatur im hausärztlichen Bereich formuliert.

Der Ausschuss und die GMA begrüßen grundsätzlich die Einführung dieser Pflichtfamulatur, weisen jedoch auf wesentliche Risiken hin, die vor allem in der praktischen Durchführung der Famulatur liegen. Um diese Risiken möglichst gering zu halten, werden 4 zentrale Forderungen formuliert:

  • Qualitätskriterien für Famulaturpraxen sind zu erstellen
  • Famulaturbörsen mit niederschwelligem Angebot sollen eingerichtet werden
  • Struktur und Durchführung von Famulaturen sollen standortübergreifend evaluiert werden
  • Einrichtung von Stipendien für Famulaturen in besonders strukturschwachen Regionen
Empfehlungen für Famulaturpraxen in der Primärversorgung

Famulaturpraxen bieten Studierenden des 2. Studienabschnittes eine Famulatur in der hausärztlichen Versorgung an. Gegenstand der Praxisfamulatur ist das Kennenlernen aller Aspekte der primärversorgenden Medizin (vgl. allgemeine Kriterien).

Die Schwerpunkte der Famulatur sind dem Ausbildungsstand des Studierenden anzupassen. Dabei soll seinen besonderen Interessen Rechnung getragen werden.

Famulaturpraxen können vom Studierenden frei gewählt werden, folgende strukturelle Empfehlungen sollten dabei beachtet werden:

  • Die Ausbildungsinhalte sind den Vorkenntnissen und den Interessen des Studierenden anzupassen. Sie sollten in einem Vorgespräch zwischen Arzt und Student vereinbart werden.
  • Im Rahmen der Famulatur sollten Feedbackgespräche zwischen Arzt und Student stattfinden, in denen behandelte Inhalte nachbesprochen und Schwerpunkte für die folgende Zeit festgelegt werden.

Empfohlen werden mindestens drei strukturierte Feedbackgespräche zu Beginn, in der Mitte und am Ende der Famulatur.

Ein Angebot wohnortnaher empfohlener Famulaturpraxen sollte den Studierenden vor Ort bekannt gemacht werden.

Es wird empfohlen, die Famulatur in der Primärversorgung standortübergreifend zu evaluieren und die Evaluationsergebnisse den Studierenden transparent zu machen.

Eine von den Fachgesellschaften (DEGAM, GHA, DGAAP, DGIM) und der Bundesvertretung der Medizinstudenten (BVMD) gemeinsam getragene Famulaturbörse [http://www.degam-famulaturboerse.de] stellt darüber hinaus Materialien zur Verfügung und spricht inhaltliche Empfehlungen aus. Weitere Famulaturbörsen sind in Arbeit (z.B. in einigen Kassenärztlichen Vereinigungen).

Es wird empfohlen o.g. Qualitätskriterien in Famulaturbörsen zu berücksichtigen.

Blockpraktika in der Primärversorgung

Allgemeine Anforderungen an die Durchführung von Blockpraktika
  • Ausbildungsziele und erwartete Inhalte sind den Studierenden und Lehrärzten vor Durchführung des Praktikums (z.B. in Form eines Logbuchs) bekannt zu geben.
  • Die Leistung im Blockpraktikum wird mit einem geeigneten Prüfungsformat erhoben, das die Kerninhalte des Blockpraktikums widerspiegelt. Wird das Blockpraktikum vom Lehrarzt benotet, so ist dieser angemessen auf die Prüfung (Aufgabenstellung, Erwartungshorizont und Bewertungskriterien) vorzubereiten. Alternativ kann eine Prüfung zentral (z.B. in Form eines OSCE) erfolgen.
Empfehlungen zum Blockpraktikum Allgemeinmedizin

Das Blockpraktikum Allgemeinmedizin ist durch die ÄAppO vorgeschrieben, die Inhalte sind in fakultätsinternen Lernzielkatalogen festgelegt.

Es umfasst mindestens 2 Wochen. Der Stundenumfang soll 30 bis 36 Zeitstunden pro Woche betragen.

Das Blockpraktikum Allgemeinmedizin wird in allgemeinmedizinischen oder hausärztlich internistischen Lehrpraxen abgeleistet, die von der jeweiligen Universität akkreditiert wurden.

Inhalte dieser Blockpraktika sollen mit anderen Lehrveranstaltungen des jeweiligen Standortes abgestimmt werden.

Standortübergreifend sollte eine inhaltliche Abstimmung erfolgen, wobei die Stellung im Curriculum berücksichtigt werden muss.

Den Studierenden sollte ermöglicht werden, ihre Blockpraktikumspraxis aus einer vorgegebenen Liste auszuwählen, wobei ihnen Ort sowie Praxisschwerpunkte mitzuteilen sind, nach denen die Auswahl erfolgen kann.

Empfehlungen zum Blockpraktikum Kinderheilkunde

Das Blockpraktikum Kinderheilkunde sollte durch die Möglichkeit, Teile in primärversorgenden Kinder-und Jugendarztpraxen Praxen zu verbringen, ergänzt werden.

Im pädiatrischen Blockunterricht werden mindestens acht Stunden in der allgemeinpädiatrischen Praxis empfohlen

Sinnvolle Inhalte, die so nicht im Blockpraktikum Kinderheilkunde in der Klinik alleine absolviert werden können, sind Sensibilität für und erste Erfahrungen mit

  • Gesprächsführung mit Kindern und Jugendlichen einschließlich Bezugspersonen
  • Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen
  • Beurteilung der körperlichen, sozialen, psychischen und intellektuellen Entwicklung von Kindern
  • Erkennung und koordinierte Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen
  • Indikation, Durchführung und Beurteilung entwicklungs- und psychodiagnostischer Testverfahren
  • Untersuchung des Sprechens, der Sprache und Sprachentwicklung
  • Betreuung und Schulung von Kindern mit chronischen Krankheiten
  • Betreuung und Beratung bei ernährungsbedingten Gesundheitsstörungen
Empfehlungen zu Blockpraktika in den Fächern innere Medizin, Gynäkologie und Chirurgie

Bei der Gestaltung dieser Blockpraktika sollte Wert darauf gelegt werden, dass die primärärztliche und ambulante Versorgung von Patienten angemessen berücksichtigt wird.

So soll die Schnittstelle zur Primärversorgung (Kontaktaufnahme zu behandelndem Hausarzt, Entlassmanagement, Arztbriefe) im jeweiligen Blockpraktikum thematisiert werden.

Es wird angeregt, auf Fakultätsebene zu überprüfen, ob zur Erfüllung der jeweiligen Lehrziele Teile dieser Blockpraktika in der ambulanten Versorgung (z.B. spezialisierten Fachpraxen) absolviert werden können.

Empfehlungen zu Lehrpraxen für Blockpraktika
Anforderungen an Lehrärzte:

Lehrärzte für das Blockpraktikum arbeiten in der vertragsärztlichen Versorgung

  • Lehrärzte für das Blockpraktikum sind niedergelassene oder angestellte Fachärzte für Allgemeinmedizin bzw. Innere Medizin / hausärztliche Versorgung bzw. Kinderheilkunde mit mindestens einem- praxisbezogen- vollen Versorgungsauftrag, der ggf unter mehreren Personen geteilt sein kann, Hausärzte anderer Fachspezialisierungen können im Einzelfall mit der Durchführung des Blockpraktikums betraut werden, sofern sie die allgemeinen Anforderungen erfüllen und alle vorgesehenen Ausbildungsziele des Blockpraktikums erbracht werden können.
  • Lehrärzte für Blockpraktika verfügen über eine 2- jährige Erfahrung in ambulanter Tätigkeit nach Beendigung der Facharztweiterbildung (als angestellter oder selbstständiger Facharzt)
  • Lehrärzte wurden in geeigneter Form (z.B. Vorbereitungsseminare oder im Rahmen regelmäßig stattfindender Schulungen, persönlicher Einweisung) im Umfang von mindestens 4 Stunden auf ihre Tätigkeit im Blockpraktikum vorbereitet. Gegenstand dieser Einweisung sind Inhalt und Form des theoretischen und praktischen Unterrichts am jeweiligen Standort, Ziele und organisatorische Rahmenbedingungen des Blockpraktikums und eine Einweisung in Feedback, Prüfung und Benotung von Studierenden.

Lehrärzte erhalten einen Vertrag mit der ausbildenden Universität, in dem die lokalen Akkreditierungskriterien festgelegt sind, zu deren Einhaltung sich der Lehrarzt verpflichtet. Lehrärzte werden über ein geeignetes Akkreditierungsverfahren (Einführungsveranstaltung, persönliche Gespräche oder Nachweis erforderlicher Qualitätsmerkmale) ausgewählt.

Die Akkreditierung zur Lehrpraxis sollte zeitlich befristet sein, und sollte mindestens alle 5 Jahre überprüft werden. Maßgebliche Kriterien für die Re-Akkreditierung sollen studentische Rückmeldungen / Evaluationsergebnisse und die Einhaltung vorgegebener Mindeststandards für das Blockpraktikum sein.

Das Blockpraktikum ist angemessen zu vergüten.

Anforderungen an Lehrpraxen in der Primärversorgung
  • Die Lehrpraxis verfügt über eine angemessene Größe (mindestens 400 vertragsärztliche Behandlungsfälle/Quartal).
  • In der Lehrpraxis werden unselektiert Patienten mit typisch allgemeinmedizinischen bzw. pädiatrischen Fragestellungen verschiedener Altergruppen behandelt.
  • Lehrpraxen orientieren sich am Grundsatz evidenzbasierter Medizin. Praxen mit stark einseitiger Ausrichtung (z.B. dem Überwiegen besonderer Therapieeinrichtungen) und dadurch bedingter starker Selektion des Patientenklientels sind für das Blockpraktikum nicht geeignet.
  • Im Rahmen des Blockpraktikums Allgemeinmedizin werden regelmäßig Haus- und / oder Pflegeheimbesuche durchgeführt. Es werden insbesondere auch alte und multimorbide Patienten beiderlei Geschlechts betreut.
  • Zur Minimalausstattung der allgemeinärztlichen Lehrpraxis gehören ein Ruhe- EKG und die Durchführung üblicher Laboruntersuchungen (eigenes Labor oder Laborgemeinschaft/strukturierte Kooperation mit einem Labor). Darüber hinaus sind weitere apparative Ausstattung und Leistungen (Sonographie, Langzeit- RR und -EKG, Ergometrie, Lungenfunktion, Kleine Chirurgie/Wundversorgung) erwünscht. Die Voraussetzung dieser Leistungen richtet sich nach den Ausbildungszielen des jeweiligen Standortes.
Prozesskriterien für das Blockpraktikum
  • Die Praxisorganisation erlaubt Zeit für regelmäßige Fallbesprechungen.
  • Studierende übernehmen – gemäß Ihrer Vorkenntnisse und den inhaltlichen Anforderungen des jeweiligen Standortes – Aufgaben, die sie eigenständig unter enger Supervision des Lehrarztes erfüllen.
  • Die erfüllten Aufgaben werden in angemessener Weise (z.B. in Form eines Logbuches) dokumentiert und dem jeweiligen Fachverantwortlichen zurückgemeldet.
  • Eine Evaluation durch die Studierenden mittels Fragebogen und / oder Feedbackgesprächen sowie eine Rückmeldung der Lehrärzte zum Blockpraktikum sind obligat.

Praktisches Jahr

Empfehlungen zum PJ im Wahltertial Allgemeinmedizin

Das Praktische Jahr in der Allgemeinmedizin sollte sich am Musterlogbuch PJ Allgemeinmedizin der DEGAM & GHA orientieren, das an die standortspezifischen Schwerpunkte und Vorkenntnisse der Studierenden aus dem allgemeinmedizinischen Unterricht angepasst ist.

Das Praktische Jahr in der Allgemeinmedizin sollte derart gestaltet werden, dass Ärzte aller künftigen Fachdisziplinen davon profitieren.

In Begleitseminaren zum Praktischen Jahr sollen zentrale medizinische Inhalte sowie Rahmenbedingungen hausärztlicher Versorgung in enger inhaltlicher Absprache mit den Teilnehmern besprochen werden. Alternativ oder ergänzend sollen insbesondere bei räumlich weiter Verteilung der Lehrpraxen bestehende E-Learning Angebote für PJ-Studierende verfügbar gemacht werden.

Das Praktische Jahr in der Allgemeinmedizin sollte durch kompetenzbasierte formative Prüfungsangebote im Sinne eines Work-based Assessments begleitet werden.

Dem Studierenden im Praktischen Jahr sollte ein Mentor zur Seite gestellt werden, der nicht der ausbildende Lehrarzt ist. Aufgaben des Mentorings sind persönliche Beratung zu Lernschwerpunkten und Zukunftsvorstellungen, Qualitätskontrolle und Feedback an die Abteilung / Lehreinheit / Institut über den Fortgang des PJ.

Empfehlungen zur Einbeziehung von Praxen ins Praktische Jahr (Tertiale Pädiatrie, Innere Medizin)

Studierenden sollte die Möglichkeit gegeben werden, im Rahmen des Praktischen Jahres im Pflichtfach Innere Medizin bzw. im Wahlfach Pädiatrie auf Wunsch für die Dauer von bis zu 8 Wochen in eine primärversorgende Praxis zu rotieren.

Auch in anderen Fachbereichen wäre die verstärkte Fokussierung ambulanter Inhalte in die Ausbildung im praktischen Jahr wünschenswert, da ein Großteil der Versorgung im ambulanten Rahmen abläuft. Dies kann im Falle der Inneren Medizin auch spezialisierte Praxen beinhalten.

Empfehlungen zu Lehrpraxen für das Praktische Jahr

Das Praktische Jahr wird an einer für das Praktische Jahr akkreditierten Lehrpraxis durchgeführt.

Der erwartete Inhalt des praktischen Jahres richtet sich nach dem Logbuch der jeweiligen Fakultät. Die Präsenzzeit sollte 30 bis 36 Stunden pro Woche betragen. Zudem ist dem Studierenden ausreichend Zeit für Vor- und Nachbereitung einzuräumen.

An den Titel einer Lehrpraxis für das PJ sollen folgende Kriterien geknüpft werden, die über die oben genannten Kriterien hinausgehen und zur Aufnahme von Studierenden für das Praktische Jahr qualifizieren:

  • Nachweis von mindestens zwei Semestern Lehre im Rahmen von Blockpraktika oder ähnlichen Lehrformen in der Praxis gemäß den o.g. genannten Anforderungen
  • überdurchschnittlich gute Evaluationsergebnisse aus dem Unterricht im Blockpraktikum
  • Lehrärzte werden in geeigneter Form (z.B. Vorbereitungsseminare oder im Rahmen regelmäßig stattfindender Schulungen, persönliche Einweisung) im Umfang von mindestens 6 Stunden auf ihre Tätigkeit im PJ vorbereitet. Gegenstand dieser Einweisung sind Inhalt und Form der Lehre am jeweiligen Standort, Ziele und organisatorische Rahmenbedingungen des praktischen Jahres, eine Einweisung in Feedback an Studierende und der grundlegende Ablauf und die Prüfungsinhalte des Staatsexamens.
  • Teilnahme an regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen und Besprechungen an der Universität im Umfang von mindestens 4 Unterrichtsstunden / Jahr

Darüber hinaus muss der organisatorische Ablauf der PJ-Lehrpraxis so auf die Lehre eingestellt sein, dass die Studenten eigenständig unter Supervision regelmäßig und kontinuierlich Patienten betreuen können.

Dies setzt voraus:

  • Es steht ein geeigneter Raum für eigenständige Kontakte der Studierenden mit Patienten zur Verfügung.
  • Der organisatorische Ablauf der Praxis muss so auf die Lehre eingestellt sein, dass Zeit (mindestens 60 min / Tag) für tägliche fallorientierte Besprechungen zur Verfügung steht. Studierende im praktischen Jahr sollen selbständig Aufgaben übernehmen können, Rückmeldung über ihre Tätigkeit bekommen sowie Gelegenheit und Anleitung zum Selbststudium erhalten.
  • Der Zugang zu praxisrelevanten medizinischen Informationsquellen (z.B. Internet, Handbibliothek, wissenschaftliche Zeitschriften) ist obligat.
  • Inhaltliche Anforderungen und Strukturmerkmale der Praxen richten sich nach dem Ausbildungskatalog (Logbuch) für das Praktische Jahr.

Erwünscht ist eine Weiterbildungsermächtigung (nach Möglichkeit mit der Teilnahme an einer Verbundweiterbildung). Sie ermöglicht eine Kontinuität zwischen Aus- und Weiterbildung.

Erwünscht sind ferner eine Promotion des Lehrarztes, die Teilnahme an wissenschaftlichen Studien und / oder Leitlinienarbeit und die Mitgliedschaft in einer wissenschaftlich ausgerichteten medizinischen Fachgesellschaft.

Die Erfüllung der genannten Kriterien wird vertraglich geregelt und durch Besuche von Vertretern des örtlichen Lehrkollegiums in der PJ-Lehrpraxis überprüft.

Das praktische Jahr ist vom jeweiligen Standort angemessen zu vergüten. Aufwandsentschädigungen oder Sachleistungen für Studierende müssen zusätzliche Mehrkosten durch die Durchführung des PJ in der Praxis (Kleidung, Fahrtkosten und Unterkunft) berücksichtigen.


Empfehlungen zum Unterricht am Campus

Empfehlungen zur Einbindung primärversorgender Aspekte in die Berufsfelderkundung bzw. Einführung in die klinische Medizin.

Aspekte der Primärversorgung sollten in die vorklinische Lehre, z.B. im Rahmen des „Praktikums der Berufsfelderkundung“ oder der „Einführung in die klinische Medizin“ Berücksichtigung finden.

Dazu ist den Studierenden Gelegenheit zu bieten, im ersten Studienabschnitt in primärversorgenden Praxen zu hospitieren und die hausärztliche Patientenversorgung kennen zu lernen.

Empfehlungen zu Anamnese- und Untersuchungskurse sowie skills-trainings

Aspekte der Primärversorgung sollten bei der Konzeption und Durchführung von Anamnese- Untersuchungskursen beteiligt werden.

Hierbei ist den besonderen Bedingungen der Anamnese (fokussiert = beratungsanlassbezogen sowie Exploration mit psychosozialem Umfeld und erlebter Anamnese) und der körperlichen Untersuchung (symptomorientierte Untersuchung vs. Ganzkörperstatus beim gesunden Patienten) Rechnung zu tragen.

Ferner ist die Beteiligung von Aspekten der Primärversorgung auch hinsichtlich der Validität und Effizienz verschiedener Techniken in Kommunikationskursen und Skills-Angeboten wünschenswert.

Empfehlungen zu Querschnittsbereichen

Für folgende Querschnittsbereiche ist die Beteiligung bzw. Einbeziehung von Aspekten der Primärversorgung anzustreben:

  • Medizin des Alterns
  • Prävention und Gesundheitsförderung
  • Naturheilverfahren, physikalische Therapie, Rehabilitation
  • Gesundheitsökonomie
  • Sozialmedizin / Arbeitsmedizin
  • Palliativmedizin
  • Schmerzmedizin

Hierbei sind fakultätsinterne Schwerpunktsetzungen zu beachten

Empfehlungen zum Unterricht im Fach „Allgemeinmedizin“

Der Unterricht im Fach Allgemeinmedizin sollte mindestens 2 SWS umfassen.

Die Kombination mit frontalen Veranstaltungen (Vorlesung) mit Seminararbeit und Kleingruppendiskussion ist anzustreben. Im Unterricht werden Inhalte des Blockpraktikums vorbereitet oder nachbesprochen.

Inhalte, die besonders geeignet sind, im Fach Allgemeinmedizin gelehrt zu werden, sind im Core Curriculum der EURACT zusammengefasst [21] und werden hier nicht im Einzelnen dargestellt.

Empfehlungen zum Unterricht im Fach „Kinderheilkunde“

Im curricularen Unterricht im Fach Kinderheilkunde sollten zentrale Inhalte der Primärversorgung berücksichtigt werden. Sie ergeben sich aus den Häufigkeiten und der Relevanz der Anlässe für Konsultationen mit primärversorgenden Kinder- und Jugendärzten.

Unterricht in Wahlfächern im primärversorgenden Bereich

Spezielle Aspekte der Primärversorgung sollten interessierten Studierenden in Form von Wahlfächern angeboten werden, die speziell auf die Aspekte der Primärversorgung abzielen.

Empfehlungen zum Unterricht in anderen Fächern

Im Unterricht unterschiedlicher klinischer Fachbereiche (insbesondere Innere Medizin mit Subspezialisierungen, Chirurgie, Gynäkologie, HNO, Dermatologie, Neurologie) sind Aspekte der ambulanten Versorgung und Aspekte der Schnittstellen mit der hausärztlichen Versorgung zu thematisieren.

Dazu gehören

  • häufig im ambulanten Bereich behandelte Krankheitsbilder des jeweiligen Fachgebietes
  • die Zusammenarbeit auf dem ambulanten Sektor bei Fragestellungen, die über die alltägliche hausärztliche Versorgung hinausgehen (Überweisungen)
  • die Aufnahme von Patienten und Rücksprache mit vorbehandelnden (Haus-) Ärzten zur Komplettierung der Anamnese
  • die Nachsorge von Patienten nach stationärem Aufenthalt sowie die Organisation der weiteren Versorgung incl. eines Entlass-Managements mit Berücksichtigung der individuellen Situation des Patienten und Empfehlungen zur weiteren Versorgung
  • fächerübergreifende Kommunikation: Überweisungen, Einweisungsinformationen, Arztbriefe aus der ambulanten und stationären Versorgung

Ausblick

Folgende Themen sollen in künftigen Positionspapieren detailliert erarbeitet werden. Hier ist die Zusammenarbeit mit anderen Ausschüssen der GMA sinnvoll und wünschenswert:

  • Empfehlungen zu Prüfungen von Inhalten mit Bezug zur Primärversorgung
    • Prüfungen im Blockpraktikum
    • Prüfungen im praktisch-mündlichen Staatsexamen
  • Empfehlungen zur didaktischen Qualifizierung von Lehrenden im primärversorgenden Bereich
  • Empfehlungen für akademische Mitarbeiter in Fächern, die direkt mit primärversorgenden Ärzten zusammenarbeiten
  • Empfehlungen für die Ernennung von nicht-universitären Lehrbeauftragten in primärversorgungsrelevanten Unterrichtsveranstaltungen am Campus
  • Empfehlungen zur Verbesserung der Schnittstelle zwischen primärversorgender und spezialisierter Patientenversorgung
  • Empfehlungen zur Ausbildungsforschung im primärversorgenden Bereich

Anmerkung

Das Positionspapier wurde dem GMA-Vorstand vorgelegt und von diesem am 22.05.2014 verabschiedet.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Michaud PA. Reforms of the pre-graduate curriculum for medical students: the Bologna process and beyond. Swiss Med Wkly. 2012;142:w13738. DOI: 10.4414/smw.2012.13738 Externer Link
2.
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