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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Die Ausbildung erstjähriger Medizinstudierender in der Durchführung grundlegender klinischer Fertigkeiten − Ein neues Ausbildungskonzept an einer österreichischen Medizinuniversität

Projekt Humanmedizin

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  • corresponding author Lukas Mileder - Medizinische Universität Graz, Clinical Skills Center, Graz, Österreich
  • author Thomas Wegscheider - Medizinische Universität Graz, Univ.-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Graz, Österreich
  • author Hans Peter Dimai - Medizinische Universität Graz, Univ.-Klinik für Innere Medizin, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Graz, Österreich; Medizinische Universität Graz, Vizerektorat für Studium und Lehre, Graz, Österreich

GMS Z Med Ausbild 2014;31(1):Doc6

doi: 10.3205/zma000898, urn:nbn:de:0183-zma0008985

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2014-31/zma000898.shtml

Eingereicht: 23. Mai 2013
Überarbeitet: 17. September 2013
Angenommen: 20. November 2013
Veröffentlicht: 17. Februar 2014

© 2014 Mileder et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Einleitung: Medizinstudierende erlernen erforderliche Fertigkeiten nach wie vor primär im Rahmen von Praktika und Famulaturen. Diese Form der praktischen Ausbildung erscheint jedoch als nicht ausreichend, da signifikante Defizite in der klinischen Erfahrung und praktischen Kompetenz von Medizinstudierenden bestehen.

Projektbeschreibung: An der Medizinischen Universität Graz wurde eine innovative Lehrveranstaltung eingeführt, um erstjährigen Medizinstudierenden die Durchführung grundlegender klinischer Fertigkeiten und praktischer Maßnahmen als Vorbereitung auf Famulaturen und Praktika zu vermitteln. Die Lehrveranstaltung basiert auf mehreren didaktischen Elementen: Standardisierte, klinisch relevante Lehrinhalte, duale (theoretische und virtuelle) Vorbereitung, studentisches Peer-Teaching, Kleingruppenunterricht, praktisches Training und die Verwendung medizinischer Simulation. Dies ist die erste Lehrveranstaltung dieser Art an einer österreichischen Medizinuniversität, und das Konzept sowie die Implementierung in das Curriculum sollen zur Beschreibung gelangen.

Evaluierung: Zwischen November 2011 und Januar 2013 haben 418 Studierende erfolgreich an der Lehrveranstaltung teilgenommen. Es wurden vier Online-Evaluierungen unter den teilnehmenden Studierenden durchgeführt und 132 Fragebögen beantwortet. Die studentische Zufriedenheit mit allen vier praktischen Lehrveranstaltungsteilen war ebenso wie die Beurteilung der klinischen Relevanz der Lehrinhalte hoch. Die meisten Studierenden (88,6%) stimmten zu, im Rahmen der Lehrveranstaltung viel gelernt zu haben. Zwei Drittel der Studierenden wurden motiviert, die erworbenen Fähigkeiten regelmäßig in unserem klinischen Trainingszentrum zu trainieren. Die am meisten geschätzten Lehrveranstaltungsaspekte wurden durch Auswertung der Freitextevaluierungen identifiziert.

Schlussfolgerung: Praktisches Fertigkeitentraining wird von erstjährigen Medizinstudierenden mit großem Enthusiasmus angenommen. Am meisten geschätzt werden die Möglichkeit aktiven Trainings, Peer-Teaching, klinisch relevante Lehrinhalte und die Nutzung medizinischer Simulation.

Schlüsselwörter: Klinische Fertigkeiten, klinisches Trainingszentrum, praktische Ausbildung, studentische Lehre, medizinische Simulation


Einleitung

Das Erlangen klinischer Kompetenz ist ein schrittweiser Prozess und repetitives Training ist ein zentrales Element dieses Ausbildungskontinuums [1], [2], [3]. In traditionellen medizinischen Curricula werden klinische Fertigkeiten primär im Rahmen von Praktika als Teil des klinischen Studienabschnittes erworben und trainiert, während der vorklinische Studienabschnitt hauptsächlich der Vermittlung von Basiswissen dient [4]. Eine Untersuchung mithilfe von studentischen Fokusgruppen zeigte jedoch, dass Praktika mehrheitlich passive Lernerfahrungen mit wenig praktischen Trainingsmöglichkeiten darstellen [5]. Nielsen et al. [6] berichteten in diesem Zusammenhang, dass die Möglichkeiten, praktische Fertigkeiten während Praktika zu trainieren, selten sind und die Anwendung relevanter Fertigkeiten von Studierenden hart erarbeitet werden muss.

Zahlreiche Studien haben einen Mangel an klinischer Erfahrung und praktischer Kompetenz unter Medizinstudierenden aufgezeigt [4], [7], [8], [9]. Limitierte praktische Erfahrung führt bei Studierenden jedoch zu reduziertem Selbstbewusstsein, zögerlichem Verhalten und Ängsten bedingt durch die Sorge, Patienten zu schaden [10], [11]. Darüber hinaus existieren im Moment keine standardisierten Verfahren zur Beurteilung der praktischen Kompetenz von Medizinstudierenden vor Studienabschluss, was wiederum zu einer uneinheitlichen Bewertung und variabler Kompetenz führt [12].

Zwei Konzepte, mithilfe derer Medizinstudierende besser auf die Anforderungen ihres zukünftigen Berufes vorbereitet werden sollen, sind problembasiertes Lernen und einführende klinische Fertigkeitenkurse [13].

Medizinische Universität Graz

Das Humanmedizinstudium an der Medizinischen Universität Graz umfasst sechs Jahre, die in drei Studienabschnitte unterteilt sind [http://www.medunigraz.at/images/content/file/studium/humanmedizin/pdf/studienplan_v11_01102013.pdf, zuletzt besucht am 17.09.2013]. Während des ersten Studienabschnittes im Umfang von einem Jahr werden mehrheitlich Naturwissenschaften gelehrt, ergänzt durch ein Praktikum an einer klinischen Abteilung. Im Laufe der folgenden vier Jahre wird mithilfe eines modularen Systems das erforderliche medizinische Wissen vermittelt, während klinische Fertigkeiten im Rahmen von (Block-)Praktika erlernt und trainiert werden. Innerhalb dieser vier Jahre müssen Studierende außerdem 16 Wochen (560 Stunden) an Pflichtfamulaturen absolvieren (siehe Anhang 1 [Anh. 1] ). (Block-)Praktika stellen vorgegebene praktische Kurse im Rahmen des Hauptcurriculums dar, während unter Famulaturen die verpflichtende Mitarbeit an von Studierenden frei wählbaren medizinischen Abteilungen verstanden wird. Zum Abschluss des zweiten Studienabschnittes ist ein Objektives Strukturiertes Klinisches Examen (OSKE) zu absolvieren, in dessen Rahmen die Durchführung klinischer Fertigkeiten und praktischer Maßnahmen überprüft wird. Das Medizinstudium wird durch zwei Semester an drei klinischen Abteilungen unterschiedlicher Spezialisierung und in einer Allgemeinmedizinpraxis beschlossen.

In diesem Artikel berichten wir über die Konzeption sowie die Implementierung einer neuartigen Lehrveranstaltung, die erstjährigen Studierenden die Durchführung klinischer Fertigkeiten und praktischer Maßnahmen vermittelt. Nach dem Wissen der Autoren handelt es sich bei der beschriebenen Lehrveranstaltung um die erste dieser Art an einer Medizinischen Universität in Österreich. Darüber hinaus werden wir die Ergebnisse der ersten Evaluierungen präsentieren.


Projektbeschreibung

Im Frühjahr 2011 entschied die Studienkommission die Einführung einer praktischen Lehrveranstaltung zur besseren Vorbereitung vorklinischer Studierender auf Praktika und Famulaturen. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Lehrenden unterschiedlicher Fachrichtungen und zwei erfahrenen Medizinstudierenden und Instruktoren des Clinical Skills Center (CSC), eingesetzt. Die zu vermittelnden Fertigkeiten wurden mithilfe des kurz zuvor erstellen Österreichischen Kompetenzlevelkatalogs für Ärztliche Fertigkeiten [14], vergleichbar zum „Swiss Catalogue of Learning Objectives for Undergraduate Medical Training“ und dem deutschen Konsensusstatement "Praktische Fertigkeiten im Medizinstudium" [15], [16], identifiziert.

Im Juni 2011 wurde die neue praktische Lehrveranstaltung „Famulaturlizenz” (FL) in das Humanmedizincurriculum der Medizinischen Universität Graz implementiert. Die FL wurde als verpflichtende Lehrveranstaltung für erstjährige Studierende designiert. Die FL umfasst einen European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS)-Punkt und entspricht damit einem Gesamtumfang von 25 Stunden. Zur erfolgreichen Absolvierung müssen Studierende zumindest 85% der Lehrveranstaltungszeit absolvieren und sowohl ausreichende theoretische Vorbereitung als auch aktive Mitarbeit demonstrieren. Im November 2011 wurden erste FL-Lehrveranstaltungen abgehalten.

Zur Gewährleistung einer ausreichenden Vorbereitung auf die Lehrveranstaltung haben die Peer-Teacher des CSC unter Anleitung und Supervision von klinischen Lehrenden den “Grazer Skills Guide” erstellt. Diese Lernunterlage beschreibt, ausgehend vom erforderlichen anatomischen und physiologischen Grundlagenwissen, die Durchführung klinischer Fertigkeiten und praktischer Maßnahmen mithilfe von Textteilen, Algorithmen und hochqualitativen Fotoserien, die extra für diesen Kurs erstellt wurden. Der „Grazer Skills Guide“ ist online und für jede/-n Studierende/-n der Medizinischen Universität Graz kostenfrei erhältlich.

Lehrveranstaltungsinhalte

Die FL ist eine sechsteilige Lehrveranstaltung mit zwei virtuellen und vier praktischen Teilen. Nach theoretischer Vorbereitung unter Verwendung des „Grazer Skills Guide“ müssen die Studierenden ein Web-Based-Training (WBT) absolvieren, dessen Multiple-Choice-Fragen sich auf den Lehrstoff beziehen. An praktischer Lehrzeit stehen zehn Stunden zur Verfügung, vier Stunden für den ersten Kursteil und jeweils zwei Stunden für die drei folgenden Kursteile (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Die Lehrveranstaltungsgruppen bestehen aus drei bis maximal sechs Studierenden und werden jeweils von einem CSC-Peer-Teacher betreut.

Der erste praktische FL-Teil („Medical Skills I“) vermittelt Studierenden Fertigkeiten bezüglich Anamneseerhebung, physikalischer Untersuchung und häufiger (nicht-)invasiver Maßnahmen (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Die Teilnehmer erlernen die strukturierte Erhebung der Patientengeschichte mithilfe von Arzt-Patient-Rollenspielen. Physikalische Untersuchungstechniken werden an einem kardiopulmonalen Patientensimulator und an Lehrveranstaltungssteilnehmern trainiert. Das Training relevanter Maßnahmen, wie beispielsweise Blutabnahme und Injektionen, beschließt den Lehrveranstaltungsteil.

Der zweite praktische Lehrveranstaltungsteil („Medical Skills II”) behandelt das kardiovaskuläre System (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Die Studierenden erlernen diagnostische Maßnahmen (Blutdruckmessung, Ableiten eines Elektrokardiogramms), lernen wichtige Herzrhythmusstörungen zu erkennen, trainieren die Durchführung der kardiopulmonalen Reanimation mit manueller Defibrillation und wiederholen die Eckpunkte der kardiovaskulären Untersuchung anhand von vier häufigen Herzklappenerkrankungen an unserem kardiopulmonalen Patientensimulator.

Der dritte praktische FL-Teil („Surgical Skills”) befasst sich mit Prinzipien des sterilen Arbeitens, Verbandlehre und Wundversorgung (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). In unserem Simulationsoperationssaal erlernen Studierende die Vorbereitung auf aseptische Eingriffe, bekommen die Durchführung von Wundreinigung, Desinfektion und Lokalanästhesie demonstriert und trainieren verschiedene Formen des Wundverschlusses. Zum Abschluss wird die Katheterisierung der Harnblase an urologischen Phantomen geübt.

Der Lehrveranstaltungsteil „Emergency Skills” beschließt die praktischen FL-Teile (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Zu Beginn werden Techniken des Atemwegsmanagements trainiert. Mithilfe einer Simulationssoftware erlernen die Studierenden die Anwendung der ABCDE-Beurteilung (Airway/Breathing/Circulation/Disability/Exposure) und lernen klinische Charakteristika verschiedener medizinischer Notfälle kennen. Kurze Notfallsimulationen an High-Fidelity-Patientensimulatoren beschließen den Kursteil. Die trainierten Notfälle entsprechen dabei den zuvor im Rahmen der virtuellen Simulation verwendeten Fällen. Das Ziel der Simulationssequenzen ist die integrative Anwendung der während der gesamten FL erlernten Fertigkeiten in einem realistischen Setting.

Zum erfolgreichen Abschluss der FL müssen die Studierenden ein zweites WBT absolvieren. Dessen Multiple-Choice-Fragen beziehen sich auf die Inhalte der praktischen Lehrveranstaltungsteile.

Prinzipien der Lehrveranstaltung

Die FL basiert auf mehreren didaktischen Elementen: Standardisierte und klinisch relevante Inhalte, duale (theoretische und virtuelle) Vorbereitung, studentisches Peer-Teaching, Kleingruppenunterricht, praktisches Fertigkeitentraining und der Einsatz medizinischer Simulation. Die Lehrveranstaltungsteile bauen aufeinander auf und beinhalten repetitive Sequenzen zur Maximierung des Lernerfolges. Ergänzend zu den verpflichtenden Lehrveranstaltungsteilen können Studierende in der lehrveranstaltungsfreien Zeit an unserem CSC trainieren.

Lehrveranstaltungsevaluierung

Bislang wurden vier Lehrveranstaltungsevaluierungen durchgeführt (Februar, Mai und Juli 2012; Februar 2013). Zwischen November 2011 und Februar 2013 haben 418 Studierende die FL erfolgreich absolviert. Jede/-r Studierende, die/der zum Zeitpunkt der jeweiligen Evaluierung zumindest einen praktischen Lehrveranstaltungsteil abgeschlossen hatte, konnte an unserer Studie teilnehmen und wurde gebeten, einen Online-Fragebogen auf freiwilliger Basis zu beantworten. Es wurden die Standard- Lehrveranstaltungsfragebögen der Medizinischen Universität Graz verwendet. Antworten konnten auf einer sechsteiligen Likert-ähnlichen Skala gegeben werden, reichend von 1 („Ich stimme völlig zu“) bis 6 („Ich stimme überhaupt nicht zu“). Wir kombinierten die Ergebnisse der Evaluierungen. Die Ergebnisse sind dargestellt als Mittelwert ± eine Standardabweichung. Die statistische Auswertung erfolgte mit IBM® SPSS Statistics, Version 20.

Wir inkludierten offene Fragen für ein umfassenderes Feedback. Studierende wurden einerseits gefragt, was ihnen an der FL am meisten gefallen hatte, und andererseits nach Verbesserungsvorschlägen. Die narrativen Kommentare wurden kategorisiert: ‚n‘ bezieht sich dabei auf die Häufigkeit der Nennung der einzelnen Aspekte.


Evaluierung

Eine Gesamtzahl von 132 Studierenden nahm an den Lehrveranstaltungsevaluierungen teil. Somit konnten 132 Fragebögen in unsere Analyse eingeschlossen werden. Sechsundsiebzig (57,6%) der 132 Studierenden waren männlich, 98 (74,2%) waren zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Jahre alt und 30 (22,7%) waren jünger als zwanzig Jahre. Jede/-r Studierende hatte „Medical Skills I” abgeschlossen, 110 Studierende (83,3%) „Medical Skills II”, 96 Studierende (72,7%) „Surgical Skills” und 72 Studierende (54,5%) „Emergency Skills”.

Item-Analyse

Die Zufriedenheit der Studierenden war für alle vier praktischen Lehrveranstaltungsteile hoch und reichte von 1,4±0,6 bis 1,8±1,3 (Mittelwert ± eine Standardabweichung). Die Studierenden stimmten deutlich zu, dass die Inhalte der FL bedeutend für ihre zukünftige Tätigkeit seien (1,2±0,6). Die Aussagen bezüglich des theoretischen und praktischen Lernerfolges erhielten jeweils hohe Bewertungen (1,5±0,9 und 1,4±0,9).

Die meisten Studierenden nahmen an der Lehrveranstaltung mit Freude teil (1,6±1,0) und gaben an, währenddessen besonders leistungsfähig gewesen zu sein (1,9±1,0). Die Peer-Teacher wurden als am Lernerfolg der Studierenden sehr interessiert eingeschätzt (1,5±1,0). Zwei Drittel der Studierenden (65,2%) stimmten völlig zu/stimmten zu, dass sie durch die FL motiviert worden waren, die erworbenen Fertigkeiten regelmäßig am CSC zu trainieren. Zusätzliche Ergebnisse der Lehrveranstaltungsevaluierungen sind in Abbildung 1 [Abb. 1] zusammengefasst.

Freitext-Analyse

Die überwiegende Mehrheit der positiven FL-Aspekte konnte einer von vier Kategorien zugeordnet werden. Diese waren das aktive Training verschiedener Fertigkeiten (n=38), die Erfahrung und Motivation der Peer-Teacher (n=27), klinisch relevante Lehrveranstaltungsinhalte (n=26) und der Einsatz simulationsbasierter Ausbildung (n=11).

Die Auswertung der Freitextkommentare zeigte vier Hauptaspekte zur Lehrveranstaltungsoptimierung auf. Die meisten Vorschläge bezogen sich auf eine Ausweitung der Lehrveranstaltungszeit und mehr Zeit für praktisches Training (n=44). Siebenundzwanzig Kommentare empfahlen organisatorische Adaptierungen und hier vor allem des Anmeldeprozederes. Die Aufteilung von „Medical Skills I“ in zwei Teile aufgrund des großen Umfangs und die Reduktion theoretischer Lehrveranstaltungsinhalte wurden jeweils 14 Mal erwähnt.


Diskussion

Die ersten Lehrveranstaltungsevaluierungen haben hohe studentische Zufriedenheit mit dem FL-Konzept aufgezeigt. Die Studierenden schätzten insbesondere die Möglichkeit verschiedene klinische Fertigkeiten aktiv zu trainieren, die Qualität unserer Peer-Teacher, die klinische Relevanz der Inhalte und den Einsatz simulationsbasierter Ausbildung.

Die Evaluierungen haben auch Möglichkeiten zur Lehrveranstaltungsoptimierung aufgezeigt. Die häufigste Empfehlung war die Ausweitung der Lehrveranstaltungszeit. Obgleich dies bedingt durch den dichtgedrängten Lehrplan des ersten Studienjahres schwierig zu implementieren sein wird, wird dieser Vorschlag umfassend erörtert werden. Die Verbesserung des organisatorischen Ablaufes der FL stellte einen weiteren Vorschlag dar. Zu Beginn wählten die Studierenden ihre Lehrveranstaltungstermine individuell über unser Online-Kurssystem. Während der ersten Monate mussten jedoch einige Lehrveranstaltungen aufgrund zu geringer Teilnehmerzahlen (<3) abgesagt werden. Beginnend mit dem Studienjahr 2012/13 wurden daher aufgrund zahlreicher Empfehlungen die Lehrveranstaltungstermine für jede/-n Studierende/-n im Vorhinein festgesetzt. Dieser vorgefertigte FL-Lehrveranstaltungsplan ermöglicht zahlenmäßig einheitliche Gruppen, garantiert die Abhaltung von Lehrveranstaltungen und reduziert den organisatorischen Aufwand der Studierenden, was sich in gesteigerter studentischer Zufriedenheit niederschlägt.

Es wird noch zu evaluieren sein, in welchem Umfang die an unserem CSC erworbenen Fertigkeiten in den klinischen Studienabschnitt transferiert werden können. Es darf nicht vergessen werden, dass das Training in einem Simulationszentrum klinische Erfahrung nicht ersetzt, sondern ergänzt [10]. In der Studie von Nielsen et al. [6] waren jedoch 70 Prozent der Studierenden überzeugt, Fertigkeiten vom klinischen Trainingszentrum in die Patientenversorgung transferieren zu können. Studierende aus einem innovativen Curriculum mit praktischem Fertigkeitentraining ab dem ersten Studienjahr sind im Vergleich zu Studierenden aus traditionellen Curricula besser in grundlegenden klinischen Fertigkeiten ausgebildet und daher auch besser auf Praktika vorbereitet [17]. Darüber hinaus haben Liddell und Kollegen [18] nachgewiesen, dass ein singuläres Tutorial in grundlegenden Fertigkeiten zu einem frühen Zeitpunkt im Studium einen nachhaltigen positiven Effekt auf die klinische Leistung von Studierenden hat und die Unsicherheit, praktische Maßnahmen während Praktika anzuwenden, reduziert. Wir sind daher optimistisch, dass die FL die Studierenden mit der erforderlichen Kompetenz und dem notwendigen Selbstvertrauen ausstattet, medizinische Fertigkeiten und praktische Maßnahmen im Rahmen der klinischen Tätigkeit anzuwenden.

Limitationen

Da es unser primäres Ziel war, die studentische Einschätzung des Lehrveranstaltungskonzeptes zu erheben, haben wir die Leistung der Studierenden nach Absolvierung der FL nicht untersucht. Zusätzliche Untersuchungen bezüglich der kurz- und langfristigen Kompetenz der Studierenden sowie hinsichtlich der Umsetzbarkeit der Fertigkeiten in die Versorgung von Patienten werden zur Zeit jedoch durchgeführt.


Konklusion

Das FL-Konzept hat seinen Wert für die Studierenden der Medizinischen Universität Graz unter Beweis gestellt. Basierend auf den Ergebnissen der ersten Lehrveranstaltungsevaluierungen sind das praktische Fertigkeitentraining, motivierte und erfahrene studentische Instruktoren, klinisch relevante Inhalte und der Einsatz von medizinischer Simulation jene Faktoren, die am meisten zu diesem Erfolg beigetragen haben. Der häufigste Verbesserungsvorschlag war die Ausweitung der Lehrveranstaltungszeit. Zusätzliche Studien bezüglich der kurz- und langfristigen Kompetenz der Studierenden und hinsichtlich möglicher Verbesserungen in der Patientenversorgung werden letztendlich den didaktischen Wert der FL entscheiden.


Danksagung

Die Autoren möchten Elisabeth Koch für die Durchführung von Lehrveranstaltungsevaluierungen und Datenerhebung, Dominik Födinger und allen weiteren aktiven oder ausgeschiedenen CSC-Peer-Teachers für ihren Einsatz sowie jeder/-m Studierenden, die/der die Lehrveranstaltung evaluiert und Verbesserungsvorschläge beigesteuert hat, danken.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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