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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Quantitative Evaluation der Anforderungen an eine außerplanmäßige Professur an Deutschen Medizinischen Hochschulen

Forschungsarbeit Humanmedizin

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  • corresponding author Heiko Sorg - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hannover, Deutschland
  • author Karsten Knobloch - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hannover, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2012;29(5):Doc69

doi: 10.3205/zma000839, urn:nbn:de:0183-zma0008399

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2012-29/zma000839.shtml

Eingereicht: 12. Mai 2012
Überarbeitet: 10. August 2012
Angenommen: 7. September 2012
Veröffentlicht: 15. November 2012

© 2012 Sorg et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Hintergrund: Erste quantitative Evaluation der Anforderungen an eine außerplanmäßige Professur (APL) an Deutschen Medizinischen Hochschulen.

Material und Methoden: Analyse der APL-Ordnungen auf sieben Zielparameter und Bewertung dieser mittels eines Scoring-Systems.

Ergebnisse: Der Gesamtscore für die APL-Leistung von 35 deutschen Medizinischen Fakultäten beträgt 13,5±0,6 von 20 möglichen Punkten (95% Konfidenzintervall 12,2-14,7). Die überwiegende Anzahl (>88%) der APL-Ordnungen fordert hierbei hinreichende Leistungen in der Lehre und Forschung verbunden mit wissenschaftlichen Publikationen. Zudem erwarten 83% der Fakultäten eine Begutachtung der Leistungen. Kongressarbeit sowie die Verkürzung der Mindestzeit als Privatdozent spielen eher untergeordnete Rollen.

Schlussfolgerung: Die APL-Anforderungen an Privatdozenten Medizinischer Fakultäten sind, den Gesamtscore betrachtet, hoch und mit nur geringer Streubreite. Bei genauerer Betrachtung der Einzelparameter zeigt sich jedoch ein uneinheitliches Bild, was im Hinblick auf die Chancengleichheit und Karrieremöglichkeiten der Kandidaten kritisch hinterfragt werden sollte. Für die objektive Diskussion sollten die Daten und Werte dieser Arbeit genutzt werden können.

Schlüsselwörter: Außerplanmäßiger Professor, Medizinische Fakultäten, Vereinheitlichung, Chancengleichheit, Scoring-System


Einleitung

Für viele Privatdozenten stellt die Ernennung zum außerplanmäßigen (APL) Professor ein letzter Karriereschritt vor der Berufung auf einen Lehrstuhl dar. Die APL-Professur kann von Hochschulen an Privatodzenten verliehen werden, welche promoviert und habilitiert sind und zudem weiterführende Leistungen in Forschung und Lehre erbracht haben. Für Außenstehende ist diese akademische Bezeichnung nicht vom ordentlichen Universitätsprofessor zu unterscheiden, da sie auch ohne das Präfix „apl“ geführt werden kann. Mittlerweile wird zur Erlangung des Titels nicht mehr nur ein bestimmter Zeitraum vorausgesetzt, sondern ist an ganz bestimmte Anforderungen in Forschung und Lehre nach der venia legendi geknüpft. Wie bereits Pabst und Strate in ihrer Untersuchung im Jahre 2000 feststellten, so wird auch in der aktuellen Beschreibung des Terminus „außerplanmäßiger Professor“ bei Wikipedia beschrieben, dass gerade in der Medizin -neben der Promotion und Habilitation- überdurchschnittlich häufig die Bezeichnung des APL-Professors verliehen wird (http://de.wikipedia.org/wiki/Professur), [1]. Trotz dieser Häufigkeit, unterscheiden sich die Anforderungen, welche von der Hochschule an die Privatdozenten gestellt werden, zum Teil doch erheblich [2]. Im Jahre 2000 wurden, nach einer ersten Bestandsaufnahme der damals gültigen APL-Ordnungen deutscher Medizinischer Fakultäten, mögliche Punkte zur Vereinheitlichung und/oder Vereinfachung des Verfahrens zur Ernennung zum APL-Professor bereits diskutiert. Um eine solide Vergleichbarkeit herzustellen, haben wir erstmals in der aktuellen Untersuchung eine Bestandsaufnahme der aktuellen APL-Ordnungen Medizinischer Fakultäten deutscher Hochschulen auf Basis eines qualitativen Scoring-Systems durchgeführt, deren Parameter und Ergebnisse hier dargestellt und diskutiert werden sollen.


Methoden

Recherche der Ordnungen zur Erlangung einer Außerplanmäßigen Professur (APL)

Hierzu wurden entweder die APL-Vorschriften der Medizinischen Fakultäten deutscher Hochschulen über das Internet von der relevanten Hochschulseite heruntergeladen oder per Email von der Fakultät angefordert. Konnten entsprechende Informationen nicht aus den Vorschriften oder deren Begleitunterlagen gefunden werden, wurden die Fakultäten zusätzlich per Email oder Telefon kontaktiert, um fehlende Informationen zu erhalten. 35 von 36 (97%) APL-Ordnungen konnten auf diese Weise in die Analyse eingeschlossen werden. Bei einer Deutschen Medizinischen Fakultät war es dem Autorenteam nicht möglich, elektronisch, telefonisch oder über andere Wege an die gültige Habilitationsordnung zu gelangen, da es sich bei der gültigen APL-Ordnung um ein internes Dokument der Privatdozenten der entsprechenden Fakultät handele.

Zielparameter waren die Voraussetzungen zur Erlangung einer APL-Professur in Bezug auf die unten beschriebenen sieben Parameter. Diese wurden in den jeweiligen APL-Ordnungen analysiert, bewertet und deskriptiv im Vergleich beschrieben. Aus den Ordnungen und den beiliegenden Ergänzungen sowie Merkblättern wurden die Vorschriften auf detaillierte Angaben zu den oben genannten Kriterien, insbesondere im Hinblick auf die Qualität der APL-Leistungen, untersucht und bewertet. Die entsprechenden Angaben wurden in Gruppen mit ähnlichem Anforderungsprofil zusammengefasst und mit einem einfachen Punkte-System nach zunehmender Präzisierung und steigender Anforderung bewertet [3], [4]. Dabei wurden die von allen öffentlichen Hochschulen geforderten Leistungsnachweise mit maximal 5 Punkten bewertet, die nicht einheitlich geforderten mit geringeren Punktzahlen [3], [4]. Insofern besteht die Möglichkeit Punktwerte zwischen 0 und 20 Punkten für die APL-Ordnung einer Universität zu erzielen. Die einzelnen Leistungen wurden wie folgt bewertet:

1. Wissenschaftliche Publikation

  • 0 Punkte: keine näheren Angaben
  • 1 Punkt: diffuser Hinweis auf die notwendige Anzahl ± hinreichende Anzahl
  • 2 Punkte: Hinweise auf die Qualität (z.B. in einschlägigen wissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert, in Current Contents gelistet)
  • 3 Punkte: Hinweise auf Autorenschaften und Qualität (z.B. möglichst Alleinautorenschaft, Arbeiten mit Kreativität, die wissenschaftliche Befähigung nachweisen)
  • 4 Punkte: Hinweise auf Anzahl und Qualität (z.B. ausreichende/angemessene Anzahl in international renommierten Fachzeitschriften; 6, 10 oder 12 Originalpublikationen in international anerkannten Fachzeitschriften
  • 5 Punkte: Hinweise auf Anzahl, Qualität und Autorenschaften (z.B. 10 Publikationen, davon 6mal Erstautor, in Fachzeitschriften mit Peer-review-Verfahren; 8-10 hochrangige Originalpublikationen, überwiegend Erstautor; 10 Publikationen als Erstautor, davon die Hälfte in renommierten Fachzeitschriften mit Gutachterverfahren; 12 Originalpublikationen, 8mal Erstautor, Impact-Faktor 10 in renommierten Fachzeitschriften mit Gutachterverfahren)

2. Forschungsleistung

  • 0 Punkte: keine näheren Angaben
  • 1 Punkt: keine genaue Beschreibung der wissenschaftlichen Tätigkeit (WT)
  • 2 Punkte: qualifizierte WT oder mehrjährige (erfolgreiche) WT
  • 3 Punkte: WT mit Einwerbung von Drittmitteln
  • 4 Punkte: WT mit Einwerbung von Drittmitteln und Benennung von zukünftigen Projekten und möglichen Perspektiven an der entsprechenden Einrichtung (Forschung & Lehre)

3. Lehrtätigkeit

  • 0 Punkte: keine Angaben bzw. fakultativ (Nachweis falls vorhanden)
  • 1 Punkt: Nachweis ohne Vorgaben (z. B. Verzeichnis vorlegen, Übersicht über die Lehrtätigkeit
  • 2 Punkte: mit Qualitätsforderung (in der Lehre erfolgreich mitgewirkt)
  • 3 Punkte: mit quantitativer Forderung, mindestens 1 Semester (z. B. Nachweis einer einsemestrigen studiengangsbezogenen Lehrveranstaltung von mind. 15 h)
  • 4 Punkte: mit quantitativer Forderung, mehrsemestrige Tätigkeit (z. B. mindestens 4 Semester bei Pflichtveranstaltungen, 4 Jahre praktische Tätigkeit in der Lehre)
  • 5 Punkte: mit quantitativer Forderung, mehrsemestrige Tätigkeit und zusätzliche Evaluation der didaktischen Fähigkeit mit Votum durch Studenten oder Fakultät

4. Wissenschaftliche Vorträge/Poster

  • 0 Punkte: keine Angaben über gehaltene wissenschaftliche Vorträge oder Poster
  • 1 Punkt: Verzeichnis der gehaltenen wissenschaftlichen Vorträge oder Poster
  • 2 Punkte: Genaue Auflistung der wissenschaftlichen Vorträge oder Poster mit Angaben zu Anzahl, Qualität und Autorenschaft oder Angabe der 5 wichtigsten/ bedeutendsten Vorträge

5. Verkürzung der Zeit zur Ernennung als APL-Professor

  • 0 Punkte: keine Verkürzung möglich oder keine Angaben
  • 1 Punkt: die Verkürzung der Zeit bis zur Ernennung zum APL-Professor kann durch eine Listenplatzierung oder anderweitige hervorragende oder außergewöhnliche Leistungen verkürzt werden

6. Befürwortung durch Mitglieder der Fakultät

  • 0 Punkte: keine Befürwortung notwendig, eigene Bewerbung möglich
  • 1 Punkt: die Befürwortung durch ein oder mehrere Mitglieder der Fakultät wird erwartet

7. Begutachtung der APL-Fähigkeit

  • 0 Punkte: keine Begutachtung notwendig oder keine näheren Angaben
  • 1 Punkt: Begutachtung durch interne Gutachter der Fakultät
  • 2 Punkte: Begutachtung durch mehrere Gutachter, wobei mindestens ein Gutachter nicht Angehöriger der Fakultät bzw. Universität ist.

Ergebnisse

Die APL-Ordnungen waren im Jahre 2010 im Durchschnitt aller 35 Fakultäten 3,7±0,6 Jahre alt, wobei die Älteste mit 15 Jahren und die aktuellsten Ordnungen (n=4) aus dem Jahr 2010 stammen. Unter den 35 eingeschlossenen APL-Ordnungen befanden sich sieben, welche für die gesamte Universität abgefasst waren (20%), die Mehrheit der APL-Ordnungen (n=28) bezog sich speziell auf die Medizinischen Fakultäten (80%).

Der Gesamtscore für die APL-Leistung beträgt im Durchschnitt an Deutschen Medizinischen Fakultäten 13,5±0,6 (95% Konfidenzintervall 12,2 – 14,7). Hierbei erreichen die APL-Ordnungen von drei Fakultäten 19 von 20 möglichen Punkten. Sechs APL-Ordnungen konnten nur Werte ≤10 erreichen.

APL-Voraussetzungen

Die APL-Ordnungen der 35 evaluierten Medizinischen Fakultäten wurden im Speziellen auf die sieben Hauptvoraussetzungen, welche in Tabelle 1 [Tab. 1] zusammengefasst sind, bewertet [5]. Das Kriterium der Lehrtätigkeit wurde hier in allen geltenden APL-Ordnungen genannt (100%). Mit 94% wird eine hinreichende Leistung in der Forschung und mit 88% hieraus hervorgehende wissenschaftliche Publikationen benötigt [5]. Zudem fordern 29 von 35 Fakultäten eine Begutachtung der Kandidaten, welche eine APL-Professur anstreben. An 24 Standorten (69%) ist es zudem notwendig, dass die Bewerbung des Kandidaten nur auf Befürwortung eines Fakultätsmitglieds eingereicht werden darf. Eine Tätigkeit im Rahmen von Vorträgen oder Postervorstellungen wird in 46% als zusätzliche Voraussetzung genannt. An 16 Fakultäten erlaubt es die APL-Ordnung bei Erreichen einer Listenplatzierung im Rahmen eines Berufungsverfahrens die Verkürzung der Mindestzeit als Privatdozent.

1.
Wissenschaftliche Publikation. Die publikatorische Leistung wird nur in zwei der aktuellen APL-Ordnungen nicht näher bezeichnet (5,7%). Der überwiegende Anteil der Fakultäten (51%) erreicht hier den höchsten Punktwert (entspricht Score 5) in dieser Kategorie; das heißt, es werden genaue Angaben zur Qualität, Mindestanzahl sowie Anzahl der Erst- bzw. Letztautorenschaft gemacht (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Im Mittel werden von den Privatdozenten insgesamt 8±3 Publikationen (95% Konfidenzintervall 9-8) als Mindestvoraussetzung in den genannten Mindestzeiten benötigt. Hierbei werden zudem 6±1 Erst- oder Letztautorenschaften gefordert.
2.
Forschungsleistung. An drei Fakultäten (8,6%) werden keine Angaben zur Forschungsleistung (entspricht Score 0) gemacht und in sieben APL-Ordnungen sind nur ungenaue Beschreibungen (entspricht Score 1; 20,0%) zu finden. Nach der Habilitation reicht es an acht Fakultäten (22,9%) aus, mehrjährig wissenschaftlich qualifiziert tätig gewesen zu sein. Die Forderung oder der Wunsch zu einer Einwerbung von Drittmitteln wird in 31,4% genannt. An vier Hochschulen muss zusätzlich ein perspektivisches Konzept für künftige Lehrleistungen und wissenschaftliche Tätigkeiten beigefügt werden (entspricht Score 5; siehe Tabelle 2 [Tab. 2]).
3.
Lehrtätigkeit. Die aktuelle Evaluation der Lehrtätigkeit in den eingeschlossenen APL-Ordnungen weist in der Mehrheit eine genaue Beschreibung von Art, Umfang und Inhalt der geforderten Leistung für eine APL-Ernennung auf. Waren genauere Angaben vor 10 Jahren noch bei nur etwa 10 Fakultäten gemacht worden, so erreichen jetzt 80% (n=28) der APL-Ordnungen einen Punktwert ≥3 (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Hierbei können in der überwiegenden Anzahl der Fakultäten alle Arten der Lehre, d.h. Vorlesung, Seminar, Praktikum oder Studiengruppen, als Lehrleistung anerkannt werden. Sechs APL-Ordnungen fordern zudem eine Lehrtätigkeit, welche überwiegend durch ein Studentenvotum evaluiert werden muss (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]). Die zeitlichen Mindestanforderungen unterscheiden sich jedoch erheblich und sind im Verlgeich zu 2000 zum Teil erheblich höher [2]]. Sie reichen nun von 1,5 bis 4 Semesterwochenstunden (SWS) nach erfolgreicher Habilitation. Hier können Kandidaten, die in der Patientenversorgung tätig sind, an manchen Hochschulen die geforderten Mindest-SWS halbieren. Von einer einzigen Fakultät wird zusätzlich eine Fortbildung in Didaktik gefordert. Die Betreuung von Dissertations- oder Diplomarbeiten stellt für die Lehrtätigkeit ein Zusatzkriterium dar. Diese wird an 21 Fakultäten gewünscht bzw. gefordert, was einer Steigerung um 87,5% im Vergleich zum Jahr 2000 entspricht [2], [5].
4.
Wissenschaftliche Vorträge/Poster. Ein zusätzliches Kriterium für eine erfolgreiche APL-Professur sind gehaltene Vorträge oder Posterpräsentationen. Hier liegt die Anzahl der Fakultäten, welche auf die aktive Teilnahme an Kongressen oder Jahrestagungen keinen besonderen Wert legen bei 54,3% (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Ansonsten erwarten 16 Fakultäten eine ausreichende, teilweise sogar detaillierte, Auflistung dieser Aktivitäten.
5.
Verkürzung der Zeit zur Ernennung als APL-Professor. Die Verleihung der Bezeichnung APL-Professor setzt eine in der Regel mehrjährige erfolgreiche selbständige Lehr- und Forschungstätigkeit als Privatdozent voraus. Nach erfolgreicher Habilitation und Ernennung zum Privatdozenten sind bis zur Bewerbung für eine APL-Professur unterschiedliche Zeiten an den Hochschulen notwendig. Im Mittel beträgt dies 4,5±0,3 Jahre (95% Konfidenzintervall 3,8 - 5,8). Diese Frist kann in Ausnahmefällen bei Vorliegen außergewöhnlicher wissenschaftlicher Leistungen verkürzt werden und ist an 54,3% der Fakultäten möglich (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Hierzu zählen vor allem Listenplatzierungen bei Berufungsverhandlungen (secundo et tertio loco) oder die Auszeichnung mit einem entsprechend hohen Wissenschaftspreis im Fachgebiet oder allgemein in der Medizin. Durch eine solche Leistung ist eine Verkürzung um bis zu 4 Jahre möglich. An nur einer Medizinischen Fakultät wird darauf hingewiesen, dass bei Ablehnung eines Rufes auf eine W2/3-Professur (primo loco) die Ernennung zum APL-Professor direkt erfolgen kann. Ebenso wird in nur einer APL-Ordnung die Zeit, welche zur Ernennung zum APL-Professor notwendig ist, ab der Promotion gerechnet und mit sechs Jahren veranschlagt.
6.
Befürwortung durch Mitglieder der Fakultät. In 28,6% (n=25) der Fakultäten können Privatdozenten, nach Erreichen der entsprechenden Voraussetzungen, selbst keinen Antrag auf Ernennung zum APL-Professor stellen. Vorschlags- oder in einigen Fällen sogar antragsberechtigt sind dann nur Mitglieder des Fakultätsrats, zuständige Fachvertreter oder andere Universitätsprofessoren der jeweiligen Hochschule. Diese Personen müssen für den Kandidaten eine Beurteilung schreiben oder mit entsprechenden Dokumenten die Ernennung zum APL-Professor befürworten. Beim Rest der Hochschulen können sich die Kandidaten bei der Fakultät selbst mit den notwendigen Unterlagen und Nachweisen um eine Ernennung bewerben (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).
7.
Begutachtung der APL-Fähigkeit. Die Leistungen und Fähigkeiten von Privatdozenten, welche sich für eine APL-Professur bewerben, müssen in der überwiegenden Zahl von Gutachtern bewertet werden. Nur an fünf Fakultäten ist keine Begutachtung notwendig oder es wird in der bestehenden APL-Ordnung nicht explizit darauf hingewiesen. Die Begutachtung nur durch interne Gutachter ist an drei Fakultäten erforderlich. Die Mehrheit der APL-Ordnungen (n=27) sieht jedoch eine Begutachtung durch externe Gutachter vor. Zwei APL-Ordnungen erwarten sowohl interne wie auch externe Begutachtungen. Im Mittel werden 2±1 Gutachter von der Fakultät bzw. dem entscheidenden Gremium bestellt. Hier wird gelegentlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Gutachter sowohl die generelle Berufungsfähigkeit des Kandidaten, wie auch die wissenschaftliche Leistung anhand der Maßstäbe des jeweiligen Faches und die Bewährung in der Lehre bewerten sollen.

Diskussion

Die erste Analyse der APL-Ordnungen Deutscher Medizinischer Fakultäten im Jahre 2000 zeigte, dass es zwischen den einzelnen Fakultäten große Unterschiede im Verfahren zur Ernennung zum APL-Professor gibt [2]. In der hier nun vorgestellten ersten quantitativen Evaluation der APL-Ordnungen zeigt sich in der Gesamtbewertung ein zwar hohes (Mittelwert des Gesamtscores: 13,5), jedoch mittlerweile eher homogeneres Anforderungsprofil (kleines 95% Konfidenzintervall) an die Kandidaten. Wie jedoch bereits Nagelschmidt und Koautoren in ihrer Untersuchung der Habilitationen diskutierten, so gilt auch bei den APL-Ordnungen, dass die verfügbaren Richtlinien nicht unbedingt der Realität entsprechen, sondern an den entsprechenden Standorten eher als Leitfaden Verwendung finden [4]. Ein in unserer Studie erreichter hoher Punktwert steht hier zunächst für ein scheinbar hohes Maß an Anforderungen zur Erreichung einer APL-Professur. Der hohe Punktwert zeigt jedoch auch auf, dass die Anforderungen der entsprechenden Hochschule klar und eindeutig definiert sind. Der niedrige Punktwert hingegen steht für undeutliche oder nicht detailliert formulierte APL-Regularien. Dies kann dem APL-Gremium den größeren Entscheidungsspielraum der Anforderungen an seine Kandidaten im APL-Verfahren lassen. Genau dies steht jedoch einer Vereinheitlichung der APL-Anforderungen erheblich entgegen.

Die Untersuchung von Pabst und Strate aus dem Jahr 2000 [2] diskutierte im Wesentlichen drei Hauptunterschiede bzw. Kritikpunkte der damals aktuellen APL-Ordnungen:

1.
Zeit als Privatdozent: Hier hat sich in den letzten 10 Jahren keine Vereinheitlichung eingestellt. Immer noch werden hier Mindestzeiten als Privatdozent von 2 bis hin zu 6 Jahren angegeben. Jedoch hat sich die Möglichkeit der Verkürzung dieser Zeiten durch Berufung oder andere Leistungen an aktuell mehr als der Hälfte der Fakultäten durchgesetzt [5].
2.
Publikationsleistung: Die wissenschaftliche Leistung wird am besten durch die entsprechende Anzahl an Veröffentlichungen dokumentiert. So wird dies in der aktuellen Untersuchung in 88% der APL-Ordnungen genannt und ist damit drittwichtigste Voraussetzung zur Ernennung eines APL-Professors [5]. Haben im Jahre 2000 noch 17 Fakultäten hierzu keine weiteren Angaben gemacht [2], so wird dies aktuell nur noch an 2 Fakultäten nicht näher bezeichnet. Aufgrund der mittlerweile flächendeckend eingeführten leistungsorientierten Mittelvergabe (LOM) an den Fakultäten, welche sich an objektivierbaren Leistungsparametern orientiert, scheint eine Veröffentlichung in einem Journal ohne Impaktfaktor für die Autoren per se uninteressant.
3.
Begutachtung: Als letzter Kritikpunkt wurde damals die externe Begutachtung der Leistungen des Kandidaten genannt [2]. Hier wurde angeregt, die anfallende zeitliche Belastung ausschließlich durch das entscheidende Gremium vornehmen zu lassen. Im 10-Jahresvergleich, in welchem nur drei Fakultäten ihre APL-Ordnungen nicht erneuert haben, wurde diese Empfehlung jedoch nicht berücksichtigt. An nur 5 Fakultäten wird keine explizite Begutachtung des Kandidaten durchgeführt. Im Rahmen eines objektiven Ernennungsverfahrens wird die externe Begutachtung der Kandidaten immer noch als wichtig erachtet.

Die Ernennung zum APL-Professor stellt für viele Privatdozenten einen weiteren Schritt ihrer Karriere vor der Berufung auf einen Lehrstuhl dar. Die Häufigkeit mit der im Bereich der Medizin Promotions-, Habilitations- und auch APL-Verfahren durchgeführt werden, wird von anderen Fakultäten häufig kritisch betrachtet und bisweilen abwertend kommentiert [4], [2], [5]. In diesem Zusammenhang wurde sogar von Inflation und Wertverlust der in der Medizin verliehenen akademischen Titel gesprochen. Der akademische Qualifikationsnachweis der Habilitation in der Medizin wurde hierbei kritisch hinterfragt und auch die Abschaffung des Titels in Frage gestellt [1]. Die Medizin selbst widmete sich jedoch dieser Problematik und führte entsprechende Studien durch [3], [4], [6], [2], [5], [1]. Unabhängige Studien konnten zeigen, dass das Erreichen akademischer Titel ein Vorankommen in der persönlichen Laufbahn signifikant unterstützt und deren Abschaffung, trotz teilweise doch erheblicher quantitativer so wie qualitativer Anforderungen und Bindung an die Krankenversorgung, von einer großen Mehrheit des akademischen Personals nicht erwünscht werden würde [5], [1]. Gleichwohl wurde im Jahre 1998 in einer Untersuchung mit 616 medizinischen Habilitanden von 80% ein dringender Reformwunsch geäußert [5], [1]. Die Vereinheitlichung der Anforderungen, insbesondere bei der medizinischen Habilitation sind auf dem Weg [3] und trotz signifikant ansteigender Anforderungen [3], bleibt die Anzahl erfolgreich durchgeführter medizinischer Habilitationen konstant hoch (http://www.landkarte-hochschulmedizin.de/home.aspx). Ferner waren im Jahre 2009 in der Fachgruppe der Medizin und Gesundheitswissenschaften 48% (n=2998) der Privatdozenten und APL-Professoren deutscher Hochschulen beschäftigt [7].

Die überproportionale Beteiligung der gesamtdeutschen Hochschulmedizin sowie die erfolgreiche Bewilligung von Fördermitteln aus der Exzellenzinitiative der Bundesregierung 2006/2007 mag zusätzlich die überdurchschnittliche wissenschaftlichen Aktivität und konsekutiv die hieraus resultierende Häufigkeit erfolgreicher akademischer Verfahren erklären [8]. Solange jedoch selbst die Bedingungen und Anforderungen an akademische Grade innerhalb der Fachgruppe Medizin nicht identisch geregelt sind, kann auch keine faire und korrekte Vergleichbarkeit zu anderen Fachdisziplinen hergestellt werden.


Schlussfolgerung

Im 10-Jahresvergleich haben sich die Anforderungen an Privatdozenten zur Erlangung einer APL-Professur, obwohl keine Scoring-Daten aus dem Jahr 2000 vorliegen, deutlich erhöht. Obwohl der Gesamtscore ein nur geringes Konfidenzintervall anzeigt, sind die Anforderungen aktuell gültiger APL-Ordnungen Medizinischer Fakultäten bei genauerer Betrachtung jedoch sehr heterogen. Die teilweise sehr hohen standortgebundenen Bedingungen und die generelle Heterogenität der APL-Anforderungen verhindern jedoch eine Chancengleichheit und damit äquivalente Karrieremöglichkeiten der Kandidaten. Die Vereinheitlichung der medizinischen Habilitationsordnungen schreitet bereits gut voran [8] und so sollte dies für den akademischen Karriereschritt der APL-Professur auch möglich werden. Basierend auf einem standardisierten qualitativen Scoring-System kann diese Arbeit als Grundlage für die objektive Diskussion bei weiteren Konsensusvereinbarungen Medizinischer Fakultäten zu diesem Thema genutzt werden.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Weber A, Lindner E, Weltle D, Lehnert G. Medical habilitation. Accepted academic qualifications or outdated formalism? Med Klin (Munich). 2000;15(95):235-242. DOI: 10.1007/PL00002115 Externer Link
2.
Pabst R, Strate J. Große Unterschiede im Verfahren zur Ernennung zum Außerplanmäßigen Professor. Verfahren und Kriterien der Forschung und Lehre an deutschen Fakultäten. Chirurg. 2000;71:106-108. DOI: 10.1007/s001040051023 Externer Link
3.
Knobloch K, Sorg H, Vogt PM. Analyse der Habilitationsordnungen medizinischer Fakultäten an deutschen Hochschulen. Chirurg. 2012;83:452-462. DOI: 10.1007/s00104-011-2139-z Externer Link
4.
Nagelschmidt M, Bergdolt K, Troidl H. U?berpru?fung der Habilitationsordnungen Medizinischer Fakulta?ten an deutschen Hochschulen und Vorschla?ge zur Vereinheitlichung. Chirurg. 1998;69:481-489. DOI: 10.1007/s001040050445 Externer Link
5.
Sorg H, Knobloch K. Die außerplanmäßige Professur in der Medizin. Forsch Lehre. 2012;6:290-291.
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Pabst R, Strate J, Rothkötter HJ. Die Medizinische Dissertation. Sinnvolle Ergänzung oder Ablenkung vom Studium. Dtsch Ärtzebl. 1997;94:A2314.
7.
Statistisches Bundesamt. Hochschulpersonal 2009. Personal nach Dienstbezeichnungen und Fächergruppen der fachlichen Zugehörigkeit. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt; 2009. Fachserie 11, Reihe 4.4.
8.
Fleckenstein B. Das Konzept der Exzellenzuniversitäten. Auswirkungen auf die Medizinischen Fakultäten. Bundesgesundheitsbl. 2009;52:940-948. DOI: 10.1007/s00103-009-0921-6 Externer Link
9.
Weihrauch M, Weber A, Weltle D, Pabst R, Lehnert G. Der Weg zum Dr.med." – wie beurteilen Doktoranden ihre Dissertation? Dtsch Med Wochenschr. 1998;123:375.