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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Die Einführung des "Intensivstudium München" in das Curriculum der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München

Introducing a clinical rotation system into the curriculum of the Faculty of Veterinary Medicine, Ludwig Maximilians University of Munich

Projekt/project Tiermedizin

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  • corresponding author Oliver Stadler - Ludwig-Maximilians-Universität München, Medizinische Kleintierklinik, München, Deutschland
  • author Katrin Hartmann - Ludwig-Maximilians-Universität München, Medizinische Kleintierklinik, München, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2008;25(4):Doc99

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/zma/2008-25/zma000584.shtml

Eingereicht: 12. April 2007
Überarbeitet: 2. Oktober 2007
Angenommen: 8. Oktober 2007
Veröffentlicht: 17. November 2008

© 2008 Stadler et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Im Sommersemester 2005 wurde an der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München das „Intensivstudium München“ („Klinische Rotation“) in Form eines Rotationssystems eingeführt. Diese Umstellung hatte die Verbesserung der Qualität der klinischen Ausbildung zum Ziel. Das bisherige achte und neunte Fachsemester wurden zu einem Studienjahr zusammengefasst; die davor übliche Unterteilung in allgemein gültige Vorlesungs- und vorlesungsfreie Zeit fiel weg. Der Zeitraum der gleichen Semester wurde in 14 Blöcke à dreieinhalb Wochen unterteilt; ein Zeitraum von drei Wochen zwischen Weihnachten und Neujahr blieb unterrichtsfrei. Jede Klinik bietet unterschiedliche Ausbildungsblöcke an, von denen die Studierenden sechs auswählen können. Diese Auswahl ist weitgehend frei, jedoch müssen im Interesse einer Generalapprobation bestimmte Kriterien eingehalten werden. Zusätzlich zu den sechs klinischen Blöcken kommt noch ein siebenwöchiger paraklinischer Doppelblock, in dem die Fächer der Pathologie, der Lebensmittel-, Fleisch- und Milchhygiene und des Tierschutzes gelehrt werden. Da in jedem Block einrichtungs- und personalbedingt nur eine bestimmte Maximalkapazität von Studierenden aufgenommen werden kann, konnten nicht alle Wahlwünsche immer erfüllt werden und es mussten Ersatzblöcke zugewiesen werden. Dazu konnte zusätzlich zu den Wahlblöcken auf den Anmeldebögen eine Blockpräferenz angegeben werden. Wenn die Nachfrage nach einem Block dessen Kapazität übertraf, wurden die Plätze per Los vergeben. Zur Sicherstellung der Qualität dieses neuen Curriculums werden in den meisten Kliniken und Einrichtungen nach einem Block die Studierenden evaluiert, zusätzlich haben auch die Studierenden je nach Klinik oder Einrichtung die Gelegenheit, den Block und die Dozenten zu evaluieren.

Schlüsselwörter: Tiermedizinische Ausbildung, Curriculum, Klinische Rotation

Abstract

In April 2005, a clinical rotation was introduced in the Faculty of Veterinary Medicine at Ludwig Maximilians University of Munich to improve quality of clinical education. The eigth and ninth semesters were merged into one semester, and the prescribed semester breaks were abandoned. The clinical year was divided into 14 rotations of 3.5 weeks each and included a 3-week break over Christmas and New Year’s. Each clinic offers a range of different rotations among which students have to choose six. Because of the general nature of Germany’s veterinary license, which includes all species and clinical disciplines, students are required to follow certain guidelines while selecting their preferred rotations. For each student, a mandatory 7-week rotation is required in which pathology, food hygiene, and animal welfare is taught. Due to various constraints, the numbers of students admitted to different rotations varies, and therefore not all requests for rotations can be fulfilled. To this end, students are not only asked to indicate their favourite six rotations but also to rank these in order of preference during registration. If demand turns out to exceed the rotations offered, then an alternative rotation is assigned to a student depending on ranked preferences. In an attempt to control quality of new curriculum, student performance is evaluated after each block in nearly all of their rotations. In addition, students are invited to evaluate teachers as well as facilities.

Keywords: veterinary education, curriculum, clinical rotation


Einleitung

Vom 22. bis 28. April 2002 wurde die Tierärztliche Fakultät der Ludig-Maximilians-Universität München von einem Expertenteam der European Association of Establishments for Veterinary Education (EAEVE) evaluiert. Der Hauptkritikpunkt im Abschlussbericht betraf die klinische Ausbildung, die zu wenig praktisch ausgelegt sei. Selbst Unterrichtseinheiten die in der damals geltenden Tierärztlichen Approbationsordnung (TAppO) als „klinische Ausbildung“ deklariert sind, verdienten dieses Prädikat nicht, da sie in Form von „Klinikstunden“ nichts anderes als Falldemonstrationen im Sinne von Frontalveranstaltungen für das ganze Semester darstellten. Eine wirkliche klinische Ausbildung in Form eines intensiven „Hands-on teaching“ fand kaum, wenn überhaupt statt (http://www.eaeve.org).

In einer Studie zur Beurteilung der tierärztlichen Ausbildung und der Kompetenz von Absolventinnen und Absolventen durch praktische Tierärzte wurde ebenfalls ein deutlicher Mangel in den klinisch-praktischen Fertigkeiten festgestellt. Die Beurteilung der Vorbereitung der Studierenden durch die Universität in Bezug auf selbstständiges Arbeiten in der Praxis wurde mit der Note 3,8 von den praktischen Tierärzten als unterdurchschnittlich beurteilt [1].

Im § 1 der Tierärztlichen Approbationsordnung wird die Ausbildung zum eigenverantwortlich und selbstständig arbeitenden Tierarzt gefordert [2]. Laut § 5, Absatz 1, der Studienordnung für Tiermedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München soll das Studium die Studierenden „wissenschaftlich und praktisch auf die Tätigkeit des Tierarztes mit allen sich aus der Approbation ergebenden Rechte und Pflichten“ vorbereiten [3]. Diese Ziele sind mit dem derzeitigen Curriculum und den derzeitigen Ausbildungsmethoden nur ungenügend zu erreichen. Das Ziel der Klinischen Rotation ist es deshalb, den Studierenden eine praxisnähere Ausbildung zu bieten und sie stärker in die Kliniken zu integrieren.

Durch diese stärke Einbindung soll auch die Motivation der Studierenden gestärkt werden. Eine aktive Rolle in der Patientenversorgung und größere Verantwortung für den eigenen Patienten soll nicht nur die klinische Entscheidungsfindung lehren, sondern auch Neugierde wecken und die intrinsische Motivation zum Selbststudium fördern.


Methoden

Der Fahrplan für die Einführung der Klinischen Rotation sah wie folgt aus:

  • Festlegen der zeitlichen Struktur der Rotation
  • Erstellen eines Stundenplans mit Berücksichtigung der Vorgaben der TAppO
  • Definieren des Ausbildungsangebots der einzelnen Kliniken und Einrichtungen
  • Implementierung des Anmelde- und Auswahlverfahrens für die Studierenden.

Zeitliche Struktur der Klinischen Rotation

Der erste Schritt zu einer Klinischen Rotation war das Planen und Festlegen des zeitlichen Rahmens. Da der überwiegende Teil der klinisch-praktischen Unterrichtsstunden im achten und neunten Fachsemester gelehrt wurde, bot sich genau dieser Zeitrahmen an. Für diese Realisierung mussten viele andere nicht-klinische Unterrichtsstunden und Kurse aus dem achten und neunten Semester in niedrigere Semester verschoben werden. Wichtig war es hier, schon frühzeitig Kontakt mit den verschiedenen Lehrstuhlinhaberinnen und Lehrstuhlinhabern herzustellen und sie für die Umstellung zu gewinnen.

Nachdem der Zeitraum der Klinische Rotation auf das achte und neunte Fachsemester festgelegt wurde, wurden diese beiden Semester zu einem Studienjahr zusammengefasst; die bisher übliche und für alle Studierende gültige Trennung in Vorlesungs- und vorlesungsfreie Zeit wurde aufgehoben. Das Studienjahr wurde in 14 Blöcke à dreieinhalb Wochen mit einer dreiwöchigen unterrichtsfreien Zeit um Weihnachten und Neujahr eingeteilt (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Während bisher Studierende nur in den Praktika während der vorlesungsfreien Zeit ganztägig in den Kliniken waren, befinden sie sich nun ganzjährig in den Kliniken.

Die Blöcke dauern abwechselnd von einem Montag bis zu einem Mittwochabend bzw. von einem Donnerstag bis zum Sonntagabend. Der Blockwechsel findet also von Mittwoch auf Donnerstag statt. Mathematisch korrekt wäre ein Wechsel jeweils mittwochs um 12.00 Uhr. Dies würde aber zu größeren Unterbrechungen im Tagesablauf der Kliniken führen. Die Blöcke, die jeweils montags beginnen, haben rechnerisch einen Werktag mehr, jedoch haben die anderen Blöcke ein zusätzliches Wochenende. Da die Studierenden in den meisten Blöcken auch am Wochenende auf die eine oder andere Weise in die Patientenversorgung eingebunden sind, wird dieser zusätzliche Werktag somit kompensiert.

Jeder Studierende absolviert während des Intensivstudiums insgesamt acht Blöcke. Das entspricht einer Gesamtzahl von 28 Wochen, wie sie auch in zwei regulären Vorlesungssemestern erreicht worden wäre. Von diesen acht Blöcken werden sechs Blöcke von den Studierenden gewählt. Die Auswahl ist weitgehend frei; im Sinne der allgemeinen Approbation müssen aber gewisse Bedingungen eingehalten werden. Zusätzlich zu den sechs frei gewählten Blöcken kommt ein obligatorischer 7-wöchiger Doppelblock hinzu. In diesem werden (gemäß TAppO) die Fächer Pathologie, Fleisch-, Lebensmittel- und Milchhygiene sowie Tierschutz in geblockten Vorlesungen und Übungen gelehrt.

Stundenplan der Klinischen Rotation

Der Stundenplan für das achte und neunte Semester sieht von Montag bis Donnerstag jeweils ganztätig sowie freitags bis 12.00 Uhr Unterricht in den Kliniken vor. Freitagnachmittag ab 13.00 Uhr werden (ebenfalls wegen der Vorgabe durch die TAppO) die Fächer „Staatliche Tierseuchenbekämpfung“ und „Querschnittsfach Lebensmittel“ unterrichtet.

Die jeweiligen Stundenpläne der Studierenden sind maßgeblich abhängig von den Strukturen der Kliniken und den individuellen Klinikabläufen und können daher teilweise stark differieren. Exemplarisch soll hier einmal der reguläre Tagesablauf eines Studierenden des Blockes „Kleintiere Innere Medizin Team M“ dargestellt werden (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]).

An diesem Stundenplan wird ersichtlich, dass hier die Studierenden wirklich vollständig in den Klinikablauf integriert werden. Auf den ersten Blick wirkt der Beispielstundenplan „Kleintiere Innere Medizin Team M“ sehr kompakt, jedoch ist die zeitliche Belastung immer sehr abhängig von der jeweiligen Patientenlage.

Blockangebot der Kliniken

Jede Klinik bietet gemäß ihrem Ausbildungsspektrum und eventuellen speziellen Disziplinen verschiedene Blöcke an. Im Bereich der Kleintiere werden insgesamt 17 Blockarten, im Bereich der Grosstiere insgesamt 13 Blockarten angeboten (siehe Tabelle 3 [Tab. 3]).

Der zeitliche Tagesablauf der Kliniken ist teilweise sehr unterschiedlich. Durch eine Vorstellung der einzelnen Blöcke auf den jeweiligen Homepages werden die jeweiligen klinikeigenen Gegebenheiten wie Tagesplan, mitzubringende Materialen, etc. erläutert (http://www.medizinische-kleintierklinik.de/Rotation/rotation3.html).

Anmelde- und Auswahlverfahren

Nach zwei im siebenten Fachsemester angekündigten Informationsveranstaltungen werden spezielle Anmeldebögen ausgegeben. Auf diesen Bögen werden folgende Parameter erfasst:

  • Persönliche Angaben (Name, Vorname, Matrikelnummer, Fachsemester)
  • Zeitraum des Schlachthofpraktikums nach §52 TAppO
  • Zeitraum für weitere, bereits bestätigte Praktika
  • Generelle Blockpräferenz (Groß-, oder Kleintier, gemischt)
  • Nutztierpräferenz (Rind, Pferd, Schwein oder Geflügel)
  • Zeitliche Präferenz (möglichst viele zusammenhängende Blöcke, eher Lücken zwischen den Blöcken)
  • Blockliste aller 30 Blöcke, wobei sechs angekreuzt werden sollten.

Eine Ausnahme stellen wiederum die „Querläufer“ dar, die ihre Klinische Rotation in zwei zeitlich getrennten Abschnitten absolvieren müssen. Sie wählen statt der sechs klinischen Blöcke nur vier Blöcke. Den Doppelblock „Pathologie, Lebensmittel, Milch und Tierschutz“ sowie die zwei fehlenden klinischen Blöcke belegen sie dann in dem zweiten Abschnitt der Rotation in ihrem übernächsten Semester.

Da die tierärztliche Approbation einen Tierarzt zur Ausübung seines Berufes für alle Tierarten ermächtigt, sind bei der Wahl der sechs klinischen Blöcke folgende Bedingungen zu beachten:

  • Es muss mindesten ein Groß- und ein Kleintierblock gewählt werden.
  • Jede der drei Disziplinen Innere Medizin, Chirurgie und Gynäkologie muss mindestens einmal gewählt sein.
  • Es darf nur jeweils ein gynäkologischer Block gewählt werden (bedingt durch die Umstrukturierung des Lehrstuhls für Physiologie und Pathologie der Fortpflanzung und der damit verbundenen zu geringen Aufnahmekapazität für Studierende).

Die Einteilung erfolgte mit Hilfe einer zehnköpfigen Gruppe freiwilliger Studierender. In einem ersten Schritt wurden alle Anmeldebögen in eine eigens erstellte Computerdatenbank eingegeben. Nach einer Auszählung wurden die Blöcke ermittelt, bei denen die Nachfrage das Angebot überstieg. Für diese Blöcke wurden die verfügbaren Plätze mittels Losverfahren zugeteilt. Alle Studierenden, die auf diese Weise einen ihrer Wahlblöcke verloren hatten, bekamen gemäß ihren auf den Anmeldebögen gewählten Blockpräferenzen Ersatzblöcke zugewiesen. Im nächsten Schritt wurden auf einer Matrix auf Papier jeweils alle Studierenden und alle 14 Blockzeiträume erfasst. Zuerst wurden die Blöcke aller Studierenden, die nicht durch Praktika belegbar waren, entsprechend gekennzeichnet und gesperrt. Als nächstes erfolgte die Zuteilung je eines obligatorischen Doppelblockes „Pathologie, Lebensmittel und Milch und Tierschutz“ für jeden Studierenden. Danach wurden die restlichen Blöcke nach und nach zugeteilt und in die Matrix eingetragen.

Nach der zeitlichen Zuordnung aller Blöcke für die Studierenden wurden die zugewiesenen Blockzeiträume wieder in die Datenbank eingegeben und für jeden Block eine Teilnehmerliste erstellt und anschließend auf einer Homepage veröffentlicht.

Nachweise und Fehltage

Die Rotationsblöcke sind scheinpflichtige Veranstaltungen mit Anwesenheitspflicht. Die erfolgreiche Teilnahme wurde jeweils pro Block mit einem entsprechenden Eintrag und Stempel in das Studienbuch der Studierenden bestätigt. Durch dieses Verfahren konnte auch das Prüfungsamt für Tiermedizin bei der Anmeldung der Studierenden zu den Staatsexamen sofort erkennen, ob die Voraussetzungen zur Zulassung zu den Prüfungen gegeben waren.

Pro Block wurden nach einer entsprechenden Diskussion innerhalb der Stundenplankommission drei Fehltage zugelassen. Bei mehr als drei Fehltagen galt ein Rotationsblock als nicht bestanden und musste wiederholt werden. Es hat sich gezeigt, dass hier in Einzelfällen immer individuelle Lösungen gefunden und Fehltage entsprechend kompensiert wurden.


Ergebnisse

Insgesamt wurden 229 Anmeldebögen abgegeben. Davon waren 30 Anmeldebögen von Querläufern, dies entspricht einem Anteil von 13,1 %. Insgesamt sind 1334 verschiedene Blöcke gewählt worden, wovon 743 Kleintierblöcke (56 %) und 591 Großtierblöcke (44 %) waren. Die Diskrepanz der 1334 Blöcke verglichen mit theoretischen 1374 (229x6 Blöcke) kommt, wie oben erwähnt, durch Querläufer zustande, die nicht immer sechs klinische Blöcke gewählt hatten. Verteilt auf die drei Disziplinen, sah das Ergebnis so aus, dass auf Innere Medizin mit 646 Blöcken 48 % fielen, auf Chirurgie mit 481 Blöcken 36 % und auf Gynäkologie mit 207 Blöcken 16 %.

Tabelle 4 [Tab. 4] und Tabelle 5 [Tab. 5] zeigen den Vergleich zwischen angebotenen und gewählten Blöcken für Kleintiere bzw. Großtiere.


Diskussion

Pünktlich zum 18. April 2005 startete der erste Durchgang des „Intensivstudiums München“. Bei der sehr drastischen Umstellung des Curriculums kam es dann in einzelnen Bereichen zu verschiedenen Problemen die im Einzelnen nun erläutert werden.

Zeitliche Änderung der vorlesungsfreien Zeit

Da die bisher übliche Einteilung des achten und neunten Fachsemesters in Vorlesungs- und vorlesungsfreie Zeit nicht mehr gegeben ist, bedeutet dies auch eine große Änderung für die Studierenden. Bisher war die semesterfreie Zeit eine feste Größe. Diese Zeit wurde für Urlaub, Praktika und Nebenjobs genutzt. Durch die Umstrukturierung können diese Zeiträume nun komplett anders ausfallen. Die zeitliche Anordnung der sechs unterrichtsfreien Blöcke fällt für jeden Studierenden unterschiedlich aus.

Eine Ausnahme bilden die so genannten Querläufer. Dies sind Studierende, die aufgrund noch ausstehender Prüfungen z.B. wegen Nichtbestehens des Physikums, aus dem normalen zeitlichen Studienablauf ausgegliedert sind. Da zwischen dem Bestehen des Physikums und dem ersten Abschnitt der Tierärztlichen Prüfung gemäß §28 TAppO eineinhalb Jahre liegen müssten, verschieben sich hier die einzelnen Semester. So kann es zwischen dem achten und neunten Fachsemester zu einem Einschub des siebten Fachsemesters kommen. Dies bedeutet für die betroffenen Studierenden, dass die Klinische Rotation in zwei getrennten, zeitlich auseinander liegenden Abschnitten stattfinden muss.

Gruppengrößen bei der Einteilung

Nicht immer konnten die gewünschten Gruppengrößen der einzelnen Blöcke bei der Einteilung stringent eingehalten werden, manchmal war hier eine Überschreitung erforderlich, da bei fortschreitender Einteilung der Spielraum der zu verteilenden Blöcke immer knapper wurde. Eine solche Überschreitung erfolgte aber jeweils in Absprache mit den betroffenen Kliniken. Ein software-gestütztes Verteilprogramm hätte diesen Prozess wesentlich erleichtert, leider standen dafür zu diesem Zeitpunkt keine Mittel zur Verfügung.

Blocktausch

Da nicht alle Blöcke nach Wunsch für alle Studierenden zugeteilt werden konnten, kam es bei einigen Studierenden zu Unzufriedenheit. Auch interferierte die zeitliche Einteilung der Blöcke einiger Studierenden mit deren bereits geplanten außercurricularen Aktivitäten. Im Sinne eines Ausgleiches wurde den Studierenden die Möglichkeit gegeben, sich selber einen geeigneten Tauschpartner zu suchen. Dazu wurde zuerst über die Medizinische Kleintierklinik eine Online-Plattform zur Tauschpartnersuche eingerichtet. Später wurde diese Plattform dann von der Fachschaft aufgegriffen und über den Fachschaftsserver bereitgestellt. Wenn Studierende einen passenden Tauschpartner gefunden hatten, konnte der Tausch bei dem Rotationsansprechpartner gemeldet werden.

Unterschiede in der Arbeitsbelastung

Die sicherlich größten Probleme, mit denen die Stundenplankommission zu kämpfen hatte, waren die Unterschiede im Patientenaufkommen und der damit verbundenen Arbeitsbelastung in den Kliniken. Nicht alle Kliniken banden von Anfang an die Studierenden komplett in ihren Klinikalltag mit ein. Dies führte dazu, dass in manchen Kliniken die Studierenden bis abends anwesend waren und dadurch eine höhere Belastung erfuhren, während hingegen in anderen Kliniken für Studierende wesentlich weniger intensive Ausbildungstage anstanden. Dadurch kam es zu einem verstärkten Unrechtsbewusstsein, das sich in unterschiedlicher Form von Protest äußerte. Als Reaktion darauf wurde dann in der Stundenplankommission beschlossen, besonders zeitintensive Blöcke zu modifizieren, die zeitliche Belastung teilweise zu senken und auch einen zeitlichen Ausgleich in Form von freien Tagen zu schaffen, um so den jeweiligen Block wieder attraktiver für die Studierenden zu gestalten. Dies geschah hauptsächlich dadurch, dass der Klinikablauf für die Studierenden geändert wurde, z.B. durch die Einführung von verschiedenen Schichten.

Wissenschaftlich-Theoretische Ausbildung

Diese neue Form der Ausbildung, komplett vorlesungsfrei, wird von manchen Dozenten und auch Studierenden nicht als wissenschaftlich-theoretisch genug empfunden. In der Folge wurde dann von der Stundenplankommission ein Plan entworfen, der vorsieht, dass in der Rotation jeweils morgens von 08.30 bis 09.30 Uhr zwischen den Kliniken alternierend klinische Falldemonstrationen abgehalten werden. Diese Demonstrationen sind für alle Studierenden verpflichtend, die gerade in einem Block Ausbildung haben.

Geringere Patientenzahlen und Einnahmeverlust

Ein generelles Problem für Kliniken mit Poliklinik-Betrieb ist, da die Studierenden jeden Tag auch in der Sprechstunde aktiv mitarbeiten, dass für den einzelnen Patienten mehr Zeit aufgewendet werden muss. Dies bedeutet in Folge, dass die Kliniken zeitbedingt weniger Patienten in ihren Sprechstunden behandeln können und somit zwangsläufig ein Einnahmeverlust entstehen kann. In manchen Fällen kann auch beobachtet werden, dass unzufriedene Patientenbesitzer aufgrund teilweise längerer Wartezeiten zu anderen Tierarztpraxen oder Kliniken abwandern.


Ausblick

Wie immer ist das Ändern eines Curriculums eine Herausforderung, insbesondere, wenn so wesentliche Teile der Ausbildung in einem so großen Umfang, wie dies bei der Klinischen Rotation der Fall ist, verändert werden.

Ob die Klinische Rotation wirklich eine messbare Verbesserung der Ausbildung der Studierenden erbringt, sollte Gegenstand weiterer Studien sein. Es wurde auf jeden Fall erreicht, dass die Patientenexposition der Studierenden und die „Hands-On“ Ausbildung ganz wesentlich zugenommen hat.

Trotz vieler kleinerer und größerer Probleme kann man inzwischen die Klinische Rotation als etabliert ansehen. Einzelne Blöcke und Ausbildungsinhalte werden im weiteren Verlauf sicherlich noch öfters geändert werden. Aber genau dies macht ein lebendiges Curriculum aus. Ein gutes Curriculums muss sich immer wieder auf den Prüfstand stellen lassen, damit es gegebenenfalls an neue Rahmenbedingungen angepasst werden kann.


Literatur

1.
Hällfritzsch FW, Stadler O, Hartmann K. Beurteilung der Qualität der tierärztlichen Ausbildung und der Kompetenz von Anfangsassistenten - eine Umfrage unter Tierärzten. Tierarztl Prax. 2005;33(K):258-263.
2.
Bundesrat. Verordnung zur Approbation von Tierärztinnen und Tierärzten. Bundesgesetzbl. 1999;(50):2162-2192.
3.
Tierärztliche Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Studienordnung für den Studiengang Tiermedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. München: Tierärztliche Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München; 2001. Zugänglich unter: http://www.uni-muenchen.de/studium/studienangebot/studiengaenge/studienfaecher/tiermediz_/staatsexam/pruefstudord/so/s-a/08tm-2001-s00.pdf. Externer Link