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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Medizinische Ausbildung und der Bologna-Prozess: Ein Positionspapier der GMA

Medical Education and the Bologna-Process: A position paper of the German Association for Medical Education (GMA)

Übersicht Positionspapier Humanmedizin

  • corresponding author Wolfgang Gerke - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Winrich Breipohl - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Johannes Forster - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Eckhart G. Hahn - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Hans-Georg Kraft - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Wolfgang Öchsner - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Özgür Onur - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Christian Schirlo - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Monja Tullius - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link
  • author Vanessa Wennekes - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ausschuss Medizinische Ausbildung und Bologna-Prozess, Erlangen, Deutschland Externer Link

GMS Z Med Ausbild 2006;23(1):Doc24

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/zma/2006-23/zma000243.shtml

Eingereicht: 3. November 2005
Veröffentlicht: 17. Februar 2006

© 2006 Gerke et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Übersicht

[Die Vollversion des GMA-Positionspapiers findet sich im Anhang [Anh. 1] zur elektronischen Ausgabe der GMS Z Med Ausbild].

45 europäische Staaten unterzeichneten in der Zeit von 1999 bis heute die Bologna-Deklaration und akzeptierten den zuletzt 2005 in Bergen auf 11 Ziele erweiterten Maßnahmenkatalog. Leitgedanke des Bologna-Prozesses ist das Bemühen um Harmonisierung und Kooperation im europäischen Bildungsraum, speziell dem der universitären Ausbildung in unmittelbarer Verflechtung mit dem Bemühen um eine europäische Forschungslandschaft (ERA). Der Prozess beschränkt sich nicht auf den Geltungsbereich der die Mobilität fördernden Richtlinie 93/16/EWG der EU bzw. der diese ersetzende Richtlinie 2005/36/EG vom 7. 9. 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in den derzeit 25 EU-Mitgliedsländer, sondern er umfasst einen Hochschulraum, der weit über die EU hinausgeht.

In verschiedenen Verlautbarungen und Resolutionen haben der Medizinische Fakultätentag, die Bundesärztekammer und die Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) dargelegt, dass der Bologna-Prozess, insbesondere die zweistufige Bachelor-Master-Sequenz derzeit in Deutschland nicht auf das Medizinstudium anzuwenden ist. Dabei wurde vor allem angeführt, dass der Bachelor ein berufsqualifizierender Abschluss sein müsse und niemand nach drei Jahren ärztlich tätig sein könne. Darüber hinaus gebe es auch keinen Berufsbedarf für einen medizinischen Bachelor. Dem halten das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) entgegen, dass die Argumente nicht polemisch ausgetauscht werden sollten und eine sorgfältige Analyse erforderlich wäre. Dabei wurde nicht verkannt, das durch die gerade laufende Umsetzung der neuen Approbationsordnung an den Medizinischen Fakultäten aktuell kaum Spielraum für neue Reformen des Medizinstudiums ist.

Die GMA hat einen "Ausschuss Medizinische Ausbildung und der Bologna-Prozess" eingerichtet, der unter dem Vorsitz von Wolfgang Gerke, Zürich eine sorgfältige Analyse der anstehenden Fragen durchgeführt hat. Daraus wurden Empfehlungen entwickelt, die vom Vorstand der GMA als Basis für dessen zukünftige Arbeit am 3.11.2005 verabschiedet wurden. Diese Empfehlungen werden hier zusammenfassend dargestellt. Das gesamte Positionspapier ist im Anhang [Anh. 1] der elektronischen Ausgabe der GMS Z Med Ausbild zu finden und auf den Internetseiten der GMA (http://gesellschaft-medizinische-ausbildung.org).

Die GMA ist entsprechend dieser Empfehlungen der Auffassung, dass sich die medizinischen Fakultäten im deutschsprachigen Raum dem Bologna-Prozess keinesfalls grundsätzlich verschliessen sollten. Vielmehr sollten sie aktiv auf eine Umsetzung hinarbeiten, die den besonderen Erfordernissen der ärztlichen Ausbildung und des Medizinstudiums gerecht wird. Viele zentrale Elemente der Bologna-Deklaration (Kreditpunktesystem, Mobilitätsförderung, Qualitätssicherung) können bereits heute sinnvoll in die Struktur des Medizinstudiums integriert werden und haben das Potenzial zu echten Qualitätsverbesserungen.

Allerdings sieht die GMA keine zwingenden Gründe, die gegen eine Beibehaltung der Trennung zwischen dem universitären Abschluss des Medizinstudiums und der staatlichen Erlaubnis zur Berufsausübung sprechen. Umstritten ist auch die Zweigliederung des Medizinstudiums in einen Bachelor- und Masterstudiengang. Diese ist zwar grundsätzlich möglich und hat zweifellos das Potenzial, wichtige zukunftsgerichtete Entwicklungsmöglichkeiten für die medizinische Ausbildung zu eröffnen, aber es bestehen zur Zeit hinsichtlich der Ausgestaltung dieses Modells noch erhebliche Unklarheiten und Risiken. Daher spricht sich die GMA dafür aus, nun vordringlich die für die Entscheidung für oder gegen eine zweistufige Gliederung des Medizinstudiums notwendigen Vorarbeiten zu leisten:

1. Es muss ein Qualifikationsprofil eines Bachelors der Medizin erarbeitet und die Schnittstelle Bachelor-Master genau definiert werden.

2. Davon ausgehend muss ein schlüssiges Modellcurriculum erarbeitet werden, welches sicherstellt, dass die begrüssenswerte Verbreiterung des Qualifikationsprofils der Absolventen weder zu einem erneuten Graben zwischen vorklinischer und klinischer Ausbildung noch zu einer Verwässerung des Ziels einer adäquaten ärztlichen Ausbildung führt.

3. Es ist sowohl im Hinblick auf ein Kerncurriculum, als auch bezüglich der formalen Umsetzung und des Zeitplans ein europäisch koordiniertes Vorgehen anzustreben, wenn sich das Versprechen einer erhöhten Mobilität, das der Bologna-Deklaration zugrunde liegt, erfüllen soll. Dies muss in enger Abstimmung mit Europaparlament und Europarat erfolgen.

4. Schliesslich müssten die Medizinischen Fakultäten den Aufwand für die Implementierung eines zweistufigen Systems veranschlagen und die Zusicherung einholen, dass die nötigen, zusätzlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.


Review

[The full article is available in the annex [Anh. 1] to the electronic version of GMS Z Med Ausbild - GMS German Journal of Medical Education].

45 European nations signed the Bologna-Declaration since 1999 and, during the follow-up convention held 2005 at Bergen, Norway, have adopted a communiqué which expanded the process to embrace then 11 objectives including among others also students' participation in the process, lifelong learning, the creation of joint degrees, and a three-cycle curricular/degree model. The first cycle, lasting a minimum of three years, ends in a Bachelor degree, which should also be relevant to the European labour market as an appropriate level of qualification. The second cycle consists of a Master, and the third cycle of a Doctoral degree, both of which are postgraduate degrees. Special attention was paid to co-operation in European quality assurance.

The ultimate goal of the Bologna Declaration is to create a common European Higher Education Area by 2010 intimately linked with the European Research Area and with a view to improve the competitiveness and attraction of European higher education in relation to other continents.

The Bologna process is not limited to the directive 2005/36/EC (recognition of professional qualifications, former directive 93/16/EC) of the European Parliament and of the Council to promote mobility among the 25 EC member countries. This directive and the Bologna Declaration are to be synergistically harmonized.

The Bologna Declaration and follow-up conventions have ignited a vivid discussion about their relevance to medical education. In Germany, most professional medical organizations have rejected the idea of a two or three cycle education, i.e. the bachelor/master/doctorate sequence. On the European level the attitude is broadly divided between sheer rejection or disregard, cautious analysis and full endorsement. The opinion prevails that a bachelor in medicine would not fullfil the criterion of employability as defined in the Bologna Declaration.

The Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, German Section of the Association for Medical Education in Europe (GMA) wants to address this controversy by careful analysis in depth and a balanced set of recommendations. The GMA had therefore set up a "Committee for Medical Education and the Bologna-Process" charged with the task to produce an appropriate position paper. Wolfgang Gerke from the University of Zurich took the chair and presented, together with the committee, the following position paper and recommendations to the GMA Governing Board. The GMA Board has discussed and approved this paper on November 3, 2005 as a basis of future GMA activities. It is published here in this abbreviated version and as a full text in the annex [Anh. 1] to the on-line version of GMS Z Med Ausbild as well as in the GMA internet web pages (http://gesellschaft-medizinische-ausbildung.org).

Based on these recommendations the GMA has concluded that German-speaking Medical Faculties should not dismiss the causes of the Bologna-Process completely. They should co-operate actively to develop and adapt the Bologna goals to the special needs of medical education and of medical curricula. Many objectives put forward by the Bologna Declaration (credit points system, mobility, quality assurance) could immediately be integrated into medical curricula and generate a strong potential for quality improvement.

On the other hand, the GMA is still in favour of maintaining an independent academic education and a state-controlled professional licensure. The GMA also expresses doubts in view of the Bachelor/Master two cycle fragmentation of the medical curriculum. In spite of this, it appears to be possible to implement appropriate complementary curricula to open up additional future opportunities for medical education and professional development. Presently, the Bologna model has too many uncertainties, risks and needs and cannot be immediately implemented in Germany. Therefore the GMA suggests to investigate and test the following conditions prior to a final decision for or against a two cycle medical education:

1. A qualification profile of a Bachelor in Medicine should be described and the Bachelor-Master interface defined.

2. Based on this, a consistent model curriculum must be worked out which on the one hand broadens the qualification profile of graduates and on the other hand neither re-introduces the divergence between preclinical and clinical education nor jeopardizes the educational goal "producing" competent physicians.

3. The medical core curriculum and its implementation should be co-ordinated on a European level in order to ensure increased mobility as put forward by the Bologna Declaration. The involvement of the European Parliament and Council decisions and directives must be assured.

4. Eventually all Medical Faculties must calculate the budget for the generation and implementation of the two cycle curriculum and work for the availability of such additional financial resources.