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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Das Konzept der Kompetenzzentren für die medizinische Lehre in Baden-Württemberg

Projekt Humanmedizin

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GMS Z Med Ausbild 2006;23(1):Doc21

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/journals/zma/2006-23/zma000240.shtml

Eingereicht: 31. Oktober 2005
Veröffentlicht: 17. Februar 2006

© 2006 Hilzenbecher.
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Einleitung

Das Kompetenzzentrum "E-Learning in der Medizin" im Verbund der baden-württembergischen Kompetenzzentren für die medizinische Lehre

Mit der Gründung des Kompetenzzentrums "E-Learning in der Medizin" verfolgt die Medizinische Fakultät Ulm ein großes Ziel: Sie will die vorliegenden Erfahrungen in dem bislang sehr diffusen und intransparenten Bereich der computergestützten Lern- und Prüfungssysteme für die medizinische Ausbildung bündeln und darauf aufbauend eine E-Learning-Strategie für alle Medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg entwickeln. Die Qualität der Lehre und die Nutzerfreundlichkeit für die Studierenden sollen damit nachhaltig verbessert werden.

Die Ulmer Initiative findet die volle Unterstützung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, denn dem Land ist nicht nur an herausragenden Forschungsleistungen seiner Medizinischen Fakultäten gelegen, sondern ebenso an einer hoch qualifizierten Lehre mit modernen Lehr- und Lernformen. Genau dies war auch der Grund dafür, dass in Baden-Württemberg seit einigen Jahren neben den Forschungsleistungen auch die Lehre in die leistungsorientierte Mittelverteilung des Landes einbezogen wird. Da geplant ist, hierbei mittelfristig eine Gleichgewichtung der Bereiche Forschung und Lehre zu erreichen, besteht auch unter finanziellen Gesichtspunkten für die Fakultäten hinreichend Anlass, ihre Bemühungen zur Förderung der Lehre weiter zu intensivieren.

Bei diesen Bemühungen kommt standortübergreifenden Kooperationen eine wichtige und zunehmende Bedeutung zu. Die Medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg sollen sich zwar durchaus als Wettbewerber, aber keineswegs als Widersacher verstehen, die sich möglicherweise in ihrer täglichen Arbeit voreinander abschotten und damit die Entstehung von Synergieeffekten verhindern. Deshalb soll die standortübergreifende Zusammenarbeit in der Lehre wie auch in der Forschung künftig deutlich stärker gefördert werden.

Die Einbeziehung der Lehre in die leistungsorientierte Mittelverteilung des Landes wurde auch vom Wissenschaftsrat, der vor zwei Jahren alle Medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg evaluiert hat, besonders gewürdigt. Ausdrücklich begrüßt wurde dabei die "Förderung standortübergreifender und thematisch auf die Lehre fokussierter Kompetenzzentren"[1] . Diese Zentren werden jetzt durch das Ulmer Zentrum um einen markanten Baustein erweitert.

Vorreiter bei der Etablierung der Kompetenzzentren für die medizinische Lehre in Baden-Württemberg war die Medizinische Fakultät Tübingen, die bereits im Jahr 2001 das "Kompetenzzentrum Hochschuldidaktik in Medizin" eingerichtet hat. Hier wird den Lehrenden die Möglichkeit gegeben, eine fachdidaktische Qualifikation mit einem überregional anerkannten Zertifikat des Landes zu erwerben. Dazu wurde ein betont praxisnah ausgerichtetes Trainingsprogramm entwickelt, das sich eng an den Bedürfnissen der Teilnehmer orientiert.

In Freiburg wurde im Jahr 2003 das "Kompetenzzentrum für Lehrevaluation in der Medizin" eröffnet, dass die Effektivität und die Qualität des Lehrbetriebs detailliert untersuchen und grundsätzliche Fragen zur Evaluation in der medizinischen Lehre analysieren soll. Eine wichtige Aufgabe des Freiburger Zentrums ist die Konzeption eines Erhebungsbogens zur studentischen Lehrevaluation und dessen standortspezifische Auswertung und Aufbereitung. Im Zuge dessen erfolgt einmal pro Jahr an allen Medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg für jeweils festgelegte Semesterkohorten und Studienfächer eine Bewertung der Lehrveranstaltungen durch die Studierenden.

In Heidelberg hat im Jahr 2004 das "Kompetenzzentrum Prüfungen in der Medizin" seine Arbeit aufgenommen. Dieses Zentrum zielt darauf ab, die Medizinischen Fakultäten des Landes bei der Umsetzung der nach der neuen Approbationsordnung erforderlich werdenden zusätzlichen schriftlichen und mündlich-praktischen universitären Prüfungen zu unterstützen und einheitliche Prüfungsstandards zu entwickeln. Da die Konzeption solcher Prüfungen einen hohen Kostenaufwand verursacht, können auf diese Weise Kompetenzen gebündelt und erhebliche Ressourceneinsparungen realisiert werden.

Mit der Gründung des Kompetenzzentrums "E-Learning in der Medizin" in Ulm konnte das Ziel, in Baden-Württemberg ein Netzwerk aller Medizinischen Fakultäten für zentrale Aufgaben in der Lehre zu etablieren, fast zum Abschluss gebracht werden. Als weiterer Baustein wird in der zweiten Jahreshälfte 2005 an der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim ein "Kompetenzzentrum Praktisches Jahr" eingerichtet. Mit diesem Projekt wird beabsichtigt, verbindliche und abgestimmte Lernziele und Lehrveranstaltungen für das Praktische Jahr festzulegen. Hier wird dem Tatbestand Rechnung getragen, dass mit der neuen Approbationsordnung das zweite Staatsexamen erst nach dem Praktischen Jahr abzulegen ist und dieser Studienabschnitt künftig eine völlig neue Bedeutung erhält.

Damit wäre das Netzwerk für die medizinische Lehre in Baden-Württemberg geschlossen. Die Kompetenzzentren werden künftig für alle Medizinischen Fakultäten des Landes wichtige Dienste erbringen, wodurch unökonomische Doppelarbeiten vermieden, spezifische Kompetenzen genutzt und gezielt weiter ausgebaut werden können. Gerade vor dem Hintergrund der neuen Approbationsordnung ist dies von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Stellung der Fakultäten in dem an Dynamik gewinnenden Wettbewerb um die besten Studierenden.


Ausblick

Dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst ist sehr viel daran gelegen, dass das gemeinsame Wirken der Kompetenzzentren für die medizinische Lehre noch enger wird. Deshalb wurde zwischenzeitlich mit jeder Medizinischen Fakultät eine Zielvereinbarung abgeschlossen, in der die Verpflichtung, mit den an den anderen Standorten eingerichteten Kompetenzzentren zusammenzuarbeiten, ein zentrales Element bildet. So findet sich in allen für das laufende Jahr unterzeichneten Zielvereinbarungen folgender Passus:

"Mit dem an der Medizinischen Fakultät ... eingerichteten ‚Kompetenzzentrum für …' erfolgt eine kooperative Zusammenarbeit."

Das Ministerium wird sorgsam darüber wachen, dass diese Absprache eingehalten wird. Darüber hinaus wurde mit jeder Fakultät vereinbart, dass die Ausstattung und die Fortführung des bei ihr angesiedelten Kompetenzzentrums nach Auslaufen der Landesförderung sichergestellt werden.

Von daher kann davon ausgegangen werden, dass die Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Arbeiten der Kompetenzzentren für die medizinische Lehre vorliegen. Gleichwohl besteht kein Grund, sich mit dem bislang Erreichten zufrieden zu geben. Vielmehr sollte stets aufs Neue nach methodischen Verbesserungen und Ansätzen zur Effizienzsteigerung gesucht werden.

So böte es sich an, für alle Kompetenzzentren des Landes so etwas wie einen "Dachverband" oder einen "Lenkungsausschuss" einzurichten, in dem die Studiendekane und die Leiter der Zentren regelmäßig zusammenkommen und ihre Strategien abstimmen. Die standortübergreifende Kooperation könnte auf diese Weise zweifellos noch stärker manifestiert werden. Dazu gehört auch die Schaffung eines gemeinsamem "Logo" für alle baden-württembergischen Zentren, womit ihre Sichtbarkeit auch über die Grenzen des Landes hinaus gefördert werden könnte.

Schließlich erscheint es durchaus möglich, dass die von den baden-württembergischen Kompetenzzentren für die medizinische Lehre angebotenen Dienstleistungen auch von Fakultäten anderer Bundesländer nachgefragt und gegen eine angemessene Vergütung honoriert werden. Vielleicht gelingt es auf diese Weise, dass sich die Kompetenzzentren langfristig finanziell selber tragen oder für ihre Fakultät sogar einen finanziellen Gewinn abwerfen - einen ideellen Gewinn erwirtschaften sie bereits jetzt.


Literatur

1.
Wissenschaftsrat. Standortübergreifende Stellungahme zur Weiterentwicklung der Universitätsmedizin in Baden-Württemberg. Berlin: Wissenschaftsrat. 2004;73.