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Phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2020

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

26.09.2020, digital

Registrierung einer Veränderung des Richtungshörens durch den ERKI-Test der Schallrichtungswahrnehmung nach Versorgung unilateral schwerhöriger Patienten mit Hörhilfen

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Florian Schmidt - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Klinik für HNO-Heilkunde und Phoniatrie und Pädaudiologie, Lübeck, Deutschland
  • author Karl-Ludwig Bruchhage - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Klinik für HNO-Heilkunde, Lübeck, Deutschland
  • author Rainer Schönweiler - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Phoniatrie und Pädaudiologie, Lübeck, Deutschland

Phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 2020. sine loco [digital], 26.-26.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc17

doi: 10.3205/20dgpp17, urn:nbn:de:0183-20dgpp178

Published: November 2, 2020

© 2020 Schmidt et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Einseitiger Hörverlust vermindert die Fähigkeit, Schallrichtungen zu erkennen (Richtungshören), da die Lokalisation von Schallquellen zum großen Teil auf der Beurteilung der auf beiden Ohren wahrgenommenen Pegelunterschiede beruht. Durch Hörversorgungen werden die Hörschwellen und die Lautheiten auf beiden Ohren wieder angeglichen. Unklar ist jedoch, in welchem Ausmaß dadurch auch das Richtungshören zurückgewonnen wird und welcher Richtungsbereich, d.h. der Bereich der schwerhörigen oder besser hörenden Seite, dabei besonders betroffen ist.

Material und Methoden: Deshalb wurde in der folgenden Studie das Richtungshören von 10 sich konsekutiv vorstellenden, einseitig schwerhörigen und unterschiedlich versorgten Patienten mithilfe des ERKI-Tests untersucht. Hierbei handelte es sich um 3 einseitig hochgradig schwerhörende und mit Cochlea-Implantat versorgte Patienten, 1 Patient mit Knochenleitungsimplantat, 1 Mittelohrimplantat, 3 Hörgeräte und 2 CROS-Hörgeräte. Die Leistungsverbesserung durch eine Versorgung wurde gemessen, indem die entsprechende Hörhilfe bei der Durchführung des ERKI-Tests jeweils einmal aktiviert und einmal deaktiviert wurde.

Ergebnisse: Mithilfe der Entwicklung eines neuen Qualitätsmaßes konnte gezeigt werden, dass Hörversorgungen für Patienten ohne Lateralisationsverlust das Richtungshören um ca. 0.75%/dB verbessern konnten. Die beste Lokalisationsfähigkeit des Schalls betrug 61% bei 26 dB Schwellendifferenz beider Ohren. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Lokalisationsfähigkeit sowohl versorgt als auch unversorgt auf der Seite des besser bzw. normal hörenden Ohres im Mittel um 20% geringer war als auf der Seite des erkrankten bzw. schlechter hörenden Ohres.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigten, dass eine auf Schwellenmessungen basierte Vorgehensweise der Anpassung von Hörgeräten und Hörimplantaten das Richtungshören bei einseitigem Hörverlust nicht ausreichend verbessern kann. Die Verwendung von Ergebnissen aus dem ERKI-Verfahren für die Anpassung von Hörsystemen könnte zu einer neuen, sequenziellen Strategie für Hörprogramme führen, bei der zunächst Hörgeräteträgern erleichtert wird die Schallrichtung eines Sprechers zu erkennen, so dass sie den Kopf zur Schallquelle wenden. Anschließend könnten die Hörgeräte durch einen Algorithmus auf ein für Sprachsignale optimiertes Programm umgeschaltet werden.


Text

Hintergrund

Einseitiger Hörverlust vermindert die Fähigkeit, Schallrichtungen zu erkennen (Richtungshören), da die Lokalisation von Schallquellen zum großen Teil auf der Beurteilung der auf beiden Ohren wahrgenommenen Pegelunterschiede beruht. Durch Hörversorgungen werden die Hörschwellen und die Lautheiten auf beiden Ohren wieder angeglichen. Unklar ist jedoch, in welchem Ausmaß dadurch auch das Richtungshören zurückgewonnen wird und welcher Richtungsbereich, d.h. der Bereich der schwerhörigen oder besser hörenden Seite, dabei besonders betroffen ist.

Material und Methoden

Deshalb wurde in der folgenden Studie das Richtungshören von 10 sich konsekutiv vorstellenden, einseitig schwerhörigen und unterschiedlich versorgten Patienten mithilfe des ERKI-Tests untersucht. Hierbei handelte es sich um 3 einseitig hochgradig schwerhörende und mit Cochlea-Implantat versorgte Patienten, 1 Patient mit Knochenleitungsimplantat, 1 Mittelohrimplantat, 3 Hörgeräte und 2 CROS-Hörgeräte. Die Leistungsverbesserung durch eine Versorgung wurde gemessen, indem die entsprechende Hörhilfe bei der Durchführung des ERKI-Tests jeweils einmal aktiviert und einmal deaktiviert wurde.

Ergebnisse

Mithilfe der Entwicklung eines neuen Qualitätsmaßes konnte gezeigt werden, dass Hörversorgungen für Patienten ohne Lateralisationsverlust das Richtungshören um ca. 0.75%/dB verbessern konnten. Die beste Lokalisationsfähigkeit des Schalls betrug 61% bei 26 dB Schwellendifferenz beider Ohren. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Lokalisationsfähigkeit sowohl versorgt als auch unversorgt auf der Seite des besser bzw. normal hörenden Ohres im Mittel um 20% geringer war als auf der Seite des erkrankten bzw. schlechter hörenden Ohres.

Diskussion

Die Ergebnisse zeigten, dass eine auf Schwellenmessungen basierte Vorgehensweise der Anpassung von Hörgeräten und Hörimplantaten das Richtungshören bei einseitigem Hörverlust nicht ausreichend verbessern kann. Die Verwendung von Ergebnissen aus dem ERKI-Verfahren für die Anpassung von Hörsystemen könnte zu einer neuen, sequenziellen Strategie für Hörprogramme führen, bei der zunächst Hörgeräteträgern erleichtert wird die Schallrichtung eines Sprechers zu erkennen, so dass sie den Kopf zur Schallquelle wenden. Anschließend könnten die Hörgeräte durch einen Algorithmus auf ein für Sprachsignale optimiertes Programm umgeschaltet werden.