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23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

03.09. - 04.09.2020, Cologne (online conference)

Einfluss von Alter, Kognition und Störgeräusch auf die Sprachwahrnehmung bei Patienten mit Cochlea-Implantat: eine EEG-Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Pauline Burkhardt - Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Köln, Deutschland
  • Verena Müller - Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Köln, Deutschland
  • Ruth Lang-Roth - Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland
  • Martin Walger - Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland
  • Barbara Streicher - Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland
  • Anja Hahne - Technische Universität Dresden/Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Sächsisches Cochlear Implant Center, Dresden, Deutschland
  • Majid Bader - Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Köln, Deutschland
  • Hartmut Meister - Jean-Uhrmacher-Institut für klinische HNO-Forschung, Köln, Deutschland
  • Pascale Sandmann - Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 03.-04.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc179

doi: 10.3205/20dga179, urn:nbn:de:0183-20dga1793

Published: September 3, 2020

© 2020 Burkhardt et al.
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Text

Einleitung: Bei Patienten mit Cochlea-Implantat (CI) ist eine große Variabilität im Versorgungsergebnis zu beobachten [1]. Um den Einfluss von Alter und Kognition auf das Sprachverstehen bei CI-Patienten besser zu verstehen, wurde in der aktuellen EEG-Studie die kortikale Satzverarbeitung zwischen jungen und älteren CI-Patienten sowie Normalhörenden verglichen.

Methoden: Den Probanden (jeweils N=12; jung: 19-37; alt: 60-78 Jahre) wurden unilateral Sätze präsentiert, die mithilfe eines Tastendrucks kategorisiert werden sollten. Das finale Verb war entweder kongruent oder stellte eine semantische Verletzung dar [2]. Die Satzaufgabe erfolgte sowohl ohne als auch mit stationärem Störgeräusch. Zudem wurden sprachaudiometrische und neuropsychologische Testverfahren angewendet. Bei der EEG-Analyse wurden die ereigniskorrelierten Potenziale (EKPs) getrennt für die sensorische (N1) und die lexiko-semantische (d.h. höher-kognitive) Komponente (N400) der Sprachverarbeitung evaluiert.

Ergebnisse: Die Verhaltensdaten aus dem EEG-Paradigma zeigten für beide Hörgruppen ein reduziertes Sprachverstehen bei Sätzen mit im Vergleich zu Sätzen ohne Störgeräusch. Passend zu den sprachaudiometrischen Ergebnissen war bei CI-Patienten unabhängig von Alter und Reizsituation ein schlechteres Sprachverstehen als bei Normalhörenden zu beobachten. Im Vergleich zu jüngeren zeigten die älteren CI-Patienten einen größeren Wortschatz und eine geringere Kapazität des Arbeitsgedächtnisses. Die EKP-Analyse ergab, dass sowohl Alter als auch Hintergrundrauschen die sensorische und die höher-kognitive Sprachverarbeitung beeinflussen. Alter und Störgeräusch führen bei CI-Patienten und Normalhörenden zu einer verzögerten N1-Latenz und einer veränderten N1-Amplitude (erhöht bei Alter; reduziert bei Störgeräusch). Bezüglich der N400 zeigten die älteren im Vergleich zu jüngeren CI-Patienten spezifisch bei Sätzen im Störgeräusch eine kleinere Amplitude.

Schlussfolgerungen: Die eingeschränkte Sprachwahrnehmung bei CI-Patienten und in schwierigen Reizsituationen (Hintergrundrauschen) kann mit Hilfe von EKPs objektiviert werden. Alter, Störgeräusch und CI-Versorgung haben einen bedeutsamen Einfluss auf die kortikale Sprachverarbeitung. Bei den CI-Patienten zeigen sich Alterseffekte hinsichtlich 1.) einer verzögerten aber verstärkten Amplitude der Antworten während der sensorischen Sprachverarbeitung, 2.) einer reduzierten Rekrutierung von kortikalen Ressourcen während der semantischen Sprachverarbeitung insbesondere in schwierigen Reizsituationen, und 3.) einer Verschlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit spezifisch beim Arbeitsgedächtnis. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass ältere CI-Patienten insbesondere in schwierigen Hörsituationen, in denen viele der (aufgrund von Alterseffekten noch stärker) limitierten kognitiven Ressourcen aufgewendet werden müssen, keine zusätzlichen Ressourcen für die semantische Satzverarbeitung investieren können.


Literatur

1.
Lazard DS, Vincent C, Venail F, et al. Pre-, per- and postoperative factors affecting performance of postlinguistically deaf adults using cochlear implants: a new conceptual model over time. PLoS One. 2012;7(11):e48739. DOI: 10.1371/journal.pone.0048739 External link
2.
Hahne A, Wolf A, Müller J, Mürbe D, Friederici AD. Sentence comprehension in proficient adult cochlear implant users: on the vulnerability of syntax. Lang Cogn Process. 2012;27(7–8): 1192–1204. DOI: 10.1080/01690965.2011.653251 External link