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Entwicklung und Evaluation einer bildgestützten Anpassungsstrategie für Cochlea-Implantate
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Published: | September 3, 2020 |
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Einleitung: Im Sprachprozessor eines Cochlea-Implantats (CIs) wird das Eingangssignal in einer Filterbank so verarbeitet, dass die einzelnen Elektrodenkontakte mit den Signalanteilen aus unterschiedlichen Frequenzbändern stimuliert werden. Abhängig von der Größe der Cochlea und der Länge des gewählten Elektrodenträgers, können die Stimulations-Frequenzbänder der Elektrodenkontakte zum Teil erheblich von deren Platzfrequenz (also der Frequenz, bei der die Basilarmembran am Ort des Elektrodenkontakts in einem gesunden Innenohr maximal ausgelenkt würde) abweichen. Diese Abweichung lässt sich durch die Auswertung von prä- und postoperativer DVT-Bildgebung bestimmen und statistisch auswerten.
Methoden: In prä- und postoperativen DVT-Bildern von N = 178 Ohren wurden die Länge der Cochlea und die Position der Elektrodenkontakte nach Implantation mit Elektrodenträgern aus der MED-EL FLEX-Familie bestimmt. Daraus lassen sich über die Greenwood-Funktion Platzfrequenzen für die Elektrodenkontakte und deren Versatz zu den im Sprachprozessor eingestellten Mittenfrequenzen (Tonotopic Mismatch, TM) in Equivalent Rectangular Bandwidths (ERBs, auditorischen Filterbandbreiten) berechnen.
Ergebnisse: Der mittlere TM liegt für alle Elektrodenkontakte zwischen 3,03 ERB (Kontakt 7, medial) und 3,46 ERB (Kontakt 12, basal) mit einer Standardabweichung zwischen 1 ERB (Kontakt 12) und 1,52 ERB (Kontakt 2). Größere Unterschiede ergeben sich zwischen den einzelnen Elektrodenträgern: FLEX20 (N = 12): Mittelwert 4,6 ERB, Standardabweichung 1,3 ERB; FLEX24 (N = 31): Mittelwert 3,97 ERB, Standardabweichung 1 ERB; FLEX28 (N = 130): Mittelwert 2,86 ERB, Standardabweichung 1,16 ERB; FLEXSOFT (N = 5): Mittelwert 2,8 ERB, Standardabweichung 0,87 ERB.
Diskussion: Zwar ist der Tonotopic Mismatch bei längeren Elektrodenträgern niedriger als bei kürzeren Elektrodenträgern, bewegt sich allerdings im Mittel im Bereich von 3 auditorischen Filterbandbreiten. Es stellt sich daher die Frage, ob Patienten mit einem CI in einem Ohr und akustischem Gehör (mit oder ohne Hörgerät) auf der Gegenseite davon profitieren, wenn die Frequenz-Allokations-Tabelle (FAT) im Sprachprozessor des CIs an die natürliche Tonotopie des Gegenohrs angepasst wird. Im Rahmen einer Studie mit einer Gruppe bimodal versorgter Patienten und einer Gruppe einseitig ertaubter Patienten (single-sided deaf, SSD) soll untersucht werden, ob die Teilnehmer mit solch einer tonotopen FAT Vorteile im Sprachverstehen oder beim subjektiven Klangempfinden erfahren.
In einem A-B-A-B-Schema sollen die Studienteilnehmer jeweils mindestens 4 Wochen die Standard-FAT und die experimentelle FAT im Wechsel tragen. Nach jeder Tragephase sollen die Teilnehmer zu einem Messtermin kommen, bei dem eine Messung des Sprachverstehens im Störgeräusch (Oldenburger Satztest, OLSA, in unterschiedlichen räumlichen Konfigurationen) und ein Tonhöhenvergleich (pitch matching) zwischen CI-Seite und Gegenohr durchgeführt werden. Zusätzlich sollen die Studienteilnehmer nach jeder Tragephase Fragebögen zu subjektiver Klangqualität, Höranstrengung und räumlichem Hören ausfüllen.