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23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

03.09. - 04.09.2020, Cologne (online conference)

Die objektive Audiometrie als zentrale Säule pädaudiologischer Differentialdiagnose

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Martin Walger - Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 03.-04.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc005

doi: 10.3205/20dga005, urn:nbn:de:0183-20dga0054

Published: September 3, 2020

© 2020 Walger.
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In der frühen Phase der Hör- und Sprachentwicklung ist es von zentraler Bedeutung, Art und Grad einer Hörstörung sicher zu bestimmen, um GBA-konform bis zum Ende des ersten Lebenshalbjahres eine adaequate Therapie und (Re-)Habilitation einzuleiten, um die sensiblen Phasen der Hörentwicklung optimal zu nutzen.

Da die Ergebnisse der subjektiven Hörprüfverfahren besonders in diesem Lebensalter einer methodischen und entwicklungsbedingten Unsicherheit unterliegen, kommt der objektiven Audiometrie eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Früherkennung zu. Die modernen Verfahren der Impedanzaudiometrie, Registrierung otoakustischer Emissionen (TEOAE, DPOAE) und akustisch evozierter Potentiale (FAEP, ASSR) stellen somit die zentrale Säule pädaudiologischer Differentialdiagnostik dar.

Zur Objektivierung von Schallleitungsstörungen ist der Einsatz der 226-Hz-Tympanometrie auf Grund der höheren Resonanzfrequenz von Außen- und Mittelohr völlig unzureichend. Diese gelingt nur durch den Einsatz einer 1.000 Hz- oder Multifrequenz-Tympanometrie.

Die Messung evozierter OAE ermöglicht eine sichere Funktionsprüfung des Hörorgans bis zur Ebene der äußeren Haarsinneszellen. Ihre Nachweisbarkeit wird jedoch stark durch Schallleitungsstörungen beeinflusst oder unmöglich gemacht. Bei normaler Schallübertragung kann bereits durch die OAE Messung auch unter Einsatz der Pegelschere das Ausmaß eines möglichen Hörverlustes näher eingegrenzt werden.

Der Goldstandard objektiver Hörprüfungen stellt die Registrierung Click-evozierter FAEP dar [1]. Bei guten Messbedingungen (Spontanschlaf, geringe Reststörung < 40 nV) lassen sich eine sichere Schwellenschätzung vornehmen und die pegelabhängigen Veränderungen von Amplituden, Latenzen, Interpeaklatenzen, der Synchronisationsgrad und Musterveränderungen der Peaks erfassen. Auf dieser Grundlage lassen sich Schallleitungs- und Schallempfindungsstörungen voneinander abgrenzen, Reifungsstörungen oder zentral auditive Verarbeitungsstörungen erfassen und eine Diagnose der auditorischen Synaptopathie/Neuropathie (AS/AN) vornehmen.

Zur sicheren Bestimmung von Schallleitungskomponenten kann die akustische Reizung über Knochenleitungshörer bis zu einem Reizpegel von 70 dB HL erfolgen. Auf Grund der geringen Frequenzspezifität der Click-Reize ist der Einsatz-Chirp-basierter Verfahren (FAEP, ASSR) zur frequenzspezifischen, objektiven Schwellenbestimmung obligatorisch [2]. Auf dieser Basis lassen sich auch Hörstörungen im Hochton- und Tieftonbereich erfassen.

Immer sollten die Differentialdiagnose kindlicher Hörstörungen und die Einleitung einer Therapie und (Re-)Habilitation auf der Synopsis objektiver und subjektiver Hörprüfungen erfolgen.


Literatur

1.
Hoth S, Mühler R, Neumann K, Walger M. Objektive Audiometrie im Kindesalter. Heidelberg: Springer Verlag; 2014.
2.
Hoth S, Janssen T, Mühler R, Walger M, Wiesner T. Empfehlungen der AGERA zum Einsatz objektiver Hörprüfmethoden im Rahmen der pädaudiologischen Konfirmationsdiagnostik (Follow-up) nach nicht bestandenem Neugeborenen-Hörscreening [Objective hearing tests in pediatric audiology: AGERA recommendations for follow-up diagnosis in infants that fail newborn hearing screening tests]. HNO. 2012;60(12):1100-1102. doi:10.1007/s00106-012-2619-6 External link