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23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

03.09. - 04.09.2020, Cologne (online conference)

Phoniatrisch-pädaudiologische Lotsenfunktion in der Diagnostik und Versorgung

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Ruth Lang-Roth - Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 03.-04.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc004

doi: 10.3205/20dga004, urn:nbn:de:0183-20dga0043

Published: September 3, 2020

© 2020 Lang-Roth.
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Seit Einführung des universellen Neugeborenenhörscreening ist durch die kontrollbedürftigen Kinder die Anzahl der Hörprüfungen insbesondere in den ersten Lebensmonaten deutlich angestiegen. Das geforderte Ziel des G-BA-Beschlusses von 2008 ist die frühe Diagnosestellung im Alter von 3 Monaten und Versorgung einer frühkindlichen Hörstörung bis zum 6. Lebensmonat.

Die engen anatomischen Verhältnisse und das gehäufte Auftreten von Tubenbelüftungsstörungen, Cerumen sowie die altersbedingt eingeschränkte Kooperation erschweren die ärztliche Untersuchung und Beurteilung des Mittelohres. Da die subjektiven Hörreaktionen nicht der Hörschwelle entsprechen, kommt der objektiven Audiometrie eine hohe Bedeutung zu. Neben den ERA-Verfahren, insbesondere der Click- und frequenzspezifische BERA und ASSR Technik kommen otoakustische Emissionen sowie die Impedanzaudiometrie zum Einsatz.

In den ersten Lebenswochen können verzögerte Reifungsprozesse, Synchronisationsstörungen auf Hirnstammebene, unzureichende Untersuchungsbedingungen, altersbedingt eingeschränkte Kooperation und wiederum Tubenbelüftungsstörungen zu einer eingeschränkten Beurteilbarkeit der Untersuchungsergebnisse führen. Die subjektive Audiometrie, die in diesem Alter keine Hörschwellenbestimmung ermöglicht, wird jedoch zur Plausibilitätskontrolle eingesetzt und gewinnt mit zunehmenden Alter und Hörentwicklung des Kindes rasch an Bedeutung.

Einen weiteren Baustein in der Einschätzung der kindlichen Hörfähigkeit stellt die pädagogische Beurteilung der Hörreaktionen mit und ohne Hörsysteme dar. Die Zusammenschau der Ergebnisse dieser Untersuchungen führt zu einer ersten Arbeitsdiagnose mit Schwellenabschätzung als Grundlage für die Versorgung und Anpassqualität von Hörsystemen. Neben der frühen Versorgung ist die Abklärung der Ursache der Hörstörung notwendig. Das Wissen um genetisch bedingte Hörstörungen hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, so dass durch eine humangenetischen Untersuchung heute in vielen Fällen die Ursache einer frühkindlichen Hörstörung gefunden werden kann. Die humangenetische Untersuchung ist in Verbindung mit der pädiatrisch- neuropädiatrischen Abklärung ein wichtiger Teil der Differenzialdiagnostik einer frühkindlichen Hörstörung und ermöglicht oftmals schon früh die Unterscheidung zwischen syndromaler und isolierter Schwerhörigkeit.

Dem Phoniater und Pädaudiologen kommt neben der ärztlichen Betreuung des Patienten und seiner Familie sowohl eine Lotsenfunktion wie auch koordinierende Aufgabe im interdisziplinären Team zu. Das erklärte Ziel ist die zunehmende Präzision der Hörcharakteristik des Kindes im Verlauf der ersten Lebensjahre und die bestmögliche Versorgung der vorliegenden Hörstörung.


Literatur

1.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (B-GA). Beschluss des G-BA zum Neugeborenenhörscreening (BAnz Nr. 146 (S 3 484) vom 25.09.2008) [Internet]. Berlin; 2009 [abgerufen am 16.12.2019]. Available from: https://www.g-ba.de/beschluesse/681/ External link