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22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

06.03. - 09.03.2019, Heidelberg

Registrierung von taktil ausgelösten vestibulär evozierter myogener Potentiale nach Cochlea-Implantation

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Dietmar Hecker - Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg, Deutschland
  • Saskia Mathieu - Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg, Deutschland
  • Anna Katharina Rink - Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg, Deutschland
  • Maximilian Linxweiler - Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg, Deutschland
  • Bernhard Schick - Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Heidelberg, 06.-09.03.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc038

doi: 10.3205/19dga038, urn:nbn:de:0183-19dga0389

Published: November 28, 2019

© 2019 Hecker et al.
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Text

Einleitung: Die Cochlea-Implantation (CI OP) hat sich durch die schnelle technische Weiterentwicklung zur Standardtherapie bei hochgradiger oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit entwickelt. Die Indikationsstellung steigert sich zunehmend aufgrund ihrer hohen Erfolgs- und niedrigen Komplikationsrate. Eine bekannte Komplikation der CI OP ist die mögliche Irritaion des peripheren Gleichgewichtsorgans. Zahlreiche Studien untersuchten bisher den Einfluss der CI OP auf das Vestibularorgan und die Angaben zur Inzidenz einer vestibulären Beeinträchtigung schwanken in der Literatur zwischen 33 % und 75 % (Craig et al. (2004)).

Eine umfassende Untersuchung des Vestibularorgans besitzt im Rahmen der CI OP einen hohen Stellenwert in der prä- und postooperativen Implantationsdiagnostik. Da Sakkulus und Utriculus anatomisch in unmittelbarer Nähe zum Operationsgebiet liegen, ist die exakte Untersuchung der Otolithenorgane von großer Relevanz. Trotz dieser Bedeutung war der Nachweis von akustisch ausgelösten VEMPs im Rahmen von CI OP bisher schwierig. So konnten Basta et al. [1] bei 18 CI-Patienten nach erfolgreicher Implantation keine cVEMPs mehr akustisch auslösen. Ähnliche Ergebnisse lieferten Xu et al. [2], bei denen fast 90 % keine auslösbaren oVEMPs bzw. 68 % keine auslösbaren cVEMPs nach CI OP zeigten.

Ähnlich, wie der fehlende Nachweis von akustisch auslösbaren VEMPs bei Patienten mit Schallleitungsproblemen [3], bestand der Eindruck, bei CI-Trägern diese Potentiale ebenfalls nur eingeschränkt nachweisen zu können [1] und es wurde vermutet, dass die erhöhten Masseeinträge durch die Elektrode in der Cochlea hierfür verantwortlich sein könnten.

Dem gegenüber zeigen die Ergebnisse des Kopfimpulstestes (vHIT) im Vergleich vor und nach CI OP eine geringere Anfälligkeit des vestibularaorgans. So konnten Batuecas-Caletrio et al. [4] nur bei 10 % der Patienten (3 von 30) einen auffälligen Unterschied nach CI OP im vHIT feststellen.

Neben der Möglichkeit VEMPs akustisch auszulösen, können diese auch taktil, mittels Reflexhammer, über Knochenleitungsreize ausgelöst werden [5]. In Kombination mit der Singlesweeperfassung eröffnen sich dabei weitere Möglichkeiten einer neuartigen Analysemethode [6], [7], [8].

Material/Methoden: Es wurden bei 10 CI-Patienten (Alter 21 bis 70 Jahre) neben dem Kopf-Impulse Test auch die taktil über einen Reflexhammer ausgelösten cVEMPs und oVEMPs vor und nach Cochlea Implantation registriert. Die Einlage der Implantatelektrode erfolgte herstellerunabhängig über eine posteriore Tymanotomie mit Inzision der Rundfenstermembran. 6 Patienten wurden dabei links und 4 Patienten rechts versorgt.

Ergebnisse: Alle Patienten hatten vor und nach der CI OP keinen gravierenden Gain-Unterschied im vHIT. Auch blieb die Anzahl der Zusatzsakkaden im üblichen Erwartungsbereich und hatte sich nach der CI OP nicht verändert. In der Auswertung der VEMPs zeigte sich, dass bei 2 Patienten beidseits vor und nach der CI OP keine auslösbaren Potentiale registriert werden konnten. Bei den restlichen Patienten konnte im mittel eine oVEMP-Amplitude (N10) von 14,8 µV vor bzw. 16,1 µV nach CI OP registriert werden. Auch die Asymmetrieratio (AR) war vor bzw. nach der CI OP auf dem gleichem Niveau (0,15 vor bzw. 0,25 nach OP). Übereinstimmende Ergebnisse lieferte der Amplitudenvergleich der cVEMPs. Der Mittelwert der P13/N23-Amplitude wurde von 36,4 µV vor und 43,61 µV nach der CI-OP registriert. Der zweiseitige t-Test zeigte keine signifikanten Unterschiede im Vergleich vor und nach der CI OP.

Diskussion: Wie aus den zuvor gezeigten Daten entnommen werden kann, war bei den taktil ausgelösten VEMPs eine funktionsfähige Otholoithenstruktur nach den 8 ausgeführten CI OP mit der angewandten Technik darzustellen. Die Elektrodeneinlage über die Rundfenstermembran zeigte sich als eine schonende Methode der CI-Versorgung, die keine Otholitenfunktionstörung hervorrief.

Eine Langfassung des Beitrags erhalten Sie hier:

https://www.dga-ev.com/fileadmin/dga2019/site/data/final/0085.pdf


Literatur

1.
Basta D, Todt I, Goepel F, Ernst A. Loss of saccular function after cochlear implantation: the diagnostic impact of intracochlear electrically elicited vestibular evoked myogenic potentials. Audiol Neurootol. 2008;13(3):187-92. DOI: 10.1159/000113509 External link
2.
Xu XD, Zhang XT, Zhang Q, Hu J, Chen YF, Xu M. Ocular and cervical vestibular-evoked myogenic potentials in children with cochlear implant. Clin Neurophysiol. 2015 Aug;126(8):1624-31. DOI: 10.1016/j.clinph.2014.10.216 External link
3.
Curthoys IS. A critical review of the neurophysiological evidence underlying clinical vestibular testing using sound, vibration and galvanic stimuli. Clin Neurophysiol. 2010 Feb;121(2):132-44. DOI: 10.1016/j.clinph.2009.09.027 External link
4.
Batuecas-Caletrio A, Klumpp M, Santacruz-Ruiz S, Benito Gonzalez F, Gonzalez Sánchez E, Arriaga M. Vestibular function in cochlear implantation: Correlating objectiveness and subjectiveness. Laryngoscope. 2015 Oct;125(10):2371-5. DOI: 10.1002/lary.25299 External link
5.
Halmagyi GM, Yavor RA, Colebatch JG. Tapping the head activates the vestibular system: a new use for the clinical reflex hammer. Neurology. 1995 Oct;45(10):1927-9. DOI: 10.1212/wnl.45.10.1927 External link
6.
Hecker D, Dlugaiczyk J, Schick B, Daneshvar H, Koch KP. Entwickelung und Test eines neuen Triggermechanismus zur Ableitung von taktil ausgelösten vestibulär evozierten myogenen Potentialen (VEMPs). DGA Jahrestagung 2014, Oldenburg.
7.
Hecker DJ, Lohscheller J, Schorn B, Koch KP, Schick B, Dlugaiczyk J. Electromotive Triggering and Single Sweep Analysis of Vestibular Evoked Myogenic Potentials (VEMPs). IEEE Trans Neural Syst Rehabil Eng. 2014 Jan;22(1):158-67. DOI: 10.1109/TNSRE.2013.2252627 External link
8.
Schorn B, Schick B, Curthoys IS, Hecker DJ, Dlugaiczyk J. A novel signal-processing algorithm for the assessment of vestibular function by ocular vestibular evoked myogenic potentials (oVEMPs). Barany Meeting 2012, Uppsala, Schweden.
9.
Buchman CA, Joy J, Hodges A, Telischi FF, Balkany TJ. Vestibular effects of cochlear implantation. Laryngoscope. 2004 Oct;114(10 Pt 2 Suppl 103):1-22. DOI: 10.1097/00005537-200410001-00001 External link