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Patient:innenperspektive auf die Übertragung ärztlicher Leistungen an Medizinische Fachangestellte – eine quantitative Befragung in hausärztlichen Praxen
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Published: | September 15, 2022 |
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Hintergrund: Hausarztpraxen sehen sich mit einer erhöhten Arbeitslast, beispielsweise durch demografische Veränderungen sowie Ärzt:innen- und Fachkräftemangel, konfrontiert. Eine veränderte Arbeits- und Rollenaufteilung zwischen den Professionen in der Hausarztpraxis könnte eine Arbeitsentlastung schaffen. Ob in diesem Sinne eine Ausweitung delegierbarer Tätigkeiten von Hausärzt:innen (HÄ) an Medizinische Fachangestellte (MFA) in Deutschland akzeptabel ist, wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert. Im Rahmen des Forschungspraxennetzes RESPoNsE (RESearch Practice Network East) sollte die in der Fachdiskussion bisher unterrepräsentierte Perspektive der Patient:innen auf das Thema Delegation ermittelt werden.
Fragestellung: Für welche Beratungsanlässe können sich Patient:innen in hausärztlichen Praxen vorstellen ausschließlich durch MFA versorgt zu werden, ohne dass die Hausärzt:innen involviert werden?
Methoden: Es wurde eine explorative, anonyme Querschnittsbefragung von Patient:innen mittels eines zweiseitigen Papierfragebogens während der Wartezeit in hausärztlichen Praxen im September 2021 in Berlin, Brandenburg und Thüringen durchgeführt. Im Rahmen dieser „Wartezimmerstudie“ wurden soziodemografische Patient:innendaten, Versorgungsanlässe und die Einstellung zur Delegation verschiedener Versorgungsanlässe/-anliegen erfragt. Bei der Auswertung der Ergebnisse kamen deskriptive, bivariate und multivariate Analysen zur Anwendung.
Ergebnisse: 61 Praxen haben teilgenommen. Insgesamt 1885 Fragebögen gingen in die Auswertung ein. Grundsätzlich können sich circa 30% der antwortenden Patient:innen vorstellen, wegen ihres konkreten Beratungsanlasses ausschließlich mit MFA zu sprechen. Das sind vor allem Patient:innen, die ihre Anlässe als weniger dringlich oder kompliziert einschätzen oder nur eine Impfung oder eine Folgeverordnung benötigen. Dagegen möchten Patient:innen mit akuten Beschwerden und dem Anliegen einer Überweisung oder einer Krankschreibung von den HÄ betreut werden.
Diskussion: Aus Patient:innenperspektive gibt es Spielraum für eine erweiterte Delegation. Dies sollte in der Entscheidungsfindung für eine Erweiterung der Delegationsvereinbarung Berücksichtigung finden.
Take Home Message für die Praxis: Entsprechend der Akzeptanz durch Patient:innen in den jeweiligen Praxen könnte überprüft werden, ob die Möglichkeiten der geltenden Delegationsvereinbarung vollumfänglich genutzt werden. Wartezimmerstudien sind eine niedrigschwellige Möglichkeit, um die Auffassung von Patient:innen zu verschiedenen Versorgungsaspekten zu erfassen.