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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Wirkt sich hausärztliches Wissen um Depression/Ängste auf die Prognose von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz aus? Ergebnisse der RECODE-HF-Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Marion Eisele - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Sigrid Boczor - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Anja Rakebrandt - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Eva Blozik - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Jens-Martin Träder - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Institut für Allgemeinmedizin, Lübeck, Deutschland
  • Stefan Störk - Universitätsklinikum Würzburg, Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz, Würzburg, Deutschland
  • Christoph Herrmann-Lingen - Universitätsmedizin Göttingen und Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung, Göttingen, Deutschland
  • Martin Scherer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-27-05

doi: 10.3205/21degam152, urn:nbn:de:0183-21degam1527

Published: September 17, 2021

© 2021 Eisele et al.
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Text

Hintergrund: Psychosoziale Faktoren sind bei Herzinsuffizienzpatient:innen mit erhöhter Hospitalisierung und Mortalität assoziiert. Ziel dieser Untersuchung ist zu prüfen, ob die Erkennung psychischer Belastungen und nachfolgende Unterstützung/Behandlung die Prognose verbessern.

Fragestellung: Ist das hausärztliche Wissen um die ängstliche/depressive Symptomatik (psychische Belastung) ihrer Herzinsuffizienzpatient:innen mit einer verbesserten Prognose assoziiert?

Methoden: In dieser prospektiven Beobachtungsstudie wurden Daten von 3.164 Herzinsuffizienzpatient:innen analysiert. Sie füllten einen Fragebogen zu psychischer Belastung aus. Die Hausärzt:innen wurden zur Baseline telefonisch zu den somatischen und psychischen Komorbiditäten der Patient:innen befragt. Zwölf Monate später erfolgte die Erhebung ungeplanter Krankenhausaufnahmen und der Mortalität. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zu einer ungeplanten Krankenhausaufnahme oder dem Versterben der Patient:innen. Mittels Cox-Regression wurden Herzinsuffizienzpatient:innen mit und ohne psychische Belastung hinsichtlich ihrer Prognose verglichen. Im nächsten Schritt wurden Patient:innen mit psychischer Belastung, deren Hausärzt:in darum wusste, mit Patient:innen verglichen, deren Hausärzt:in nicht um die psychische Belastung wusste.

Ergebnisse: Die 947 Herzinsuffizienzpatient:innen mit psychischer Belastung wiesen eine schlechtere Prognose auf, als die 2.217 Patienten ohne psychische Belastung (mittlere time to event 293 vs. 321 Tage; p<0,001). Diese schlechtere Prognose blieb nach Kontrolle von Alter, Geschlecht und Krankheitsschwere der Herzinsuffizienz bestehen (HR 1,598 [1,338–1,910]; p<0.001). Innerhalb der Gruppe mit psychischer Belastung hatten die 341 Patient:innen, deren Hausärzt:in um die psychische Belastung wusste, eine schlechtere Prognose als jene 604 Patienten, deren Hausärzt:in nicht um die Belastung wusste (281 vs. 300 Tage, p=0.019). Dieser Zusammenhang blieb auch nach Kontrolle von Alter, Geschlecht, Krankheitsschwere der Herzinsuffizienz und Schwergrad der psychischen Belastung zur Baseline bestehen (HR=1,384 [1,028–1,863]; p=0,032).

Diskussion: Ängstlich/depressive Symptome verschlechterten die Prognose von Herzinsuffizienzpatienten in unserer Studie. Das hausärztliche Wissen um die Belastung war nicht mit einer verbesserten Prognose assoziiert.

Take Home Message für die Praxis: Dieses erwartungswidrige Ergebnis ist möglicherweise dadurch zu erklären, dass psychische Belastung oft bei Patienten mit verschlechterter Gesamtprognose erkannt wird.