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Effekte von Feedbackart und Bearbeitungsform auf die Diagnosekompetenz Medizinstudierender beim Lernen mit Online-Fallsimulationen – Ergebnisse einer experimentellen Feldstudie
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Veröffentlicht: | 14. September 2022 |
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Ziele: Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig gute Alternativen zur universitären Präsenzlehre sind. Im Medizinstudium hat sich das simulationsbasierte Lernen als eine der effektivsten Lehrmethoden etabliert [1]. Individualisiertes, adaptives Feedback kann das simulationsbasierte Lernen unterstützen [2], ist aber für Dozierende nur mit großem Ressourcenaufwand realisierbar. Zudem ist die Befundlage zum Vergleich kooperativer und individueller Fallbearbeitungen derzeit noch unklar [3]. Daher wurde untersucht, inwiefern verschiedene Arten von Feedback (adaptiv vs. statisch) und Formen der Bearbeitung (kooperativ vs. individuell) einzelner Fallsimulationen Einfluss auf die Diagnosekompetenz Medizinstudierender haben.
Methoden: Eine experimentelle Feldstudie mit 2x2-faktoriellem Design wurde online mit Medizinstudierenden ab dem 8. Fachsemester an drei bayerischen Universitäten durchgeführt. Alle 172 Teilnehmenden bearbeiteten drei Fallbeispiele in einer simulationsbasierten Lernumgebung. Ein Teil der Lernenden erhielt im Anschluss an jede Fallbearbeitung ein mittels künstlicher Intelligenz automatisiertes adaptives Feedback auf ihr diagnostisches Vorgehen; der andere Teil erhielt statisches Feedback in Form einer Expertenlösung. Ein Teil der Lernenden bearbeitete die Fälle individuell, der andere Teil mit einem Kooperationspartner via Screen-Sharing und Sprachchat. Nach Bearbeitung der Fallbeispiele lösten alle Studierenden einen Testfall individuell und ohne Feedback. Die Lösung des Testfalls wurde herangezogen, um die Diagnosekompetenz der Lernenden anhand der Aspekte (1) Qualität der Begründung, (2) Bewertung der Argumentation und (3) Diagnoseakkuratheiteinzuschätzen (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Die Studienteilnahme dauerte insgesamt ca. 90 Minuten.
Ergebnisse: Das adaptive Feedback hatte einen signifikanten positiven Effekt mittlerer Stärke auf die Qualität der Begründung (F(1,168)=15,624; p<.001, η²p=.086) und einen signifikanten positiven Effekt kleiner Stärke auf die Bewertung der Argumentation (F(1,168)=6,872; p=.010; η²p=.040), nicht jedoch auf dieDiagnoseakkuratheit (F(1,168)=2.019; p=.157). Die Bearbeitungsform hatte keinen Effekt auf die drei Teilaspekte der Diagnosekompetenz und es zeigten sich keine Interaktionseffekte zwischen Bearbeitungsform und Feedbackart.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass adaptives Feedback durch das Aufzeigen individueller Stärken und Schwächen beim Diagnostizieren das Potenzial hat, eine fundierte Herangehensweise an Patientenfälle zu fördern. Erfolgt das Feedback automatisiert, ist es zugleich kompetenzfördernd und ressourcenschonend. Der positive Effekt der Adaptivität zeigte sich unabhängig von der Bearbeitungsform, die keinen Einfluss auf die Diagnosekompetenz hatte. In künftigen Studien sollte beforscht werden, inwiefern das kooperative Lernen mit Fällen instruktional unterstützt werden kann. Zudem stellt sich die Frage, inwiefern vorwissensschwächere Studierende von adaptivem Feedback profitieren.
Literatur
- 1.
- Chernikova O, Heitzmann N, Stadler M, Holzberger D, Seidel T, Fischer F. Simulation-Based Learning in Higher Education: A Meta-Analysis. Rev Educ Res. 2020;90(4):499-541. DOI: 10.3102/0034654320933544
- 2.
- Plass JL, Pawar S. Toward a taxonomy of adaptivity for learning. J Resn Technol Educ. 2020;52(3):275-300. DOI: 10.1080/15391523.2020.1719943
- 3.
- Cook DA, Hamstra SJ, Brydges R, Zendejas B, Szostek JH, Wang AT, Erwin PJ, Hatala R. Comparative effectiveness of instructional design features in simulation-based education: systematic review and meta-analysis. Med Teach. 2013;35(1):e867-898. DOI: 10.3109/0142159X.2012.714886