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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

The Missing Link? – Die Veränderung interprofesioneller Netzwerke durch die Einführung einer institutionellen elektronischen Patientenakte (EPA) in einem deutschen Krankenhaus

Meeting Abstract

  • Till Hansen - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland
  • Kerstin Dittmer - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland
  • Marina Beckmann - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland
  • Natalia Cecon-Stabel - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland
  • Julia Jaschke - Bergische Universität Wuppertal, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsökonomik und Versorgungsforschung, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft – Schumpeter School of Business and Economics, Wuppertal, Deutschland
  • Ute Karbach - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland
  • Juliane Köberlein-Neu - Bergische Universität Wuppertal, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsökonomik und Versorgungsforschung, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft – Schumpeter School of Business and Economics, Wuppertal, Deutschland
  • MI-Ran Okumu - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland
  • Carsten Rusniok - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland
  • Florian Wurster - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland
  • Holger Pfaff - Universität zu Köln, Humanwissenschaftliche Fakultät & Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Lehrstuhl für Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Rehabilitation, Köln, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf422

doi: 10.3205/23dkvf422, urn:nbn:de:0183-23dkvf4227

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Hansen et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die Einführung der institutionellen elektronischen Patientenakte (EPA), bedingt durch das Krankenhauszukunftsgesetz stellt eine Neuerung auf deutschen Krankenhausstationen dar. Der hierdurch möglicherweise bedingte Wandel der Dokumentationstätigkeit lässt die Vermutung zu, dass sich die Netzwerkstruktur innerhalb der Station den neuen Gegebenheiten anpasst.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Innerhalb eines übergeordneten Projekts beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit den Veränderungen der interprofessionellen Netzwerkstruktur bedingt durch die Veränderungen der Arbeitsabläufe in Verbindung mit der Einführung der EPA. Hieraus resultieren die Forschungsfragen: Mit wem und wie kommunizieren die Fachkräfte im Krankenhaus vor und nach Einführung der EPA? Wie verändern sich die Netzwerke der interprofessionellen Zusammenarbeit mit der Einführung der EPA?

Methode: Mittels teilnehmender Beobachtungen (nt0 = 41,52h; nt1 = 50,13h) und leitfadengestützter Interviews (nt0 = 6; nt1 = 3) wurden vor (t0) und nach (t1) der EPA-Einführung qualitative Daten auf der orthopädischen Station eines deutschen Universitätsklinikums erhoben. Diese wurden codiert, um anschließend qualitative Netzwerkkarten zu bilden, welche sich nach Ausprägungen wie zum Beispiel dem Kommunikationsweg (synchron vs. asynchron), dem Gesprächsthema oder der Richtung der Kommunikation filtern lassen. Die Auswertung unter Einbindung der Actor-Network-Theory nach Latour ermöglicht eine Erweiterung der gebildeten Netzwerke um nicht-menschliche Akteure, insbesondere um die EPA sowie die inhaltliche Analyse der Netzwerkverbindungen.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die t0- und t1-Netzwerke sich durch die EPA-Einführung nicht verändern. Eine Ausnahme stellt hierbei die Betrachtung der EPA als eigenständige Netzwerkakteurin dar, welche zwar eine vergleichbare Rolle einnimmt, wie die papierbasierte Patientenakte, jedoch durch ihre erleichterte Zugänglichkeit häufiger auftritt. Die Notwendigkeit für spontane Abstimmung führt zu einer dominanten Rolle persönlicher Gespräche als Kommunikationsweg zu beiden Messzeitpunkten.

Diskussion: Der, auch nach EPA-Einführung, weiterhin bestehende, hohe Anteil an persönlicher Kommunikation als Kanal zur Informationsvermittlung verringert die Gefahr einer stärkeren sozialen Trennung der Ärzte- und Pflegeberufe. Zugleich ist durch die Beiläufigkeit der Kommunikation das Entstehen von kurzfristigen Dokumentationslücken zu befürchten. Ebendiese Dokumentationslücken führen allerdings dazu, dass das Krankenhauspersonal noch immer auf synchrone Kommunikationswege zur Informationsbeschaffung angewiesen ist. Gleichzeitig bietet synchrone Kommunikation dem medizinischen Personal die Möglichkeit flexibel auf spontane Herausforderungen zu reagieren.

Implikation für die Versorgung: Es bedarf womöglich einer Überdenkung stationsinterner Kommunikation. Hierbei sollte eine Lösung gefunden werden, welche zugleich nicht hemmend auf die Flexibilität wirkt, aber Kommunikationswege schafft, welche die Patientensicherheit stärken.

Förderung: BMBF-Strukturförderung Versorgungsforschung; 01GP1906A