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Der pararektale Zugang in der Versorgung von Frakturen des Azetabulums und des Beckenrings – eine prospektive Studie
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Veröffentlicht: | 23. Oktober 2013 |
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Fragestellung: Die Stabilisierung von Frakturen des anterioren Acetabulumpfeilers, der Darmbeinschaufel und des vorderen Beckenrings erfolgt heute zumeist über einen ilioinguinalen oder Pfannenstil- bzw. Stoppa- Zugang. In der vorliegenden Studie wird eine alternative Zugangstechnik zum vorderen Becken beschrieben.
Methodik: Ein transabdominaler, pararektaler Zugang wurde zur Stabilisierung des vorderen Acetabulumpfeilers und vollständigen Beckenringfrakturen angewendet. Die Länge des Hautschnitts betrug ca. 4-5 cm (ca. 7-10 cm distal des Nabels). Nach Durchtrennung der Bauchwand im Wechselschnitt wurden die externen iliakalen Gefäße nach medial, der M. psoas und M. iliacus sowie N. femoralis nach lateral mobilisiert. In der Tiefe erfolgte die Spaltung des Arcus ileopectineus und die Darstellung der Linea terminalis. Bei Acetabulumfrakturen wurde nach anatomischer Rekonstruktion die Fixierung der Rekonstruktionsplatte proximal über den pararektalen und distal über einen zusätzlichen symphysennahen Hautschnitt durchgeführt. Bei Beckenringfrakturen erfolgte die ventrale Stabilisierung im Sinne eines Fixateur interne durch Verbindung von 2 supraacetabuläre polyaxialen Schrauben mittels einer vorgebogenen (6mm) Stange. Der hintere Beckenring wurde zusätzlich durch ileosakrale Zugschrauben und/oder eine lumbopelvine Abstützung versorgt. Die Nachuntersuchung (NU) erfolgte nach 6 Wochen, 3 und 12 Monaten.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Ergebnisse: Von 6/2007 - 1/2013 wurden bisher 72 Patienten (25x weiblich; Altersmedian 70; 20-99 Jahre) prospektiv erfasst. Es wurden 57 Acetabulum- und 15 Beckenringfrakturen stabilisiert. Die Eingriffe erfolgten nach CT gestützter Planung am 4. (1-49) Tag nach Trauma. Die OP Dauer betrug 95 (54-207) Min. und die Durchleuchtungszeit 1,4 (0,2-4,1) Min.. Im Schnitt wurden insgesamt 2 EKs (0-11) transfundiert. Postoperativ waren die Pat. 1 Tag (0-78) auf einer Überwachungs- und 18 Tage (8-98) auf Normalstation. Es zeigten sich 2 Blutungskomplikationen (1x intraoperative Verletzung der V. iliaca externa und 1x nicht revisionspflichtiges Bauchwandhämatom). 8 Pat. wiesen postoperativ senso-motorische Beschwerden (4x Irritation des Plexus lumbosacralis; 5x Irritation des Nervus cut. fem. lat.) auf, die in der 12 Monats-NU meist vollständig rückläufig waren. Bei einem Pat. kam es nach traumatischem Mesenterialarterieninfarkt zu einer kotigen Peritonitis mit Plattenbettinfekt. Eine geriatrische Pat. entwickelte ein Implantatversagen (symphysennahe Plattenlockerung). In keinem Fall wurde eine Wundheilungsstörung, eine zugangsassoziierte Infektion oder eine Bauchwandhernie gefunden.
Fazit: Der pararektale Zugangsweg stellt bei der Frakturversorgung des vorderen Beckens eine komplikationsarme Alternative zu den herkömmlichen Verfahren dar. Alle Techniken zur Rekonstruktion des vorderen Acetabulumpfeilers können angewendet werden. Bei instabilen geriatrischen Beckenringfrakturen erlaubt die supracetabuläre Platzierung eines Fixateur interne über diesen Zugang die sichere Stabilisierung.