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4. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

16.02.2018, Mainz

Ernährungswissen von schwangeren Frauen – eine qualitative Befragung unter gesundheitspsychologischem Blickwinkel

Meeting Abstract

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  • corresponding author Jana Schmidt - Hochschule Osnabrück, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo), Osnabrück, Deutschland
  • Friederike zu Sayn-Wittgenstein - Hochschule Osnabrück, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo), Osnabrück, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 4. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Mainz, 16.-16.02.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dghwiP31

doi: 10.3205/18dghwi37, urn:nbn:de:0183-18dghwi375

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2018/18dghwi37.shtml

Veröffentlicht: 13. Februar 2018

© 2018 Schmidt et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Einer bedarfsgerechten und hochwertigen Ernährung in der Schwangerschaft kommt eine Schlüsselrolle für die kurz- und langfristige Gesundheit von Mutter und Kind zu, dennoch wird diese oft unzureichend umgesetzt [1]. Entscheidend für das Ernährungsverhalten wird das Ernährungswissen (EW) gesehen, welches als Ressource bzw. Restriktion bei der Umsetzung gesundheitsbewusster Ernährung wirkt [2]. EW geht über den klassischen Wissensbegriff nüchterner Fakten hinaus und schließt Wissen um Zusammenhänge und die Fähigkeit, Ernährungsinformationen zu bewerten, ein. Eine zentrale Grundannahme der vorliegenden Untersuchung ist, dass das Ernährungsverhalten in der Schwangerschaft auch durch die soziale Schicht und psychologische Faktoren (Gesundheitskognitionen) beeinflusst wird. Folgt man den Annahmen des HAPA-Modells [3], so hängt eine gesundheitsbewusste Ernährung davon ab, wie wichtig diese eingestuft wird, für wie persönlich relevant damit verbundene Risiken eingeschätzt werden und ob sich eine Verhaltensänderung lohnt.

Fragestellung/Ziel: Es wurde der Frage nachgegangen, über welches Ernährungswissen schwangere Frauen verfügen und inwieweit sie dieses in Wirkungszusammenhänge einbetten. Besonderes Augenmerk wurde auf die Gesundheitskognitionen Handlungsergebniserwartung und Risikoerwartung gelegt.

Methodik: Es wurden 11 leifadengestützte Interviews mit schwangeren Frauen in Münster (Westf.) durchgeführt. Über eine angemessene Zusammenstellung der Stichprobe sollte eine inhaltlich große Bandbreite an Antworten sichergestellt werden. Da Bildung und Parität Einfluss auf das Ernährungsverhalten ausüben, wurden die Studienteilnehmerinnen nach diesen Kriterien gematched. Die Auswertung der Transkripte erfolgte nach den Regeln der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz [4]. Ergebnisse Die Schwangeren verfügten bildungsübergreifend über gutes Faktenwissen zu Ernährungsbesonderheiten in der Schwangerschaft. Beim Wissen um Zusammenhänge bzw. der Orientierungs- und Bewertungskompetenz von Lebensmitteln wurden jedoch Unterschiede deutlich. Hauptsächlich Frauen mit niedrigem Bildungsstand unterschätzten ihr persönliches Risiko von Adipositas und zu hoher Gewichtszunahme in der Schwangerschaft; ebenso konnten Unsicherheiten bei der Beurteilung von Lebensmittelsicherheit und -qualität festgestellt werden. Nicht alle Frauen waren sich des erhöhten Nährstoffbedarfs und der Folgen von Nährstoffmangel bewusst. Erwartete Benefits bezüglich der Gesundheit des Kindes zeigten sich als besonders motivations- und handlungswirksam.

Relevanz: Die Integration ernährungspsychologischer Erkenntnisse des HAPA-Modells in die Beratungspraxis scheint ein vielversprechender Ansatz zu sein, um eine theoriegeleitete, zielgruppengerechte Ernährungsberatung für Schwangere zu konzipieren und kann dazu beitragen, die Ernährungspraxis zu verbessern.

Empfehlungen: Professionelle Betreuungspersonen sollten Schwangere neben der Vermittlung von Ernährungswissen auch für die Wirkung der Ernährung auf die peripartale Phase sensibilisieren. Um Frauen zu einer gesunden Ernährungsweise zu motivieren, sollten Ernährungsempfehlungen nicht zu allgemein gehalten werden, sondern persönlich erwartete Vorteile für das Kind und den Schwangerschaftsverlauf einbezogen werden.

Ethik und Interessenkonflikt: Im Vorfeld der Forschungsarbeit erfolgte das ethische Clearing durch das Ethikkomitee der Hochschule Osnabrück. Die Forschungsarbeit wurde einer Ethikkommission vorgelegt. Sie wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegt kein Interessenkonflikt vor.


Literatur

1.
Kirschner W. Ernährung als Thema in der Schwangerenvorsorge. Der Gynäkologe. 2013;46:313–9. DOI: 10.1007/s00129-012-3100-z Externer Link
2.
Schack PS. Handlungsstrategien zur Umsetzung nachhaltiger Ernährungsstile im Alltag: Eine qualitative Untersuchung zur Praktizierbarkeit der Grundsätze der Vollwert-Ernährung in Familienhaushalten [PhD thesis]. Gießen: Justus-Liebig-Universität Gießen; 2004.
3.
Schwarzer R. Modeling health behavior change: How to predict and modify the adoption and maintenance of health behaviors. Applied Psychology. 2008;57(1):1–29.
4.
Kuckartz U. Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 2nd ed. Weinheim: Belz Juventa; 2014.