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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Ulrich Engelmann, Martin Baumann: Zielführend moderieren. Kompetenzen – Methoden – Wege zum Gesprächserfolg

Buchbesprechung Rezension

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  • corresponding author Sigrid Harendza - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, III. Medizinische Klinik, Hamburg, Deutschland

GMS J Med Educ 2022;39(3):Doc28

doi: 10.3205/zma001549, urn:nbn:de:0183-zma0015491

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2022-39/zma001549.shtml

Eingereicht: 31. Mai 2022
Angenommen: 31. Mai 2022
Veröffentlicht: 15. Juli 2022

© 2022 Harendza.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Bibliographische Angaben

Ulrich Engelmann, Martin Baumann

Zielführend moderieren. Kompetenzen – Methoden – Wege zum Gesprächserfolg

UTB Verlag

Erscheinungsjahr: 2022, 438 Seiten, Preis: € 34,90

ISBN: 978-3825256890


Rezension

Sie müssen moderieren? Dann wird dieses Buch sehr wahrscheinlich Ihr Freund und Begleiter werden. Sie sind schon Moderationsprofi? Auch in diesem Fall haben die Autoren dafür gesorgt, dass Sie Neues entdecken und Bekanntes aus einer neuen Perspektive betrachten oder auffrischen können. Dieses Buch ist so viel mehr als ein Ratgeber. Schon im Vorwort und in den „Hinweisen zu diesem Buch“ wird deutlich, worauf es den Autoren ankommt: die individuelle Nutzungsmöglichkeit des Gelesenen und den Selbstreflexionsprozess der Lesenden. Man kann sich entweder nach einem kurzen Selbsttest zur eigenen Einstufung (Novize, Adept, Profi) von den entsprechenden Personen, die allesamt humorvoll illustriert sind, auf eine Reise durch das Buch mitnehmen lassen. Das ist motivierend und macht Lust auf das Thema. Oder man kann sich ganz klassisch an einem hervorragend strukturierten und bei Bedarf auch – je nach Selbsteinschätzung – individualisierten Inhaltsverzeichnis orientieren. Dadurch ist es beispielsweise möglich, sich ganz gezielt über bestimmte Moderationsmethoden, z.B. für das Kennenlernen in der Gruppe oder das Einholen von Feedback, zu informieren. Die Orientierung wird zusätzlich erleichtert durch die gezeichneten Begleiter und Begleiterinnen und durch eine Farbkodierung, je nachdem, wovon man individuell am meisten angesprochen wird.

Überhaupt wird man beim Lesen immer angesprochen und fühlt sich individuell umsorgt und wertgeschätzt – genau so, wie man sich beim Moderieren mit den Individuen der anvertrauten Gruppe verhalten soll. Neben dem eigentlichen Ausführen einer Moderation sowie diversen Moderationsmethoden, die mit Tipps und Tricks zum Ausprobieren sehr gut erläutert sind, bettet das Buch die reinen technischen Aspekte des Moderierens in die Kontexte der Gruppendynamik, des Perspektivwechsels und der Führung ein. Man hat es ja schließlich mit Menschen zu tun und kommt daher unweigerlich mit Aspekten aus diesen Gebieten in Berührung. Durch geschickte Querverweise im Text kann man den ursprünglich gewählten Pfad verlassen und sich einem dieser Themen der Metaebene weiter widmen, wenn man möchte. Wichtige gruppendynamische Aspekte wie „Störungen haben Vorrang“ geraten auf diese Wiese immer wieder in den Fokus, da sie die beste Moderationsmethode torpedieren können.

Zusätzlich sind die Grundstruktur der Moderation sowie verschiedene Techniken in klaren Abbildungen und Diagrammen in unterschiedlichen Stilen erstellt, auf deren Einsatz und Wirkweise im letzten Kapitel Bezug genommen wird. Somit kann man neben dem Moderieren und vielen kognitionspsychologischen Aspekten, für die bei weiterem Interesse die wissenschaftlichen Quellen angegeben sind, auch gleichzeitig noch etwas über graphische Darstellungsmöglichkeiten lernen. Überhaupt sind die Evidenzen gut ausgewählt und platziert. Darüber hinaus wirken nützliche Hinweise in diesem Buch nie belehrend, sondern auf angenehme Weise wertschätzend und wirklich hilfreich, auch wenn es sich um eigentlich selbstverständliche Dinge handelt, die jedoch manchmal sogar bei Profis versehentlich auf der Strecke bleiben. Zum Beispiel, dass das Projekt der moderierenden Person die Gruppe ist. Oder, dass man auf die Lösungen fokussieren soll und nicht auf die Probleme. Und, dass es sich lohnt vor einem Workshop zu prüfen, ob der Flipchart-Ständer wackelt oder die Filzstifte leer sind. Besondere Fettnäpfchen, in die moderierende Personen tappen können und wie man sie vermeiden kann, sind mit einem Achtungsschild am Rand versehen, was das Auffinden erleichtert, wenn man schnell noch mal etwas nachschlagen möchte. Auch die Grundannahmen zu menschlicher Kommunikation, die in hitzigen Debatten manchmal verloren gehen, werden – an verschiedenen Stellen wie zufällig in Fußnoten – ins Bewusstsein gebracht („Gehen Sie immer davon aus, dass andere Menschen zunächst einmal ok sind.“).

Zufällig aber ist an diesem Buch gar nichts. Die Themen und Zusammenhänge sind hervorragend durchdacht und recherchiert. Alles soll beim Lesen so angenehm wie möglich sein. Dazu gehört auch, dass das Buch sowohl als gebundene Version als auch als digitale Version erhältlich ist, was ebenfalls die Vorlieben der Lesenden berücksichtigt. Passend zur zunehmenden Digitalisierung gibt es – natürlich in beiden Versionen – auch ein Kapitel zur Online-Moderation. Am wichtigsten ist jedoch, dass sich die Autoren selbst als Lernende verstehen und in ihrem Buch den Wechsel von der Sach- auf die Metaebene und wieder zurück sehr kunstvoll moderieren – darin besteht die Kompetenz, die es beim Moderieren zu zeigen gilt. Sie formulieren Erwartungen an die Lesenden und ermuntern sie gleichzeitig, Rückmeldungen zu geben, ob das Buch zur individuellen Umsetzung des Moderierens beigetragen hat. Mein Fazit: das vergnüglichste und lehrreichste Fachbuch, das ich seit langem gelesen habe.


Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel hat.