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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Interdisziplinäres interaktives Blended-Learning-Konzept in Pandemiezeiten – Schmerzmedizin „Total Digital“

Artikel Schmerzmedizin

  • corresponding author Lisa Schramm - Universitätsklinikum Erlangen, Anästhesiologische Klinik, Erlangen, Deutschland
  • Patrick Friedrich - Universitätsklinikum Erlangen, Anästhesiologische Klinik, Erlangen, Deutschland
  • Jürgen Schüttler - Universitätsklinikum Erlangen, Anästhesiologische Klinik, Erlangen, Deutschland
  • Björn Lütcke - Universitätsklinikum Erlangen, Anästhesiologische Klinik, Erlangen, Deutschland

GMS J Med Educ 2022;39(1):Doc6

doi: 10.3205/zma001527, urn:nbn:de:0183-zma0015277

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2022-39/zma001527.shtml

Eingereicht: 29. Januar 2021
Überarbeitet: 6. September 2021
Angenommen: 24. September 2021
Veröffentlicht: 15. Februar 2022

© 2022 Schramm et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Einleitung: Schmerzmedizin ist an mehreren Stellen des medizinischen Curriculums verortet. In der Pandemiesituation musste ein Online-Lehrkonzept für Q14 erarbeitet werden, das mehrere Fachdisziplinen einschließt. Ziel des Projektes war es, eine vollständig digitalisierte Lernplattform für den Querschnittsbereich Q14 zu schaffen, die allen beteiligten Disziplinen die Adressierung der verschiedenen Lernziele ermöglicht, ohne eine praktische Komponente zu verlieren.

Projektbeschreibung: Zunächst wurden die Erwartungen der Studierenden an die Lehre im Bereich Schmerzmedizin mittels einer Umfrage unter Medizinstudierenden erfasst. Auf Grundlage dessen wurde ein Lehrmodul im Blended-Learning-Format erarbeitet, das aus zwei Anteilen bestand. Innerhalb einer digitalen Lernplattform wurden durch die Studierenden zunächst aufeinander aufbauende Lerneinheiten über ein interaktives Lern-Management-System verpflichtend absolviert. Es folgte eine Präsenzphase (Online-Zoom-Seminar) in der, unter Anleitung durch Lehrpersonal, zunächst die Therapievorschläge der einzelnen Fallbeispiele aus dem vorangegangenen Lernprogramm reflektiert wurden. Im zweiten Teil wurde das erarbeitete Wissen an einem Schauspielpatienten angewendet. Eine Evaluation des Online-Moduls erfolgte via Freitext-Antworten und Selbsteinschätzung der Bearbeitungsdauer. Das ZOOM-Seminar wurde Anhand einer Einschätzung der Lehrenden evaluiert.

Ergebnisse: Die Umfrage unter Studierenden ergab den Wunsch nach praxisnaher Ausbildung ohne „Frontalunterricht“. Das entstandene Projekt realisierte diesen Aspekt durch die Theorie-Vermittlung während eines Online-Moduls mit Fallvignetten und interaktiven Lernaufgaben. Die anschließende Online-Präsenzzeit während des ZOOM-Meetings ermöglichte es den Studierenden, die gelernten Inhalte zu wiederholen und zu vertiefen und individuelle Fragen zu stellen. 170 Studierende absolvierten das gesamte Online-Programm, davon lagen für 75 Studierende Evaluationsdaten vor. Die Selbsteinschätzung der Bearbeitungsdauer lag im Durchschnitt bei 4–6 Stunden. Im freien Feedback wurden 90 Aspekte angesprochen, darunter vor allem inhaltliche Anmerkungen (43%), Lob (33%) und Anmerkungen zu technischen Problemen (23%). Nach Einschätzung der Moderatoren können die Studierenden in der Präsenzphase die Schmerzanamneseerhebung strukturiert durchführen, allerdings stellt die Unterbreitung des Therapievorschlages eine besondere Hürde dar.

Schlussfolgerung: Mit dem vorgestellten Blended-Learning-Konzept ist es möglich die verschiedenen Lehrbereiche und die Interdisziplinarität von Q14 suffizient zu adressieren. Nach weiterer Bearbeitung und Verbesserung des Projektes ist eine kontrollierte und umfangreichere Erhebung von Evaluationsdaten nötig, um den Nutzen der Plattform für die Studierenden im Hinblick auf das Erreichen von definierten Lernzielen weiter zu untersuchen.

Schlüsselwörter: COVID-19, Digitalisierung, E-Learning, Blended-Learning, Schmerzmedizin


1. Einleitung

Schmerzmedizin ist an mehreren Stellen des medizinischen Curriculums verortet. In vielen Fachdisziplinen finden sich schmerzmedizinische Lernziele, die in Q 14 zusammengefasst werden. Innerhalb des Querschnittsbereiches sollen übergeordnete Lernziele abgebildet werden, die im Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) festgelegt werden. Dazu gehören verschiedene Kompetenzen, wie Schmerzen zu identifizieren, Behandlungsmethoden anzuwenden bzw. zuzuweisen und Hauptsymptome zu identifizieren [http://www.nklm.de], [1], [2]. Unterschiedliche Lehrkonzepte und Ausbildungsschwerpunkte der an Q14 beteiligten Disziplinen (Anästhesiologie, Psychosomatik, Neurologie, Pädiatrie, Palliativmedizin) stellen eine Herausforderung für die Lehre dar. Das Vorwissen der Studierenden im Bereich der Schmerzmedizin ist ebenso heterogen. Vor diesem Hintergrund haben wir bereits im Herbst 2019 ein Blended-Learning-Konzept erarbeitet, in dem die Bedürfnisse der Studierenden und der Fachdisziplinen gleichermaßen eingehen („SchmerzAktiv 2.0“, siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Durch die Pandemiesituation im Frühjahr 2020 und die Notwendigkeit der Digitalisierung der Lehrveranstaltungen hat die Weiterentwicklung des Projektes eine nicht geahnte Geschwindigkeit aufgenommen. Umgesetzt wurde das Konzept durch zwei aufeinanderfolgende Lehranteile. Die Studierenden absolvierten zunächst ein E-Learning-Modul und nahmen anschließend an einem Präsenzseminar teil, das aufgrund der COVID-19-Pandemie als Online-Gruppenseminar stattfand. Ziel des Projektes war es, eine vollständig digitalisierte Lernplattform für den Querschnittsbereich Q14 zu schaffen, die allen beteiligten Disziplinen die Adressierung der verschiedenen Teilbereiche von Q14 ermöglicht, ohne eine praktische Komponente zu verlieren.


2. Projektbeschreibung

Die Entwicklung des gesamten Lehrmoduls erfolgte in Anlehnung an die evidenzbasierte Systematik zur Entwicklung medizinischer Curricula nach Kern [3] (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

In einer Bedarfsanalyse wurden im Sommersemester 2019 zunächst die Erwartungen der Studierenden an die Lehre im Bereich der Schmerzmedizin erfasst (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Dies erfolgte mittels einer Umfrage unter 60 Studierenden im 9. Semester an der medizinischen Fakultät der FAU Erlangen durch studentische Hilfskräfte. Die Studierenden hatten durch eine offene Fragestellung („Welche Wünsche und Erwartungen haben Sie an die Lehre im Bereich Schmerzmedizin?“) die Möglichkeit, ihre Vorstellungen frei zu äußern. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse der Semesterevaluationen des Studiendekanats einbezogen. Die Ergebnisse wurden anschließend mit den technischen Möglichkeiten der Lernplattform ILIAS abgeglichen. In Anlehnung an das „Kerncurriculum Schmerzmedizin für die Lehre für ein Querschnittsfach Schmerzmedizin nach der neuen AO“ der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. [4], [5] und in Überschneidung an den Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) wurden im nächsten Schritt drei übergeordnete Lernziele definiert als

1.
die Fähigkeit zum Erheben einer strukturierten Schmerzanamnese,
2.
der Fähigkeit akute Schmerzen mit grundliegenden Algorithmen zu behandeln und
3.
die Fähigkeit Risikofaktoren für Chronifizierung von Schmerz zu erkennen.

Im Wintersemester 2019/2020 erfolgte darauf basierend die Erstellung des Lehrkonzeptes und die Entwicklung der benötigten Inhalte, die für die Freischaltung der ersten Version des Online-Moduls im Sommersemester 2020 nötig waren. Aufgrund der im Verlauf des Semesters erhobenen Evaluationsdaten sollte das gesamte Lehrformat anschließend weiterentwickelt und verändert werden (für das Wintersemester 20/21). Die beschriebenen Schritte sind in Abbildung 1 [Abb. 1] nochmals illustriert.

Der Entstehungs- und geplante Umsetzungsprozess wurde von Mitarbeiter*innen der anästhesiologischen Klinik erarbeitet und anhand eines Posters dargestellt. Nach der Erfassung der Herausforderungen der Lehre in der Schmerzmedizin und den Vorstellungen der Studierenden, der Festlegung der Lernziele und des Lehrkonzeptes sollte eine Umwandlung des bisherigen Präsenzmodells in ein Blended-Learning-Konzept stattfinden (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], oberer Teil). Grundpfeiler des Konzeptes stellt dabei das problemorientierte Lernen („POL“) in Kleingruppen dar. Dies sollte vor allem anhand von Fallbeispielen in Form von Fallvignetten aber auch Schauspielpatient*innen geschehen (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], unterer Teil rechts). Die Weiterentwicklung und Implementierung des Projektes sollte während der folgenden Semester in mehreren Schritten stattfinden. Ziel war es, allmählich weitere Lernmethoden, wie Videos und interaktive Elemente in die Lernplattform einzuarbeiten. Als letzten Schritt sollten weitere Fachdisziplinen eingeschlossen werden (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], STEP 1-3). Eine Übersicht über die Entwicklung und die zunächst geplanten Implementierungsphasen des gesamten Projektes wird in Abbildung 2 [Abb. 2] dargestellt.

Im Sommersemester 2020 wurde zunächst der erste Schritt, der vor allem die theoretische Wissensvermittlung (Lernfolien), die Erarbeitung von Fallbeispielen und Interaktion mit Simulationspatient*innen beinhaltete, vollständig in der studentischen Lehre umgesetzt (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], „STEP 1“). Im Learning-Managementsystem ILIAS (open source e-Learning e.V.) wurden von den Studierenden in einem Blended-Learning-Konzept zunächst aufeinander aufbauende Lerneinheiten in einem selbstgesteuerten Rotationsmodell [6], [7] verpflichtend bearbeitet. Der Zugang zum Modul wurde eine Woche vor dem geplanten Präsenzseminar zur Bearbeitung freigeschaltet. Das Durchlaufen der Lernplattform fand anschließend asynchron statt. So hatte jede/r Student*in die Möglichkeit, die Thematik in eigenem Tempo und zu selbst bestimmten Zeitpunkten, evtl. auch mit Unterbrechung des Moduls, zu bearbeiten. Die Lerninhalte im Online-Modul waren dabei interaktiv und disziplinär aufgebaut (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Sie beinhalteten u.a. Lernfolien, ein WHO-Stufenschema-Puzzle, Zwischenfragen im MC-Format und darauf aufbauende Fallvignetten verschiedener Schmerzpatienten mit Audiodateien und Situationsbildern (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]). Für die Fallbeispiele sollten die Studierenden eigene Therapievorschläge entwickeln, die in der anschließenden Präsenzphase präsentiert und diskutiert werden.

Die darauf aufbauende Präsenzphase fand in einer synchronen Lehrveranstaltung als ca. zweistündiges ZOOM-Seminar (3 Unterrichtseinheiten, UE) in Gruppen von 20 Studierenden statt. Voraussetzung war die vollständige Bearbeitung des vorangegangenen Online-Anteils. Die Leitung des Seminars oblag jeweils einem/r von drei ärztlichen Kolleg*innen, die schmerzmedizinisch erfahren sind und zuvor bezüglich der Durchführung und Inhalte des Seminars geschult wurden. Zu Beginn der Veranstaltung wurden gemeinsam zunächst die Therapievorschläge der einzelnen Fallbeispiele aus dem Online-Modul reflektiert und anschließend gezielt auf Fragen eingegangen.

Im zweiten Teil wurde das erarbeitete Wissen in einem Gespräch mit einem Simulationspatienten angewendet (siehe Abbildung 4 [Abb. 4]). Der engagierte Schauspieler wurde zu Beginn des Semesters mit seiner Rolle vertraut gemacht und durch schmerzmedizinisch erfahrene Kolleg*innen entsprechend geschult. Hierbei wurde sowohl auf sprachliche, als auch auf nonverbale Kommunikation und bestimmte Gestik und Mimik geachtet.

Während des Seminars nahm ein*e Student*in die Arztrolle ein. Die Aufgabenstellung für diesen Part bestand darin, während eines empathischen Patientengesprächs, eine strukturierte Schmerzanamnese zu erheben und dem Patienten anschließend einen Therapievorschlag zu unterbreiten. Die weiteren Studierenden erhielten Beobachtungsaufgaben (Kommunikation, Arzt-Patient-Beziehung, Therapievorschläge, Medizinische Aspekte etc.). Nach Abschluss des Patientengesprächs wurden diese Aspekte zusammengetragen und in der Gruppe diskutiert.

Das Konzept war in der Planung von 2019 zunächst für die Akutschmerztherapie und den Bereich der Anästhesiologie ausgelegt. Durch die Corona-Pandemie wurde es allerdings bereits im frühen Stadium der Projektentwicklung nötig, auch weitere Disziplinen einzuschließen. So gelang es im Sommersemester 2020 die Fachgebiete der Neurologie und Psychosomatik zu integrieren.

Die Evaluation erfolgte in dieser Projektphase nach Absolvierung des Onlinemoduls und war in dieses integriert. Es wurden soziodemographische Daten und eine Selbsteinschätzung der Bearbeitungsdauer erhoben. Außerdem hatten die Studierenden die Möglichkeit via Freitextkommentar ein offenes Feedback abzugeben. Diese Kommentare wurden gesichtet und inhaltlich verschiedenen Aspekten zugeordnet. Anmerkungen, die mehrfach von Studierenden angesprochen wurden, wurden beispielhaft dargestellt. Kategorielle Ergebnisse wurden als absolute und relative Häufigkeiten angegeben. Die Präsenzphase (Online-ZOOM-Seminar) wurde Anhand einer Einschätzung des Lehrpersonals im persönlichen Gespräch evaluiert.


3. Ergebnisse

In der durchgeführten Umfrage unter den Studierenden kristallisierte sich der Wunsch nach einer fallbasierten, praxisnahen Ausbildung heraus. Theoretische Inhalte sollten online vermittelt werden, um so genannten „Frontalunterricht“ zu vermeiden. Außerdem wünschten sich die Studierenden Lehre mit Kontakt zu Patient*innen (siehe Abbildung 1 [Abb. 1], „Blitzlicht“). Die Präsenzzeit sollte effektiver zum praktischen Üben, aber auch zur Klärung von Fragen genutzt werden. Diese Ergebnisse legten ein Blended-Learning-Konzept nahe, in dem Online-Theorieunterricht und Präsenzphasen vereint werden [7], [8], [9]. Praxisnähe und fallbasiertes Arbeiten wurden einerseits durch mehrere Patientenfälle in der Onlinephase realisiert und andererseits zur weiteren Wissensvertiefung durch Training an einem Schauspielpatienten während der Präsenzphase umgesetzt. Durch die verpflichtende Absolvierung des vorangehenden Online-Teils wurde ein einheitlicher Erwartungshorizont für die Studierenden vorgegeben. Dieser dient ihnen in der folgenden Präsenzphase zum einen als Werkzeug zur aktiven und effektiven Teilnahme am Seminar. Zum anderen stellt er auch einen Leitfaden für die Gestaltung des Meetings durch die Lehrenden dar. Anhand von praktischen Fallbeispielen mit einem Schauspielpatienten wurde innerhalb der Gruppenseminare eine strukturierte Schmerzanamnese erhoben und die gelernten Inhalte damit wiederholt und vertieft. Durch dieses Konzept ist für die Studierenden sowohl ein aktives Training am Patientenbeispiel, als auch die individuelle Berücksichtigung von Fragen und Unklarheiten möglich. Durch die Corona-Pandemie und die daraus folgenden Einschränkungen für Präsenzphasen in der studentischen Lehre wurde das Gruppenseminar im Sommersemester 2020 als ZOOM-Meeting vollständig online durchgeführt.

170 Studierende absolvierten die Onlinephase und das ZOOM-Präsenzseminar. Davon lagen für 75 Studierende Daten vor. Die Studierenden befanden sich im 9.-11. Studiensemester. 90% (n=68) gaben Deutsch als ihre Muttersprache an. Die Selbsteinschätzung der Bearbeitungsdauer lag im Durchschnitt bei 4–6 Stunden (ca. 8 UE). Im freien Feedback wurden insgesamt 90 Aspekte angesprochen. Darunter inhaltliche Fragen und Anregungen (n=39, 43%), technische Probleme (n=21, 23%) und Lob (n=30, 33%). Die Ergebnisse sind in Abbildung 5 [Abb. 5] dargestellt.

Aspekte, die in den Freitextkommentaren der Studierenden mehrfach genannt wurden, sind in Abbildung 6 [Abb. 6] beispielhaft dargestellt.

Nach Einschätzung der Lehrenden können die Studierenden in der ZOOM-Präsenzphase die Schmerzanamneseerhebung strukturiert durchführen. Die anschließende Unterbreitung des Therapievorschlages stellt nach ihrer Meinung allerdings eine große Herausforderung dar.


4. Diskussion

Lehre in der Schmerzmedizin birgt grundsätzlich mehrere Herausforderungen. Zum einen ist der Themenbereich an verschiedensten Stellen im Verlauf des medizinischen Curriculums verortet. Zum anderen haben multiple Fachdisziplinen Berührungspunkte und Lehrinhalte zu schmerzmedizinischen Inhalten. Dieser Umstand führt zu einem sehr schwankenden Vorwissen der Studierenden und erschwert zusätzlich eine homogene und handfeste Ausbildung in diesem Bereich, der im medizinischen Alltag von großer Bedeutung ist.

Auf eine ähnliche Problematik stießen Schulz et al. bei der Entwicklung eines Lehrkonzeptes im Bereich der Palliativmedizin. Sie konnten zeigen, dass digitale Lehrkonzepte, Blended-Learning und interprofessionelle Lehrformate eine Möglichkeit bieten, dieses komplexe Fachgebiet abzubilden [10]. Auch Ruiz und Kollegen sehen in der Verbindung von digitalen Blended-Learning-Konzepten und traditioneller Lehre eine große Chance für die medizinischen Ausbildung [11]. Vor diesem Hintergrund stellte sich ein Blended-Learning-Konzept als geeignetes Format dar, um die Lehre im Querschnittsbereich 14 neu zu gestalten. Durch den zusätzlichen Einsatz von Simulationspatient*innen können Studierende die zuvor erlernten Inhalte praktisch anwenden. Sie sind ein gutes Werkzeug, um Fallbeispiele und verschiedene Gesprächssituationen realistisch darzustellen, wie Schulz und Kollegen ebenfalls zeigen konnten [12]. Durch die Pandemiesituation war eine Zusammenarbeit von verschiedenen Fachdisziplinen mit unterschiedlichen Ausbildungskonzepten und -schwerpunkten nötig. Die interdisziplinäre Kommunikation und Verknüpfung wurde durch den vorhandenen Zeitdruck merklich beschleunigt, sodass eine einheitliche Bereitstellung von Inhalten aller Abteilungen über eine gemeinsame Onlineplattform realisiert werden konnte.

Basierend auf dem Feedback der Studierenden wäre im Online-Lernmodul eine weitere Ausarbeitung der Lernfolien (z.B. mit Vertonung und Möglichkeit zum Download) wünschenswert. Außerdem müssen mehr verschiedene Fallbeispiele entwickelt werden, um die Lernplattform noch abwechslungsreicher zu gestalten. Die Präsenzphase wurde, anders als ursprünglich vorgesehen, als ZOOM-Video-Seminar abgehalten. Hier zeigte sich, dass Studierende in einem ZOOM-Meeting Gespräche mit Schauspielpatient*innen durchführen und anschließend auch Therapievorschläge vorstellen können. Die Unterbreitung der Therapieschemata stellt dabei eine besondere Hürde dar. Durch ein Best-Practice-Beispiel (z.B. als Video in der Onlinephase) könnte diesbezüglich mehr Sicherheit für die Studierenden in der Arztrolle gewährleistet werden. Darüber hinaus könnten Aspekte der Anamneseerhebung und der Ausarbeitung von Therapieansätzen mit einem interaktiven Video im H5P-Format praktischer veranschaulicht werden (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], „STEP2“). Die Studierenden hätten damit eine bessere Möglichkeit, die verschiedenen Phasen der schmerzmedizinischen Betreuung zu erfassen. Im Laufe des Semesters gab es durch die Lehrenden immer wieder Rückmeldungen bezüglich des zeitlichen Umfangs der Seminare. Das e-Learning-Modul wurde mit ca. 8 UE angesetzt (je nach Bearbeitungsdauer der Studierenden) und die Präsenzphase mit 3 UE. Bezogen auf das Präsenzseminar wurde im Feedback der Lehrenden und der Studierenden deutlich, dass die veranschlagte Zeit in vielen Fällen nicht ausreichte, um alle Fragen und Anmerkungen im Detail zu besprechen. Zusammen mit dem weiteren Aspekt, dass Schauspielpatient*innen ein gutes Instrument darstellen, um die gelernten Fertigkeiten zu vertiefen, wäre eine Ausweitung der Präsenzphasen auf mehr Unterrichtseinheiten im nächsten Semester wünschenswert. So könnten weitere Schauspielpatient*innen in verschiedenen Rollen eingebunden werden und mehr Studierende hätten die Möglichkeit, in die ärztliche Position zu schlüpfen. Wünschenswert wäre in Zukunft zudem die Integration von weiteren Fachabteilungen, wie die Pädiatrie und die Palliativmedizin (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], „STEP 3“).

Limitationen der Studie

Der gesamte Entwicklungs- und Implementierungsprozess des beschriebenen Projektes war mit einem enormen Aufwand an personellen und finanziellen Ressourcen verbunden. Gerade in Zeiten von COVID-19, wo jede Ressource im klinischen Alltag (auf Intensivstation, im OP etc.) benötigt wurde, fiel es oftmals schwer, die nötige Zeit und Personalstärke für die Umsetzung des Projektes zu stemmen. Großen Einfluss auf die erfolgreiche Umsetzung des Projektes hatte sowohl das hohe Engagement unserer Arbeitsgruppe als auch die Unterstützung (finanziell wie personell) durch unsere Abteilung.

Eine zentrale Limitation der Ergebnisse besteht zudem in dem hohen Zeitdruck bei der Implementierung der Lernplattform, weshalb die Datenerhebung nicht als Studienkonzept ausgelegt war. Vorrangiges Ziel dieses Projektes war es zunächst zu untersuchen, ob es grundsätzlich möglich ist, ein komplexes und interdisziplinäres Fach wie Q14 überhaupt vollständig digital zu gestalten, ohne die praktische Komponente zu verlieren. Die Evaluationsdaten haben dadurch rein deskriptiven Charakter und können den Nutzen der Plattform für die Studierenden im Hinblick auf das Erreichen von Lernzielen nur begrenzt abbilden. Neben den oben beschriebenen Punkten sollte im weiteren Verlauf des Projektes eine kontrollierte und umfangreichere Datenerhebung mittels Evaluation stattfinden, um den Einfluss der Bearbeitung der E-Learning-Plattform auf den Wissensstand der Studierenden und die praktische Anwendung dessen zu untersuchen.


5. Schlussfolgerung

Die verschiedenen Teilbereiche der Schmerzmedizin (Q14) lassen sich in einem online Lehrkonzept (e-Learning und Online-Präsenzphase) sehr gut abbilden. Praxisnahe Anteile lassen sich in Arzt-Patienten Gesprächen (Studierende – Schauspielpatient*innen) gut darstellen. Interdisziplinäre Aspekte können durch fallbasiertes Lernen sowohl in der Online-Plattform, als auch in der Präsenzphase sichtbar gemacht werden.

Die Ergebnisse deuten aus unserer Sicht darauf hin, dass es auch mit einem vollständig online stattfindendem Lehrkonzept (e-Learning und Online-Präsenzphase) möglich ist, die verschiedenen Teilbereiche von Q14 suffizient abzubilden und dabei die Interdisziplinarität der Schmerzmedizin darzustellen ohne die Sichtbarkeit der Beteiligten zu verlieren.


Danksagung

Vielen Dank an unsere Kolleg*innen der anästhesiologischen Klinik und der Schmerzambulanz, die uns bei der Auswahl und Ausarbeitung der Patientenfälle und Umsetzung des Projektes fachlich beraten haben. Zusätzlicher Dank geht an unsere studentischen Hilfskräfte C. Arntzen und R. Hotop, die uns bei der Entwicklung und technischen Umsetzung des Projektes tatkräftig unterstützt haben. Vielen Dank auch an unsere Kollegin Dr. A. Schmidt aus dem Skillslab PERLE für die Beratung und das Korrekturlesen dieses Artikels. Nicht zuletzt vielen Dank an unseren Klinikdirektor J. Schüttler für die Möglichkeit dieses interessante und tolle Projekt umzusetzen.


Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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