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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Kommunikation und Tierbeobachtung in der Nutztierhaltung – Pilotierung eines Lehrprojektes in der tiermedizinischen Ausbildung

Artikel Kommunikationscurricula

  • author Sara Trittmacher - Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Außenstelle für Epidemiologie in Bakum, Bakum, Deutschland
  • author Anne Schnepf - Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung, Hannover, Deutschland; Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, WHO Collaborating Centre for Research and Training for Health at the Human-Animal-Environment Interface, Hannover, Deutschland
  • author Christin Kleinsorgen - Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, ZELDA - Zentrum für E-Learning, Didaktik und Ausbildungsforschung, Hannover, Deutschland
  • author Henrik Detlefsen - Tierarztpraxis Bethen, Cloppenburg, Deutschland
  • author Johannes Hessler - TPL Tierarztpraxis Lastrup-Löningen, Lastrup, Deutschland
  • corresponding author Amely Campe - Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung, Hannover, Deutschland; Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, WHO Collaborating Centre for Research and Training for Health at the Human-Animal-Environment Interface, Hannover, Deutschland
  • corresponding author Isabel Hennig-Pauka - Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Außenstelle für Epidemiologie in Bakum, Bakum, Deutschland

GMS J Med Educ 2021;38(3):Doc61

doi: 10.3205/zma001457, urn:nbn:de:0183-zma0014577

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2021-38/zma001457.shtml

Eingereicht: 13. Februar 2020
Überarbeitet: 7. August 2020
Angenommen: 21. September 2020
Veröffentlicht: 15. März 2021

© 2021 Trittmacher et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Im Rahmen eines Lehrprojektes sollen Studierende der Tiermedizin Tier- und Umgebungsbeobachtung und die Kommunikation darüber mit den für die Tiere verantwortlichen Personen auf schweinehaltenden Betrieben lernen. Sie werden darauf vorbereitet, Gesprächsverhalten zu reflektieren, schwierige Gesprächssituationen zu identifizieren und zielführend zu lösen. Neben Pilotierung ist die Evaluation des Lehrprojektes von Seiten der Studierenden sowie des Lehrpersonals Ziel der Untersuchung.

Methodik: Die Tierbeobachtung wird anhand eines virtuellen Bestandsrundganges auf Basis von Bildern und Videos geschult. Dabei werden didaktische Ansätze des Design-Thinking und der kreativen Walt-Disney-Methode genutzt, um eine zuvor priorisierte Problemstellung zu bearbeiten. Im Rollenspiel wird eine in der Schweinehaltung typische Konfliktsituation simuliert. Am Praxistag werden erlernte Fähigkeiten während einer Bestandsuntersuchung umgesetzt, bei der die Studierenden ihre Beobachtungen kommunizieren. Die Evaluation erfolgt mittels papierbasierter Fragebögen sowie Feedbackgesprächen.

Ergebnisse: Die Evaluationen der Studierenden sind positiv. Mehrfach wurde der Wunsch, Kommunikationslehre in das Curriculum aufzunehmen, geäußert. Für die theoretischen Lehreinheiten ist eine größere Gruppe nötig, um Interaktion durch Diversität zu erreichen. Das Erlernte wird am Praxistag zuverlässig angewandt und umgesetzt.

Schlussfolgerung: Die theoretischen Lehreinheiten bereiten die Studierenden ausführlich auf die Bestandsuntersuchung vor und schulen sie in Grundlagen der Kommunikation. Bei der Durchführung des praktischen Teils bieten sich Anpassungen in Ablauf und Schwerpunktsetzung an. Die Studierenden erachten die vermittelten Informationen und Methoden als wichtig.

Schlüsselwörter: Kommunikation, Bestandsuntersuchung Schwein, Tierbeobachtung, patientenzentrierte Ausbildung


1. Einleitung

Studierende der Tiermedizin mit dem Schwerpunkt Nutztiere sind in ihrem zukünftigen Tätigkeitsbereich mit zunehmend schwierigeren Arbeitsumständen konfrontiert. Kaum ein anderer Wirtschaftszweig befindet sich in einem ähnlichen Spannungsfeld zwischen Tierschutz, Umweltschutz, Verbraucherschutz und Ökonomie, wie die Nutztierhaltung in Deutschland. Die Betreuung von Nutztierbeständen hat gegenwärtig das Ziel, einen hohen Gesundheitszustand und das Wohlbefinden der Tiere im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes zu bewahren. Die Einhaltung von Standards ist zu sichern sowie der Ausbruch von Tierseuchen und anderen Erkrankungen zu verhindern und frühzeitig zu detektieren. Die Aufgabe von Tierärztinnen und Tierärzten ist es, Gesundheitsstörungen auf Betrieben vorzubeugen und deren Auswirkungen durch geeignete Diagnostik und Therapie gering zu halten. Mit ihrer Expertise bezüglich Krankheiten, Infektionen, Tierwohl und Lebensmittelhygiene können Tierärztinnen und Tierärzte ein Bindeglied zwischen den gegensätzlichen Lebenswirklichkeiten der Verbraucherinnen und Verbraucher und der in der Landwirtschaft tätigen Personen sein. Für ihre Rolle als „Vermittler zwischen den Welten“ müssen sie entsprechend ausgebildet werden. Dafür ist es nicht ausreichend, während des Studiums lediglich veterinärmedizinisches Fachwissen zu vermitteln, sondern es müssen zusätzlich Einfühlungsvermögen und grundlegende kommunikative Fähigkeiten vertieft werden. Derzeit sieht das Studium der Veterinärmedizin in Deutschland in seinem Curriculum keine expliziten Pflichtlehrveranstaltungen zum Thema Kommunikation vor, obwohl die Wirksamkeit einer Beratung von einem wertschätzenden kommunikativen Austausch zwischen der die Tiere haltenden Person und der Tierärztin oder dem Tierarzt abhängt [6], [16], [18]. Inhalte werden im Hidden Curriculum oder in Wahlpflichtveranstaltungen angeboten [17], wobei diese vermehrt auf Kommunikation in der Kleintier- oder Pferdepraxis abzielen. In der Nutztiermedizin bestehen gänzlich andere Zielkonflikte und eine größere Anzahl unterschiedlicher Akteure sind auf den Betrieben in das Spannungsfeld involviert (u.a. kontrollierende Behörden, Schlachthöfe, Fleisch-vermarktende Industrie, Banken, Klima-, Bau- und Stalltechniker, Erzeugergemeinschaften, Endverbraucher). Ein weiterer Unterschied ist, dass weniger das Individualtier, sondern der ganze Bestand mit einer variablen Tieranzahl beobachtet und in der Kommunikation mit den Tierhaltenden berücksichtigt wird. Entsprechend den Ergebnissen einer Recherche ist die beschriebene Veranstaltung für den Nutztierbereich mit dem Fokus auf Kommunikation während eines Bestandsbesuchs die erste ihrer Art in Deutschland, welche als Lehrveranstaltung angeboten werden muss.

Praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzten sind die Erwartungen und Bedürfnisse der tierbetreuenden Personen nicht immer klar [7]. Landwirtinnen und Landwirte halten sich ihrerseits nicht unbedingt an die Empfehlungen der Tierärztinnen und Tierärzte [32]. Austausch und Kommunikation aller Akteure ist das wichtigste Instrument, da es darum geht, Entscheidungen im Spannungsfeld von Zielkonflikten zu treffen [18]. Darum wird aus tierärztlicher Sicht ein großer Bedarf darin gesehen, kommunikativ geschult zu sein [4], [24]. Auch wenn erste „anvertraubare professionelle Tätigkeiten“ für den Nutztierbereich definiert [9] und die Kommunikation insbesondere im bovinen Herdenmanagement elaboriert wurden [23], [24], mangelt es weiterhin an Leitfäden und innerbetrieblichen Schulungsangeboten für kommunikative Kompetenzen. Insgesamt ist die Compliance des landwirtschaftlichen Personals eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Tiergesundheit. Neben Wissen und Motivation sind auch Empathie für das Tier und die „Einstellung“ der die Tiere betreuenden Personen ein Erfolgsfaktor [22], [31]. Die Bedeutung der Einstellung und der Persönlichkeit der Tierhaltenden, die Einfluss auf die Mensch-Tier-Beziehung haben, sind wissenschaftlich bewiesen. Über die Mensch-Tier-Beziehung werden das Stress-Level der Tiere [31], [33], die Häufigkeit und Menge von eingesetzten antibiotischen Wirkstoffen [30], die Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen [5] und die Wahrnehmung und Behandlung von Einzeltieren mit länger anhaltenden Schmerzen, Leiden und Schäden [13] beeinflusst.

Die Studierenden sollen in dieser neu konzipierten Lehrveranstaltung Tierbeobachtungen gemeinsam mit dem landwirtschaftlichen Personal durchführen. Hierbei erhalten sie einen Einblick, worauf sie bei der Kommunikation achten können, um Missverständnisse oder Konflikte zu minimieren. Neue Erfahrungen und Informationen während einer gemeinsamen Bestandsuntersuchung können durch Bewusstmachung von Zuständen zur Änderung von Einstellungen führen [31]. Bei den Studierenden kann Wissensvermittlung über unterschiedliche Kommunikationsmodelle und -strategien, Rollenverhalten und Gesprächsaufbau das Bewusstsein für Konflikte in der Kommunikation mit Tierhaltenden schärfen und bereits kurzfristig und nachhaltig zu einem Lernerfolg führen [1], [10]. Als innovativer Ansatz aus der industriellen Forschung wird das Design-Thinking verwendet, welches der kreativen Entwicklung von Problemlösungen aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer dient [3]. Hierzu wird die Perspektive der zukünftigen Kundinnen und Kunden eingenommen, ein Problem ermittelt, Lösungswege beleuchtet, eine Lösung priorisiert und umgesetzt. Indem die Studierenden die Rolle der Tierbetreuenden auf ihren Betrieben einnehmen, kann ein Problem besser erfasst werden und es können kreative Lösungsmöglichkeiten entstehen. Eine weitere Kreativmethode, die in der Lehrveranstaltung zur Anwendung kommt, ist die Walt-Disney-Methode [8]. Bei dieser Methode werden die Rollen des Realisten, des Träumers und des Kritikers auf die Studierenden verteilt und dann über Lösungen zu einem vorher definierten Problem – moderiert durch die Lehrperson – diskutiert. Der daraus entstehende Konsens berücksichtigt die Bedürfnisse und Ziele unterschiedlicher Akteure.

Insgesamt ist die Zielsetzung dieser Studie die Evaluation eines Lehrprojektes inklusive Kommunikationstraining, welches spezifisch für die Vermittlung von kommunikativen Kompetenzen im Bereich der Tierbeobachtung und Bestandsbetreuung in der Nutztiermedizin entwickelt wurde. Die Evaluation erfolgt aus Sicht der Studierenden sowie der Dozierenden mit dem Ziel der Weiterentwicklung und Optimierung des Lehrkonzeptes.


2. Projektbeschreibung – Methode

2.1. Positionierung der Lehrveranstaltung

Die Lehrveranstaltung wurde sechs Mal im Wintersemester 2019/2020 im neunten Fachsemester des Veterinärmedizinstudiums, dem sogenannten „Praktischen Jahr“, durchgeführt [34]. Sie wurde in der Schwerpunktausbildung „Schwein und Geflügel“ an der Tierärztlichen Hochschule Hannover angeboten. In Dreiergruppen durchlaufen Studierende jeweils vierzehntägige Lernphasen in der Klinik für Kleine Klauentiere (Schweine und kleine Wiederkäuer), der Geflügelklinik, der ambulatorischen Klinik (Ambulante Behandlungen von Großtieren auf Betrieben) und der Außenstelle für Epidemiologie (AfE). Die AfE, an der die neue Lehrveranstaltung in der zweiten Woche stattfand, ist eine diagnostische Einrichtung in einer Region mit einer hohen Dichte an schweinehaltenden Betrieben. Grundsätzlich sollen in dieser Phase des Studiums die theoretisch erarbeiteten Lehrinhalte der letzten Jahre aus den unterschiedlichen Fachdisziplinen im praktischen Umfeld angewandt werden. Dies erfordert die Analyse einer konkreten Situation, ihre Bewertung und den ersten Schritt in die Richtung einer erforderlichen Handlung [3].

Die Lehrveranstaltung wurde wechselnd von einer einzelnen Lehrperson aus einer Gruppe von vier Tierärztinnen und Tierärzten abgehalten, die alle Lehrerfahrung besitzen und sich selbst im Rahmen der Personalentwicklung in Bezug auf Kommunikationsstrategien und didaktische Methoden fortbilden. Während alle vier Personen wechselweise in den theoretischen Teil der Lehrveranstaltung eingebunden waren, wurde der praktische Teil jeweils von einer von zwei Lehrpersonen durchgeführt.

2.2. Der theoretische Teil der Lehrveranstaltung

Der theoretische Teil der Lehrveranstaltung besteht aus zwei Teilen mit je vier Lehreinheiten, deren Lehrkonzepte mit Zeitplan und Methoden in Tabelle 1 [Tab. 1] und Tabelle 2[Tab. 2] zusammengefasst sind.

Im ersten Teil, der von der AfE durchgeführt wird, steht die Wahrnehmung der Tiersignale und -umgebung im Mittelpunkt. In der Einleitungsphase führen die Studierenden eine Analyse der Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen (SWOT-Analyse [15]) der AfE, basierend auf ihren Erfahrungen und Erlebnissen der ersten Woche durch. Dabei machen sie sich mit der Methode vertraut, die auch auf dem landwirtschaftlichen Betrieb durchgeführt wird. Innerhalb von drei Minuten werden in jedes der vier Felder (Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken) mindestens drei Ideen eingetragen, bevor der Zettel an die nächste Person weitergegeben wird und der Prozess erneut beginnt. Die so gesammelten Gedanken werden anschließend besprochen und zusammengefasst. In einem einführenden Referat wird dargestellt, dass es Bereiche in der Nutztiermedizin gibt, für die die Bedeutung der Einstellung und der Persönlichkeit des Tierhaltenden wissenschaftlich bewiesen wurde. Für die nächste Arbeitsphase wird der Ansatz des Design-Thinking vorgestellt, bei dem die Studierenden die Perspektive der tierhaltenden Person einnehmen [3]. Darauf basierend erleben die Studierenden einen virtuellen Bestandsrundgang durch die Augen des landwirtschaftlichen Personals. Tiersignale und Umgebungsfaktoren sollen beobachtet und priorisiert werden. Die Gruppe einigt sich auf einen sich daraus ergebenden Problemkreis, für den nach der Walt-Disney-Methode [8] eine Lösung erarbeitet wird, die für alle annehmbar ist. Anschließend werden der Praxistag auf dem Bestand mit den Schlüsselfragen (siehe Tabelle 3 [Tab. 3]) an die Landwirtin bzw. den Landwirt und die einzelnen Untersuchungsprotokolle erläutert. Abschließend werden offene Fragen beantwortet und die Ergebnisse gesichert.

Der zweite theoretische Teil wird vom Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung (IBEI) durchgeführt.

Während der Einleitungsphase werden die Studierenden mit Fragen bezüglich ihrer bisherigen Erfahrungen und ihres Vorwissens auf die folgende Lehreinheit eingestimmt. Im anschließenden Rollenspiel wird eine in der tierärztlichen Bestandsbetreuung von Schweinebetrieben häufig vorkommende Konfliktsituation simuliert. Die Kommunikation und Gefühle, die in dem Rollenspiel entstehen, dienen als Grundlage für die folgenden unterschiedlichen theoretischen Ansätze.

In der ersten Arbeitsphase werden das in der Transaktionsanalyse anzusiedelnde Dramadreieck [28] sowie, als Lösungsstrategie für dieses, die Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg [25] vorgestellt. Anschließend wird, durch das Einordnen einer Situation aus dem Rollenspiel und das Formulieren eines Satzes nach Rosenberg als Ausstieg, das theoretische Wissen praktisch angewandt und vertieft.

Während der zweiten Arbeitsphase werden zuerst die Bedürfnisse und Aufgaben einer Tierärztin oder eines Tierarztes von den Studierenden erarbeitet und anschließend das Auftraggeber-Auftragnehmer-Modell (auch: Principle-Agent-Theorie [21]) erläutert. Hierbei wird insbesondere auf verschiedene Vertragsmodelle in der Tiermedizin hingewiesen und die Sonderrolle der Studierenden während des Bestandsbesuches herausgearbeitet. Da die Kooperations- und Änderungsbereitschaft des landwirtschaftlichen Personals einen essentiellen Teil der tierärztlichen Behandlung darstellt, wird den Studierenden mit Hilfe des „Rubikonmodells der Handlungsphasen“ [12] erläutert, woran sie erkennen können, an welchem Punkt sich die Landwirtin oder der Landwirt in der Entscheidung befindet. Eventuelle Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Entscheidung werden identifiziert.

Während der Abschlussphase werden die behandelten Themen zur Sicherung kurz von der Lehrperson zusammengefasst und offene Fragen geklärt.

2.3. Praxisteil: Tierbeobachtung und Kommunikation auf dem Betrieb

Der praktische Teil der Lehrveranstaltung auf einem schweinehaltenden Betrieb fand in enger Abstimmung mit den bestandsbetreuenden Tierärzten zwei Tage nach der theoretischen Lehreinheit statt. Dieser folgt einem festen Ablaufplan (siehe Tabelle 3 [Tab. 3]), damit sich die Studierenden während der komplexen Bestandssituation auf Tierbeobachtung und Kommunikation fokussieren können. Eingeplant sind sechs Lehreinheiten (4,5 Zeitstunden), die jedoch abhängig von der Größe des Betriebes und dem Ausmaß der Probleme variieren. Während sich die Studierenden alleine die Umgebung und Tiere anschauen und ihre Beobachtungen notieren, führt die Lehrperson ein Anamnesegespräch. Nach Art eines „Hebammengespräches“ zur Erhebung von Anliegen [27] wird mit offenen Fragen und einer zuhörenden Gesprächsführung das wichtigste Anliegen der Landwirtin oder des Landwirtes ermittelt. Darauf folgen Schlüsselfragen, welche aussagekräftig für Persönlichkeits- und Einstellungsmerkmale sein können (siehe Tabelle 4 [Tab. 4]). Im Anschluss gehen alle gemeinsam durch den Bestand, wobei die Studierenden ihre Beobachtungen wertfrei kommunizieren und weitere Beobachtungen notieren. Es erfolgt eine Fokussierung auf das im Anamnesegespräch herausgearbeitete drängendste Problem. Die von dem Krankheitsbild betroffenen Tiere werden von den Studierenden gezählt und untersucht. Dies ermöglicht eine quantitative und qualitative Erfassung des Problems, welches mit dem landwirtschaftlichen Personal besprochen wird. Ein Forced Human Approach-Test wird als Verhaltenstests zur Beurteilung der Mensch-Tier-Beziehung durchgeführt [29]. Dabei definiert der Untersuchende ein bestimmtes Tier und nimmt mit steigender Intensität Kontakt auf. Je intensiver der Kontakt möglich ist, bevor Fluchtverhalten eintritt, desto höher ist der Score auf einer Skala von eins bis vier. Zuletzt wird mit allen Beteiligten eine SWOT-Analyse zum Betrieb durchgeführt und besprochen.

2.4. Nachbereitungsphase, Evaluierung und Ausblick

Im Anschluss an den praktischen Teil der Lehrveranstaltung erhalten die Studierenden die Gelegenheit, jeden der drei Lehrveranstaltungsteile anhand eines anonymen, papierbasierten Fragebogens zu evaluieren und ein offenes Feedback-Gespräch zu führen. Für die Evaluation wird das Lehrpersonal, der Lehrstoff, die Motivation der Studierenden, sowie der Nutzen, den sie aus dieser Lehrveranstaltung gezogen haben mittels einer fünfstufigen Skala nach dem Likert-Typ [19] (stimmt genau, stimmt, neutral, stimmt eher nicht, stimmt überhaupt nicht) bewertet. Die Evaluationen werden anschließend deskriptiv in Form von Grafiken mit SAS 9.4 (SAS Institute Inc., Cary, NC, United States) ausgewertet.

Bis zum Ende der Woche können die Studierenden die Ergebnisse der Schlüsselfragen in eine Datentabelle für spätere Auswertungen eintragen und fachliche Fragen klären. Anhand der eigenen Erlebnisse und Beobachtungen während der unterschiedlichen Teile der Lehrveranstaltung, der Bewertung durch die Studierenden und dem Abschlussgespräch evaluiert die Lehrperson die Lehrveranstaltung ihrerseits. Alle daraus gewonnenen Erkenntnisse werden in zukünftige Lehrveranstaltungen übernommen, da im Folgesemester alle Betriebe erneut mit weiteren Studierenden untersucht werden sollen. Die strategische Herangehensweise sowie die Fragebögen werden entsprechend der Projekterfahrung bis zur nächsten Bestandsuntersuchung modifiziert. Das Kernproblem wird dann auf den Betrieben erneut bewertet


3. Ergebnisse

3.1. Bewertung der Lehrveranstaltung durch die Lehrenden
3.1.1. Theoretische Lehreinheiten

Die interaktiven Lehreinheiten werden gut angenommen und die Studierenden arbeiten interessiert mit. Die vorgestellten und erarbeiteten Methoden werden verstanden und verinnerlicht, was sich durch die erfolgreiche Anwendung der erlernten Fähigkeiten während des praktischen Teils der Lehrveranstaltung zeigt. Grundsätzlich hat sich, sowohl im theoretischen als auch im praktischen Teil, die Methode der SWOT-Analyse bewährt. Durch die gezielte Reflexion und die ausgelösten Assoziationen im Rahmen des Brainstormings lässt sich schnell eine Analyse von Bedingungen und Situationen durchführen, die eine sehr gute Diskussionsgrundlage darstellt.

3.1.2. Praktische Lehreinheit

Die Schwerpunktthemen, die während der Bestandsuntersuchungen bearbeitet wurden, sind in Tabelle 5 [Tab. 5] zusammengefasst. Die Studierenden sind, wie in der theoretischen Einheit geübt, in der Lage, die Perspektive der tierbetreuenden Person einzunehmen. Die Einschätzung der Bestandsgesundheit durch die Studierenden entspricht in fünf von sechs Bestandsuntersuchungen der der tierbetreuenden Person.

3.2. Bewertung der Lehrveranstaltung durch die Studierenden

Die 17 Studierenden, die an dieser Lehrveranstaltung teilgenommen haben, hatten laut eigenen Angaben keine besonderen Vorkenntnisse in Bezug auf Kommunikationsstrategien. Gleichzeitig bestand das Bewusstsein für Probleme in der Kommunikation, da die Studierenden von zahlreichen individuellen Situationen bei ihren Begegnungen mit Tierärztinnen, Tierärzten und tierhaltenden Personen berichten konnten, die problematisch verlaufen waren. Die theoretischen Lehreinheiten werden durch zwölf von fünfzehn Studierende als inhaltlich bedeutend und nützlich eingeschätzt. Mindestens zehn geben an, in den verschiedenen Einheiten etwas gelernt zu haben. Das spiegelt sich auch in den Evaluationen des Praxistages wider. Sechzehn von siebzehn Studierenden verneinen, sich bei der Bestandsuntersuchung unwohl oder überfordert gefühlt zu haben. Die Kommunikation mit dem Landwirt auf dem Betrieb wird durch vierzehn von siebzehn Studierende als „eher einfach“ bewertet. Daran ist erkennbar, dass die Studierenden durch die theoretischen Lehreinheiten auf einem angemessenen Niveau auf den Praxistag vorbereitet werden. Der Schwierigkeitsgrad der Lehrveranstaltung wird von den Studierenden eher als gering eingestuft. Die Motivation der Studierenden war sehr unterschiedlich, wurde aber durch die Lehrveranstaltung leicht verbessert. Insgesamt ist die Lehrveranstaltung von den Studierenden sehr gut angenommen und positiv bewertet worden (siehe Abbildung 1 [Abb. 1], Abbildung 2 [Abb. 2] und Abbildung 3 [Abb. 3]). Im persönlichen Gespräch mit den Studierenden wurde mehrfach der Wunsch geäußert, eine Lehreinheit zur Kommunikation in das Curriculum aufzunehmen und diese als essentiellen Bestandteil der tierärztlichen Ausbildung für alle Studierenden zu etablieren.

3.3. Bewertung der erhobenen Daten

Anhand statistischer Befundauswertungen kann nach Folgebesuchen festgestellt werden, ob die erarbeiteten und umgesetzten Lösungsvorschläge wirksam waren. Dies kann im besten Fall einen Rückschluss auf die Wirksamkeit der durch die Lehrveranstaltung erfolgten Bestandsberatung zulassen.


4. Diskussion

4.1. Theorie

Um den Studierenden die Grundlagen der Bestandsuntersuchung zu vermitteln, hat sich in der Theorieeinheit besonders die virtuelle Bestandsbegehung bewährt.

Das Thema Kommunikation in der Nutztiermedizin wurde von den Studierenden dankbar angenommen und auch die bestandsbetreuenden Tierärztinnen und Tierärzte sehen darin einen großen Bedarf. Ebenfalls bewährt hat sich das Rollenspiel zur Aktivierung der Studierenden. Durch die fokussierte Vermittlung theoretischer Hintergründe erlangen die Studierenden einen tieferen Einblick in die jeweilige Theorie, werden aber gleichzeitig nicht mit Details überfordert. Diese Form der Lehre sollte weiterhin beibehalten werden, da durch einen Frontalunterricht die gewünschten Lernziele wahrscheinlich nicht erreicht werden können. Insbesondere für das Rollenspiel im theoretischen Teil zum Thema Kommunikation mit dem landwirtschaftlichen Personal sollte jeder Rolle eine beobachtende Person zugewiesen werden. Sich auf die Beobachtung konzentrierend, kann der Studierende verbale und nonverbale Kommunikation der Rollenperson wahrnehmen und in der anschließenden Diskussionsrunde beschreiben. Der interaktive Charakter beider theoretischer Lerneinheiten erfordert grundsätzlich eine größere Anzahl an Studierenden. Sowohl für die Rollenspiele als auch für die SWOT-Analyse ist die Anzahl von zwei bis drei Personen zu gering. Bei einer erneuten Durchführung dieser Lehrveranstaltung wird eine Vergrößerung der Gruppe auf neun Personen angestrebt, da die unterschiedlichen Arbeitsphasen durch die jeweiligen Erfahrungen und Emotionen mehrerer Teilnehmender bereichert werden.

4.2. Praxis

Die Evaluationen der Studierenden lassen darauf rückschließen, dass die Lehrperson die Unwägbarkeiten auf dem Betrieb erfolgreich auffängt, so dass die Studierenden das Erlernte in einem geschützten Rahmen anwenden und ihre Lernerfolge zeigen können (keine Überforderung mit der Gesprächssituation – siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Im Sinne des didaktischen Modells des „Constructive Alignment“ [2] wurden die oben genannten Lernziele definiert, mit den Studierenden kommuniziert und darauf abgestimmte Lehrmethoden angewendet. Eine systematische Lernerfolgskontrolle wurde bisher nicht erarbeitet, soll aber in Zukunft in die Lehrveranstaltung implementiert werden. Hierfür wird eine Kommunikationscheckliste in Anlehnung an den Calgary-Cambridge Guide [1], [18] und das Roter interaction analysis system [26] mit besonderer Berücksichtigung bestandsuntersuchungsspezifischer Items erarbeitet. Während der Bestandsuntersuchung wird diese individuell für jeden Studierenden ausgefüllt, so dass nach Abschluss der Lehrveranstaltung ein standardisiertes und individuelles Feedback gegeben werden kann.

Die Untersuchungszeit, die den Studierenden zur Wahrnehmung der Tiere und der Tierumgebung frei zur Verfügung stand, wurde von allen Studierenden immer ausgeschöpft und musste meistens durch die Lehrperson beendet werden. Um die in der Theorie erlernten Methoden der Tier- und Umgebungsbeobachtung selbstständig umsetzen und anwenden zu können, soll den Studierenden mehr Zeit für die freie Beobachtung eingeräumt werden. Zukünftig ist geplant, in einer zweiten Phase den strukturierten Beobachtungsbogen individuell ausfüllen zu lassen. Durch den Abgleich der Antworten der Studierenden in einem dritten Schritt und die Kommentierung durch die Lehrperson werden die Beobachtungen objektiviert.

Die Studierenden bewerteten die Tiergesundheit auf den Betrieben bis auf eine Ausnahme in gleicher Weise wie die tierbetreuende Person. Im Bestand 1 bewertete die Landwirtin bzw. der Landwirt die Tiergesundheit schlechter. In diesem Betrieb war den Studierenden die gute Buchtenstrukturierung und Sauberkeit, sowie das gute Allgemeinbefinden der Tiere positiv aufgefallen. Dies wurde höher bewertet, als Husten und Niesen der Tiere. Die Symptomatik der Tiere führte nicht zu einem gestörten Allgemeinbefinden und wurde überwiegend als ein Problem der oberen Atemwege eingeschätzt. Die tierbetreuende Person dagegen litt darunter, dass bei verstärktem Auftreten von Husten in der Aufzuchtphase häufiger der Einsatz von Antibiotika notwendig war. Das oberste Anliegen war daher eine Minderung der klinischen Symptome. Diese Diskrepanz macht deutlich, dass es sich bei der Situation, welche die Studierenden auf den Betrieben vorfinden, immer um eine Momentaufnahme handelt, so dass auch für die zukünftige Entwicklung auf dem Betrieb keine zu hohen Erwartungen gestellt werden sollten. In erster Linie handelt es sich um eine Lehrveranstaltung. Die Besserung der Bestandsgesundheit liegt dagegen in der Hand der tierbetreuenden Person und der bestandsbetreuenden Tierärztin, des bestandsbetreuenden Tierarztes.

Während des gemeinsamen Bestandsrundganges sollen bevorzugt anleitende Schlüsselfragen gestellt werden, die den Blick auf die wichtigen Dinge lenken, z.B. „Wie ist das Liegeverhalten der Tiere, bevor sie durch mein Erscheinen aufgeschreckt werden“. Auch das Protokoll der Lehrperson muss überarbeitet werden. So ist zum Beispiel die Antwort der Frage nach kranken Tieren im Betrieb (siehe Tabelle 4 [Tab. 4], Frage 9) nicht sinnvoll auszuwerten. Kranke Tiere treten an so vielen Orten in Betrieben und in so vielen Schweregraden und Abstufungen auf, dass alleine der Begriff „krank“ von unterschiedlichen Empfängern vielfältig interpretiert wird. Es erscheint sinnvoller, die Ausstattung und Belegung der Krankenbuchten zu betrachten und Einzeltiere, die aus tierärztlicher Sicht abgesondert werden müssten, aber noch nicht abgesondert wurden, zu zählen. Ob die Tatsache, dass solche Tiere im Bestand auffindbar sind, für einen Widerspruch in der Selbst- und Fremdwahrnehmung oder für eine schlechte Tierbeobachtung steht, kann dann im Angesicht des Tieres anhand von anderen Fragen eingekreist werden. Überflüssig, wenn auch beliebt erscheint der Forced Human Approach-Test zur Beurteilung der Mensch-Tier-Beziehung, da eine ganzheitliche Bewertung des Ergebnisses nicht möglich ist. So können Mastschweine eine negative Mensch-Tier-Beziehung zeigen, weil sie so gesund sind, dass Personen selten zu ihnen in die Bucht steigen müssen, sie also den Menschenkontakt nicht gewöhnt sind [20]. Dieser Test sollte daher nur durchgeführt werden, wenn er fachlich einen Sinn ergibt. Beispielsweise im Bereich der Reproduktion bei den Sauen, in welchem sich eine gute Mensch-Tier-Beziehung positiv auf die Fruchtbarkeit auswirkt [14].

Die SWOT-Analyse eignet sich gut für ein abschließendes Reflexionsgespräch auf dem Betrieb mit allen Beteiligten. Durch sie konnte Komplexität reduziert werden, was vor allem für die Studierenden nach der unübersichtlichen Situation im Bestand wichtig war. Ein Nachteil ist, dass die Methode in ihrer Analyse oberflächlich bleibt, da keine Priorisierung der gesammelten Informationen erfolgt und weiteres notwendiges Expertenwissen fehlt (z.B. von einer ökonomischen Beratung oder einer Stallbaufirma). Zukünftig sollte in der Nachbearbeitung auch eine Reflexion der Gesprächssituationen auf dem Betrieb erfolgen. Dafür muss sich die Lehrperson noch mehr in die beobachtende Rolle, nicht nur der Tiere, sondern auch der Menschen begeben. Die häufigste Motivation der Landwirtin oder des Landwirtes an der Veranstaltung teilzunehmen ist eine Verbesserung der Tiergesundheit durch eine professionelle und kostenlose Beratung. Die Lehrperson muss auch diesen Wunsch bedienen, welches die Lehrveranstaltung so anspruchsvoll macht. Eine geringfügige Umstrukturierung kann aber Freiräume für beides schaffen, indem die Lehrperson die Zeit, während der die Studierenden alleine ihrer Tierbeobachtung nachgehen, ausschließlich den fachlichen Fragen des landwirtschaftlichen Personals widmet.

Insgesamt ist die praktische Lehreinheit für die Lehrperson außerordentlich anspruchsvoll, da sie gleichzeitig die Studierenden anleiten, der Landwirtin oder dem Landwirt zuhören und die Tiere beobachten muss. Trotz Planung treten unvorhersehbare Situationen auf, auf welche die Lehrperson spontan und flexibel reagieren können muss. Der Zeitaufwand für alle Beteiligten ist sehr hoch. Der enge Betreuungsschlüssel und die praktischen Bezüge führen zu einer hohen Informationsdichte, die allen Beteiligten das Gefühl gibt, dass die Tage ereignisreich und ausgefüllt waren. In der Zukunft könnte der Betreuungsschlüssel auf vier bis fünf Personen im Sinne der Effektivität erhöht werden, ohne dass zusätzliche Belastungen entstehen. Trotzdem wäre der in der tierärztlichen Ausbildung vor allem von der European Association of Establishments for Veterinary Education of Europe (EAEVE) geforderte Aspekt des „Hands-on-trainings“ [11] garantiert.

In Zukunft sollte ein (wirtschaftlicher) Nutzen für den Betrieb durch die Lehrveranstaltung erkennbar werden. Ob und wie dieser erfasst werden kann, bedarf weiterer strategischer Überlegungen.

Nachdem mindestens ein halbes Jahr nach der gemeinsamen Bestandsuntersuchung vergangen war, erfolgte eine Nachbesprechung der Lehrenden mit den bestandsbetreuenden Tierärzten. Tatsächlich hatte sich auf allen Betrieben eine Besserung des in der jeweiligen Lehrveranstaltung in den Hauptfokus genommenen Problems ergeben. Diese Besserungen sind nach Ansicht der Autoren nicht auf jahreszeitlich bedingte Schwankungen oder den Zufall zurückzuführen. Diese Verbesserungen konnten von den Tierärzten mit einzelnen Maßnahmen in Verbindung gebracht werden, die eingeleitet wurden, nachdem die gemeinsame Bestandsuntersuchung erfolgt war. Ob die gemeinsame Erfahrung auf dem Betrieb den Anstoß für manche Veränderungsschritte gegeben hat, ist letztendlich nicht zu beantworten. Das Gesamtergebnis motiviert jedoch sehr, die Lehrveranstaltung in Zukunft fortzusetzen und im Curriculum fest zu etablieren.


5. Schlussfolgerung

Die theoretisch vermittelten Inhalte bereiten die Studierenden umfassend auf die Bestandsuntersuchung vor, denn im praktischen Teil kommunizieren die Studierenden ihre Beobachtungen im Stall sicher mit den für die Tiere verantwortlichen Personen. Ziel dieses Gespräches ist es, Bedürfnisse, innere Befindlichkeiten und Zielkonflikte zu erkennen, um gemeinsam zu konstruktiven Lösungen zu gelangen. Im besten Fall werden dadurch Verbesserungsprozesse auf dem Betrieb initiiert, die auf den Effekt der Lehrveranstaltung (gemeinsame, empathische Tierbeobachtung und Kommunikationserlebnis der Landwirtin, bzw. des Landwirts) zurückgeführt werden können. Insgesamt wird die Lehrveranstaltung von Studierenden und Dozierenden positiv bewertet und als notwendig angesehen.


Ethik

Das Projekt wurde dem Datenschutzbeauftragten der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover zur Prüfung vorgelegt und genehmigt. Die Anonymität der Daten war zu jedem Zeitpunkt der Studie gewährleistet.


Förderung

Die Finanzierung des Projektes mit der Nummer 123 erfolgte durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur im Rahmen der Ausschreibung: Innovative Lehr- und Lernkonzepte: Innovation Plus (2019/20).


Steckbrief

Name des Standorts: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Außenstelle für Epidemiologie, Büscheler Straße 9, 49456 Bakum und Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung und Zentrum für E-Learning, Didaktik und Ausbildungsforschung, Bünteweg 2, 30559 Hannover

Studienfach/Berufsgruppe: Veterinärmedizin

Anzahl der Lernenden pro Jahr bzw. Semester: 200

Ist ein longitudinales Kommunikationscurriculum implementiert? Nein

In welchen Semestern werden kommunikative und soziale Kompetenzen unterrichtet? 1, 2, 9 (obligatorisch), 1-4, 5-8 (optionale Wahlpflichtfächer), 1-11 (Skills Lab, E-Learning)

Welche Unterrichtsformate kommen zum Einsatz?

  • Obligatorisch: Vorlesung, Übungen in Form von Kleingruppenarbeit inkl. Gesprächssimulationen mit Schauspielern und Feedback
  • Optional: Seminare, Übungen in Form von Kleingruppenarbeit inkl. Gesprächssimulationen mit Schauspielern und Feedback, E-Learning

In welchen Semestern werden kommunikative und soziale Kompetenzen geprüft (formativ oder bestehensrelevant und/oder benotet)? Formativ in Form von Feedbackgesprächen

Bestehensrelevant im 9. Fachsemester im Praktischen Jahr der Klinik für Kleintiere

Welche Prüfungsformate kommen zum Einsatz? Feedbackgespräche, Objektiv strukturierten klinischen Prüfung (OSCE)

Wer (z.B. Klinik, Institution) ist mit der Entwicklung und Umsetzung betraut? Zentrum für E-Learning, Didaktik und Ausbildungsforschung


Aktuelle berufliche Rolle der Autor*innen

  • Sara Trittmacher: Tierärztin, tätig als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der Außenstelle für Epidemiologie in Bakum, involviert in mikrobiologische, molekularbiologische und serologische Diagnostik von Schweineerkrankungen und in Einbindung von Studierenden im Rahmen ihrer Lehrveranstaltung in praktische Labortätigkeiten, projektbezogene Entwicklung und Durchführung des neuen Lehrformates.
  • Anne Schnepf: Tierärztin, tätig als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung, statistische Versuchsplanung und Auswertung von Daten, Entwicklung und Bewertung von Persönlichkeitsfragebögen für den tiermedizinischen Bereich. Auswertung von Studien zur Einstellung von Tierbesitzern, projektbezogene Entwicklung und Durchführung des neuen Lehrformates mit Schwerpunkt Kommunikation.
  • Christin Kleinsorgen: Tierärztin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der E-Learning-Beratung des Zentrums für E-Learning, Didaktik und Ausbildungsforschung, Beratung und Schulung zum Einsatz digitaler Medien und zur Entwicklung von Lehr- und Lernangeboten zum Thema Kommunikation sowie Schlüsselkompetenzen in der Tiermedizin, Erstellung von Lernprogrammen und deren Integration ins Curriculum, Lehrveranstaltungen zum Thema Kommunikation.
  • Henrik Detlefsen: Tierarzt in spezialisierter Schweinepraxis im Oldenburger Münsterland, Betreuung von Schweinebetrieben unterschiedlicher Produktionsrichtungen und Größe, tierärztliche Beratung, Diagnostik und Prävention von Erkrankungen, Therapie, Gesundheitsmanagement von der Zucht bis zur Mast, Unterstützung der praktischen Ausbildung der Studierenden der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover in der Schwerpunktausbildung „Schwein und Geflügel“.
  • Johannes Hessler: Tierarzt in spezialisierter Schweinepraxis im Landkreis Cloppenburg, Betreuung von Schweinebetrieben unterschiedlicher Produktionsrichtungen und Größe, tierärztliche Beratung, Diagnostik und Prävention von Erkrankungen, Therapie, Gesundheitsmanagement von der Zucht bis zur Mast, Unterstützung der praktischen Ausbildung der Studierenden der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover in der Schwerpunktausbildung „Schwein und Geflügel“.
  • Amely Campe: Tierärztin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung, Leitung der Arbeitsgruppe "Tiergesundheit" mit den Arbeitsbereichen Tierwohl, Tierseuchen und Tierverhalten, Forschung zu Faktorenkrankheiten und epidemiologischen Analysemethoden für komplexe Systeme, quantitative und qualitative Studien in verschiedenen Tierpopulationen, Durchführung neuer Lehrformate mit Schwerpunkt Kommunikation im Rahmen von Veterinary Public Health.
  • Isabel Hennig-Pauka: Tierärztin, Leiterin der Außenstelle für Epidemiologie in Bakum, theoretische und praktische Lehrveranstaltungen zur Schweinemedizin mit den Schwerpunkten Bestandsdiagnostik, Infektionsmedizin, Management- und Präventionsstrategien, Tierbeobachtung. Qualitätsmanagement im akkreditierten Diagnostiklabor der Einrichtung, Forschungsprojekte im Bereich der Diagnostik und Infektionsmedizin.

Interessenkonflikt

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