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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Entwicklung eines Seminarcurriculums für die allgemeinmedizinische Weiterbildung am Kompetenzzentrum in Baden-Württemberg – ein Projektbericht

Artikel Allgemeinmedizin

  • author Sandra Stengel - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • author Christian Förster - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • author Monika Fuchs - Universitätsklinikum Ulm, Institut für Allgemeinmedizin, Ulm, Deutschland
  • author Martina Bischoff - Universitätsklinikum Freiburg, Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland
  • author Thomas Ledig - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • author Irmgard Streitlein-Böhme - Universitätsklinikum Freiburg, Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland; Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Fakultät, Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland
  • author Markus Gulich - Universitätsklinikum Ulm, Institut für Allgemeinmedizin, Ulm, Deutschland
  • author Hannah Haumann - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • author Jan Valentini - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • author Anja Kohlhaas - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • author Andreas Graf von Luckner - Universitätsklinikum Freiburg, Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland
  • author Dorothee Reith - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • author Folkert Fehr - Gemeinschaftspraxis Dr. Folkert Fehr & Dr. Jan Buschmann, Sinsheim, Deutschland
  • author Julia Magez - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • author Jessica Eismann-Schweimler - Universitätsklinikum Freiburg, Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland
  • author Joachim Szecsenyi - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • author Stefanie Joos - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • corresponding author Simon Schwill - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

GMS J Med Educ 2021;38(2):Doc36

doi: 10.3205/zma001432, urn:nbn:de:0183-zma0014321

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2021-38/zma001432.shtml

Eingereicht: 12. Mai 2020
Überarbeitet: 4. November 2020
Angenommen: 20. November 2020
Veröffentlicht: 15. Februar 2021

© 2021 Stengel et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Das Seminarprogramm der KWBW Verbundweiterbildungplus® (Kompetenzzentrum Weiterbildung Baden-Württemberg) für Ärzt*innen in Weiterbildung Allgemeinmedizin (ÄiW AM) beinhaltet jährlich weiterbildungsbegleitend und auf freiwilliger Basis 48 Unterrichtseinheiten (UE) à 45 Min pro AiW AM. Intention des Projekts war, unter Berücksichtigung der zeitlichen und finanziellen Limitationen Ziele, Themen und eine umsetzbare Struktur eines Seminarcurriculums zu entwickeln.

Methodik: Der Kern-Zyklus wurde in einem offenen, modifizierten nominalen Gruppenkonsensusverfahren in einem iterativen Prozess angewendet. Insgesamt waren 17 Expert*innen aus den allgemeinmedizinischen universitären Einrichtungen Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm sowie ein Pädiater beteiligt.

Ergebnisse: Als Hauptziel wurde definiert, ÄiW AM zu befähigen, allgemeinmedizinisch selbständig und in hoher Qualität, auch in ländlichen Gebieten, tätig zu sein. Auf Basis relevanter Rahmenstrukturen wie der Musterweiterbildungsordnung 2018 und dem Kompetenzbasierten Curriculum Allgemeinmedizin wurde ein Basiscurriculum definiert. Insgesamt umfasst das Seminarcurriculum 62 Basismodule à 2 UE (z.B. Grundprinzipien der AM, Brustschmerz, Abrechnung) sowie weitere 58 offene Module à 2 UE (z.B. Digitalisierung, Reisemedizin) mit 240 (124+116) UE. Ein Blueprint mit Rotationsplan für alle Standorte in Baden-Württemberg ermöglicht n=400 ÄiW AM eine regelmäßige Teilnahme über 5 Jahre, die bzgl. der Dauer variiert werden kann.

Schlussfolgerung: Das Modell beschreibt ein 5-jähriges, flexibles, weiterbildungsbegleitendes Seminarprogramm für ÄiW AM, welches auch in multizentrischen und teilnehmerstarken Programmen umsetzbar ist und auf den Erwerb von Kernkompetenzen für die spätere allgemeinmedizinische Tätigkeit ausgerichtet ist. In der aktuellen Umstellung auf e-Learning-Seminare aufgrund von SARS-CoV wird die Implementierung fortgesetzt, kontinuierlich evaluiert und für die Weiterentwicklung der KWBW Verbundweiterbildungplus genutzt.

Schlüsselwörter: Ärztliche Weiterbildung, Curriculumsentwicklung, Seminarcurriculum, Allgemeinmedizin, Kompetenzzentrum Weiterbildung, Verbundweiterbildung


1. Einleitung

Vor dem Hintergrund des zunehmenden Hausärztemangels sowie des von internationalen Experten konstatierten fehlenden europäischen Best-Practice-Niveaus in der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin in Deutschland entwickelte sich 2009 die Verbundweiterbildungplus Baden-Württemberg [1]. Deren Hauptziel ist die Zukunftssicherung der hausärztlichen Versorgung [2]. Ein Hauptelement stellt neben der Einrichtung von Weiterbildungsverbünden, einem Mentoringprogramm und Train-the-Trainer-Seminaren ein weiterbildungsbegleitendes Seminarprogramm für Ärzt*innen in Weiterbildung Allgemeinmedizin (ÄiW AM) dar [3]. Auf Grundlage des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes [4] werden mittlerweile 15 Kompetenzzentren Weiterbildung in Deutschland nach SGB V §75a mit dem Ziel der Sicherung der hausärztlichen Versorgung in Deutschland gefördert [https://www.ge-weiterbildung.de/de/kompetenzzentren-weiterbildung.php]. In Baden-Württemberg sind seit 2017 die Krankenhausgesellschaft, die Landesärztekammer, die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg, die Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin und die universitären allgemeinmedizinischen Einrichtungen Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm zum Kompetenzzentrum Weiterbildung Baden-Württemberg (KWBW) zusammengeschlossen. Gemeinsam bieten diese die in Nachfolge der Verbundweiterbildungplus Baden-Württemberg das Weiterbildungsprogramm KWBW Verbundweiterbildungplus® an. Ziel der KWBW Verbundweiterbildungplus® ist eine Stärkung der Qualität und Effizienz der allgemeinmedizinischen Weiterbildung [5]. Für das weiterbildungsbegleitende Seminarprogramm und dessen obligatorische kontinuierliche Evaluation und Qualitätssicherung sind die beteiligten universitären Einrichtungen zuständig. Hier kann an die mehrjährige Erfahrung der Verbundweiterbildungplus Baden-Württemberg angeknüpft werden [2], [3].

1.1. Ausgangssituation

Die KWBW Verbundweiterbildungplus® ist ein freiwilliges Weiterbildungsprogramm für ÄiW AM über die gesamte Dauer der fünfjährigen Weiterbildung mit derzeit 379 aktiven Teilnehmenden (aktiv = Teilnahme am Seminarprogramm von mindestens 8 Unterrichtseinheiten innerhalb der letzten 12 Monate; Stand 22.01.2020). Der Aufbau des Seminarprogramms ist in Abbildung 1 [Abb. 1] dargestellt. Das Angebot bietet jedem AiW AM einen Doppelseminartag und vier Einzelseminartage pro Kalenderjahr und umfasst insgesamt 48 Unterrichtseinheiten jährlich. Die KWBW Verbundweiterbildungplus® wird seit dem 01.07.2017 durch die Förderung als Kompetenzzentrum Weiterbildung gemäß §75a SGG V über öffentliche Gelder und anteilig über ambulante und stationäre Kooperationspartner finanziert [6]. Pro AiW AM und Kalenderjahr ergibt sich ein Budget von ca. 750€.

An den Einzelseminartagen, welche quartalsweise an vier Standorten in Baden-Württemberg stattfinden, können die ÄiW AM Themen aus bis zu vier verschiedenen parallelen Strängen wählen. Die Doppelseminartagewerden als zweitägige Veranstaltung an mehreren Terminen und an unterschiedlichen Standorten in Baden-Württemberg bis zu 14 Mal durchgeführt. Das Seminarprogramm orientierte sich bislang an den Themen des Kompetenzbasierten Curriculum Allgemeinmedizin der DEGAM (KCA) [7], [8] in unsystematischer Zusammenstellung. In zwei Übersichtsarbeiten zu den von 2009 bis 2016 angebotenen Seminarinhalten wurden 185 unterschiedliche Themen identifiziert [1], [3]. Seit Beginn des Programms erfolgt eine kontinuierliche Evaluation der Seminare mittels eines Evaluationsbogens, über den in einer sechsstufigen Likert-Skala Informationsgehalt, Präsentation, Beteiligungsmöglichkeiten, Arbeitsatmosphäre und Bezug zur Praxis bewertet werden, ergänzt durch die Option einer Freitexteingabe zu Themenwünschen, Lob und Verbesserungsvorschlägen [3]. Der Gesamteindruck wurde im Mittel mit sehr gut bis gut, der kollegiale Austausch mit sehr gut bewertet (Likert Skala 1-6, 1=sehr gut, 6=ungenügend).

1.2. Zielsetzung

In einer Klausurtagung aller universitären Mitarbeitenden der KWBW Verbundweiterbildungplus® im Februar 2018 (siehe Tabelle 1 [Tab. 1], AG Nr. 1) wurde der Wunsch nach einer curricularen Struktur mit Basisthemen und offenen Themen formuliert. Damit sollen eine transparente Struktur für die Zielgruppe, eine Vergleichbarkeit der Angebote zwischen den Standorten, eine erleichterte Dozentenakquise und eine verbesserte Qualitätssicherung erzielt werden. Intention des Projekts war, übergeordnete Ziele zu identifizieren und Themen sowie die Struktur eines Seminarcurriculums zu entwickeln, welches trotz zeitlich begrenzter Ressourcen des Seminarprogramms umsetzbar ist und auf den stringenten Erwerb von Kernkompetenzen für die hausärztliche Versorgung ausgerichtet ist.


2. Projektbeschreibung

Für die Curriculumsentwicklung wurde die Sechs-Schritte-Methode nach Kern (Kern-Zyklus) [9] verwendet, welche in der Literatur als gängiges Instrument der Curriculumsentwicklung Verwendung findet [10], [11], [12]. Die sechs Schritte nach Kern beinhalten eine Problemidentifikation/allgemeine Bedarfsanalyse, eine gezielte Bedarfsanalyse, die Entwicklung von übergeordneten Zielen/Lernzielen, Lehrstrategien, Implementierung, Evaluation und Feedback. Der Zyklus ist iterativ und wird grundsätzlich in Schritt 1 bis 6 hintereinander bearbeitet. Der Einstieg ist an jedem der sechs Schritte möglich, ein Wechsel auf andere Schritte oder parallele Prozesse sind jederzeit möglich. Aufgrund der vielfältigen Entwicklungen innerhalb Deutschlands in den letzten Jahren im Bereich der Weiterbildung AM fokussierte sich dieser Prozess pragmatisch auf eine Weiterentwicklung vorhandener Strukturen in Deutschland.

Die Entwicklung erfolgte in einem modifizierten nominalen Gruppenkonsensusverfahren [13], [14] mit standortübergreifenden Arbeits- und Konsensusgruppen, welche in einen iterativen Prozess eingebunden waren. Arbeitsgruppen waren für die Erarbeitung von Teilschritten zuständig. Konsensusgruppen diskutierten die Teilschritte und führten diese zusammen. Beteiligt waren 17 Expert*innen der allgemeinmedizinischen Abteilungen der universitären Standorte Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm sowie 1 Facharzt für Pädiatrie. Aufgrund einer engen Kooperation der KWBW Verbundweiterbildungplus mit pädiatrischen, ambulant tätigen, didaktisch erfahrenen Kolleg*innen, der Anzahl der pädiatrischen Themen im Basiscurriculum und der grundversorgenden Ausrichtung der ambulanten Pädiatrie wurde die pädiatrische Expertise eingebunden. Die Zusammensetzung der Konsensus- und Arbeitsgruppen veränderte sich im Verlauf der Curriculumsentwicklung durch Personalwechsel wiederholt. Durch einen intensiven Informationsaustausch zwischen den Beteiligten und eine durchgehende Koordination wurde ein höchstmöglicher Grad an Kontinuität gewährleistet. Der Prozess ist in Tabelle 1 [Tab. 1] und Abbildung 2 [Abb. 2] dargestellt.

Initial erfolgte analog des Kern-Zyklus die Problemidentifikation, die allgemeine und gezielte Bedarfsanalyse sowie die Festlegung von übergeordneten Zielen. Das Kernstück der Arbeit – die Entwicklung eines Basiscurriculums – wurde in mehreren Schritten durchgeführt. Hierbei erarbeiteten Expert*innengruppen aus vier universitären Standorten in Baden-Württemberg drei Vorschläge mit jeweils 25 Themen. Anschließend erfolgte eine Expertenrunde mit standortübergreifender Kleingruppenarbeit mit dem Ergebnis von 24 Themenfeldern, ergänzt durch ein Brainstorming der Inhalte und Abschätzung der notwendigen Unterrichtseinheiten. Als nächstes wurden die zuvor identifizierten Themenfelder zum Thema Praxismanagement weiterentwickelt. Dieser Oberbegriff fasst ausgewählte Kompetenzen aus den CanMEDS-Rollen des KCA zusammen. Zunächst wurden aus verschiedenen Angeboten (Seminarprogramm der KWBW Verbundweiterbildungplus®, Fortbildungsangebot der Management Akademie der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (MAK), Seminarangebot des „Werkzeugkasten Niederlassung“ des Deutschen Hausärzteverbands Baden-Württemberg) bislang abgebildete Themen aus dem Bereich Praxismanagement identifiziert, um sinnvolle Ergänzungen erweitert und anschließend Themen für das Seminarprogramm entwickelt. Es fand dabei eine Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg statt, welche bereits in das Seminarprogramm der KWBW Verbundweiterbildungplus® eingebunden war. In einem weiteren Schritt wurden pädiatrische Themenfelder weiter spezifiziert. In einem iterativen Zyklus wurden daraufhin bis zum Erreichen einer umsetzbaren Struktur unter Berücksichtigung von Umsetzbarkeit, übergeordneten Zielen und Rahmenstrukturen die Modulthemen angepasst und abgeglichen (siehe Tabelle 1 [Tab. 1] und Abbildung 2 [Abb. 2]).


3. Ergebnisse

3.1. Problemidentifikation/allgemeine Bedarfsanalyse
3.1.1. Relevante Rahmenstrukturen

Für die Seminarcurriculumsentwicklung mit dem Ziel des Erreichens von allgemeinmedizinischen Kernkompetenzen wurden folgende Rahmenstrukturen als relevant identifiziert:

  • Die Vereinbarung zur Förderung der Weiterbildung gemäß § 75a SGB V – Anlage IV, welche den rechtlichen Rahmen der Kompetenzzentren und damit auch die Bedingungen für die Förderung festlegt. U.a. ist hier festgehalten: „Kompetenzzentren Weiterbildung werden auf Grundlage der geltenden (Muster-)Weiterbildungsordnung auf dem aktuellen Stand der Bildungsforschung in der Medizin und unter Berücksichtigung kompetenzbasierter Standards tätig. Hierzu zählen insbesondere: CanMEDS-Modell (Royal College of Physicians and Surgeons of Canada); Kompetenzbasiertes Curriculum Allgemeinmedizin (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin – DEGAM); Modell der sechs Kernkompetenzen für Lehrende in der Medizin (Gesellschaft für medizinische Ausbildung – GMA)“ [5].
  • De Musterweiterbildungsordnung 2018 (MWBO) der Bundesärztekammer, welche kompetenzorientiert ausgerichtet ist [15], und in der Landesärztekammer Baden-Württemberg als Orientierung für die beschlossene neue Weiterbildungsordnung dient.
  • Das Kompetenzbasierte Curriculum Allgemeinmedizin (KCA) (DEGAM) [7], [8].
  • Die Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) für die Ausrichtung von Begleitseminaren [16], [17].
  • Das Positionspapier der Jungen Allgemeinmedizin Deutschland [18].
  • Die Häufigkeit der Beratungsanlässe in der Hausarztpraxis auf Grundlage der Daten des CONTENT-Projekts [19]. Diese decken einen Großteil des hausärztlichen Praxisalltags ab und sind deshalb von hoher Relevanz.
  • Die Leitlinien der DEGAM und solche mit Beteiligung der DEGAM.
  • Die Bedarfe der Zielgruppe in Deutschland (siehe 3.1.3).
3.1.2. Seminarcurricula für ÄiW AM in Deutschland

Die Auswahl von Themen stellt die Organisierenden von Seminarprogrammen in Hinblick auf die Breite des Fachgebiets Allgemeinmedizin vor Herausforderungen. Mehrere Autor*innen erarbeiteten seit 2010 Themenkataloge als Grundlage zur Ausrichtung von Seminaren. Bernau et al. entwickelten 2010 u.a. auf Grundlage von häufigen Beratungsanlässen und dem niederländischen NIVEL-Netzwerk 143 Themen, welche auf 50 gekürzt wurden [20]. Schumann et al. entwickelten 2009/2010 in einem mehrstufigen Prozess unter Berücksichtigung mehrerer internationaler Curricula mehrere Lernfelder als Grundlage zur Ausrichtung von Seminaren [21]. Sommer et al. haben 2017 in der Arbeitsgruppe Seminarprogramme der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) 884 Themen aus durchgeführten Seminarprogrammen an universitären allgemeinmedizinischen Abteilungen Deutschlands zusammengetragen und daraus in einem mehrstufigen Prozess einen Vorschlag für 160 Unterrichtsstunden mit 111 Einzelthemen erarbeitet [22]. Vor dem Hintergrund der mittlerweile existierenden o.g. Rahmenstrukturen und den zeitlichen Begrenzungen im Seminarprogramm erschien den Autoren keines der Curricula geeignet für eine direkte Übertragbarkeit auf das Curriculum der KWBW Verbundweiterbildungplus®.

3.1.3. Bedarfe der Zielgruppe in Deutschland

Es erfolgte eine Literaturrecherche zu Weiterbildungsbedarfen von ÄiW AM in Deutschland. In Roos et al. wird das ,,Erlernen von betriebswirtschaftlichen Aspekten‘‘ und das ,,Erlernen der interprofessionellen Zusammenarbeit in lokalen Versorgungsnetzen‘‘ für mindestens ,,wichtig‘‘ eingestuft [23]. Themenfelder aus dem Bereich der „medizinischen Expertise“, dem Bereich der „Kompetenzen/Fertigkeiten“ und dem Bereich der „Reflexion“ werden häufig gewünscht [24]. Häufig vorkommende Prozeduren werden oft als nicht befriedigend beherrscht genannt [25]. Valentini et al. zeigen bei ÄiW AM einen Bedarf für komplementäre und integrative Medizin in der Facharztweiterbildung AM [26]. In einer Untersuchung zum Burnout-Risiko bei ÄiW AM zeigte ein im Vergleich zur altersentsprechenden Kontrollgruppe erhöhtes Burnout-Risiko, weshalb die Förderung von körperlicher und seelischer Gesundheit in Weiterbildungscurricula AM empfohlen wird [27].

In der Verbundweiterbildungplus Baden-Württemberg bevorzugten ÄiW AM bei der Anmeldung für die Seminartage eher „medizinische“ Themen wie Dermatologie oder Kinderheilkunde, indem sie diese mit vorrangiger Priorität im Anmeldeprozess für die Seminartage auswählen [3]. Es ist auffällig, dass sich die ÄiW AM in den Abschlussevaluationen der Seminartage als Themenwünsche hingegen insbesondere organisatorische Themen wie z.B. Abrechnung oder betriebswirtschaftliche Grundlagen wünschen [3]. Man könnte daraus schließen, dass die Teilnehmenden ihre Lücken erkennen, aber dennoch prioritär nicht die Module wählen, die diese schließen könnten. Beispielsweise wird auch im letzten Weiterbildungsjahr oftmals lieber das 5. Mal „Diabetes mellitus“ gewählt anstelle von „Niederlassung“. Ein Curriculum könnte einen Anreiz setzen, diese Inkongruenz zu beheben.

3.2. Gezielte Bedarfsanalyse

Die Struktur der bisherigen Seminartage innerhalb der Verbundweiterbildungplus/ KWBW Verbundweiterbildungplus® wird in Abbildung 1 [Abb. 1] dargestellt. Zu berücksichtigen ist, dass die Zielgruppe sehr heterogen ist bzgl. des Weiterbildungsstands und der Vorkenntnisse. Der Eintritt in das Seminarprogramm kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Weiterbildung AM stattfinden - vom Beginn der Weiterbildung bis hin zum 4. oder 5. Weiterbildungsjahr.

In den Evaluationen des Seminarprogramms der Verbundweiterbildungplus/ KWBW Verbundweiterbildungplus® wurden erwartungsgemäß im Rahmen der Themenabfrage im Zeitraum 2013 – 2018 in allen Bereichen des KCA sehr unterschiedliche Bedarfe seitens der ÄiW AM geäußert (vgl. Anhang 1 [Anh. 1]). Besonders häufig (=40x) wurden genannt: Orthopädie (n=47), Wundversorgung/ chronische Wunde (n=44), Dermatologie (n=70), Depression/Psyche (n=52) und Abrechnung (n=54).

3.3. Ziele

Die Ziele des Seminarprogramms wurden für Mitarbeitende, Lehrende und Teilnehmende formuliert (siehe Anhang 2 [Anh. 2]). Zentraler Kern der allgemeinärztlichen Weiterbildung ist die praktische und supervidierte ärztliche Arbeit mit Patient*innen in Praxis und Klinik. Das Hauptziel des begleitenden Seminarprogramms der KWBW Verbundweiterbildungplus® ist in Ergänzung dazu, ÄiW AM zu befähigen, allgemeinmedizinisch selbstständig und in hoher Qualität, auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten tätig zu sein. Weitere übergeordnete Ziele sind z.B. Verknüpfung mit der praktischen Weiterbildung, professionelle Vernetzung, Peer-to-Peer-Learning und fortdauernde Motivation und Befähigung zu lebenslangem Lernen. Während des Projekts wurde immer wieder deutlich, dass neben der Formulierung von Zielen auch explizit die Transparenz von Grenzen des Programms wichtig ist. Es wurde formuliert, dass im Seminarprogramm nicht alle Themen der Allgemeinmedizin umfassend abgedeckt werden können und kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden kann. Das Erkennen eigener Lernbedarfe und die Motivation zur Inanspruchnahme weiterführender Fortbildungsangebote soll gefördert werden.

3.4. Lehrstrategien
3.4.1. Modulthemen Basiscurriculum mit Untercurriculum Praxismanagement

Das Kernstück der Arbeit ist die Identifizierung von 62 Modulthemen (124 Unterrichtseinheiten à 45min), welche in Anhang 3 [Anh. 3] dargestellt sind. Sie bilden Themen aus allen Kategorien der „Medizinischen Expertise“ sowie aus den „CanMEDS-Rollen“ aus dem KCA ab. Das Spektrum reicht von Grundprinzipien der AM, Palliativmedizin und Versorgung von Kindern über Beratungsanlässe wie Atemnot, Husten und Rückenschmerz bis hin zu Praxismanagementthemen, die in einem Untercurriculum deutlich gemacht werden. Hierzu gehören z.B. Abrechnung, Heilmittel und Qualitätsmanagement. Module, welche als Schwerpunkt die CanMEDS-Rollen Haltung, Professionalität, Arztgesundheit und Kommunikationstraining thematisieren, sind integriert. Relevante Prozeduren werden in den Modulthemen in Zusammenhang mit Beratungsanlässen vermittelt (Beispiel Lagerungsmanöver beim Thema Schwindel oder Verbände beim Thema Verletzungen). Die Modulthemen lassen sich ebenfalls den Kompetenzfeldern der neuen MWBO zuordnen [15]. Prinzipiell sind bei der inhaltlichen und didaktischen Ausgestaltung der Module (Lernzielformulierung) auch relevante CanMEDS-Rollen und Prozeduren zu berücksichtigen.

3.4.2. Struktur

In Abbildung 3 [Abb. 3] ist ein Blueprint der Seminarprogrammstruktur mit Rotationsplan dargestellt. Das Konzept sieht ein 5-Jahres-Curriculum mit Flexibilität für 400 ÄiW AM vor. Es besteht aus 240 Unterrichtseinheiten à 45min. Die farblichen Markierungen erleichtern bei der Anmeldung die Orientierung der ÄiW AM. Das Basiscurriculum umfasst 62 Module (124 Unterrichtseinheiten à 45min) mit einem kenntlich gemachten Untercurriculum Praxismanagement. Der Raum für flexible (=offene) Themen (116 Unterrichtseinheiten à 45 min) lässt rasch anpassbare Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich aktueller Themen der AM, Wünschen der ÄIWs oder relevanter Themen, die nicht im Basiscurriculum abgebildet sind, zu. Beispielsweise können Themen wie Digitalisierung, Nierenerkrankungen, Logopädie oder Reisemedizin abgebildet werden (siehe Abbildung 3 [Abb. 3] und Abbildung 4 [Abb. 4]).

3.5. Implementierung

Nach erstmaliger Ankündigung im Sommer 2019 und der Vorstellung des Blueprints bei den Seminartagen der KWBW Verbundweiterbildungplus® im November 2019 wurde die Implementierung des Curriculums im Januar 2020 begonnen. Dazu wurde die Struktur in die Ausgestaltung des Programms übernommen und der Blueprint bei den Seminartagen des 1. Quartals im Januar und Februar 2020 beginnend implementiert. Die Implementierung der Struktur soll 2020 abgeschlossen sein, das vollständige Curriculum in 2021 fertig ausgestaltet sein.


4. Diskussion

Mit dem Basiscurriculum der KWBW Verbundweiterbildungplus® ist die Entwicklung von 62 Modulen (124 Unterrichtseinheiten à 45min) für ein Seminarprogramm für ÄiW AM beschrieben worden, welche sich im Vergleich zu den vorbeschriebenen Curricula [20], [21], [22]2 erstmalig an den aktuellen kompetenzbasierten Rahmenstrukturen orientieren und damit auf den Erwerb von Kernkompetenzen für die hausärztliche Versorgung ausgerichtet sind. Trotz zeitlicher Limitationen wird durch die Kombination von Basiscurriculum und flexiblen (=offenen) Themen eine Teilnahme für 400 Teilnehmende in Baden-Württemberg über 5 Jahre (240 Unterrichtseinheiten à 45min) mit flexibler zeitlicher Anpassung nach unten oder oben ermöglicht. Die Formulierung der übergeordneten Ziele und Grenzen stellt eine Orientierung sowohl für ÄiW AM, Seminarmoderierende als auch für die Organisierenden dar. Das Basiscurriculum bietet für die Zielgruppe eine am „roten Faden“ der Weiterbildung AM [7], [15] orientierte transparente und verlässliche Struktur. Durch die Wahlfreiheit wird selbstgesteuertes Lernen [28] gefördert, gleichzeitig sollen durch die transparente Struktur des Basiscurriculums Anreize für die Teilnahme an den Basiscurriculumthemen gesetzt werden. Die Integration von DEGAM- und Nationalen Versorgungsleitlinien bei der Themenwahl leisten einen Beitrag zur Leitlinienimplementierung [29]. Mit Kennzeichnung des Untercurriculums Praxismanagement wird für ÄiW AM transparent ein betriebswirtschaftlich orientiertes Basisprogramm, ausgerichtet an den Bedarfen der ÄiW AM und an Rahmenstrukturen, angeboten. Gleichzeitig wird die Vernetzung mit weiteren Akteuren im Gesundheitswesen (Kassenärztliche Vereinigung, Hausärzteverband u.a.) gefördert. Die Einführung eines Basiscurriculums ermöglicht als weitere Kategorie Aufbaumodule anzubieten, in denen Vorkenntnisse erforderlich sind. Dies kann perspektivisch im Sinne eines Anreizsystems die Motivation steigern und eine Vertiefung von Kompetenzen innerhalb des Seminarprogramms ermöglichen.

Eine Übertragung auf andere Kompetenzzentren in Deutschland ist grundsätzlich ohne Anpassungen möglich, wenn die Anzahl der Seminartage pro AiW AM und Kalenderjahr nicht unterschritten wird: In Baden-Württemberg werden jedem AiW AM insgesamt 6 Seminartage angeboten, eine Aufteilung in Einzelseminartage und Doppelseminartage ist nicht per se notwendig (aber für den Austausch zwischen den ÄiW AM wünschenswert). Weiterhin ist für eine Wahlfreiheit der Themen und für ein regelmäßiges (sich wiederholendes) Angebot einzelner Themen eine ausreichende Zahl an Teilnehmenden notwendig. Bei einer geringeren Zahl an Teilnehmenden und/oder der angebotenen Unterrichtseinheiten ist eine Anpassung hinsichtlich der Anzahl der Basismodule bzw. eine Reduktion von flexiblen Themen notwendig. In Baden-Württemberg arbeiten insgesamt vier universitäre, allgemeinmedizinische Einrichtungen gemeinsam an der Entwicklung und Umsetzung der Seminarthemen. Das wird durch die Struktur des KWBW, dass die Standorte kooperativ und gemäß eines gemeinsam festgelegten Baden-Württemberg-weiten Standards inhaltlich selbstständig und gleichberechtigt agieren, ermöglicht.

4.1. Stärken und Schwächen

Die Struktur bietet die Möglichkeit von vergleichbaren Angeboten an den vier beteiligten universitären Standorten in Baden-Württemberg. Dadurch kann die inhaltliche Modulausgestaltung auf aktuellem Stand der medizinischen Wissenschaft und der Bildungswissenschaften, wie in der Anlage IV des §75a SGB V gefordert und inhaltlich erwünscht, unter den Mitarbeitenden und Seminarmoderierenden der universitären Standorte ressourcenschonend aufgeteilt werden. Durch die verlässliche Struktur, welche auf Wiederholungen der Themen des Basiscurriculums ausgelegt ist, kann unter Einbezug der Seminarmoderierenden eine didaktische Weiterentwicklung der Inhalte und der Seminargestaltung im Sinne einer Qualitätssicherung und -steigerung innerhalb des Curriculums erfolgen. Ein großer Vorteil des Curriculums ist, dass unterschiedliche Teilnahmedauern (Verlängerung durch Teilzeitarbeit, Elternzeit etc.; Verkürzung durch späten Einstieg während der Weiterbildung) oder auch Versäumnis von einzelnen Seminartagen (z.B. durch Krankheit, keine Freistellung aus Dienstgründen, familiäre Verpflichtungen) flexibel aufgefangen werden können.

Eine Limitation des Konsensusprozesses ist die aufgrund der Rahmenbedingungen begrenzte Anzahl von Arbeitsgruppenmitgliedern in der Arbeitsgruppe Nr. 2 (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]). Auffallend war jedoch, dass die Übereinstimmung innerhalb der eingebrachten Vorschläge sehr hoch war. Die Konsensugruppe Nr. 3 fungierte durch die hohe Expertenzahl als ausgleichendes Korrektiv. Durch den mehrstufigen pragmatischen Filter- und Arbeitsprozess vor dem Hintergrund zeitlicher Begrenzungen im Seminarprogramm lässt das breite Gebiet der Allgemeinmedizin naturgemäß Lücken relevanter Themen offen. Diese Limitation wird in den formulierten Zielen und Grenzen transparent gemacht und Lösungsansätze für den Umgang damit aufgezeigt. Ebenso wie bereits auf die Notwendigkeit einer Überarbeitung des KCA in regelmäßigen Abständen hingewiesen wurde [30], sollte auch die Priorisierung der Themen z.B. nach einer Neuauflage des KCA überprüft und ggf. angepasst werden. Beispielsweise ist das Thema „Megatrends“ mit Fokus auf E-Health und Digitalisierung aktuell nicht in das Basiscurriculum aufgenommen worden, wird jedoch regelmäßig in unserem Programm als flexibles Thema oder in einer Podiumsdiskussion abgebildet. Eine mögliche Ursache für die Nichtaufnahme in das Basiscurriculum könnte sein, dass diese Themen nicht als Kompetenzziele in der aktuellen Version des KCA abgebildet sind.

Ein Großteil der ÄiW AM nimmt aktuell nicht von Beginn der Weiterbildung an dem Seminarprogramm der KWBW Verbundweiterbildungplus® teil. Auch sind circa 10 Prozent der ÄiW AM sog. Quereinsteiger, die eine verkürzte Weiterbildungszeit zum Facharzt für Allgemeinmedizin nach einer Facharztqualifikation in einem patientennahen Fach bereits erreicht haben [31]. Es stellt sich die Frage, ob nicht ein 2-, 3- oder 4-Jahres-Curriculum zielführender sein könnten. Unter der Zielsetzung einer Teilnahme über die gesamte Weiterbildungszeit AM haben wir uns im Prozess explizit für die zukunftsorientierte 5-jährige Variante mit Flexibilität entschieden. Die Vorteile einer frühzeitigen Teilnahme sowie Lücken einer verkürzten Teilnahme werden so transparent gemacht. Andernfalls würden Späteinsteiger*innen motiviert und Früheinsteiger*innen mit Wiederholungen konfrontiert werden, was der Zielsetzung widersprechen würde.

4.1.1. Nächste Schritte

Im Kern-Zyklus folgt als weiteres Element des vierten Schrittes die Lernzielformulierung und Ausarbeitung der Lehrstrategien für die Module, welche bereits begonnen wurde. Hierbei sollen die in Anlage IV §75a SGB V [6]erwähnten Grundpfeiler wie MWBO 2018 [16], KCA mit CanMEDS-Rollen, Orientierung am Modell der 6 Kernkompetenzen für Lehrende in der Medizin der GMA [32] sowie eine Kompetenzorientierung berücksichtigt werden. Dabei ist zu bedenken, dass wichtige Schritte zur Kompetenzbasierung der Weiterbildung in Deutschland erst in der Phase der Entwicklung sind [33] so auch die Einführung des e-Logbuchs mit der anstehenden Umsetzung der MWBO 2018 [15]. Somit bleibt die Notwendigkeit eines iterativen Prozesses bestehen, welcher eine Anpassung an Weiterentwicklungen ermöglicht. Hierbei sollte auch die Aufnahme der „Megatrends“ bzw. „Digitalisierung“ in das Basiscurriculum diskutiert werden. Die Implementierung als fünfter Schritt des Kern-Zyklus ist in Etappen geplant, eine vollständige Umsetzung sollte bis 2021 erreicht werden. Durch die Herausforderungen der SARS-CoV-2-Pandemie mit der Notwendigkeit der Umstellung auf e-Learning-Seminare seit April 2020 und ein dadurch reduziertes Programmangebot kommt es zu einer Verzögerung der Implementierung. Gleichzeitig wird die Anwendung des nun rasch umgesetzten Blended Learning in der KWBW Verbundweiterbildungplus evaluiert. Wieviel Raum das digitale Lehren langfristig im Programm einnehmen wird, müssen wir aktuell offenlassen. Grundsätzlich sehen wir die Möglichkeit eines e-Learning-Angebots und die darin gewonnene Expertise aktuell als eine Bereicherung an, die aber den Grundcharakter im Präsenzformat nicht vollständig ersetzen kann.

Der sechste Schritt der Evaluation und des Feedbacks folgt multidimensional: Zunächst erfolgt eine Kompetenzzentrum-interne Evaluation durch die teilnehmenden ÄiW AM. Darüber ist hinaus wird Kompetenzzentrum-übergreifende, deutschlandweite Evaluation durchgeführt werden.


5. Schlussfolgerung

Das Seminarcurriculum der KWBW Verbundweiterbildungplus® beschreibt ein Modell für ein 5-jähirges weiterbildungsbegleitendes Seminarprogramm an Kompetenzzentren Weiterbildung für ÄiW AM, das auf den Erwerb von Kernkompetenzen für die spätere allgemeinmedizinische Tätigkeit ausgerichtet ist und eine flexible Anpassung der Teilnahmedauer erlaubt. Damit konnte ein beispielhaftes Seminarcurriculum für multizentrische und teilnehmerstarke Weiterbildungsprogramme mit sechs Weiterbildungstagen im Jahr pro AiW AM entwickelt werden.


Förderung

Die KWBW Verbundweiterbildungplus® wird durch öffentliche Gelder gemäß § 75a SGB V Anlage IV gefördert. Die Curriculumsentwicklung fand ausgerichtet an den hierin gesetzlich verankerten Vorgaben und ansonsten unabhängig statt.


Danksagungen

Wir danken allen Seminarmoderierenden, Weiterbildenden, Teilnehmenden und Partner*innen in der KWBW Verbundweiterbildungplus®, durch deren Engagement, Freude am Lehren und Lernen sowie Bereitschaft zur Weiterentwicklung das Programm getragen wird. Wir danken allen Kooperationspartnern aus Praxen und Kliniken für ihre wertvolle Unterstützung.


Interessenkonflikt

Alle Autor*innen bis auf Herrn Dr. Folkert Fehr arbeite(te)n in der KWBW Verbundweiterbildungplus® mit. Herr Dr. Folkert Fehr gibt an, in einer Kooperation mit der KWBW zusammenzuarbeiten. Die Autor*innen erklären, dass sie keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Flum E, Magez J, Aluttis F, Hoffmann M, Joos S, Ledig T, Oeljeklaus L, Simon M, Szecsenyi J, Steinhäuser J. Das Schulungsprogramm der Verbundweiterbildungplus Baden-Württemberg: Entwicklung und Implikationen für die Implementierung von Verbundweiterbildungsprogrammen in Deutschland [Verbundweiterbildung(plus) Baden-Wurttemberg: Development of educational meetings and implications for the implementation of family medicine training programmes in Germany]. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2016;112:54-60. DOI: 10.1016/j.zefq.2016.03.012 Externer Link
2.
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