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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Management-Lektionen im Rahmen einer interaktiven Online-Diskussion zum Thema Krankenhausmanagement während der COVID-19-Pandemie

Kurzbeitrag Krankenhausmanagement

  • corresponding author Alexander Leunig - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Markus Winkler - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Jonathan A. Gernert - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Tanja Graupe - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland
  • author Konstantinos Dimitriadis - Klinikum der LMU München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin, München, Deutschland; Klinikum der LMU München, Neurologische Klinik und Poliklinik, München, Deutschland; Klinikum der LMU München, Institute for Stroke and Dementia Research (ISD), München, Deutschland

GMS J Med Educ 2021;38(1):Doc25

doi: 10.3205/zma001421, urn:nbn:de:0183-zma0014212

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2021-38/zma001421.shtml

Eingereicht: 31. Juli 2020
Überarbeitet: 26. Oktober 2020
Angenommen: 24. November 2020
Veröffentlicht: 28. Januar 2021

© 2021 Leunig et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Die COVID-19-Pandemie und die daraus resultierende Nachfrage nach innovativem Krankenhausmanagement hat uns dazu bewogen, eine interaktive Online-Diskussion für Medizinstudierende und Angehörige der Gesundheitsberufe zum Thema Krankenhausmanagement während der Krise zu organisieren.

Zielsetzung: Das Ziel der Veranstaltung war aus dem Krankenhauskrisenmanagement zu lernen. Dazu haben wir unser neues Online-Format mit einer traditionellen Veranstaltung verglichen.

Methoden: Wir haben eine Online-Plattform mit vier Gästen, einem Moderator und etwa 100 Teilnehmern aufgesetzt. Während der Veranstaltung haben wir mit Hilfe eines interaktiven Fragebogen-Tools und einer anschließenden umfangreichen Teilnehmerbefragung demographische Daten gesammelt.

Ergebnisse: Die Veranstaltung wurde mit einer Gesamtnote von 1,4 bewertet (Likert von 1 bis 6, 1 beste Note; SD 0,5) und die Teilnehmer haben sich dafür ausgesprochen, dass dieses Format erneut organisiert werden sollte (1,2; SD 0,5). 70% der Zuhörer bevorzugten das Online-Format der Veranstaltung. Aufgrund der hohen Zahl an gestellten Fragen konnten nur etwa 30% (insgesamt n~35) der vom Publikum gestellten Fragen angesprochen werden.

Fazit: Erstens bevorzugten die meisten Teilnehmer, entgegen unserer Erwartung, die Online-Veranstaltung. Zweitens stellte die Bewältigung der hohen Anzahl an Fragen eine große Herausforderung dar. Drittens deuten die hohe Anzahl an Teilnehmern und Fragen auf eine anhaltend hohe Nachfrage von Studierenden und Ärzten nach Weiterbildung im Bereich des Krankenhausmanagements, insbesondere in Bezug auf COVID-19, hin.

Diese Ergebnisse erfordern auch einen kritischen Blick auf zukünftige Formate und Themen von Podiumsdiskussionen in der medizinischen Ausbildung. Das Online-Format könnte eine gute Alternative zu Präsenz-Vorträgen sein.

Schlüsselwörter: medizinische Ausbildung, COVID-19, Krankenhausmanagement, digitale Ausbildung, Gesundheitspolitik, Podiumsdiskussion


Einführung

MeCuM-SiGma (Medizinisches Curriculum München – Simulation Gesundheitsmanagement) ist ein Kurs, der Medizinstudierende die Grundlagen von Gesundheitsmanagement und -politik vermitteln soll [1], [2], [3]. Der Kurs besteht aus wöchentlichen, problemorientierten Seminaren, Vorlesungen und einer Simulation, in der die Studierenden die Rolle eines Krankenhausvorstandes übernehmen und an einem vom Vorstand ausgewählten Projekt arbeiten. Der Kurs veranstaltet auch eine jährliche Sommerveranstaltung zu aktuellen Themen der Gesundheitspolitik und des Gesundheitsmanagements. MeCuM-SiGma ist gut evaluiert und vermittelt den Medizinstudierenden Erfahrungen im Gesundheitsmanagement [4], [5].


Projektbeschreibung

Die COVID-19-Pandemie macht immer deutlicher, dass Krankenhausmanagement von entscheidender Bedeutung ist, um Engpässe zu verhindern, Personal effizient einzusetzen und die bestmögliche Versorgung in einem überlasteten Gesundheitssystem zu gewährleisten [6], [7].

Die Pandemie schafft außerdem eine Gelegenheit, Lehren aus den Erfahrungen zu ziehen und um diese als Fallstudie zu nutzen, Einblicke in Fragen des Krankenhausmanagements weiterzugeben. Daher organisierten wir eine Online-Veranstaltung mit dem Titel „Krisenmanagement an Universitätskliniken – Rückblick und Lehren für die Zukunft“. Wir wählten das Format einer virtuell moderierten Podiumsdiskussion mit Fragen aus dem Publikum. Ein Präsenz-Format wurde in der Vergangenheit positiv bewertet und schien für unsere Lernziele geeignet [8], [9], [10]. Wir versuchten, dieses erfolgreiche Präsenz-Format als Vorbild für eine Online-Veranstaltung zu nutzen. Die Veranstaltung bestand aus einer Podiumsdiskussion, einem Moderator und einer interaktiven Beteiligung des Publikums, um vergleichbar mit den Präsenz-Veranstaltungen zu sein. Der Ärztliche Direktor des Universitätskrankenhauses, eine Pflegedirektorin, der Leiter der Intensivkoordination und eine Vertreterin der städtischen Gesundheitsbehörde waren zu Gast. Ein Assistenzarzt, der COVID-19 Patienten mitbetreut hat, moderierte die Diskussion. Die Veranstaltung begann damit, dass die einzelnen Gäste jeweils fünf Minuten ihre Managementerfahrung während der Krise darlegten. Die anschließende Diskussion wurde von Fragen aus dem Publikum bestimmt.

Die gesamte Veranstaltung fand über eine Online-Plattform statt (Zoom). Das Publikum war für die Dauer der Veranstaltung stummgeschaltet und konnte Fragen per Chat einreichen. Die Gesamtdauer der Veranstaltung betrug etwa 2 Stunden. Während der Veranstaltung sammelten wir mit Hilfe eines interaktiven Fragebogens demographische Fakten über das Publikum (60% Rücklaufquote). Nach der Veranstaltung füllten die Teilnehmer ein Bewertungsformular aus (30% Rücklaufquote).


Ergebnisse

142 Personen hatten sich für die Veranstaltung angemeldet. Die maximale Anzahl der gleichzeitig angemeldeten Gäste betrug 100. Nach 1,5 Stunden verließen einige Teilnehmer den Chatraum, 70 Teilnehmer blieben bis zum Ende der Veranstaltung. 80% der Befragten unserer Live-Umfrage waren Medizinstudierende und 16% waren Mediziner. Die meisten Teilnehmer hatten keine Erfahrung im Krankenhausmanagement (69%). In der Folgeauswertung (N=30) lag das Durchschnittsalter bei 30 Jahren (SD 10), 47% der Teilnehmer waren weiblich. Die Veranstaltung wurde mit einer Gesamtnote von 1,4 bewertet (Likert von 1 bis 6, 1 beste Note; SD 0,5) und die Mehrheit der Teilnehmer stimmte zu, dass dieses Format im nächsten Jahr erneut organisiert werden sollte (1,2; SD 0,5). Die Benotung war vergleichbar mit vier ähnlichen Präsenz-Veranstaltungen (1,52±0,7, 1,41±0,71, 1,38±0,49 und 1,6±0,7). 69% der Teilnehmer gaben an, dass sie an ihrem Computer etwas Anderes machten, und sie bewerteten die Möglichkeit des parallelen Arbeitens allgemein positiv (2,5; SD 1,5). Überraschenderweise bevorzugten 70% der Zuhörer das Online-Format. Die Teilnehmer gaben an, dass sie mit dem Ablauf der Beantwortung der gestellten Fragen unzufrieden seien. Es wurden 35 Fragen gestellt, davon 40% zum Krankenhausmanagement während der Krise, 20% zur Zukunftsplanung, 20% zur Politik und 20% zu anderen Kategorien. Es wurden nur wenige Fragen zu persönlichen oder studentischen Themen gestellt. Aufgrund des hohen Fragenvolumens konnte der Moderator nur etwa 30% der gestellten Fragen ansprechen.


Diskussion & Schlussfolgerung

In diesem Fallbericht geht es um eine einmalige Veranstaltung; daher bleiben wir vorsichtig, allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch einige interessante Trends auf. Das Online-Format wurde positiv bewertet. Die Teilnehmer favorisieren die Möglichkeit gleichzeitig andere Aufgaben erledigen zu können. Es hat sich bereits gezeigt, dass Online Multitasking häufiger vorkommt als bei Präsenzveranstaltungen [11], und, dass das Online-Lernen für Medizinstudierende dem Präsenzlernen nicht unterlegen ist [12]. Dies könnte der Grund dafür sein, dass die Teilnehmer entgegen unserer Erwartung und institutionellen Norm eine Online-Veranstaltung bevorzugten. Eine gewisse Selektionsverzerrung ist wahrscheinlich, da nur Studierende befragt wurden, die an dieser Online-Diskussion teilgenommen haben. Zukünftige Umfragen über den bevorzugten Modus der Diskussionsrunden für alle Studierenden sind erforderlich. Klare Kommunikation des Zeitkonzepts scheint wichtig zu sein, da sich gegen Ende der Veranstaltung vermehrt Teilnehmer abmeldeten.

Der Umgang mit den Fragen stellte erhebliche Herausforderungen dar. Im Gegensatz zu Präsenzveranstaltungen, bei denen die Fragen einzeln gestellt werden, erlauben neue Online-Formate, insbesondere Chatboxen, ein gleichzeitiges Stellen von Fragen. Obwohl viele Zuhörer Fragen stellten (ca. 35%), was auf ein hohes Engagement hindeutet, waren die Teilnehmer unzufrieden, dass viele Fragen unbeantwortet blieben. Bei ähnlichen Präsenzveranstaltungen werden unserer Erfahrung nach weniger Fragen aus dem Auditorium gestellt, selbst wenn die Gesamtbewertungen der Veranstaltung vergleichbar sind.

Die Anzahl der Teilnehmer und der gestellten Fragen lässt auf eine starke Nachfrage von Medizinstudierenden und Ärzten in Weiterbildung im Bereich des Krankenhausmanagements, insbesondere zum Thema COVID-19, schließen. Diese Ergebnisse erfordern einen kritischen Blick auf das Format zukünftiger Podiumsdiskussionen in der medizinischen Ausbildung. Viele Teilnehmer bevorzugten das Online-Format und Thema der Veranstaltung. Online-Diskussionen können auch nach COVID-19 eine gute Alternative oder eine zusätzliche Option zu Vorträgen vor Ort sein. Es ist ratsam, ein Konzept zu entwickeln, das ein hohes Volumen an Fragen während der Online-Diskussionen bewältigt. In Zukunft werden wir unbeantwortete Fragen sammeln und die geladenen Gäste bitten, sie nach der Veranstaltung schriftlich oder als Podcast zu beantworten. Im Hinblick auf die Aufmerksamkeit der Lernenden und die Menge der Fragen ist noch zu prüfen, ob die Anonymität einer Online-Veranstaltung von Vorteil ist.


Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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