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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Implementierung einer visuellen Handhebe-Funktion in PowerPoint®

Kurzbeitrag Synchron

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  • corresponding author Ivo Volf - Medizinische Universität Wien, Institut für Physiologie, Wien, Österreich

GMS J Med Educ 2021;38(1):Doc10

doi: 10.3205/zma001406, urn:nbn:de:0183-zma0014063

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2021-38/zma001406.shtml

Eingereicht: 31. Juli 2020
Überarbeitet: 15. Oktober 2020
Angenommen: 24. November 2020
Veröffentlicht: 28. Januar 2021

© 2021 Volf.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Zielsetzung: Die durch COVID-19-bedingte Abhaltung von Vorlesungen als Live-Übertragungen führte zu einer im Vergleich zur Präsenzlehre deutlich reduzierten Interaktion der Studierenden mit den Vortragenden. Ein wesentlicher Grund dafür lag aus unserer Sicht in der Handhebe-Funktion der jeweiligen Webkonferenzsysteme, welche (unabhängig vom verwendeten System) in einem für den Vortragenden weitgehend unauffälligen Signal resultiert. Bei der notwendigen Konzentration auf die eigene Präsentation können Fragenwünsche somit nur mit beträchtlicher zeitlicher Verzögerung wahrgenommen und nur eingeschränkt in den Unterricht integriert werden.

Somit entstand die Idee, Fragewünsche des Auditoriums durch ein deutliches visuelles Signal in PowerPoint® selbst anzuzeigen.

Methodik: PowerPoint® verfügt mit Visual Basic für Applikationen (VBA) über eine Programmiersprache, mit welcher sich seine Funktionalität stark erweitern lässt. Entsprechend wurde VBA verwendet, um eine im Hintergrund der Präsentation ablaufende Routine zu programmieren, welche im Zyklus weniger Sekunden den Inhalt einer webbasierten „Signaldatei“ abruft. Der Inhalt dieser Signaldatei wiederum kann durch Aufruf eines URLs (also von jedem internetfähigen Gerät) von den Studierenden modifiziert werden – daraus resultiert ein (individuell gestaltbares) visuelles Signal in PowerPoint®, welches temporär sichtbar ist und den Ablauf der Präsentation nicht beeinträchtigt.

Schlussfolgerung: Mit dem hier vorgestellten Konzept wurde eine Handhebe-Funktion in PowerPoint realisiert, welche sich unabhängig vom verwendeten Webkonferenzsystem als klares visuelles Signal manifestiert. Dies ermöglicht den Lehrenden auch bei der Live-Übertragung von Vorlesungen die spontane Interaktion mit Fragewünschen des Auditoriums.

Schlüsselwörter: Handheben-Funktion, PowerPoint, Fernunterricht


1. Einleitung

Im Zuge der COVID-bedingten Verbote von Präsenzlehre ergab sich die kurzfristig umzusetzende Notwendigkeit, Lehrveranstaltungen auf alternativen Wegen abzuhalten.

Bei Vorlesungen wurde – an der Medizinischen Universität Wien existierten zur Frage Live-Übertragung vs. Video-Aufzeichnung keine Richtlinien oder Empfehlungen – das Format der Live-Übertragungen vor allem von denjenigen Lehrenden eingesetzt, welchen der didaktische Nutzen selbst basaler Interaktionsmöglichkeiten bewusst war.

Als technische Plattform für die Übertragung der Lehrinhalte wurden bis zur Lizenzierung von Webex (Cisco) bereits vorhandene und bis dahin generell nicht für die Lehre genutzte Webkonferenzsysteme verwendet.

Die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Live-Übertragung von Vorlesungen waren unabhängig von den verwendeten Webkonferenzsystemen. Da das grundlegende Funktionsprinzip im Teilen des eigenen Bildschirms (und damit der jeweiligen Präsentation) besteht, konnte die Einbindung von Umfrage-Systemen (audience response Systeme) zur Förderung von aktivem Lernen auch im Distanz-Modus beibehalten werden.

Problematisch erwies sich jedoch der grundlegende Schritt von „Interaktion“ zwischen Studierenden und Vortragendem: die „Anmeldung“ von Wortmeldungen und Fragen zu Konzepten und Inhalten der Vorlesung geschah (aus gutem Grund) nicht durch verbale Unterbrechung des Vortragenden, sondern durch die in den entsprechenden Konferenzsystemen vorgesehenen Benachrichtigungsmöglichkeiten (Handhebe-Funktion, raise hand feature). Diese wiederum sind generell so konzipiert, dass das Signal an den Lehrenden weitestgehend unauffällig ist und von diesem damit bestenfalls mit beträchtlicher Verzögerung wahrgenommen wird – zumal der Lehrende auf die Präsentation konzentriert ist und in einer Person die Rolle des Vortragenden und des Moderators übernehmen muss – Aufgaben, welche z.B. bei wissenschaftlichen Konferenzen jedenfalls (zumindest) zwei unterschiedliche Personen erfüllen. Mittels Chatfunktion übermittelte Fragen werden zwar in der Regel etwas auffälliger dargestellt, können aber allenfalls mit dem Ende der Vorlesung oder in dafür vorgesehenen Pausen gelesen und beantwortet werden. Dadurch ist die didaktisch erwünschte spontane Reaktion auf Fragen nur eingeschränkt möglich.

Somit bestand der Wunsch, Fragewünsche des Auditoriums mit einem deutlichen visuellen Signal anzuzeigen ohne dadurch Einfluss auf die Ablaufsteuerung der Präsentation zu nehmen.


2. Projektbeschreibung

Da die Live-Übermittlung der Präsentationsinhalte durch Teilen der am eigenen PC ablaufenden (im Regelfall: Powerpoint®-) Präsentation erfolgt, entstand die Idee, PowerPoint gezielt um die Funktionalität zu erweitern, Hinweise aus dem Auditorium mit einem kurzen, aber deutlichen visuellen Signal an den Vortragenden (z.B. Farbwechsel eines Präsentationselements) anzuzeigen.

Die grundsätzliche Möglichkeit, die Funktionalität einzelner Microsoft Office-Anwendungen durch selbstgeschriebene Programm-Anweisungen zu erweitern wurde ab Mitte der 1990er Jahre durch die Implementierung der interpretierten Programmiersprache Visual Basic für Applikationen (VBA) stark erweitert und auch zwischen den einzelnen Anwendungen (Word, Excel®, PowerPoint®, Access®) weitgehend vereinheitlicht.

VBA eröffnet PowerPoint® die grundsätzliche Möglichkeit, auf Inhalte webbasierter Dateien (in Schreib- und Lesezugriff) zuzugreifen. Umgekehrt kann der Inhalt einer solchen webbasierten Datei über den Aufruf einer Webseite (das Drücken einer Schaltfläche) und damit über jedes internetfähige Gerät (Smartphone, Tablet, Notebook) manipuliert werden.

Somit kann eine solche – in einem entsprechend zugänglichen Webverzeichnis abgelegte – „Signaldatei“ als Schnittstelle zwischen Auditorium und PowerPoint® dienen. Voraussetzung dafür ist, dass den Studierenden die Möglichkeit gegeben wird, durch Aufruf eines entsprechenden URL den Inhalt der Signaldatei zu manipulieren. Gleichzeitig muss PowerPoint® während der Präsentation periodisch (im Abstand weniger Sekunden) den Inhalt dieser Datei abfragen und – im Fall eines geänderten Wertes – darauf mit einem visuellen Signal reagieren (und nachfolgend den Inhalt der Signaldatei zurücksetzen, um weitere Fragestellungen anzeigen zu können).

Die Etablierung einer solchen Kommunikationsschnittstelle wurde über VBA und php realisiert. Schwierigkeiten ergaben sich etwas überraschend aus der Tatsache, dass VBA in PowerPoint® (im Gegensatz zu Word®, Excel® und Access®) über keine Timer-Funktion verfügt und das periodische Abfragen der Signaldatei somit über Einbindung der Windows API gelöst werden musste.


3. Ergebnis

Mit dem hier vorgestellten Konzept wurde eine Handhebe-Funktion in PowerPoint realisiert, wodurch Fragewünsche des Auditoriums den Lehrenden deutlich und mit minimaler zeitlicher Latenz angezeigt werden.

Durch die Implementierung in PowerPoint geschieht dies unabhängig vom verwendeten Webkonferenzsystem, die Darstellung des visuellen Signals an den Vortragenden ist frei gestaltbar und erfolgt über ein auf der ersten Folie platziertes (modifizierbares) Objekt („Shape“).

In ersten Einsätzen zeigte die hier vorgestellte Lösung eine stabile Lauffähigkeit, erste Erfahrungen der Dozierenden konnten aufgrund der Kurzfristigkeit (Evaluationen in der Pflichtlehre erfordern die Bewilligung der Datenschutzkommission) nur als narratives Feedback eingeholt werden. Darin wurde die klare Signalgebung explizit als hilfreiche Funktionalität wahrgenommen und eine spontanere Interaktion bestätigt. Eine erhöhte Motivation der Studierenden zum Anmelden eigener Fragen scheint dadurch jedoch nicht gegeben.


4. Limitationen

Durch das Einbinden der Windows API ist die hier vorgestellte Lösung nur unter dem Betriebssystem MS-Windows® lauffähig. Eine Verwendung in Kombination mit der Referentenansicht ist nicht möglich. Dies ist systembedingt und damit in dem hier vorgestellten Ansatz nicht zu ändern.


5. Verfügbarkeit

Die zur Nutzung der vorgestellten Lösung notwendigen Dateien sind im Bereich der akademischen Lehre frei nutzbar: http://educativo.at/RaiseHand/


Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel hat.