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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Digitalisierung im MME Studiengang – Lehren und Prüfen kommunikativer sowie interprofessioneller Kompetenzen im Heidelberger Modul per Videokonferenz mit virtuellem OSCE Parcours

Kurzbeitrag Prüfungen

  • corresponding author Saskia Veronika Pante - Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, MME-Studiengang, Heidelberg, Deutschland; Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Kompetenzzentrum für Prüfungen, Heidelberg, Deutschland
  • author Michael Weiler - Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, MME-Studiengang, Heidelberg, Deutschland; Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Kompetenzzentrum für Prüfungen, Heidelberg, Deutschland
  • author Bernhard Steinweg - Universitätsklinikum Bonn, Studiendekanat der Medizinischen Fakultät, Bonn, Deutschland
  • author Anne Herrmann-Werner - Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland
  • author Christian Brünahl - Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen, Mainz, Deutschland
  • author Maryna Gornostayeva - Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen, Mainz, Deutschland
  • author Konstantin Brass - Institut für Kommunikations- und Prüfungsforschung gGmbH, Heidelberg, Deutschland
  • author Anna Mutschler - Institut für Kommunikations- und Prüfungsforschung gGmbH, Heidelberg, Deutschland
  • author Andrea Schaal-Ardicoglu - Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Medi-KIT, Heidelberg, Deutschland
  • author Stefan Wagener - Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, MME-Studiengang, Heidelberg, Deutschland; Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Kompetenzzentrum für Prüfungen, Heidelberg, Deutschland
  • author Andreas Möltner - Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Kompetenzzentrum für Prüfungen, Heidelberg, Deutschland
  • author Jana Jünger - Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, MME-Studiengang, Heidelberg, Deutschland; Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen, Mainz, Deutschland

GMS J Med Educ 2020;37(7):Doc88

doi: 10.3205/zma001381, urn:nbn:de:0183-zma0013810

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2020-37/zma001381.shtml

Eingereicht: 31. Juli 2020
Überarbeitet: 7. Oktober 2020
Angenommen: 29. Oktober 2020
Veröffentlicht: 3. Dezember 2020

© 2020 Pante et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Bedingt durch die Corona-Pandemie wurde das Heidelberger Modul des Studiengangs Master of Medical Education, das seinen Schwerpunkt auf Lehren und Prüfen kommunikativer und interpofessioneller Kompetenzen legt, erstmals digital durchgeführt.

Methode: Die Lehre wurde in eine Prä-Modulphase in die Vorwochen ausgelagert. In der Modulwoche wurden die Themen erneut aufgegriffen und vertieft sowie ein virtueller OSCE Parcours durch die Teilnehmer*innen erstellt, revidiert und simuliert.

Ergebnisse/Schlussfolgerung: Evaluation und Reflexion des Moduls ergaben, dass die digitale Durchführung samt einer OSCE Prüfung eine angemessene Alternative zu einer Präsenzveranstaltung darstellen kann. Allerdings können wichtige Elemente des Studiengangs, die zum Netzwerken und persönlichen Austausch dienen, digital nur bedingt repliziert werden. Künftig können sinnvoll eingesetzte digitale Anteile das Studium bereichern.

Schlüsselwörter: Master of Medical Education, OSCE, Digitalisierung


1. Hintergrund

Ziel des Studiengangs Master of Medical Education (MME) Deutschland ist es, Multiplikator*innen und Führungskräfte für Lehre und Prüfung auszubilden [1]. Im Heidelberger Modul werden schwerpunktmäßig die Kommunikation mit Patient*innen und interprofessionelle Zusammenarbeit behandelt, indem interaktiv mit Simulationspersonen (SPs) die Rolle des professionell Lehrenden trainiert und in mündlich-praktischen Prüfungen im Sinne des Constructive Alignments die passende Station für einen Objective Structured Clinical Examination (OSCE)-Parcours erstellt, revidiert und erprobt wird. Im Zuge der Corona-Pandemie wurde das Modul mit 27 Teilnehmer*innen (TN) erstmals online ausgerichtet. Dabei sollte untersucht werden, ob die Umsetzung eines auf Interaktion zielenden Moduls digital gelingt und ob sich erste Befunde bestätigen, nach denen virtuell durchgeführte OSCEs die Entwicklung telemedizinischer Kompetenzen fördern [2], [3], [4].


2. Virtuelles Modul

Für die digitale Umsetzung wurde ein datenschutzkonformes Konferenzsystem verwendet [https://www.urz.uni-heidelberg.de/de/heiconf]. Einen Monat vor Modulstart fand eine Einführung mit Informationen zu Durchführung und Themen des Moduls statt. Die Präsenzzeit während der Modulwoche wurde von 45 auf ca. 25 Stunden reduziert, die verbleibende Zeit wurde als Flipped Classroom in die Vorwochen ausgelagert (Prä-Modulphase), um die Erarbeitung gemäß eigenem Zeitplan zu ermöglichen und die Bildschirmzeit während der Präsenzphase zu reduzieren. Die Dozierenden reflektierten anhand medizindidaktischer Prinzipien, welche Vorträge und Tutorien im Vorfeld angeboten und welche Refresher im Modul platziert wurden. Zusätzlich wurden individuelle Termine zur SP-Rollenabnahme abgehalten. Durch ein Cloud-System [https://www.urz.uni-heidelberg.de/de/heibox] wurden alle Lerninhalte den TN online verfügbar gemacht und das gemeinsame Arbeiten an Dateien ermöglicht. In der Modulwoche wurden die vorbereiteten Lerninhalte als Kernaspekte komprimiert rekapituliert und anschließend diskutiert. Außerdem wurden alle Materialen, wie Arbeitsaufträge, Anleitungen und Leitlinien, gemeinsam von dem Modulteam begutachtet und in ihrer Ausführlichkeit und Verständlichkeit der digitalen Durchführung angepasst. Dadurch sollte die reduzierte physische Ansprechbarkeit des Modulteams adressiert werden.


3. Virtueller OSCE

Die TN erhielten die Vorbereitungsaufgabe, eine digitale Lehrveranstaltung (LV) zum Thema Kommunikation bzw. Interprofessionalität samt passender OSCE-Station zu gestalten, die in der Prä-Modulphase und Modulwoche verschiedenen Review- und Feedback-Prozessen unterzogen wurde. Ebenso wurden die Rollen der SPs in einem mehrstufigen Prozess präzisiert und getestet. LV und OSCE sollten dabei bevorzugt auf digitale Kontexte abzielen und beinhalteten bspw. eine Online-Sprechstunde und eine interprofessionelle Patientenübergabe. Die Durchführung von LV und OSCE-Prüfung erfolgte zusammen mit im Vorfeld per Mail rekrutierten Medizinstudierenden synchron online. Diese nahmen die Rolle Studierende/ Prüflinge ein, während die MME-TN als Dozierende/ Prüfer*innen agierten. Der OSCE gestaltete sich wie folgt:

  • Vom Hauptraum aus wurden entsprechend des 6-Stationen umfassenden Parcours 6 BreakOut (BO)-Räume geschaltet, in die die beteiligten Personen laut Rotationsplan selbstständig wechselten (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).
  • Die Bewertung der verschiedenen OSCE-Stationen erfolgte mittels Tablets [https://www.ucan-assess.org/tools/]. Zusätzlich stand die entsprechende Papierversion zur Verfügung. Je nach Station nutzte die Checkliste Itemlisten und/oder Global Ratings.
  • Nach 12 min wurden die BO-Räume automatisch beendet und vom Hauptraum aus wurde die neue Prüfungsrunde gestartet.
  • Nach Abschluss des Parcours sammelten alle beteiligten Gruppen im Sinne einer 360°-Reflexion Feedback zu allen Stationen.

Zur Nachbereitung erhielten die TN die Aufgabe, LV und OSCE-Stationen im Sinne des Constructive Alignments zu reflektieren sowie anhand des Feedbacks zu überarbeiten. Optional wurde angeboten, die OSCE-Stationen im realen Setting zu testen.


4. Evaluation

Am Ende der Modulwoche nahmen die TN an einer durch EvaSys generierten Online-Evaluation teil. Diese umfasste 76 Fragen (standardisiert und Freitext), woraus sich 21 speziell auf die Durchführung des Online-Moduls bezogen. Die Evaluationsergebnisse (vgl. Abbildung 2 [Abb. 2]) ergaben, dass die inhaltliche und technische Umsetzung grundsätzlich als gelungen, lehrreich und als an die eigene Fakultät transferierbar bewertet wird. Als positiv werden weiterhin die individuelle Zeiteinteilung in der Prä-Modulphase und die fehlende Reisezeit genannt. Indes sei neben dem hohen organisatorischen Aufwand häufig eine zusätzliche (technische) Unterstützung erforderlich. Gleichzeitig könne die Teilnahme am Modul vom klinischen oder privaten Arbeitsplatz aus zu einer Ablenkung der TN führen. Als wesentlichste Beeinträchtigung im virtuellen Setting nennen die TN das eingeschränkte Diskutieren und Netzwerken in der interdisziplinär und interprofessionell zusammengesetzten Gruppe. In Bezug auf die virtuelle OSCE-Prüfung geben die TN an, dass ihnen die Erstellung und Durchführung nicht leichtfiel, sie die digitale Umsetzung aber künftig als wichtig einschätzen (vgl. Abbildung 2 [Abb. 2]). Für die Professionalisierung von virtuellen OSCEs (insbesondere im summativen Bereich) sei außerdem ein neutraler Videohintergrund und angemessene Kleidung notwendig. Auch eine Anpassung der Kriterien zur Überprüfung kommunikativer Fähigkeiten einschließlich des nonverbalen Verhaltens sowie die Klärung rechtlicher Fragen (z.B. Nutzung des Internets während der Prüfung) sei erforderlich. Prüfungsvignetten, die auch im realen Leben digital stattfinden (z.B. Telemedizin), seien gut umzusetzen und wichtig zu trainieren.


5. Fazit

Wie die Evaluation zeigte, ist die virtuelle Durchführung des Moduls inkl. OSCE gut realisierbar. Insbesondere mit Blick auf telemedizinische Kommunikationsstationen konnten wertvolle Erfahrungen gesammelt werden. Für die Zukunft müssen hier weitere Strategien entwickelt werden, indem Musterlösungen und SP-Training den digitalen Bedingungen angepasst werden bspw. durch die Aufnahme von Ratings nonverbaler Kommunikation in die Checklisten [5]. Ebenfalls müssen technische Ausstattung und Bedienbarkeit der elektronischen Systeme unter allen Beteiligten gewährleistet werden. Durch die im Vorfeld mit allen Beteiligten durchgeführten Schulungen und die das Modul begleitende Administration konnten technischen Probleme ausreichend entgegengewirkt werden. Auf der anderen Seite leiden der im Studiengang sehr wertgeschätzte persönliche Austausch und die Gruppendynamik – beides stellt einen wichtigen Faktor für den Lernerfolg der Studierenden dar. Im Hinblick auf die anstehenden Digitalisierungsprozesse im Medizinstudium [6], [7], [8] sind Präsenzmodule mit digitalen Anteilen für die Zukunft attraktiv.


Danksagung

Die Autor*innen bedanken sich ganz herzlich für die tatkräftige Unterstützung und gute Zusammenarbeit bei Kerstin Lubik, Sofia Gelashvili und Liane Ásgeirsson sowie bei den Mitarbeiter*innen des OSCE-Teams des IMPP, den Simulationspersonen sowie den Studierenden.


Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Jünger J, Pante SV, Ackel-Eisnach K, Wagener S, Fischer MR. Do it together! Conception and long-term results of the trans-institutional Master of Medical Education (MME) program in Germany. GMS J Med Educ. 2020;37(3):Doc33. DOI: 10.3105/zma0001326 Externer Link
2.
Phillips TA, Munn AC, George TP. Assessing the Impact of Telehealth Objective Structured Clinical Examinations in Graduate Nursing Education. Nurse Educ. 2020;45(3):169-172. DOI: 10.1097/nne.0000000000000729 Externer Link
3.
Cantone RE, Palmer R, Dodson LG, Biagioli FE. Insomnia Telemedicine OSCE (TeleOSCE): A Simulated Standardized Patient Video-Visit Case for Clerkship Students. MedEdPORTAL. 2019;15. DOI: 10.15766/mep_2374-8265.10867 Externer Link
4.
Lara S, Foster CW, Hawks M, Montgomery M. Remote assessment of clinical skills during COVID-19: a virtual, high-stakes, summative pediatric OSCE. Acad Pediatr. 2020;20(6):760-761. DOI: 10.1016/j.acap.2020.05.029 Externer Link
5.
Collins LG, Schrimmer A, Diamond J, Burke J. Evaluating verbal and non-verbal communication skills, in an ethnogeriatric OSCE. Pat Educ Couns. 2011;83(2):158-162. DOI: 10.1016/j.pec.2010.05.012 Externer Link
6.
Bundesministerium für Gesundheit. Arbeitsentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit Approbationsordnung für Ärzte und Ärztinnen (ÄApprO). Berlin: Bundesministerium für Gesundheit; 2019.
7.
Staeck F. Digitale Kompetenzen? Nicht im Medizinstudium zu finden! ÄrzteZeitung. 2019. Zugänglich unter/available from: https://www.aerztezeitung.de/Politik/Digitale-Kompetenzen-Nicht-im-Medizinstudium-zu-finden-313809.html Externer Link
8.
Haag M, Igel C, Fischer MR; German Medical Education Society (GMA), Committee "Digitization - Technology-Assisted Learning and Teaching"; Joint working group "Technology-enhanced Teaching and Learning in Medicine (TeLL)" of the German Association for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology (GMDS) and the German Informatics Society (GI). Digital Teaching and Digital Medicine: A national initiative is needed. GMS J Med Educ. 2018;35(3):Doc43. DOI: 10.3205/zma001189 Externer Link