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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

„Das ist ja wie bei den Heinzelmännchen!“ – Unterstützung der Digitalisierung der medizinischen Lehre durch ein interdisziplinäres E-Tutor*innen-Team

Kurzbeitrag E-Tutoren

  • author Michael Abler - Universität Regensburg, Fakultät für Medizin, Dekanat, Regensburg, Deutschland
  • author Regine Bachmaier - Universität Regensburg, Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik (ZHW), Regensburg, Deutschland
  • author Birgit Hawelka - Universität Regensburg, Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik (ZHW), Regensburg, Deutschland
  • author Stefan Prock - Universität Regensburg, Fakultät für Humanwissenschaften, Professur für Erziehungswissenschaft (Schwerpunkt Lernen mit visuellen Medien), Regensburg, Deutschland
  • author Silke Schworm - Universität Regensburg, Fakultät für Humanwissenschaften, Professur für Erziehungswissenschaft (Schwerpunkt Lernen mit visuellen Medien), Regensburg, Deutschland
  • author Anne-Kathrin Merz - Universität Regensburg, Fakultät für Medizin, Dekanat, Regensburg, Deutschland
  • corresponding author Stephanie Keil - Universität Regensburg, Fakultät für Medizin, Dekanat, Regensburg, Deutschland

GMS J Med Educ 2020;37(7):Doc75

doi: 10.3205/zma001368, urn:nbn:de:0183-zma0013685

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2020-37/zma001368.shtml

Eingereicht: 30. Juli 2020
Überarbeitet: 30. Juli 2020
Angenommen: 15. Oktober 2020
Veröffentlicht: 3. Dezember 2020

© 2020 Abler et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Die erzwungene und zeitkritische Umstellung auf digitale Lehr-Lernformate im Sommersemester 2020 brachte für die Lehrenden der Fakultät für Medizin an der Universität Regensburg zahlreiche neue Herausforderungen mit sich. Didaktische und personelle Unterstützung der Lehrenden zur Vorbereitung, Erstellung und Betreuung digitaler Angebote wurde notwendig.

Projektbeschreibung: Da interdisziplinäre Teams in der kreativen Lösungsfindung überlegen scheinen, wurde ein interdisziplinäres studentisches E-Tutor*innen-Team an der Fakultät für Medizin etabliert, um die Digitalisierung des Lehrangebots zu unterstützen. Nach einem initialen Basistraining der E-Tutor*innen erfolgten zur kontinuierlichen Weiterentwicklung regelmäßige Teamtreffen und interne Mini-Schulungen. Die E-Tutor*innen konnten von den Lehrenden „angefordert“ werden und begleiteten dann bedarfsorientiert die jeweiligen Kursvorbereitungen und -durchführungen.

Ergebnisse und Diskussion: Die Unterstützung durch die studentischen E-Tutor*innen wurde von Lehrenden und Studierenden sehr positiv wahrgenommen. Die E-Tutor*innen beschreiben die Interdisziplinarität des Teams als wichtige Lernressource und ihre Tätigkeit als spannende und lehrreiche Aufgabe.

Fazit und Ausblick: Aufgrund der positiven Erfahrungen mit den E-Tutor*innen wird zur nachhaltigen Verankerung digitaler Lehr-Lernangebote an der Fakultät für die kommenden Semester eine Verstetigung dieser Unterstützungsleistung angestrebt.

Schlüsselwörter: E-Tutor*in, digitale Lehre, COVID-19, interdisziplinäres Team


1. Hintergrund

Bedingt durch die SARS-CoV-2-Pandemie musste an der Fakultät für Medizin der Universität Regensburg (UR) der Lehrbetrieb im Sommersemesters 2020 auf überwiegend digitale Formate umgestellt werden. Die technisch-strukturellen Voraussetzungen dafür waren durch ein Moodle-basiertes Lernmanagementsystem und die Bereitstellung eines leistungsfähigen Videokonferenzsystems sehr gut. Dennoch zeigte sich rasch, dass Lehrende didaktische und personelle Unterstützung zur Vorbereitung, Erstellung und Betreuung digitaler Angebote brauchen würden. Gemeinsam mit dem Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik (ZHW) der UR wurde ein Konzept für ein interdisziplinäres E-Tutor*innen-Team ausgearbeitet und umgesetzt.


2. E-Tutor*innen

2.1. Interdisziplinäres Team

In der Entwicklung kreativer und innovativer Lösungen scheinen diverse Teams überlegen zu sein [1], [2]. Bei der Zusammenstellung des aus studentischen Hilfskräften bestehenden E-Tutor*innen-Teams wurde daher darauf geachtet, verschiedene relevante Fachdisziplinen (Medizin, Erziehungswissenschaft, Medienwissenschaft) sowie unterschiedliche Fachsemester zu integrieren. Die diverse Zusammensetzung ermöglichte es, medizinisch-fachliche Expertise mit lehr-lerntheoretischem Verständnis und technischem Knowhow zu bündeln und damit jene Kompetenzen bereitzustellen, die zur Unterstützung der Lehrenden bei der Erstellung und Betreuung digitaler Angebote vonnöten waren.

2.2. Training und Begleitung

Das Training und die kontinuierliche Begleitung der E-Tutor*innen erfolgte durch

  • den Online-Kurs „Lehren mit digitalen Medien – Eine Einführung”,
  • den „Erste Hilfe Koffer für Digitale Lehre” sowie
  • regelmäßige Teamtreffen und interne Mini-Weiterbildungen.

Eine Einführung in die lernförderliche Gestaltung digitaler Lehr-Lernmaterialien bot der von der Professur für Erziehungswissenschaft (Schwerpunkt Lernen mit visuellen Medien) zur Unterstützung der Lehrenden entwickelte Online-Kurs „Lehren mit digitalen Medien“, der theoretisches und handlungsbezogenes mediendidaktisches Basiswissen vermittelt.

Als weitere wesentliche Informationsquelle wurde das vom Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsdidaktik (ZHW) betreute Online-Portal „Erste Hilfe Koffer für Digitale Lehre“ genutzt. Dieses beinhaltet zahlreiche Anregungen, Ideen und Hilfestellungen, wie didaktische Elemente (z. B. Vortrag mit Folien, Diskussionen, Gruppenarbeit) aus der Präsenzlehre adäquat in digitalen Veranstaltungen abgebildet werden können. Der „Erste Hilfe Koffer“ hat sich seit seiner Freischaltung im März 2020 als zentrales Informations- und Austauschportal zur Gestaltung digitaler Lehre etabliert und wird regelmäßig erweitert.

Stark genutzter Bestandteil des „Erste Hilfe Koffers“ ist ein Forum, in dem Lehrende Fragen zu technischen und didaktischen Problemen stellen können. Die Community aus erfahrenen Nutzer*innen aus allen Fakultäten antwortet in der Regel sehr schnell und teilt ihre Erfahrungen und Konzepte. Somit ist der „Erste Hilfe Koffer“ nicht nur als initiales Schulungselement, sondern als fortwährendes Unterstützungsangebot für die E-Tutor*innen zu sehen.

Neben den angeführten formalen Schulungsangeboten wurden regelmäßige Teamtreffen als Videokonferenz durchgeführt, um aktuelle Herausforderungen zu besprechen. Der daraus abgeleitete Weiterbildungsbedarf konnte im interdisziplinären Team eigenständig und wechselseitig in Mini-Schulungen adressiert werden. Beispielsweise erhielten die Tutor*innen aus nicht-medizinischen Fächern eine Einführung in den Ablauf der medizinischen Studiengänge. Tutor*innen aus den Erziehungswissenschaften erläuterten, wie Moodle-Kurse lernförderlich strukturiert werden können, während technisch besonders versierte Tutor*innen unterstützend bei der Nutzung spezifischer Funktionen von Moodle zur Verfügung standen.

2.3. Einsatzbereiche

Vorrangig unterstützten die E-Tutor*innen die Lehrenden bei

  • der lernförderlichen Gestaltung der Kurse im Lernmanagementsystem,
  • der Kommunikation mit den Studierenden über das Lernmanagementsystem,
  • der Verbesserung bestehender und Gestaltung neuer Lerneinheiten sowie
  • der Erstellung und Nutzung von Lernmedien.

Lehrende konnten E-Tutor*innen vom Studiendekanat „anfordern“ und wurden von diesen bei der Kursvorbereitung, während des Kurses oder auch über das ganze Semester hinweg begleitet. Die Spanne der Unterstützungsleistung variierte stark und war abhängig vom didaktischen Vorwissen der Lehrenden sowie den fachspezifischen Anforderungen. Um eine Abhängigkeit der Lehrenden von e-tutorieller Unterstützung zu vermeiden, war das Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ maßgeblich.


3. Ergebnisse und Diskussion

Lehrende wie Studierende nahmen die Unterstützung durch E-Tutor*innen sehr positiv wahr. Eine Lehrende bezeichnete sie dankbar als „Heinzelmännchen, die über Nacht den Kurs gut machen“. Die Studierenden waren überrascht, welche didaktischen Möglichkeiten im bekannten Lernmanagementsystem stecken und wünschen sich die Beibehaltung der neuen übersichtlichen Kursgestaltung. Die E-Tutor*innen selbst beschreiben ihre Tätigkeit als spannend und lehrreich. Sie schätzen die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team, die gegenseitige Unterstützung sowie die große Eigenverantwortung. Selbstverständlich hatten die E-Tutor*innen auch mit Herausforderungen zu kämpfen. So musste beispielsweise eine zufriedenstellende Balance zwischen der erwarteten Unterstützung der Lehrenden und deren Eigenverantwortung für ihre digitale Lehre gefunden werden.


4. Fazit und Ausblick

Insgesamt hat sich das E-Tutor*innen-System als große Unterstützung für die Lehrenden sowie für lehrunterstützende Arbeitseinheiten der Fakultät für Medizin bewährt. Die Interdisziplinarität und Diversität stärkte die Zusammenarbeit und begünstigte die gegenseitige Unterstützung. Nach diesen durchweg positiven Erfahrungen wird die nachhaltige Verankerung eines interdisziplinären E-Tutor*innen-Teams angestrebt.


Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Williams KY, O'Reilly CA. Demography and diversity in organizations: A review of 40 years of research. Res Organ Behav. 1998;20:77-140.
2.
Buengeler C, Homan AC. Diversity in Teams: Was macht diverse Teams erfolgreich?. In: Genkova P, Ringeisen T, editors. Handbuch Diversity Kompetenz. Band 1: Perspektiven und Anwendungsfelder. Wiesbaden: Springer; 2016. p.663-677. DOI: 10.1007/978-3-658-08594-0_39 Externer Link