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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Reicht Diversität über Sex und Gender hinaus? Gender als soziale Kategorie von Diversitäts-Training in der Ausbildung von Gesundheitsberufen – ein Scoping Review

Artikel Curriculumsgestaltung

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  • corresponding author Heidi Siller - Medizinische Universität Innsbruck, Gemeinsame Einrichtung für Gender Medizin, Innsbruck, Österreich
  • author Gloria Tauber - Medizinische Universität Innsbruck, Gemeinsame Einrichtung für Gender Medizin, Innsbruck, Österreich
  • author Margarethe Hochleitner - Medizinische Universität Innsbruck, Gemeinsame Einrichtung für Gender Medizin, Innsbruck, Österreich

GMS J Med Educ 2020;37(2):Doc25

doi: 10.3205/zma001318, urn:nbn:de:0183-zma0013184

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2020-37/zma001318.shtml

Eingereicht: 30. November 2018
Überarbeitet: 9. April 2019
Angenommen: 28. Mai 2019
Veröffentlicht: 16. März 2020

© 2020 Siller et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Sex und Gender sind soziale Diversitätskategorien. Diversität kann dabei mit einem intersektionalen Blick wahrgenommen werden, der aufzeigt, wie intersektionale Kategorien zu Unterdrückung, Ungleichheit, Machtunterschieden und Privilegien beitragen können. Dieser Artikel befasst sich damit, welche Aspekte in Diversitätskursen in der Ausbildung von Gesundheitspersonal berücksichtigt werden und welche Rolle Sex/Gender dabei spielt.

Methode: Dieser Scoping Review bezieht sich auf sozialen Kategorien, die in Diversitätskursen in Gesundheitsberufen genannt werden. Artikel zu Diversitätskursen in Gesundheitsberufen wurden in der Datenbank Web of Science anhand der Schlagwörter gender, diversity, training, education und health professions gesucht. Zwölf Artikel wurden schlussendlich in diesem Review inkludiert. Die daraus gewonnenen Informationen wurden mittels thematischer Analyse analysiert.

Ergebnisse: Es wurden einige Lücken bezüglich Diversitätsaspekte in Kursen festgestellt. In den Ergebnissen zeigte sich, dass der Aspekt „Kultur“ am häufigsten besprochen wurde, wohingegen Sex/Gender und lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, queere und intersex (LGBTQI) Themen nur in einem geringen Ausmaß berücksichtigt wurden. Kulturelle Diversitätskurse inkludierten Selbstreflexion über die eigene Kultur, während vergleichbare Instrumente für Sex/Gender und LGBTQI fehlten. Zusätzlich waren weitere Diversitätskategorien wie Behinderung oder Alter weitgehend nicht vorhanden.

Schlussfolgerung: Diversität sollte nicht nur fragmentarisch, sondern in ihrer Gesamtheit in der Ausbildung von Gesundheitspersonal inkludiert werden. Zusätzlich könnten soziale Kategorien, wie beispielsweise Gender, von Selbstreflexion über die Bedeutung der Kategorien profitieren. Zudem sollte die Rolle von Macht und Privilegien reflektiert werden, um das Bewusstsein von Diversität zu fördern. Dabei könnte ein „othering” vermieden und Gesundheitsversorgung verbessert werden.

Schlüsselwörter: Akademische Medizin, Diversität, Gesundheitsberufe, Scoping Review, Ausbildung


Einleitung

Sex und Gender sind wichtige Aspekte in der Gesundheitsversorgung [1], [2], [3], der medizinischen Ausbildung [3], [4], [5] und der medizinischen Forschung [3], [6], [7]. Eine Möglichkeit den Fokus auf Sex und Gender zu legen, ist, diese Konzepte als Aspekte von Diversität zu begreifen. Diversität hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung in der Medizin gewonnen [8], häufig in Verbindung mit sozialer Ungleichheit. In diesem Sinn sollte das Gesundheitspersonal auch die Diversität der Bevölkerung reflektieren, um eine bestmögliche Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu ermöglichen [9]. Allerdings ist die Diversität des Gesundheitspersonals nur ein Weg, um optimale Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten. Ein weiterer Weg, um auf Diversität zu reagieren bezieht sich auf die Inklusion von Diversität in die Ausbildung des Gesundheitspersonals. In der Medizin wurden Empfehlungen ausgesprochen, wie verschiedene Diversitätsaspekte eingebaut werden können, beispielsweise hinsichtlich Sex und Gender [3], [10], Gender-Diversität [11], oder lesbisch, schwule, bisexuelle, transgender (LGBT) und lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, queere und intersex (LGBTQI) Themen [12], sowie Diversität im Allgemeinen [13]. Diversität wird dabei oft in Bezug auf Ethnizität, Kultur, Gender, Sexualität, Behinderung, sozioökonomischer Hintergrund oder Klasse, und Alter beschrieben [14]. In Europa sind diese sozialen Kategorien von Diversität auch in der EU-Anti-Diskriminierungsvorschrift enthalten, welche ein Mittel gegen Diskriminierung darstellt [15]. Dabei ist es wichtig hervorzuheben, dass diese sozialen Kategorien eine spezifische Bedeutung in der Gesellschaft haben. Beispielsweise können Personen wiederholt mit der sozialen Bedeutung einer dieser Klassifikationen konfrontiert sein (z.B. Mütter und soziokulturelle Erwartungen in Bezug auf Kindererziehung) und auf eine oder mehrere dieser Kategorien reduziert werden (z.B. als Mutter wahrgenommen werden, aber nicht als Expertin in ihrem Beruf). Zusätzlich können solche Klassifikationen die Wahrnehmung von Unterschieden zwischen Menschen nur aufgrund von einer oder zwei Charakteristika (z.B. Religion, Ethnizität, Geschlecht) hervorheben und dabei die Gemeinsamkeiten zwischen Personen oder Gruppen vernachlässigt werden. Diversität tritt dabei einer Kontrastierung von Menschen aufgrund ihrer „Unterschiede“ entgegen, da die Fokussierung auf Unterschiede den Kontext von Diversität hemmen [14]. In diesem Sinne betonen manche Forscher*innen, dass Diversität sowie auch soziale Kategorien der Diversität in ihrer Komplexität [16] und in Bezug auf alle sozialen Kategorien und nicht nur anhand einer einzelnen wie Ethnizität [13] verstanden werden sollte.


Ein System um Diversität zu erforschen

Diversität kann mit einem intersektionalen Blick wahrgenommen werden, der die Möglichkeit bietet, Unterdrückung, Macht, Privilegien und soziale Ungleichheit zu beleuchten. Der Begriff Intersektionalität wurde von Kimberlé Crenshaw [17] geprägt, die aufzeigte, dass einzelne soziale Kategorien (z.B. Ethnizität, Klasse, Geschlecht, Sexualität) in ihrer Wechselwirkung berücksichtigt werden müssen, um Erfahrungen von Diskriminierung zu verstehen. Heute ist Intersektionalität ein wichtiges Konzept, das dazu anregt, die Komplexität der „Realität" anzuerkennen und ein Verständnis der miteinander verflochtenen Mechanismen sozialer Ungleichheit, aber auch von Privileg und Macht zu unterstützen. Forscher*innen, die sich mit Intersektionalität beschäftigen, haben unter anderem gefordert, dass die Komplexität der „Realität" auch in die Lehre einbezogen wird, z.B. durch die Förderung kreativer Fähigkeiten für effektives Lernen [18]. Dies unterstreicht, dass Lehren und Lernen die Unvorhersehbarkeit und Komplexität der Beziehungen und der menschlichen (Inter-) Aktionen widerspiegeln sollten [18]. Es wurde auch auf die Notwendigkeit der Selbstreflexion hingewiesen, um Diversität in die Gesundheitsversorgung einbeziehen zu können [13]. Selbstreflexion beinhaltet zum Beispiel die Auseinandersetzung mit eigenen Vorurteilen hinsichtlich persönlicher und kultureller Aspekte sowie die Berücksichtigung von Stereotypisierungen [19], aber auch das Bewusstsein über die eigene Identität [20] und Privilegien. Privilegien werden meist durch das Geburtsrecht gewährt, z.B. ethnische Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlecht [21], [22], aber in einigen Fällen werden auch sozioökonomischer Status und Alter als Privilegien betrachtet [21]. Selbstreflexion ist also ein bewusster kognitiver Prozess über die Reflexion von Verhalten, Überzeugungen und Erfahrungen. Selbstreflexion ist ein Prozess, der von einer Vorbereitungsphase bis hin zu einer transzendent/transkulturellen Phase reicht, die es ermöglicht, Vielfalt zu erfassen und wirklich miteinzubeziehen [20]. Auch wenn diese Phasen anhand von Beispielen aus dem Bereich Ethnizität veranschaulicht wurden, lassen sich die gleichen Effekte feststellen, wenn man sich auf andere Kategorien der Diversität, wie das Geschlecht, konzentriert. Daher könnten Studierenden zunächst skeptisch und sogar gegen das Geschlechterkonzept sein, bevor sie den Einfluss des Geschlechts auf Gesundheit, Interaktion, Alltag und sich selbst kritisch hinterfragen können. Ein weiterer Ansatz, um den Studierenden etwas über Diversität beizubringen, ist die Selbsterkenntnis, also die eigene Darstellung von Diversität. Selbsterkenntnis bedeutet, die eigene persönliche Geschichte zu verstehen, aber auch Einstellungen und Werte [23]. Die Eigenwahrnehmung wird insbesondere eingesetzt, um Vorurteile und Stereotypen gegenüber der eigenen Gruppe abzubauen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass durch die zunehmende Diversität der medizinischen Fachkräfte, die der jeweiligen Bevölkerung entspricht [9], eine geringere Ungleichheit in der Patient*innenversorgung und eine Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheiten [24] die Folge sein wird. Es wird davon ausgegangen, dass die Vermittlung von Selbsterkenntnis und damit der eigenen Geschichte über Kultur, Ethnizität, Fähigkeiten und Privilegien, das Bewusstsein der Studierenden für ihre blinden Flecken im Umgang mit Patient*innen oder Kolleg*innen erhöht wird [25], [26]. Ein solcher Ansatz ist auch gewinnbringend, wenn man kulturelle Demut lehrt, welche Selbsterkenntnis und Selbstreflexion einschließt [27].

Trotz mehrerer Empfehlungen zu verschiedenen Aspekten der Diversität ist kaum sichtbar, wie verschiedene Diversitätsaspekte und vor allem Geschlecht in die Ausbildung von Gesundheitspersonal einbezogen werden. Aus diesem Grund wurde ein Scoping Review durchgeführt, um die Einbeziehung von Diversität und Geschlecht in die Ausbildung von Gesundheitspersonal zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurde ein intersektionaler Rahmen als Instrument angewandt, um sich auf Diversität zu konzentrieren. Unsere Forschung wurde von folgenden Fragen geleitet:

1.
Welche sozialen Kategorien von Diversität sind in der Ausbildung von Gesundheitsberufen enthalten und insbesondere, wie wird Geschlecht als soziale Kategorie von Diversität miteinbezogen?
2.
Welche Lücken lassen sich in der Diversitätsausbildung in Gesundheitsberufen aktuell identifizieren?

Dieser Scoping Review zielt darauf ab, die Verwendung von Geschlecht in Diversitätskursen für Gesundheitspersonal zu untersuchen. Um diese Fragen zu diskutieren, haben wir Artikel mit Beschreibungen von Aus- und Weiterbildungsangeboten zum Thema Diversität im Gesundheitswesen gesucht.


Material und Methoden

Die von Arksey und O'Malley [28] entwickelten Empfehlungen für die Scoping Analyse wurden herangezogen. Scoping Reviews sollen einen Überblick über Umfang und Art der Forschungstätigkeit [“the extent, range and nature of research activity” (p.21)] in einem bestimmten Bereich geben [28]. Dies kann auch als eine Zuordnung der Literatur [29] beschrieben werden, was auch hier beabsichtigt wurde. Um einen Scoping Review durchzuführen, schlagen Arksey und O'Malley [28] mehrere Schritte vor:

1.
die Forschungsfrage(n) formulieren,
2.
relevante Studien in einem bestimmten Bereich identifizieren,
3.
Studien anhand von Kriterien auswählen, die aus der Forschungsfrage abgeleitet wurden,
4.
extrahierte Daten aus den Artikeln erfassen,
5.
Ergebnisse sammeln, zusammenfassen und berichten.

Für diesen Review haben wir am 19. März 2018 in der Datenbank Web of Science mit Hilfe der Web of Science Core Collection recherchiert. Wir wollten zunächst ein breites Spektrum an Literatur zusammentragen und diese Suchergebnisse danach Schritt für Schritt weiter eingrenzen. Dieser Prozess ist ähnlich wie von Levac, Colquhoun [29] beschrieben. So haben wir zunächst mit einer umfassenden Forschungsfrage begonnen, die als Grundlage für unsere Suchstrategie diente. Zu diesem Zweck haben wir offene Schlagwörter verwendet. Zu den Schlagwörtern, die bei der Suche verwendet wurden, gehörten: Geschlecht oder Diversität und Gesundheitsberuf und Ausbildung oder Training [auf englisch: gender or diversity and health profession and education or training]. Diese Schlagwörter wurden in verschiedenen Kombinationen verwendet. Wir haben die Ergebnisse in Bezug auf Sprache (nur Englisch oder Deutsch) und Erscheinungsdatum eingegrenzt und so nur die nach dem Jahr 2000 veröffentlichten Artikel herangezogen, um ein breites Spektrum an Ergebnissen einzubeziehen. Nachdem wir mehr als 3000 Artikel extrahiert hatten, wurden diese Ergebnisse weiter begrenzt. In einem ersten Schritt haben wir Machbarkeitskriterien verwendet und Duplikate, Bücher und Buchkapitel, Meeting- oder Tagungsabstracts ausgeschlossen. Ausgehend von den Empfehlungen von Levac, Colquhoun [29], haben wir unseren Forschungsrahmen spezifiziert und bezogen diese Spezifikationen in unseren Artikelauswahlprozess mit ein. So wurden die Einschlusskriterien wie folgt definiert:

1.
Die Zielgruppe war Gesundheitspersonal oder Studierende der Gesundheitsberufe; deshalb wurden Artikel aufgenommen, wenn sie Gesundheitsberufe nach dem Berufssegment 22 „medizinische und nicht-medizinische Gesundheitsberufe" der Internationalen Klassifikation der Berufe ISO-08 [30] definierten. Als Mitglieder der Gesundheitsberufe zählen wir: Ärzt*innen, Zahnärzt*innen, Pflegepersonal, Hebammen, Heilpraktiker*innen, sowie alle Anbieter*innen der traditionellen und komplementären Medizin, sowie Apotheker*innen, Umwelt- und Arbeitsmediziner*innen, Physiotherapeut*innen, Ernährungswissenschaftler*innen, Logopäd*innen, Augenoptiker*innen, Angehörige der Gesundheitsberufe soweit nicht anders angegeben. Allerdings waren nicht alle hier aufgeführten Berufe in den Artikeln abgebildet. Wir haben Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen und Sozialarbeiter*innen ausgeschlossen, da diese Berufe als Rechts-, Sozial- und Kulturberufe (Untergruppe 26) sowie andere Berufe eingestuft werden, die zwar zum Fundament der Gesundheitsberufe gehören, aber nicht in die Untergruppe 22 [30] fallen.
2.
Artikel mussten sich auf Diversität oder soziale Kategorien der Diversität in der Ausbildung von Gesundheitsberufen (bzw. Studierende) konzentrieren; ein solcher Fokus war durch einen ausdrücklichen Verweis auf eine oder mehrere soziale Kategorien der Diversität oder die explizite Benennung von Diversität im Rahmen der Ausbildung gegeben.
3.
Darüber hinaus wurden Artikel aufgenommen, wenn Autor*innen Ausbildungsinhalte mit expliziten Informationen zu den Kursen beschrieben. Diese Einschlusskriterien wurden in mehreren Schritten für die Auswahl geeigneter Forschungsartikel angewandt (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Die Artikelauswahl beinhaltete auch die Überprüfung aller Artikel auf der Grundlage ihres Titels, so wurden nur die Artikel mit einbezogen, die sich mit Training oder Ausbildung befassten und diese oder ähnliche Begriffe im Titel verwendeten. Darüber hinaus mussten die Artikel in ihrem Titel auf Diversität, Kultur, Geschlecht, LGBTQI oder andere soziale Kategorien der Diversität verweisen. Artikel wurden ausgeschlossen, wenn sie dies nicht taten. Ein nächster Schritt bestand darin, Abstracts heranzuziehen und so die Anzahl der Artikel einzugrenzen. Es wurden nur die Artikel einbezogen, die im Abstract auf Training oder Ausbildung zu Diversitätsaspekte wie Geschlecht, soziale Klasse, Behinderung, Sexualität, Alter, Kultur, Ethnizität im Sinne der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie [15] verwiesen. Schließlich wurden Volltexte herangezogen, um die Artikelauswahl zu finalisieren. Hier wurden alle Artikel exkludiert, die sich mit anderen Aspekten als der Ausbildung von Studierenden oder Angehörigen der Gesundheitsberufe zu Diversität befassten, sich mit anderen Berufsgruppen als Gesundheitsberufe, und sich nicht auf Trainings oder Ausbildung, sondern sich auf ein Auslandsstudium bezogen. Dies bedeutet auch, dass Artikel ausgeschlossen wurden, wenn sie sich auf die zunehmende Diversität der Angehörigen der Gesundheitsberufe und die beschriebenen Programme konzentrierten; sich nur auf die interprofessionelle Zusammenarbeit konzentrierten; sich auf die Ausbildung oder das Studium verschiedener Bevölkerungsgruppen, aber nicht auf Angehörige der Gesundheitsberufe konzentrierten; sich auf die berufliche Identität, das Einfühlungsvermögen oder den Kommunikationsstil konzentrierten; keine Informationen über die durchgeführte Ausbildung lieferten; oder allgemeine Empfehlungen zur Einbeziehung von Diversitätsaspekten abgaben, ohne sich ausdrücklich auf den Inhalt oder die Art der Durchführung zu konzentrieren, oder nicht abrufbar waren. Letztendlich wurden 12 Artikel in diesen Scoping Review aufgenommen. Die Schritte zur Auswahl der Artikel sind in Abbildung 1 [Abb. 1] dargestellt.

Die Forscher*innen haben die Artikel ausgewählt und zusammengefasst. Alle Schritte wurden besprochen, bevor zum nächsten Artikelauswahlschritt übergegangen wurde. Bei Unsicherheiten über den Ausschluss eines Artikels, z.B. wenn auf der Grundlage des Abstracts kein Konsens über Ein-/Ausschluss erzielt werden konnte, wurde der Volltext herangezogen, um über Ein- oder Ausschluss zu entscheiden.

Die Artikel wurden mit Hilfe einer intersektionalen Perspektive zusammengefasst und konzentrieren sich somit auf die Intersektionen der sozialen Kategorien und deren Relevanz in der Ausbildung. Aus den ausgewählten Artikeln haben wir Informationen über die Zielgruppe, die Art der sozialen Kategorie, die im Kurs und im Artikel verwendet wird, die Art und den Inhalt des Trainings für die Studierenden der Gesundheitsberufe sowie über die Frage, ob nach dem Kurs ein Outcome oder eine Verbesserung festgestellt wurde, gezogen (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). Diese Erfassung der Daten [29] wurde als erster Schritt verwendet, um die aus den Artikeln gewonnenen Daten zu kategorisieren und die Daten entsprechend zu analysieren. Dieses Vorgehen basierte auf der thematischen Analyse [31]; wir haben daher mehrere ausführliche Themen zur Kategorisierung relevanter Informationen aus den Artikeln festgelegt. Zu diesen Themen gehörte die soziale Kategorie der Diversität, Training und Ergebnis (falls zutreffend). Die diesen Themen zugeordneten Codes wurden anhand der Informationen aus den Artikeln definiert. In einem ersten Schritt haben wir uns mit den in der Review enthaltenen Artikeln vertraut gemacht, indem wir sie mehrmals durchgelesen haben. Anschließend wählten wir die relevanten Daten aus und entwarfen dementsprechende Codes. Die nächsten Schritte umfasste die Zusammenstellung der Codes zu Themen und die Überprüfung der Themen, die Neudefinition und Schärfung der für Themen verwendeten Begriffe. Wir haben diese Analysetechnik verwendet, um Informationen über die sozialen Kategorien der Diversität, wie sie in diesen Artikeln verwendet werden, zusammenzustellen und zu diskutieren, sowie über den Aufbau und die Evaluation von Kursprogrammen für Diversität, falls vorhanden. Eine intersektionale Perspektive zeigt sich, da unser Verständnis von Diversität mit Intersektionalität verwoben ist. So inkludiert Diversität unserer Meinung nach ein Verständnis von verwobenen, sich überschneidenden sozialen Merkmalen, die sich auf die Gesundheit, den Zugang zur Gesundheitsversorgung und zur Behandlung auswirken können. In diesem Sinne sind Intersektionalität und Reflexivität wichtige Möglichkeiten zur Anerkennung und Einbeziehung von Diversität in Gesundheitssystemen und medizinischer Ausbildung [32]. Um eine intersektionale Perspektive in die Darstellung der Ergebnisse einbeziehen zu können, ist es unerlässlich, die aus den Artikeln abgeleiteten Informationen zu kontextualisieren. Bei der Kontextualisierung der Informationen haben wir strukturelle, historische und soziale Bedingungen berücksichtigt. Diese Kontextualisierung bezieht sich auf die Einbettung in den Lehrplan, Unterstützung oder Widerstand gegen Diversitätskurse, Auswirkungen der Diversitätskurse auf die Teilnehmer*innen.


Ergebnisse

Soziale Kategorien von Diversität

Diversität war mit spezifischen Aspekten der Vielfalt verbunden und wurde in geringerem Maße in einem umfangreichen Spektrum diskutiert. So konzentrierten sich zwei Artikel auf lesbische, schwule, bisexuelle und transgender (LGBT) oder lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, queere und intersexuelle (LGBTQI) Aspekte in der Ausbildung oder im Lehrplan [33], [34], weitere zwei Artikel auf sexuelle und/oder geschlechtsspezifische Aspekte [35], [36], zwei Artikel auf Diversität im Allgemeinen [37], [38] und sechs Artikel auf kulturelle Aspekte [39], [40], [41], [42], [43], [44] (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). Ein spezifischer intersektionaler Begriff war in einigen Definitionen der jeweiligen sozialen Kategorie, die in den Ausbildungsprogrammen angesprochen wurden, offensichtlich. In diesem Sinne wurde Diversität als miteinander verbundene Kategorien [37] oder der Einfluss soziokultureller Interaktion auf das Geschlecht [36] verstanden. Definitionen ohne einen solchen spezifischen intersektionalen Bezug konzentrierten sich auf die Unterschiede zwischen Gruppen oder Individuen (z.B. kulturelle Gruppen) [42], Verhaltensweisen, Fähigkeiten, Werte [38], [42] oder die Fluidität von Konzepten (z.B. Geschlechtsidentität) [34].

Meistens war Diversität mit Kultur und dem Erwerb von kultureller Kompetenz verbunden. In diesem Zusammenhang war Kultur implizit mit Ethnizität, Migration und Minderheiten verbunden.

Diversität scheint in die Ausbildung von Gesundheitsberufen mit einbezogen zu werden, indem man sich auf einzelne Fragmente konzentriert, aber nur zu einem kleinen Ausmaß auf das gesamte Konstrukt fokussiert. Es ist aber auch notwendig, Diversität in ihrer Komplexität zu verstehen und die einzelnen Teile der Diversität zu verbinden, denn Diversität ist mehr als die Summe ihrer Teile.

Training und Evaluation

Wie aus Anhang 1 [Anh. 1] ersichtlich ist, wurde ein breites Spektrum von Gesundheitsberufen in die Ausbildungsprogramme mit einbezogen (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). Das Gesundheitspersonal und die Studierenden der Gesundheitsberufe nahmen an Diversitätsprogrammen teil, die als Wahlfächer [33], [39], Weiterbildungsprogramme [37] oder Online-Kurse für Gesundheitspersonal [35], [36] eingerichtet wurden. Nicht jeder Artikel erwähnte jedoch die strukturelle Einbettung der Kurse.

Im Diversitätskurs und insbesondere im kulturellen Kompetenztraining wurde nicht nur auf Wissen und Fähigkeiten, sondern auch auf Bewusstsein und Selbstreflexion gesetzt. Es ist wichtig, dass wir Kultur nicht nur bei „den anderen" sehen, und dass wir das kulturelle Bewusstsein und die kulturelle Kompetenz stärken, indem wir Kultur bei Studierenden oder Mitarbeiter*innen selbst analysieren [40]. Die anderen Diversitätsaspekte wie Geschlecht [35], [36], LGBT/LGBTQI [33], [34] und ein Training zum Gesamtkonzept der Diversität [37] konzentrierten sich hauptsächlich auf Wissenstransfer, Sensibilisierung und anregende Diskussionen zu diesen Themen in Wissenschaft, Lehre und Gesundheitsversorgung. In Kursprogrammen für kulturelle Kompetenz wird Selbsterkenntnis für die eigene Ethnie und Kultur angesprochen mit Blick auf die Arbeit mit einer kulturell vielfältigen Bevölkerung, z.B. Medizinstudierende, die Flüchtlinge betreuen [39], aber auch auf allgemeiner Ebene [38]. Das Schreiben der eigenen kulturellen Autobiographie [40] war ein weiteres Mittel, um die Selbstreflexion über die eigenen kulturellen Werte, Einstellungen und Normen zu fördern. Allerdings waren die Veränderungen im kulturellen Bewusstsein nach dem Kurs gering oder moderat [38], [40]. Diese kleinen Änderungen wurden dem Prozess der Selbsterkenntnis zugeschrieben [38], [40]. Nicht alle in dieser Review inkludierten Artikel berichteten über eine Selbsterkenntnis der eigenen Kultur [41]. In den anderen Artikeln wurde nicht ausdrücklich erwähnt, ob sie die Selbstreflexion in ihre Ausbildung mit einbeziehen [42], [43], [44].

Andere Aspekte der Diversität, wie z.B. LGBTQI, wurden in einem interprofessionellen Gesundheitsforum [33] behandelt, aber wurden auch als fehlend in einer Reihe von medizinischen Themen (z.B. psychische Gesundheit, chronische Krankheiten) und Gesundheitsberufen [34] beschrieben. Sex- und Genderaspekte in der Gesundheit wurden durch die Einbeziehung dieser Diversitätsaspekte bei Krankheiten mit bekannten Geschlechtsunterschieden (z.B. in der Kardiologie) [35], [36] und die Bereitstellung dieses Wissens in Online-Kursen [35], [36] veranschaulicht. Beide Artikel verwendeten einen Online-Ansatz, um Wissen über Sex- und Genderaspekte im Gesundheitswesen und deren Relevanz in der Gesundheitsversorgung zu vermitteln.

In zwei Artikeln wurden nicht nur das Geschlecht oder die kulturelle Vielfalt im Lehrplan beschrieben, sondern auch Diversitätsprogramme für Gesundheitspersonal zu Geschlecht, Ethnizität und sozioökonomischem Status [38] sowie weitere Diversitätsaspekte wie Sexualität, Behinderung, Religion [37] vorgestellt. Auf diese Weise wurde Diversität im Hinblick auf die Stärkung des Bewusstseins für Diversität bei der Pflege und Versorgung [37] und im Hinblick auf die Erweiterung der Kenntnisse und Fähigkeiten [38] fokussiert.

Kontextualisierung von Diversitätskurse

Die Einbeziehung von Diversität und spezifischen Aspekten von Diversität in die Ausbildung von Gesundheitsberufen bedeutet auch, dass man sich mit Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer solchen Ausbildung auseinandersetzen muss. Es gibt Defizite, wenn es um die Bedeutung von Diversität bei Gesundheit und Krankheit [44] geht. Es wird vom Scheitern bei der Aufnahme von Diversitäts(-aspekten) in der Ausbildung in Pflichtcurricula oder in Weiterbildungsprogrammen [33], [34], [36], [37], [42], [44] sowie vom mangelnden Interesse der Studierenden an diesem Thema [33], [35], [38], [43], [44] berichtet. Die Bemühungen zur Entwicklung und Umsetzung von Diversitätskursen in Gesundheitsberufen sind daher sehr mit Skepsis und Ablehnung verbunden. Solche Einstellungen sind bei Studierenden, aber auch bei Lehrenden und Verantwortlichen spürbar. Unterschiede bei der Durchführung von Kursen können sich auch aus der regionalen Situation ergeben. So wird in einigen Artikeln [38], [39], [42] erwähnt, dass die Lehre von kultureller Kompetenz eine Vorrausetzung ist, während anderen Diversitätsaspekten eine solche Unterstützung fehlt.


Diskussion

Dieser Scoping Review zielt auf die Darstellung von Diversitätsaspekten ab, die in Ausbildungen von Gesundheitsberufen enthalten sind, sowie auch auf die Identifizierung von Lücken in diesem Kontext. Insgesamt wurden 12 Artikel in den Review inkludiert. Eine intersektionale Perspektive wurde für diese Studie gewählt, um zu zeigen, dass Diversität kaum als gesamtes Konstrukt inkludiert wurde, sondern mittels verschiedener Fragmente. Mit der Ausnahme von Celik, Abma [37] und zu einem bestimmten Grad auch Ryan, Ali [42], wurden Intersektionen der sozialen Kategorien häufig nicht im nötigen Ausmaß adressiert, um die Komplexität von Diversität aufzuzeigen. Das größte Teil der Diversitätsfragmente ist Kultur. Es kann argumentiert werden, dass Kultur sich nicht notwendigerweise nur auf Ethnizität bezieht, sondern auch auf die gesellschaftlichen Aspekte des Zusammenlebens, z.B. Geschlechterrollen, Normen und Werte. Kultur wird häufig diskutiert in Bezug auf z.B. Sprache, ethnische Minderheitsbevölkerung, kulturelle Gesundheitsüberzeugungen [41], [44] oder Migration [39], [44]. Allerdings fehlen Intersektionen zwischen den sozialen Kategorien.

Wenn Diversität gelehrt wird, ist es auch wichtig mit Selbsterkenntnis zu beginnen, um aufzuzeigen, dass es nicht um „die Anderen“ geht. Eine weitere Lücke, die sich in dieser Review gezeigt hat, bezieht sich auf die Vernachlässigung anderer sozialer Diversitätskategorien, wie Behinderung oder Alter, welche in diesem Kontext zu kurz kommen und kaum diskutiert werden. Selbst Themen wie Sex/Gender und LGBTQI sind nur in einem geringen Ausmaß vorhanden, wenn es um Diversität in der Ausbildung von Gesundheitsberufen geht. Insbesondere in Bezug auf Sex/Gender wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Guidelines eingeführt, welche die Wichtigkeit der Inkludierung von Sex/Gender in Forschung, Lehre und klinischer Praxis aufzeigen [1], [2], [4], [5], [6], [7]. Daher ist der geringe Anteil von Sex/Gender in Diversitätskursen überraschend. Im Gegensatz dazu, ist der größere Anteil von kulturellen Kompetenzprogrammen in Gesundheitsberufen wohl auch Akkreditierungsvorschriften einiger Länder geschuldet, wie auch von Evans and Hanes [38], Griswold, Kernan [39] und Ryan, Ali [42] aufgezeigt. Daraus abgeleitet erkennen wir die Wichtigkeit von Interessensvertretungen und Politik im Prozess der Inkludierung und Implementierung von Diversität in Gesundheitsberufsausbildungen.

In Ansätzen zur Inkludierung von Diversitätskategorien wird betont, dass die diverse Bevölkerung als “die Anderen” wahrgenommen werden, welches zu „othering“ von Patient*innen und der Bevölkerung führt. Das illustriert, dass Differenz in einem unnötigen Ausmaß hervorgehoben wird. Es muss deutlich gemacht werden, dass Diversität nicht etwas ist, dass in anderen vorkommt [38], [40] sondern es sollte auch in uns selbst reflektiert werden. Diese Selbstreflexion und Selbsterkenntnis in Bezug auf die eigene Kultur wurden in einigen Artikeln angesprochen [38], [40]. Jedoch sollte in diesem Kontext, insbesondere bei denjenigen, die Gesundheitsversorgung anbieten, Macht und Privilegien explizit adressiert werden, besonders dann, wenn Rassismus, Sexismus, Heterosexismus und Ungleichheiten diskutiert werden [32]. Dieser Gedanke wurde auch von Griswold, Kernan [39] betont, die aufgezeigt haben, dass das Bewusstsein für die eigenen Privilegien und Macht ein integraler Bestandteil von kulturellem Bewusstsein ist. Unabhängig von der Art des Kurses, wie erfahrungsbasiertes Lernen oder Lehren, beinhaltet Selbstreflexion nicht unbedingt die Reflexion bezüglich Macht und Privilegien, wie auch von Harkess and Kaddoura [45] hervorgehoben, als sie erklärten “contact alone [does] not necessarily foster insights” (p. 220).

Selbstreflexion wird in den Artikeln zu Sex/Gender Inhalten in der Ausbildung und in Kursen von Gesundheitsberufen nicht erwähnt. Dabei könnte es von Vorteil sein, Selbstreflexion und Selbsterkenntnis bezüglich der eigenen Geschlechterrolle, Privilegien und Macht aufgrund von Geschlecht zu inkludieren, um weiter nicht nur Sex/Gender Inhalte in Bezug auf Krankheiten abzudecken, sondern sie auch sichtbarer zu machen, wenn es um das Anbieten von Gesundheitsversorgung geht. Selbstreflexion und Selbsterkenntnis sind daher nicht beschränkt auf kulturelle Kompetenz, sondern sollten in der Lehre von (allen) sozialen Charakteristika von Diversität inkludiert sein [32].

Diese Studie ist nicht ohne Limitationen. Wir haben uns auf Artikel zu Diversitätsausbildung bei Gesundheitsberufen fokussiert. Durch die eingesetzte Suchstrategie könnten uns Artikel entgangen sein, welche soziale Diversitätskategorien inkludiert haben, diese jedoch nicht als Diversitätsaspekte gekennzeichnet haben. Zudem könnten einige Studien Schlagwörter verwendet haben, die sich nicht in unseren Schlagwörtern für die Suche wiedergespiegelt haben. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass die Hauptbotschaft unseres Artikels unverändert bleibt, selbst wenn noch weitere Artikel inkludiert wären. Eine weitere Möglichkeit diesen Review zu gestalten, wäre nach den einzelnen sozialen Kategorien zu suchen, um aufzuzeigen, wie Diversität in der Gesundheitsberufsausbildung abgebildet ist. Dennoch haben wir intendiert, den Fokus auf die sozialen Kategorien zu legen, die in Diversitätsausbildungen bereits eingebaut werden. Selbst wenn es bereits Empfehlungen gibt, wie Diversität in Gesundheitsberufe und wie verschiedene Kategorien (z.B. Sex/Gender) inkludiert werden können, gibt es unseres Wissens noch keinen Scoping Review, welcher Aspekte inkludiert und welche negiert werden bei Diversität. Zudem haben nicht alle Studien eine Evaluation ihrer Kurse beinhaltet. Daher gibt es noch immer die Notwendigkeit den Effekt von Diversitätskursen auf Studierende, Gesundheitspersonal und Gesundheitsversorgung zu untersuchen. Ohne rigorose Evaluationen der Curricula, Kurse, Weiter- und Fortbildungen, können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass Studierende und Gesundheitspersonal davon profitieren in der Art wie es intendiert ist. Zukünftige Forschung zu Diversität in Gesundheitsberufsausbildungen sollte sich auf spezifische Barrieren zur Inkludierung von Diversität in Gesundheitsberufsausbildungen fokussieren. In diesem Sinne sollte das versteckte Curriculum, welches Werte, Normen und anderen kulturellen Subtext eines Berufs auf einem informellen Level neben dem formellen Curriculum transportiert, [46], ebenfalls bei der Berücksichtigung von der Überwindung von Barrieren bedacht werden. Zusätzlich sollte Forschung aufzeigen, was wir als Diversität empfinden. Zum Beispiel, ähnlich der Forschung zu prototypischen, erfolgreichen Akademiker*innen, welche häufig als männliche Individuen vorgestellt werden [47], könnte Diversität als Kultur und Ethnizität gedacht werden, während andere Aspekte unbeachtet bleiben.


Schlussfolgerungen und Implikationen für die Praxis

Selbstreflexion und Selbsterkenntnis sind Kernkomponenten bei kultureller Kompetenz, werden aber in Zusammenhang mit anderen sozialen Kategorien, wie beispielsweise Gender nicht diskutiert. Ähnlich wie Kultur, betrifft Gender jedes Individuum und ist einflussreich in Bezug auf Gesundheit, Krankheit und Ungleichheit [3]. Daher ist auch Gender nicht etwas, dass nur in „Anderen“ vorkommt. Selbstreflexion kann hier als Instrument gebraucht werden, um ein „othering“ von Patient*innen zu vermeiden, es in sich selbst anzuerkennen und zu reflektieren, und um aufzuzeigen wie sozialen Kategorien (z.B. Gender, Alter, Ethnizität) die Person beeinflussen. Das ist wesentlich, wenn wir unser Verständnis zu den Interaktionen und Intersektionen dieser Kategorien in menschlicher (Inter)Aktion, Diskriminierung, Ungleichheit, Macht und Privilegien und damit auch Gesundheitsversorgung stärken wollen. Das beinhaltet, dass Diversitätskurse Selbsterkenntnis beinhalten sollten, um Gesundheitsdisparität zu dekonstruieren, und die Qualität der Versorgung durch sozial kompetentes Gesundheitspersonal zu erhöhen. Dieses Gesundheitspersonal ist dabei nicht nur ausgebildet eine diverse Bevölkerung zu versorgen, sondern erkennt auch an, dass sie Teil der Diversität sind. Jedoch, wenn auf Diversität fokussiert wird, muss auch die Rolle von Sex/Gender betont werden, damit diese Konstrukte nicht unsichtbar und ein versteckter Teil von Diversität werden. Das trifft auch auf alle anderen sozialen Diversitätskategorien zu. Zusätzlich sollten die sozialen Kategorien nicht als isoliert voneinander betrachtet werden. Wie bei Intersektionalität aufgezeigt, sind Ungleichheit, Macht und Privilegien von Intersektionen zwischen sozialen Kategorien wie auch Erfahrungen beeinflusst. Dieser Ansatz bedeutet auch, dass wir die Komplexität und Unvorhersehbarkeit von „Realität“ [18] reflektieren müssen, wenn wir Diversität lehren. Diversität und Ungleichheit verstehen, aber auch das Anbieten von Gesundheitsversorgung für alle, beginnt mit der Reflexion dieser Aspekte in uns selbst.


Interessenkonflikt

Die Autor*innen erklären, dass sie keinen Interessenskonflikt im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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