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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Prof. Peter Erich Dieter, PhD: 22.02.1952 – 25.12.2019

Nachruf

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  • corresponding author Eckhart G. Hahn - Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), Erlangen, Deutschland; GMS Journal for Medical Education (GMS JME), Erlangen, Deutschland

GMS J Med Educ 2020;37(1):Doc2

doi: 10.3205/zma001295, urn:nbn:de:0183-zma0012955

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2020-37/zma001295.shtml

Eingereicht: 22. Januar 2020
Überarbeitet: 27. Januar 2020
Angenommen: 29. Januar 2020
Veröffentlicht: 17. Februar 2020

© 2020 Hahn.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Nachruf

Unser Kollege Prof. Dr. rer. nat. Peter Erich Dieter (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]) ist im 68. Lebensjahr am Tag nach Heiligabend verstorben. Bei ihm wurde im Juli 2017 ein neuroendokriner Tumor diagnostiziert. Er hinterlässt seine Ehefrau Kathryn, seine Tochter Claudia sowie die Brüder Rolf und Karlheinz.

Wir in der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung trauern um einen liebenswürdigen Freund und Kollegen, der sich mit großer Hingabe für die Wertschätzung, Weiterentwicklung und Qualität der medizinischen Ausbildung eingesetzt hat. Er hat in seiner Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden seit 1999 in Zusammenarbeit mit Harvard International ein Reformcurriculum DIPOL® eingeführt, zertifiziert und Effekte beschrieben, sich aber auch in ganz Deutschland, in Europa sowie in außereuropäischen Ländern einen Namen gemacht. In der GMA ist er Mitglied von 2000 bis 2017 gewesen, zunächst als Vorstandsmitglied, und von 2003 bis 2011 als stellvertretender Vorsitzender. In dieser Periode hat die GMA einen durchgreifenden Umbruch erlebt, und Peter Dieter hat in dieser Zeit mit seiner schuldidaktischen Erfahrung, mit seinem biochemisch geprägten Profil als Hochschullehrer und Forscher die Arbeit im Vorstand der GMA wesentliche geprägt. Auch bei der Neugründung der GMS Zeitschrift für Medizinische Ausbildung (jetzt GMS Journal for Medical Education) als „Open Access“ Zeitschrift im Jahr 2005 hat er sich intensiv eingebracht und bis 2019 im Herausgebergremium und als Gutachter gewirkt. Mit seiner Nähe zum Präsidium des Medizinischen Fakultätentags (MFT) war er bei der Zusammenarbeit der GMA mit dem MFT für die Entwicklung des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalogs Medizin (NKLM) und Zahnmedizin (NKLZ) für Deutschland inhaltlich und als Vermittler von großer Bedeutung. Dabei war eines seiner besonderen Merkmale, dass er sich bei all diesen Aktivitäten nie in den Vordergrund gedrängt hat. Der Vorstand der GMA konnte sich in den bewegten Zeiten bis 2011 auf seine Unterstützung und Loyalität immer verlassen.

Peter Dieter wurde 1952 in Neustadt an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz) geboren und legte dort 1970 das Abitur ab. Seine Mutter fand, dass er sich für den Lehrerberuf sehr gut eignete, so dass er auf ihr Anraten 1970 ein Studium für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule in Landau begann. 1972 wechselte er an die Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau, um ein Studium der Biologie zu beginnen, dass er 1978 mit der Diplomarbeit „Aktive Ca2+ -Aufnahme in Mitochondrien und Mikrosomen aus Mais“ abschloss. Während einer anschließenden Tätigkeit als Lehrer an einer Privatschule in Freiburg (Biologie, Chemie, Mathematik) hat er die Voraussetzungen für eine Promotion (Dr. rer. nat., PhD, Biologie) erbracht und 1981 mit dem Thema „Ca2+/Calmodulin-abhängige Enzyme in höheren Pflanzen“ promoviert. Seit 1981 war er als wissenschaftlicher Angestellter bzw. Assistent an der Universität Freiburg tätig und hat in dieser Zeit Aufenthalte als “Postdoc” an der Australian National University, Canberra/Australien (1986-1987) und am National Institute of Mental Health, Bethesda/USA (1989) verbracht. 1991 habilitierte sich Peter Dieter an der Universität Freiburg für Medizinische Biochemie mit dem Thema „Regulation der Eicosanoid- und Superoxidsynthese in Makrophagen der Leber“ und wurde 1992 an der Universität Freiburg als Hochschuldozent für medizinische Biochemie berufen.

1996 heiratete er die US-Amerikanerin Kathryn Asman, eine Opernsängerin, die ihn fortan auf seinem beruflichen Weg begleitet und unterstützt hat und insbesondere die Kontakte mit internationalen Institutionen erleichterte. Peter Dieter hat es sehr geliebt, klassische Konzerte seiner Frau mit ihrer pianistischen Begleitung in ganz Deutschland zu moderieren.

1997 folgte er einem Ruf als Professor (C3) für Biochemie/ Molekularbiologie an das Institut für Physiologische Chemie der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden. Dort wurde er alsbald Programmdirektor im Projekt ”Reform of the Medical Curriculum in Alliance with the Harvard Medical School (Boston/USA)” (1998-2005). 1999 wurde er zum Studiendekan für Medizin an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden gewählt und erneut für eine zweite Amtsperiode bis 2007. 2004 wurde er zum “Adjunct Professor”, Burapha University, Thailand und 2005 zum “Advisor to the Dean”, Faculty of Medicine, Naresuan University, Thailand, ernannt. 2007-2009 war er Studiendekan Medizin für den 1. Studienabschnitt an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden und wurde zudem 2007 zum Fakultätsbeauftragten für internationale Beziehungen der Medizinische Fakultät der TU Dresden ernannt. 2014 wurde er zum Präsidenten der Association of Medical Schools in Europe /AMSE) gewählt. Im Oktober 2017 wurde er in den Ruhestand versetzt und gleichzeitig zum „Senior Professor“ an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden ernannt.

Es ist fast unmöglich, die vielfältigen Aktivitäten von Peter Dieter für medizinische Lehre national und international insgesamt darzustellen und der Frage nachzugehen, wie er neben seiner bis zuletzt fortgeführten Forschungstätigkeit als Zell- und Molekularbiologe seine Reputation als Hochschullehrer entwickeln konnte. Der Nachruf seiner Fakultät, die ihn zweifellos besonders gut kennenlernte, kann dies am besten beschreiben, und deshalb sei dieser hier auszugsweise zitiert (Zitat am 22.01.2020 zugänglich unter: https://tu-dresden.de/med/mf/die-fakultaet/newsuebersicht/ein-leben-fuer-die-wissenschaft):

„Nicht nur viele Studierende schätzten seine offene Art, er war der Typ Professor, der bereitwillig einen Blick hinter die Kulissen zuließ und sich mit allen austauschte. Der bekennende Fan der Bee Gees, mit einer Schwäche für Pfälzer Wein und Kaffee, verbrachte viele Stunden auf seinem Fahrrad und bei der Meditation, seinem persönlichen Freiraum, um Ideen zu generieren für zahlreiche hochkarätige Publikationen und für die Mitarbeit in Gremien und Gesellschaften. Durch seine Arbeit in nationalen und internationalen Gremien hat er dazu beigetragen, dass die medizinische Ausbildung bundesweit in die öffentliche Diskussion mit eingeht. So hat er z. B. wesentlich an der Etablierung des interfakultären Studiengangs „Master of Medical Education“ [Einfügung vom Verfasser: des MFT an der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg] mitgewirkt und dem Standort „Hochschulmedizin Deutschland“ internationale Reputation verschafft. Bis 2008 war er Mitglied im Ausschuss „Ärztliche Ausbildung“ der Sächsischen Landesärztekammer und von 2002 bis 2018 (Vorstands)Mitglied der Akademie „Studiengang Master of Medical Education“ des Medizinischen Fakultätentages. [Einfügung vom Verfasser: gemeint ist hier die „Akademie für die Ausbildung in der Hochschulmedizin (AHM)“ des MFT]. Zahlreiche nationale und internationale Preise unterstreichen sein Engagement. Ehrungen wurden ihm von der Burapha University, Faculty of Public Health, Thailand und Patan Academy of Health Science, Nepal zuteil. 2010 erhielt er den Fakultätenpreis für Exzellente Lehre in der Medizin vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft.“ [Zitat Ende].

Ein besonderes Ereignis, das ihm neben vielen anderen Ehrungen und Preisen ganz besonders nahe ging, war diese Verleihung des „Ars Legendi“ Fakultätenpreises für Exzellente Lehre in der Medizin vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und dem Medizinischen Fakultätentag während des 71. Ordentlichen Medizinischen Fakultätentags am 3. Juni 2010 in Halle. Er war der erste Träger dieses Preises, zusammen mit Jürgen Schäfer von der Universität Marburg. Der Preis ist mit 30.000 € dotiert und für den Preisträger Peter Dieter wurde folgendes festgestellt [Zitat am 27.01.2020 zugänglich unter: http://www.mft-online.de/presse-standpunkte/telegramm/ars-legendi-fakultaetenpreis-fuer-exzellente-lehre-in-der-medizin-2010]:

„Professor Dieter ist an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden für seinen besonders innovativen und studentenzentrierten Unterricht im Fach Biochemie bekannt. Dieses erreicht bei Lehrevaluationen stets einen Spitzenplatz. In seinem Fachbereich war Professor Dieter an der Entwicklung des zukunftsorientierten Reformcurriculums DIPOL maßgeblich beteiligt. Dieses soll durch Interdisziplinarität und Praxisbezug bewirken, dass die Studierenden als junge Mediziner einen leichteren Einstieg in die klinische Tätigkeit bekommen. Auch der internationale Austausch in Famulaturen und PJ wurde in Dresden durch die Etablierung zahlreicher Austauschpartnerschaften, etwa mit der Harvard Medical School, durch den großen Einsatz von Professor Dieter erleichtert. Deswegen wundert es auch nicht, dass die Studierenden den Preisträger als Lehrer erleben, der mitreißend die Grundlagen seines Faches vermittelt, jederzeit unkompliziert auf Probleme oder Projekte angesprochen werden kann und durch große Kompetenz den Respekt der Hörerschaft erlangt. Neben seinem hohen Engagement am eigenen Standort war Professor Dieter auch einer der ersten Beteiligten beim Aufbau des „Master of Medical Education“. Er ist das dienstälteste Mitglied im Vorstand der Akademie für Ausbildung in der Hochschulmedizin (AHM). Seine Beiträge hierzu und die Leitung eines Moduls mit Fokus auf Leadership und Fakultätsentwicklung sind wichtige Anteile des Studienganges. Die Mitarbeit des Preisträgers im Vorstand der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), bei der International Association for Medical Education (AMEE) und in anderen Fachgesellschaften runden das Bild des Wissenschaftlers ab, der sich mit großer Beharrlichkeit für die Verbesserung der Rahmenbedingungen der medizinischen Lehre einsetzt.“ [Zitat Ende].

Bezeichnend für Peter war, wie er sich damals für diesen Preis bedankt hat (Zitat am 27.01.2020 zugänglich unter http://www.mft-online.de/files/seite_142.pdf):

„Ich möchte mich recht herzlich bedanken für diesen Preis, für alle Kolleginnen und Kollegen, die mir geholfen haben – denen natürlich auch dieser Preis zusteht – und die mir bei der Reform in Dresden für das DIPOL®-Programm geholfen und mich dabei tatkräftig unterstützt haben. Ohne diese Kolleginnen und Kollegen würde ich heute nicht hier stehen.“ [Zitat Ende].

Persönlich hat er im Zusammenhang mit seiner Arbeit in Dresden immer wieder erwähnt, dass der Medizinische Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, Prof. Michael Albrecht sowohl die aufwändige Zusammenarbeit mit „Harvard International“, das Qualitätsmanagement-System für die Lehre einschließlich dessen in Deutschland einmaligen Zertifizierung nach der DIN EN ISO 9001:2000 Norm maßgeblich gefördert und zusammen mit der Medizinischen Fakultät beträchtliche Mittel zur Verfügung gestellt hat.

Als Studiendekan hat er keine Mühe gescheut, die Studierenden der Medizin auch unkonventionell zu motivieren. Z. B. hat er Gesangs-Veranstaltungen seiner Frau mit wissenschaftlichen Texten und bekannten Melodien eingesetzt, um Studierende für problemorientiertes Lernen zu begeistern!

Trotz seiner Erkrankung hat er bis zuletzt auch persönlich Unterrichtsveranstaltungen abgehalten und war in seiner Funktion als Präsident der Association of Medical Schools in Europe (AMSE) tätig. So war er im Rahmen des Europäischen Jahreskongresses Anfang November 2019 in Lodz, Polen zum Thema „New Approaches to Assessment in Health Professions Education” aktiv. Wir können annehmen, dass dieses – keine 7 Wochen vor seinem Tod - sein letzter Einsatz für die Weiterentwicklung und Qualität der medizinischen Lehre war.

Die GMA wird Peter Dieter als besonderen Menschen mit ungewöhnlichen Fähigkeiten vermissen und ihn für seine fachkundige, freundschaftliche und uneigennützige Zusammenarbeit in Erinnerung behalten. Seine Lebensleistung hat die Qualität und den Stellenwert der Medizinischen Ausbildung an den Medizinischen Fakultäten in Deutschland und international wesentlich und dauerhaft befruchtet.

Eckhart G. Hahn, Vorsitzender der GMA 2003-2011


Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel hat.