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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Jobst-Hendrik Schultz, Simone Alvarez, Christoph Nikendei: Heidelberger Standardgespräche: Handlungsanweisungen zur ärztlichen Gesprächsführung mit zahlreichen kommentierten Filmbeispielen

Buchbesprechung Ärztliche Gesprächsführung

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  • corresponding author Swetlana Philipp - Friedrich-Schiller-Universität Jena, Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland

GMS J Med Educ 2019;36(6):Doc67

doi: 10.3205/zma001275, urn:nbn:de:0183-zma0012753

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2019-36/zma001275.shtml

Eingereicht: 28. Mai 2019
Überarbeitet: 15. August 2019
Angenommen: 15. August 2019
Veröffentlicht: 15. November 2019

© 2019 Philipp.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Bibliographische Angaben

Jobst-Hendrik Schultz, Simone Alvaraz, Christoph Nikendei

Heidelberger Standardgespräche: Handlungsanweisungen zur ärztlichen Gesprächsführung mit zahlreichen kommentierten Filmbeispielen

Verlag: HeiCuMed, Universität Heidelberg Medizinische Fakultät

Erscheinungsjahr: 2018, Seiten: 244, Preis: 29,99 €


Rezension

Die Autoren haben mit diesem Buch ein Kitteltaschenbuch geschrieben, das sowohl für Studierende, als auch Lehrende und Simulationspatienten von Nutzen sein kann. Dabei beziehen sich die „Heidelberger Standardgespräche“ sowohl auf die Arzt-Patient-Kommunikation in der Human- als auch in der Zahnmedizin.

Der 1. Teil des Buches widmet sich der allgemeinen Übersicht zur ärztlichen Gesprächsführung und vermittelt zahlreiche Modelle der Kommunikation. Auf ca. 25 Seiten werden u.a. die Theorien von Watzlawick, Schulz von Thun, Berne, Prochaska und Langewitz und Modelle wie WWSZ, CALM, SBAR, NURSE und SPIKES eingeführt. Damit gibt es sowohl für die Studierenden als auch für die Dozierenden eine gute Übersicht zu den Besonderheiten der unterschiedlichen Gesprächsarten und Gesprächstechniken. Aber auch den Simulationspatienten kann die Theorie aus diesem Kitteltaschenbuch nützliches Hintergrundwissen für die Rollenarbeit und das Geben von Feedback bieten. Vorteil ist, dass alle drei Zielgruppen dieses Buches (Studierende, Dozierende und Simulationspatienten) dann mit einem gemeinsamen Vokabular die Gespräche zwischen Ärzten und Patienten analysieren und verstehen können.

Im 2. und umfangreichsten Teile des Buches werden humanmedizinische Gesprächssituationen aus dem vorklinischen (6 Fälle) und dem klinischen Abschnitt (33 Fälle) des Heidelberger Kommunikationscurriculums HeiDuMed beschrieben sowie zwei Beispiele der Visitenkommunikation. Jeder einzelne Fall ist so aufgebaut, dass wir als Leser zunächst die Fallvignette und die Aufgabenstellung kennenlernen. Dann werden 2-4 Lernziele mit den entsprechenden Zuordnungen zum NKLM formuliert. Anschließend erfährt der Leser mehr über den Hintergrund, Krankengeschichte, Biografie und soziale Situation sowie fallspezifische Charakteristika der Rolle der Simulationspatientin.

Von etwa der Hälfte der dargestellten Fallbeispiele wurden Gesprächsvideos aufgenommen und für die Käufer des Buches auf der Homepage hinterlegt. Diese Filme stehen zum Teil auch mit unterschiedlich gut gelungenen Varianten der Arzt-Patient-Gespräche zur Verfügung und ermöglichen es, unterschiedliche Rollenmodelle kritisch zu hinterfragen. Die Vielfalt der Themen reicht von einer „Anamnese bei einer schwerhörigen Patientin“, „Anamnese mit einer Patientin mit Migrationshintergrund“ über „Aufklärungs- und Beratungsgespräch mit einem Patienten mit Analgetika-induziertem Kopfschmerz“ (für den vorklinischen Abschnitt) bis hin zu einem „Konfrontationsgespräch mit einer Anorexie-Patientin“, „Gespräch mit einer Angehörigen einer geriatrischen Patientin“ und dem „Gespräch mit einem Ehepaar bei Verdacht auf häusliche Gewalt“ (klinischer Abschnitt). Sehr interessant sind auch die zwei Varianten des Themas: „Übergabe einer Patientin mit exazerbierter chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung an die Pflege“, die eindrucksvolle Beispiele von den Schwierigkeiten der interprofessionellen Kommunikation darstellen. Also insgesamt wird ein sehr breites Spektrum an Gesprächssituationen und kommunikativen Aufträgen abgedeckt.

Von der Anamnese eines depressiven Patienten sind zugangsfrei zwei Varianten (kommentiert und nicht kommentiert) auf https://www.heidelbergerklinischestandards.de/buecher-videos/sign-in-gespraeche/ als Filmbeispiele zu sehen.

Im 3. Teil des Kitteltachenbuches werden vier zahnmedizinische Gesprächssituationen aus dem HeiDuDent vorgestellt. Dabei handelt es sich um Anamnesen bei einer Diabetikerin mit chronischer Parodontitis, bei einer Patientin mit iatrogener Nervschädigung, bei operativer Weisheitszahnentfernung, Zahnbehandlungsangst und bei einer Patientin mit somatoformer Störung.

Im 4. Teil des Buches finden wir die Kapitel: „Kommunikation von Risikomaßen“ und erfahren dort, welche besonderen Herausforderungen in der Arzt-Patient-Kommunikation im Kontext der partizipativen Entscheidungsfindung z.B. das Besprechen und Bewerten von diagnostischen Tests der Mammographie bestehen und „Mentalisierung in der ärztlichen Gesprächsführung“ mit sehr hilfreichen Formulierungen für effektives Mentalisieren.

Das fünfte und letzte Kapitel enthält 12 Leitfäden für herausfordernde Situationen, die dann auch mit den Themen der Fallbespiele bzw. Filme verknüpft wurden. So wird gleich im 1. Abschnitt der „Umgang mit schwerhörigen Patienten beschrieben“ (s.o.), im 2. das Thema „Interkulturelle Kommunikation“ und der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit dem „Umgang mit Behandlungsangst“.

Fazit

Aus meiner Perspektive als Dozentin der Medizinischen Psychologie, die ich Arzt-Patient-Kommunikation unterrichte und am Uniklinikum in Jena die Simulationspatienten ausbilde, möchte ich dieses Buch als sehr anregend und hilfreich empfehlen. Es sind für Studierende, Dozierende und Simulationspatienten relevante Fallbeispiele gut verständlich dargestellt und mit wertvollem Zusatzmaterial untermauert worden.

Als Fazit kann festgehalten werden, dass mit dem Kitteltaschenbuch eine übersichtliche und brauchbare Handlungsanweisung zur ärztlichen Gesprächsführung mit Simulationspatienten verfasst wurde.


Interessenkonflikt

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel hat.