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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Position des Beirats und Vorstands der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) zum „Masterplan Medizinstudium 2020“

Artikel Masterplan Medizinstudium

  • corresponding author Gesellschaft für Medizinische Ausbildung e.V., Beirat - Erlangen, Deutschland

GMS J Med Educ 2019;36(4):Doc46

doi: 10.3205/zma001254, urn:nbn:de:0183-zma0012549

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2019-36/zma001254.shtml

Eingereicht: 1. Juli 2019
Überarbeitet: 4. Juli 2019
Angenommen: 10. Juli 2019
Veröffentlicht: 15. August 2019

© 2019 Gesellschaft für Medizinische Ausbildung e.V., Beirat.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Hintergrund dieser Kommentierung

Der im März 2017 publizierte „Masterplan Medizinstudium 2020“ kam für viele Mitglieder der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) unerwartet. Das Dokument, das teilweise tiefgreifende Veränderungen in der Zulassung zum Medizinstudium, dessen Struktur und Inhalten, sowie der Ärztlichen Prüfung verspricht, warf Fragen auf, die in den Ausschüssen der GMA intensiv diskutiert wurden. Die Grundausrichtung der angedeuteten Neujustierung des Medizinstudiums schien in die richtige Richtung zu weisen und einige der von Dozentinnen und Dozenten und Unterrichtsverantwortlichen hart errungenen Innovationen schienen durch die angekündigten Maßnahmen bestätigt zu werden. Doch die Ausschüsse der GMA äußerten auch Kritik; dass der Masterplan Medizinstudium 2020 zentrale Begriffe und Konzepte undefiniert ließ, die relevante Evidenzlage der Maßnahmen nicht voll berücksichtigte, sowie relevante Themen gar nicht erst adressiert hatte.


Prozess

Vor diesem Hintergrund entschied der Beirat der GMA im September 2017, eine gemeinsame Kommentierung zum Masterplan Medizinstudium 2020 zu verfassen, um die interne Auseinandersetzung anzufachen, mit der Perspektive seiner Ausschüsse zur gesamten Diskussion beizutragen und auf allfällige Unklarheiten aufmerksam zu machen. Den einzelnen Ausschüssen war freigestellt, ob und in welcher Weise sie zu diesem Projekt beitragen wollten. Insofern handelt es sich bei dieser Kommentierung nicht um eine politische Stellungnahme zu den Inhalten des Masterplan Medizinstudium 2020, sondern um Beiträge zum wissenschaftlichen Diskurs um dessen Inhalte1. 14 Ausschüsse reichten bis Frühling 2019 ihre Kommentierungen ein. Diese, sowie die vorliegende Zusammenfassung, wurden vom Beirat und Vorstand der GMA gebilligt.


Versuch einer Zusammenfassung

Die Kommentierungen der 14 beitragenden Ausschüsse weiter zusammenzufassen, konnte nur mit inhaltlichen Abschlägen erfolgen. Wir laden dazu ein, die Ausführungen der einzelnen Ausschüsse in ihrer Gesamtheit zu lesen, sie schließen sich als Anhang 1 [Anh. 1] dieser Zusammenfassung an. In ihrer Art unterscheiden sich die Kommentare auch untereinander deutlich. Eine Überprüfung, welche Evidenzen für die vorgeschlagenen Maßnahmen des Masterplan Medizinstudium 2020 existieren, war naturgemäß nur dort möglich, wo Maßnahmen konkret genug benannt sind und gleichermaßen das angestrebte Ziel und der Weg dorthin dargestellt werden. Einige Ausschüsse diskutieren die allgemeineren Gedanken des Masterplan Medizinstudium 2020, während wieder andere Lücken in der Argumentation oder Evidenzlage identifizieren und Vorschläge machen, wie diese adressiert werden könnten.


Zulassung zum Studium

Bei der geforderten Neuregelung zur Zulassung zum Medizinstudium formuliert der Masterplan Medizinstudium 2020 konkrete, messbare Ziele. Der Ausschuss Studierendenauswahl untersucht die Evidenzlage zur Effektivität der genannten Maßnahmen. Demzufolge ist das prognostische Potential einiger der vorgeschlagenen Auswahlkriterien für den erfolgreichen Studienabschluss jenseits der Abiturnote begrenzt und die zu Wissenstests alternativen Messverfahren sind nicht abschließend validiert. Die vorgeschlagenen zusätzlichen Kriterien können schon jetzt im Auswahlverfahren der Hochschulen Berücksichtigung finden. Die Existenz geeigneter Auswahlkriterien zur Identifikation zukünftiger Landärztinnen und Landärzte wird kritisch hinterfragt und auf die curricularen Gestaltungsmöglichkeiten verwiesen, hier Interesse bei den Studierenden zu wecken (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 2 [Anh. 2]).


Stärkung der Allgemeinmedizin

Der Ausschuss Primärversorgung untersucht die Evidenzlage zur Effektivität der im Masterplan Medizinstudium 2020 formulierten Maßnahmen zur Stärkung der Allgemeinmedizin. Internationale Literatur zeigt, dass die Effektivität curricularer Interventionen zur Attraktivitätssteigerung des ländlichen Raumes zunimmt, wenn diese frühzeitig und longitudinal erfolgen. Die Recherchen des Ausschusses zur Effektivität einer Landarztquote bzw. Studierendenauswahl ergeben wie die des Ausschusses Studierendenauswahl, dass ggf. einzig die ländliche Herkunft der Bewerberinnen und Bewerber prädiktiv für eine spätere Arbeit im ländlichen Raum ist. Der Ausschuss listet weiter – basierend auf internationaler Literatur – auf, wie curriculare Programme gestaltet sein sollten, um den allgemeinmedizinischen resp. landärztlichen Berufswunsch zu fördern. Diese Programmelemente reichen von positiven Rollenmodellen bis zu aktiver Einbindung der Studierenden in die Patientenversorgung, flankiert von infrastrukturellen und didaktischen Aspekten (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 3 [Anh. 3]).


Neustrukturierung des Medizinstudiums

Im Zentrum der geplanten Neustrukturierung stehen die Kompetenzorientierung des Medizinstudiums, seine Praxisnähe, die Stärkung der Allgemeinmedizin und praxisnahe Prüfungen.

Der Ausschuss Praktische Fertigkeiten begrüßt die Betonung der praktischen Fertigkeiten inklusive der Kommunikation und den damit verbundenen Ausbau simulationsbasierter Lehre, welcher nicht nur zur Erhöhung der Praxisnähe, sondern damit auch zu einer höheren Patientensicherheit beitragen wird. Der Ausschuss erinnert, die dafür notwendigen Ressourcen zum Ausbau der Skillslabs auch für die geplanten klinisch- praktischen Prüfungen sicherzustellen. Das im Masterplan ausgesparte Potential interprofessioneller praktischer Ausbildungsformate sollte stärker berücksichtigt werden (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 4 [Anh. 4]).

Der Ausschuss Kommunikative und soziale Kompetenzen begrüßt die vorgeschlagene longitudinale Integration kommunikativer und sozialer Ausbildungsinhalte in das Medizinstudium und verweist auf im Masterplan Medizinstudium 2020 nicht erwähnte Inhalte wie die Kommunikation in intra-/multidisziplinären oder -professionellen Teams. Er fordert darüber hinaus, dass die Ausgestaltung dieser Inhalte den Hochschulen selbst überlassen wird, zumal an vielen Ausbildungsorten bereits entsprechende oder ähnliche Curricula erfolgreich umgesetzt sind. Die prioritäre Berücksichtigung des im Masterplan Medizinstudium 2020 referenzierten „Nationalen Mustercurriculum Kommunikation“ wird mit mehreren Argumenten als weder notwendig noch wünschenswert befunden. So bestünde keine Evidenz, um die Implementierung eines national einheitlichen Curriculums für alle Fakultäten nachvollziehbar zu rechtfertigen, und dabei deren jeweilige curriculare Inhalte, Gestaltung bzw. Schwerpunkte zu übergehen (ausführliche Stellungnahme sieh Anhang 5 [Anh. 5]).

Gerade im Kontext klinisch-praktischer Fertigkeiten und Kompetenzen inklusive kommunikativer und sozialer Ausbildungsinhalte hat sich in Lehre und Prüfung der Einsatz von Simulationspatientinnen und -patienten (SP) bewährt und eine Intensivierung der Bemühungen hier wäre durchaus wünschenswert. Der Ausschuss Simulationspersonen erläutert allerdings auch, wie bei einer plötzlichen intensiven Ausweitung der SP-Programme in Lehre und Prüfungen besonderes Augenmerk auf die Einhaltung höchster Qualitätsstandards gelegt werden müsse. Die Deutungshoheit über die Curricula z.B. der kommunikativen und sozialen Kompetenzen müssen in der Hand der Fakultäten bleiben, so wie diese auch bei der Definition der Qualitätsstandards für SP-basierte Lehre und Prüfungen bei den Hochschulen liegen müsse (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 6 [Anh. 6]).

Dass „multiprofessionelle Arbeit in Teams“ im Masterplan Medizinstudium 2020 ausdrücklich als gewünschter Ausbildungsinhalt Platz findet, wird vom Ausschuss Interprofessionelle Ausbildung explizit willkommen geheißen. Dieser erwähnt gleichwohl, dass die Nichtnennung der Interprofessionalität die Notwendigkeit, gemeinsam mit Personen anderer Gesundheitsberufe zu lernen und zu arbeiten, damit ignoriert. Der Ausschuss erläutert außerdem, dass im Sinne der Kongruenz von Lehre, Lernen und Prüfen auch interprofessionelle Prüfungen zur Routine werden müssen. Die Vorgabe nationaler Mustercurricula wird kritisch gesehen, wichtig wäre das Integrieren der bereits an den Fakultäten erarbeiteten Programme. Die Einbindung nichtärztlicher Lehrpersonen dürfe darüber hinaus nicht kapazitätsrechtlich sanktioniert werden (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 7 [Anh. 7]).

Der Ausschuss Integrative Medizin und Perspektivenpluralismus schlägt konkrete Ideen und didaktische Konzepte für die Ausgestaltung des Masterplan Medizinstudium 2020 vor, um sicherzustellen, dass die Individualität der Patientinnen und Patienten in ihrem Gesundheits- und Krankheitsbedürfnis und -erleben in der ärztlichen Routinearbeit besser berücksichtigt werden kann. Er plädiert ebenso für die Vermittlung patientenzentrierter Beziehungsgestaltung und Kommunikation wie auch für die Integration ärztlicher Selbstfürsorge ins Studium (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 8 [Anh. 8]).

Der Ausschuss Gender, Diversity und Karriereentwicklung in der medizinischen Aus- und Weiterbildung mahnt an, Diversitäts- und Genderkompetenzen umfänglicher als bislang nicht nur bei Unterfangen der curricularen Neugestaltung, sondern auch in der Hochschuldidaktik, in Prüfungen und der Studierendenauswahl zu berücksichtigen. Mit der Betonung der wissenschaftlichen Kompetenzen im Studium wäre nun Gelegenheit, auch hier Diversitäts- und Genderaspekte zu integrieren, sodass Absolventinnen und Absolventen in ihrer eigenen wissenschaftlichen Betätigung auf ausgewogene Studienkohorten und geschlechterspezifische und diversitätssensible Datenauswertung achten. Die Gelegenheit, die sich mit dem Masterplan Medizinstudium 2020 ergibt, Curricula zu überarbeiten, sollte darüber hinaus genutzt werden, diese so zu gestalten, dass Studium und Familie bestmöglich vereinbar werden bis hin zu Teilzeitstudienmodellen (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 9 [Anh. 9]).

Der Ausschuss Kulturelle Kompetenz und Global Health schlägt vor, zur konsequenten Umsetzung der im Masterplan Medizinstudium 2020 entworfenen „konsequenten Orientierung am Patienten und seinen Bedürfnissen“ in Lehre und wissenschaftlicher Ausbildung auch soziokulturelle und internationale Aspekte von Gesundheit, Medizin und ärztlichem Handeln systematisch zu berücksichtigen. Um der sozio-kulturellen Diversität der Bevölkerung gerecht zu werden, wäre die Förderung kultureller Kompetenzen in das Regelstudium zu integrieren. Es bestünde ein Bedarf an bisher im Masterplan nicht angesprochenen Lehrangeboten, die die Reflexionsfähigkeit und das systematische Nachdenken über soziale, ethische und moralische Fragen fördern (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 10 [Anh. 10]).

Auch der Ausschuss Personal- und Organisationsentwicklung in der Lehre begrüßt viele Maßnahmen im Masterplan Medizinstudium 2020 und stellt fest, dass zur sinnhaften Umsetzung vieler der Maßnahmen Schulungs- und Entwicklungsbedarf existiert. Dieser Bedarf entsteht gleichsam durch die geplante engere Einbindung von bislang eher hochschulfernen Personengruppen aus der Hausarztmedizin, nicht-akademischen Krankenhäusern oder nicht-akademischen Gesundheitsberufen, aber auch durch die konsequente Umsetzung longitudinaler Curricula und kompetenzorientierter Unterrichts- und Prüfungsformate. Hierfür seien etablierte Standards einzuhalten und lokale Gegebenheiten zu berücksichtigen. Die Fakultäten wären aufgrund ihrer Erfahrungen und starken Vernetzung befähigt, eigene Konzepte zur Ausgestaltung der im Masterplan Medizinstudium 2020 angedachten Maßnahmen zu erstellen und umzusetzen, sofern die notwendigen Mittel dafür verfügbar wären (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 11 [Anh. 11]).

Der Ausschuss Digitalisierung – Technologie-unterstütztes Lernen und Lehren stellt fest, dass die Digitalisierung der Medizin und daraus durchaus ableitbare, notwendige Maßnahmen für das Medizinstudium in Deutschland im Masterplan Medizinstudium 2020 keine Erwähnung finden. Es wird ausgeführt, dass der sinnvolle und flächendeckende Einsatz digitaler Lehr- und Lerntechnologien in der Lehre vonnöten ist. Neben konkreten Hinweisen auf technologie-unterstützte Lern- und Lehrmethoden seien auch informationstechnologische Infrastrukturen vorzuhalten. Lehrpersonen wären besser medienpädagogisch und mediendidaktisch zu befähigen. Ebenso mahnt der Ausschuss die konsequente Vermittlung digitaler Kompetenzen in der Gesundheits- und Krankenversorgung an und schlägt eine nationale Digitalisierungsstrategie für das Medizinstudium vor (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 12 [Anh. 12]).

Der Ausschuss Prüfungen begrüßt den Masterplan Medizinstudium 2020 in der Hoffnung, dass sich hieraus sinnhafte Korrekturen für die Prüfungskultur im Medizinstudium ergeben. Konsequente Kompetenzorientierung bedeute für das Prüfungswesen zuallererst eine Integration formativen Assessments in die Lernroutine, lanciert durch Mentoring, Feedback und Reflexion. Durch den Masterplan Medizinstudium 2020 kann sich eine curriculare Zäsur ergeben, die es den Fakultäten ermöglicht, die Passung von Lehre, Lernen und Prüfen neu auszurichten. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Masterplan Medizinstudium 2020 zwar die Vermittlung z.B. kommunikativer und wissenschaftlicher Kompetenzen forciert, diese jedoch bei den Prüfungen unerwähnt bleiben. Diese Aussparung darf nicht dazu verleiten, diese Studieninhalte im formativen wie summativen Prüfungskanon zu ignorieren. Die in Aussicht gestellte Reduktion benoteter Leistungsnachweise wird begrüßt, da zu viele sanktionierende Prüfungen einer lernförderlichen Prüfungskultur entgegenstehen. Die Reduktion der Leistungsnachweise muss sich dazu allerdings auch in einer tatsächlichen Reduktion der Prüfungen wiederspiegeln. Insgesamt wird die Frage aufgeworfen, ob eine Benotung von Prüfungsleistungen überhaupt notwendig ist. Die Frage etwa, ob eine Studentin oder ein Student das in §1 Abs. 1 Satz 1 ÄAppO entworfene Ausbildungsziel erreicht hat, ist dichotom und benötigt keine Notenabstufung. Ebenso wird gefordert, Prüfungsleistungen konsequent kriteriumsorientiert zu bewerten, auch das ein Diktum der Kompetenzorientierung. Es wird auch ausgeführt, dass eine konsequente Kompetenzorientierung des Studiums die bisherige Fächerlogik des Medizinstudiums infrage stelle (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 13 [Anh. 13]).

Zur Erfolgskontrolle der im Masterplan Medizinstudium 2020 formulierten Maßnahmen, so stellt der Ausschuss Lehrevaluation fest, sollten frühzeitig gemeinsame Evaluationsziele und -methoden konsentiert werden. Nur so könnten aussagekräftige Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit der Maßnahmen bzw. das Erreichen der Ziele getroffen werden. Noch bevor die Maßnahmen des Masterplan Medizinstudium 2020 in allfällige Anpassungen der Approbationsordnung oder anderer Ordnungen/Gesetze münden, sollten diese zudem auf Anwendbarkeit und Wirksamkeit, auch im Hinblick auf ihre Kosten-Nutzen-Relationen überprüft werden. Der Ausschuss schlägt darüber hinaus für übergeordnete Maßnahmen Evaluationsansätze vor (Kompetenzorientierung, Constructive Alignment), verweist aber auch auf Bereiche, wo zur sinnhaften Evaluation noch Methoden etabliert werden müssen (wissenschaftliche Kompetenzen). Letztlich werden Bereiche identifiziert, die auf jeden Fall einer aufmerksamen Evaluation unterzogen werden müssen, so z.B. die Lehrqualität bisher wenig bis nicht in die universitäre Lehre eingebundener Personen oder die Qualität der Prüferqualifizierung, z.B. für die Ärztliche Prüfung. Die Mittel, diese Evaluationen auch durchzuführen, müssen hierfür in angemessenem Umfang zur Verfügung stehen (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 14 [Anh. 14]).

Zuletzt mahnt der Ausschuss Methodik der Ausbildungsforschung zur aufmerksamen Analyse der Änderungsprozesse an. Da in einem Setting effektive curriculare Interventionen in einem neuen Setting nicht generell auch effektiv sein müssen, wären Transferprozesse zu evaluieren und wissenschaftlich zu begleiten. Da die Expertise wie auch die Mittel hierzu nicht an allen Ausbildungsorten vorausgesetzt werden kann, sollten hierzu geeignete zusätzliche Ressourcen zur institutionalisierten wissenschaftlichen Begleitung zur Verfügung gestellt werden (ausführliche Stellungnahme siehe Anhang 15 [Anh. 15]).


Diskussion

In den Kommentierungen der im wissenschaftlichen Beirat der GMA organisierten Ausschüsse zeigen sich Zuversicht und Hoffnung, dass mit der Umsetzung der im Masterplan Medizinstudium 2020 skizzierten Maßnahmen eine Verbesserung nicht nur des Medizinstudiums, sondern auch der Gesundheitsversorgung in Deutschland möglich ist. Die Weichenstellung hin zu mehr Kompetenzorientierung, zur Stärkung der Allgemeinmedizin, der Wissenschaftlichkeit, der Kommunikation und Arbeit im Team und die Reformierung der Prüfungen u.a. lassen gespannt in die Zukunft blicken. Gleichwohl lässt der Masterplan Medizinstudium 2020 Manches offen und bedarf aus Sicht der Ausschüsse weiterer Klärung.

So fällt auf, dass der zentrale Begriff der Kompetenz undefiniert bleibt, und davon abgeleitet auch der der Kompetenzorientierung. Als Leitkonzepte der Neustrukturierung des Medizinstudiums werden kompetenzorientierte Ausbildung, praxisnahe Ausbildung und praxisnahe Prüfungen genannt, die sich jedoch geradezu tautologisch bedingen. Wissenschaftliches Arbeiten wird beschrieben, aber ohne den Charakter einer Definition, sodass auch hier offenbleibt, ob etwa ungenannte Aspekte der Rolle des „Gelehrten“ im NKLM ausgeschlossen oder eingeschlossen sind. Arbeit im multiprofessionellen Team soll erlernt werden, aber ob damit auch interprofessionelle Aspekte impliziert sind, wird nicht deutlich. Arzt-Patient-Kommunikation soll gefördert werden, jedoch ist Kommunikation im klinischen Alltag mehr als die reine Kommunikation zwischen Patientinnen bzw. Patienten und ärztlichem Personal. Derartige Unschärfen sollten vor einer Umsetzung der Maßnahmen unbedingt behoben werden. Darüber hinaus bleibt Weiteres unerwähnt, dies betrifft das aktuell brisante Thema der Digitalisierung von Lehren und Lernen ebenso wie etwa Gender-, Diversitäts- und soziokulturelle Aspekte des ärztlichen Handelns. Eine systematische Prüfung des Masterplan Medizinstudium 2020 auf Lücken könnte hier Abhilfe schaffen.

Der konkreten Umsetzung der Maßnahmen, darf mit einer gewissen Zuversicht begegnet werden, da diese oft schon in ihrer Intention von den Fakultäten antizipiert wurden. Die Ausrichtung des Studiums an ärztlichen Kompetenzen kodiert schon die aktuelle Fassung der ÄAppO (§1 Abs. 1 Satz 1) und der Praxisbezug in Lehre und Prüfung ist an vielen Fakultäten mit klinischen Untersuchungskursen im Skills Lab und OSCEs bereits jetzt Realität. So bestätigt der Masterplan Medizinstudium 2020 an vielen Stellen, was die Fakultäten in den letzten Jahren pilotiert haben und macht dieses zur Regel. Die Deutungshoheit über die Ausbildung ist aber auch grundgesetzliche Aufgabe der Fakultäten und wird auch schon jetzt von starken autonomen Hochschulen im Rahmen der gesetzlichen Regularien bei Gestaltung der Curricula sowie bei fakultären Prüfungen erfolgreich umgesetzt. Dabei wird allerdings der Transfer in die Breite für wahrscheinlich alle Fakultäten eine Herausforderung sein. Ob die derzeitigen Kapazitäten überall für eine Umsetzung der Maßnahmen ausreichen werden, muss konstruktiv hinterfragt werden. Hier sind geeignete Mittel bspw. für den initialen Mehraufwand der Curriculumsplanung, der Didaktikschulungen, das Projektmanagement, den Unterhalt der curricularen Neuerungen und deren wissenschaftliche Begleitung/Evaluation bereitzustellen, um den Masterplan Medizinstudium 2020 erfolgreich umsetzen zu können.

Zur Kenntlichmachung dieser Erfolge fordern mehrere Ausschüsse die Definition von Indikatoren und Zielwerten. Bevor eine Zielerreichung geprüft werden kann, müssten hierfür allerdings sinnvollerweise Ausgangswerte erhoben werden, weswegen die Arbeit am Masterplan Medizinstudium 2020 noch vor seiner Umsetzung beginnt. Interessant wären hier die Referenzwerte, auf die sich die Herausgeberschaft des Masterplan Medizinstudium 2020 bezieht, wenn diese befindet, es wäre mehr Patientenkontakt, frühere Praxiserfahrung und effektiverer Umgang mit Forschungsergebnissen notwendig. Ebenso interessant wäre sicherlich, wie sie die gewünschten Zielzustände beschreiben würde.

Die Verwendung des Begriffs Masterplans impliziert ein Werk von übergeordneter Natur, einem Ordnungsprinzip folgend, mit Zukunftsorientierung; ein Werk, das Ziele formuliert und Handlungen oder Regelungen beschreibt, wie diese erreicht werden können. Dies trifft in einigen Teilen auch auf den Masterplan Medizinstudium 2020 zu. Aus Sicht der Ausschüsse der GMA sind allerdings relevante Konkretisierungen der Maßnahmen im Masterplan Medizinstudium 2020 vonnöten, bevor mit einer erfolgversprechenden Reformierung des Medizinstudiums in Deutschland begonnen werden kann.

Beigetragen von (alphab.): Daniel Bauer, Kai Schnabel


Anmerkung

1 Die Grenze zwischen wissenschaftlicher und politischer Perspektive war dabei nicht immer klar zu ziehen. Analysen, welche Implikationen die im Masterplan Medizinstudium 2020 skizzierten Maßnahmen bzw. Ziele auf hochschul- und gesellschaftspolitischer Ebene möglicherweise haben werden, könnten die vorliegende Arbeit ergänzen.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Anhänge

Anhang 1:
Ausführungen der einzelnen Ausschüsse in ihrer Gesamtheit (Anhang_1.pdf, application/pdf, 344,74 kByte)
Anhang 2:
Ausschuss Studierendenauswahl (Anhang_2.pdf, application/pdf, 116,80 kByte)
Anhang 3:
Ausschuss Primärversorgung (Anhang_3.pdf, application/pdf, 103,53 kByte)
Anhang 4:
Ausschuss Praktische Fertigkeiten (Anhang_4.pdf, application/pdf, 95,77 kByte)
Anhang 5:
Ausschuss Kommunikative und soziale Kompetenzen (Anhang_5.pdf, application/pdf, 101,33 kByte)
Anhang 6:
Ausschuss Simulationspersonen (Anhang_6.pdf, application/pdf, 111,13 kByte)
Anhang 7:
Ausschuss Interprofessionelle Ausbildung (Anhang_7.pdf, application/pdf, 112,29 kByte)
Anhang 8:
Ausschuss Integrative Medizin und Perspektivenpluralismus (Anhang_8.pdf, application/pdf, 131,88 kByte)
Anhang 9:
Ausschuss Gender, Diversity und Karriereentwicklung in der medizinischen Aus- und Weiterbildung (Anhang_9.pdf, application/pdf, 93,3 kByte)
Anhang 10:
Ausschuss Kulturelle Kompetenz und Global Health (Anhang_10.pdf, application/pdf, 90,14 kByte)
Anhang 11:
Ausschuss Personal- und Organisationsentwicklung in der Lehre (Anhang_11.pdf, application/pdf, 71,55 kByte)
Anhang 12:
Ausschuss Digitalisierung – Technologie-unterstütztes Lernen und Lehren (Anhang_12.pdf, application/pdf, 138,45 kByte)
Anhang 13:
Ausschuss Prüfungen (Anhang_13.pdf, application/pdf, 105,09 kByte)
Anhang 14:
Ausschuss Lehrevaluation (Anhang_14.pdf, application/pdf, 97,11 kByte)
Anhang 15:
Ausschuss Methodik der Ausbildungsforschung (Anhang_15.pdf, application/pdf, 113,60 kByte)