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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Übung macht den Meister – Patientensicherheit beginnt im Studium: Tragen Lehrvideos zu besseren ärztlichen Fertigkeiten und Hygienemaßnahmen bei Medizinstudierenden bei?

Artikel Simulationsbasiertes Training

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  • author Andjela Bäwert - Medizinische Universität Wien, Teaching Center, Abteilung Assessment and Skills, Wien, Österreich
  • corresponding author Anita Holzinger - Medizinische Universität Wien, Teaching Center, Research Unit für Curriculumentwicklung, Wien, Österreich

GMS J Med Educ 2019;36(2):Doc16

doi: 10.3205/zma001224, urn:nbn:de:0183-zma0012245

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2019-36/zma001224.shtml

Eingereicht: 9. März 2018
Überarbeitet: 2. August 2018
Angenommen: 23. November 2018
Veröffentlicht: 15. März 2019

© 2019 Bäwert et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Einleitung: Um im Bereich Patientensicherheit Verbesserungen zu erzielen wurden 2012 in Österreich Sicherheitsstrategien in 5 Interventionsfeldern festgeschrieben. Im Interventionsfeld Politikentwicklung soll die Patientensicherheit in die Ausbildung aller Gesundheitsberufe miteinbezogen werden, in der Organisationsentwicklung sollen Maßnahmen zur Verbesserung von Hygienestandards gesetzt werden. Das Bestreben dieses Projektes war es durch Darstellung klinischer und hygienischer Fertigkeiten in permanent online abrufbaren Lehrvideos, als Vorbereitung auf die erste klinische Famulatur, Handlungsabläufe nachhaltig zu verbessern und damit Patientensicherheit bereits in der medizinisch-studentischen Lehre zu verankern.

Methode: Kurzfilme mit der Anleitung zum Legen eines Harnkatheters bei der Frau und beim Mann wurden hergestellt und online gestellt. Diese wurden den StudentInnen kurz vor der praktischen OSCE Prüfung vorgeführt. Im Anschluss daran wurden alle StudentInnen mittels eines Online-Fragebogens, der 15 Fragen zur Qualität und Akzeptanz beinhaltete, befragt. Die Auswirkungen der Videos auf den Lernerfolg wurden durch den Prüfungsoutcome beim abschließenden OSCE („Objective Structured Clinical Examination“), indem die Anzahl der vergebenen „Roten Karten“ erhoben wurde, ermittelt. Eine rote Karte bedeutete 0 Punkte und Prüfungsabbruch bei dieser Prüfungsstation bei selbst- oder fremdgefährdendem Verhalten.

Ergebnisse: Insgesamt sahen 647 Studierende eines der beiden Harnkatheter-Videos, 623 beantworteten online den auf Moodle gestellten Fragebogen vollständig. 551 Studierende (85,2%) gaben an, sich besser an einzelne Handgriffe und Handlungsabläufe erinnern zu können, 626 Studierende (96,7%) bewerteten es positiv, dass Lehrvideos im Online-Tool der MedUni Wien zur Verfügung gestellt werden. Mehr als die Hälfte der Befragten (56,6%), konnten sich besser an notwendige hygienische Handgriffe erinnern. Der Vergleich des Prüfungsoutcome bei der OSCE-Prüfung des Jahrganges 2016 mit dem 2013, bei dem Instruktionsvideos noch nicht zur Verfügung standen, zeigte keine signifikante (Chi2=3,79; p-Wert>0,05), wohl aber eine tendenzielle Verbesserung der Studierenden. Die Chance eine Rote Karte zu bekommen war 2013 3,36 mal so hoch als im Vergleichsjahr 2016.

Fazit: Wenngleich in unserer Studie keine signifikanten Ergebnisse durch das Vorführen der Videos in der OSCE Prüfung selbst zu verzeichnen waren, so erscheint uns die regelrechte – auch visuelle – Vermittlung von ärztlichen Fertigkeiten und hygienischen Standards vor der ersten Famulatur wichtig um größtmögliche Patientensicherheit zu gewährleisten. Die Kombination aus Lehr- und Lernformaten, wie Videos auf Online-Plattformen, in Verbindung mit Lehrbüchern oder Skripten, erscheint uns gut geeignet um Effektivität und Effizienz beim Lernen zu erhöhen. Es bedarf weiterer Studien um die Effekte von Lehrfilmen besser belegen zu können.

Schlüsselwörter: Patientensicherheit, MedizinstudentInnen, Lehrvideos, ärztliche Fertigkeiten


Einleitung

Patientensicherheit umfasst per definitionem Maßnahmen zur Vermeidung unerwünschter Ereignisse, die zum Schaden des Patienten führen können und wird von der europäischen Gesundheitspolitik als vorrangiges Ziel der Gesundheitsversorgung genannt [1]. Es gibt zwar eine Vielzahl gesetzlich verankerter Sicherheitsvorgaben wie z.B. das Arzneimittel-, Medizinprodukte-, Infektionsschutzgesetz oder die Verpflichtung zur Qualitätssicherung, es mangelt aber an einrichtungsübergreifenden Risiko- und Fehlermanagementsystemen und deren Monitoring sowie einer entsprechenden Umsetzungsstrategie.

In Österreich wurde daher 2012 eine nationale Patientensicherheitsstrategie entwickelt, die dem Capacity Building Modell folgt [2]. Nach diesem Modell gibt es 5 Interventionsfelder in denen Maßnahmen zur Patientensicherheit gesetzt und Ziele formuliert werden können: in der Organisationsentwicklung, der Personalentwicklung, dem Monitoring, der öffentlichen Bewusstseinsbildung und der Politikentwicklung. Im Interventionsfeld der Politikentwicklung, das Maßnahmen für Entscheidungsträger festschreibt, soll als eine der Maßnahmen, die Patientensicherheit in die Aus- und Fortbildung aller gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe mit einbezogen werden. Im Interventionsfeld Organisationsentwicklung, das als wichtigste strategische Maßnahme das Etablieren eines klinischen Risikomanagements inklusive Fehlermanagement vorsieht, sollen im Rahmen der Entwicklung benutzerfreundlicher Informations- und Kommunikationstechnologien, „anerkannte Systeme“ zur Erfassung von nosokomialen Infektionen implementiert werden. Im Rahmen der Umsetzung sicherer Praktiken zur Vermeidung der häufigsten Zwischenfälle, wie z.B. therapieassoziierter Infektionen, soll auf Händehygiene und die Vermeidung von Antibiotikaresistenzen besonderer Wert gelegt werden [3].

Den beiden letztgenannten Interventionsfeldern folgend, beschäftigt sich unsere Studie damit, wie Patientensicherheit schon in der medizinischen Ausbildung verankert werden kann. Dazu gehört das Vermitteln hygienischer Standards in der medizinischen Grundausbildung genauso wie das Vermitteln klinisch, praktischer Fertigkeiten. Alles Inhalte, die in der Line „Ärztliche Grundfertigkeiten“ der Medizinischen Universität Wien im 2. Studienjahr angeboten werden. Da zwischen dem Erlernen und der Durchführung der Handlung am Patienten mehr oder weniger große Zeitintervalle liegen, bedarf es zielgerichteter Maßnahmen um Nachhaltigkeit im Erinnerungsablauf einzelner Fertigkeiten zu gewährleisten. Die Möglichkeit beispielsweise Händedesinfektionsschritte vor dem Legen eines Katheters sowie die einzelnen Handlungsschritte für das Legen des Katheters selbst, repetieren zu können, bestand bis dato nur im Nachlesen in Praktikumsskripten. Zahlreiche Untersuchungen zeigen aber, dass die alleinige zweidimensionale Darstellung von ärztlichen Handlungsabläufen häufig nicht ausreicht um sich an manuelle Abläufe exakt zu erinnern. Lehrvideos, mit ihrer dreidimensionalen Darstellungsmöglichkeit seien sinnvolle, ergänzende Lehrmaterialien, wenn genaue Tätigkeitsabläufe vermittelt werden sollen [4].

Unsere Studie zielt darauf ab durch Lehrvideos, die genaue Instruktionen zum Vorgehen bei der Desinfektion und dem Legen eines Harnkatheters bei Frau und Mann geben, die Sicherheit in den Handlungsabläufen zu verbessern und damit die Fehlerhäufigkeit zu verringern.

Konkret wollten wir wissen:

1.
Verbessert sich der Prüfungsoutcome bei den Studierenden des Jahrgangs, die die Instruktionsvideos gesehen hatten gegenüber denen, die nur schriftliches Anschauungsmaterial zur Verfügung hatten?
2.
Können sich Studierende an einzelne Handlungsschritte besser erinnern?
3.
Werden Hygienemaßnahmen besser verstanden?
4.
Wie ist die Akzeptanz der angebotenen Videos?

Methode

Analog zum bestehenden Lehr-Skriptum, wurden Videos für die Skills Line „Ärztliche Grundfertigkeiten“ hergestellt:

1.
Anziehen und Abwerfen steriler Handschuhe
2.
Hygienische Händedesinfektion
3.
Chirurgische Händevorbereitung
4.
Legen eines Harnkatheters beim Mann und
5.
Legen eines Harnkatheters bei der Frau.

Integrale Bestandteile der Lehrveranstaltung sind korrektes technisches und hygienisches Verhalten bei optimaler Schonung der PatientInnen und Verhinderung von Selbst- und Fremdgefährdung im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit. Generelles Ziel dieser Lehrveranstaltung ist die optimale Vorbereitung von Studierenden auf ihre erste Pflichtfamulatur, die in einem Krankenhaus, einer Ambulanz oder bei einem niedergelassenen Arzt/Ärztin stattfindet. Pro Studienjahr werden 660 Human- und 80 Zahnmedizinstudierende in Kleingruppen mit 10-12 Personen unterrichtet.

Die Auswahl der Themenbereiche, die verfilmt wurden, basierte auf den Prüfungsergebnissen der Vorjahre. Es wurden jene ärztlichen Fertigkeiten ausgewählt, bei denen Studierende im Rahmen der praktischen Prüfung tendenziell weniger Punkte erreicht hatten. Die Gründe hierfür, neben Mängeln im Ablauf, waren auch Fehler bei Einhaltung von Hygienevorschriften, die eine mögliche Gefährdung von PatientInnen darstellen.

Die Videos „Legen eines Harnkatheters bei der Frau“ und „Legen eines Harnkatheters beim Mann“ wurden in unserer Studie im Juni 2016 den Studierenden erstmalig vorgeführt. Um zu gewährleisten, dass alle Studienteilnehmer die gleichen Voraussetzungen hatten, wurden die Videos im Computerlernstudio (CLS) der MedUni Wien den 647 Studienteilnehmern zur einmaligen Ansicht zur Verfügung gestellt. Jeweils 2 parallele Gruppen sahen sich nacheinander in 2 Computerlernstudios die beiden Lehrfilme über die eigenen Moodle Zugänge zu Beginn des 3-wöchigen Prüfungsübens als Vorbereitung auf die abschließende OSCE-Prüfung an.

Nach dem Ansehen der Lehrfilme wurden die Studierenden aufgefordert online über Moodle einen Fragebogen mit 15 Fragen zu den Videos auszufüllen. Es wurden Fragen zur Qualität und Akzeptanz der Videos erhoben (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]).

Der Prüfungsoutcome wurde durch die Anzahl „Roter Karten“ ermittelt, welche bei selbst- oder fremdgefährdendem Verhalten vergeben wurde und zu null Punkten bei dieser OSCE-Station führten. Diese wurden mit den Prüfungsergebnissen früherer Jahre verglichen. Ereignisse, die zu einer roten Karte führen, werden im Vorfeld vom Planungsteam der Lehrveranstaltung definiert und den Lehrenden, die auch als PrüferInnen beim OSCE tätig sind, im Rahmen der Einschulung vermittelt.

Zwischen dem Erlernen der ärztlichen Grundfertigkeiten und der OSCE-Prüfung besteht durchschnittlich eine Zeitspanne von 8 Monaten. Studierende beklagten, dass die in der Lehrveranstaltung vorgezeigten und praktizierten Fertigkeiten nach Beendigung der verpflichtenden Übungen ausschließlich im Skriptum nachzulesen waren. Eine nochmalige Demonstration und Übung der Fertigkeiten war nur mehr im Rahmen des 3-wöchigen Prüfungsübens knapp vor dem OSCE möglich. Der Kritikpunkt der Studierenden war, dass das offizielle Lehrskriptum zwar ausführliche Anleitungen und Bilder zu den jeweiligen Abläufen bietet, diese allerdings aufgrund der 2-dimensionalen Darstellung nur bedingt flüssige Bewegungsabläufe wiederspiegeln und daher ein länger anhaltendes Merken der ärztlichen Fertigkeit sowie der hygienischen Handlungsabläufe, nicht ausreichend gegeben war. Um diese Problematik zu umgehen erschien uns die Kombination von elektronischem Lehrmaterial mit den Praktikumsskripten gut geeignet um Effektivität und Merkfähigkeit beim Lernen zu erhöhen und den Studierenden, die Möglichkeit zu geben, ärztliche Fertigkeiten unkompliziert zu einem späteren Zeitpunkt im Studium, zum Beispiel vor dem Klinisch Praktischen Jahr, abzurufen.

Außerdem wurden mittels Online Fragebogen die Qualität und Akzeptanz der Videos unter den Studierenden erhoben. Diese Informationen sollen dazu dienen zukünftig produzierte Lehrvideos effizienter zu gestalten und ihren Einsatzbereich zu erweitern. Wie sich die Bereitstellung dieser Videos auf die Fertigkeiten der Studierenden auswirkt, wurde über den Prüfungsoutcome gemessen und mit den Prüfungsergebnissen der Vorjahre verglichen.


Ergebnisse

647 Studierende sahen eines der beiden Harnkatheter-Videos, 318 (49,1%) das Video „Harnkatheter Mann“ und 329 (50,9%) das Video „Harnkatheter Frau“. Insgesamt beantworteten 623 StudentInnen (96,3%), davor 317 Frauen (50,9%) und 306 Männer (49,1%), den Fragebogen vollständig. Das durchschnittliche Alter betrug bei Männern 21,67 Jahre und bei Frauen 21,3 Jahre. 24 Befragte (3,7%) füllten den Fragebogen unvollständig bzw. garnicht aus.

Der Fragebogen umfasste 15 Fragen, mit einer Skalierung „Weiß nicht“, Trifft zu“ oder „Trifft nicht zu“. Die Videos fanden als Medium zur Vermittlung von praktischen Fertigkeiten große Zustimmung. Die qualitative Auswertung zeigte, dass das Angebot an Videos als ergänzende Lehrunterlage gut angenommen wurde. Fast alle der Studienteilnehmer gaben an sich die einzelnen Handlungsschritte nach Durchsicht des Videos besser merken zu können und mehr als die Hälfte erinnerte sich besser an hygienische Handgriffe. Fast alle Studierenden befürworteten Videos als ergänzendes Lehrmaterial und würden sich weitere Lehrvideos wünschen (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]: Fragebogen).

Der Prüfungsoutcome wurde mit „Roten Karten“ ermittelt. Im Jahr 2013 wurde die Prüfungsfrage „Legen eines Harnkatheters“ 114 Mal gestellt. Davon bekamen 14 Studierende (12,3%) eine „Rote Karte“. Demgegenüber wurden im Jahr 2016 nur 3 von 75 möglichen „Roten Karten“ (4,0 %) für das Harnkatheter-Legen vergeben. Das Studienjahr hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Vergabe von Roten Karten (Chi-Quadrat=3,79; p>0,05). Die Chancen (Odds) 2013 eine Rote Karte zu bekommen war aber 3,36 mal höher als 2016 (siehe Tabelle 2 [Tab. 2]).


Diskussion

Das Bestreben unserer Untersuchung war es, schon im Medizinstudium, patientensichernde Maßnahmen zu etablieren [5]. Lehrunterlagen für die Lehrveranstaltung Ärztliche Grundfertigkeiten sind in Form von Skripten seit vielen Jahren vorhanden. Unsere Studie ergänzte diese Lehrunterlagen durch dreidimensionale Darstellungen. Mit den produzierten Videos hatten wir die Absicht eine optimale hygienische und praktische Vorgehensweise beim Legen von Harnkathetern zu demonstrieren. Ziel war es, den Studierenden die Möglichkeit zu bieten, die entsprechenden Handgriffe im richtigen Ablaufmuster selbständig wiederholen zu können und damit das Abrufen der einmal erlernten Handlungsschritte zu erleichtern.

In unserer Studie zeigte sich eine leichte Tendenz dazu, dass Studierende, die Lehrvideos zur Wiederholung zur Verfügung hatten, besser bei der dem Praktikum folgenden OSCE Prüfung abschnitten, als der Vergleichsjahrgang ohne diese Möglichkeit. Internationale Studien, die die Demonstration praktisch klinischer Fertigkeiten zum Thema haben, liefern oft noch eindeutigere Ergebnisse. In der Chirurgie beispielsweise haben solche Anschauungsvideos schon länger Tradition. Davidson et al. analysierten die Daten einer Webseite, auf der Themen und Videos aus dem Bereich der Neurochirurgie zur Verbesserung neurochirurgischer Operationstechniken und zur Erhöhung der Patientensicherheit publiziert werden. Es zeigte sich, dass im Zeitraum 2016 bis 2017 246.259 Zugriffe auf die Webseite erfolgten und 143.868 Videos heruntergeladen wurden. Am häufigsten nutzten 25- bis 34-Jährige die Möglichkeit sich online neurochirurgisch weiterzubilden. Diese Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass frei zugängliche Online-Portale als Lehrmedium gut angenommen werden und der Bedarf nach weiteren online-Ressourcen zur Weiterbildung besteht [6]. Ähnlich wie in unserer Studie untersuchten Pilieci et al., ob die Vorführung von Videos, in denen ärztliche Fertigkeiten wie chirurgische Händewaschung, Anziehen von sterilen Handschuhen oder die Händedesinfektion genau vorgezeigt wurden, zu einer Verbesserung der klinischen Fertigkeiten von erstsemestrigen Studierenden führte. Ziel dieser Untersuchung war es die Akzeptanz für visuelle Lehrformate bei den Studierenden zu erheben und eine Möglichkeit zu finden ärztliche und hygienische Handgriffe besser zu vermitteln und damit die Patientensicherheit durch Vermeidung von postchirurgischen Infektion zur erhöhen. Studierende dieser Studie favorisierten Videos dann, wenn es um die leichte Verfügbarkeit des Lehrmediums, die Einfachheit der Handhabung, den Nutzen und die freie Möglichkeit zum Repetieren der einzelnen Handlungsschritte ging. Laut den Ergebnissen dieser Untersuchung können Videos als Lehrmedium ärztlicher Fertigkeiten und hygienischer Handgriffe einen wichtigen Beitrag leisten, Infektionen nach operativen Eingriffen zu reduzieren und somit die Patientensicherheit zu erhöhen [7].

Da im Klinikalltag multiresistente Erreger, verursacht durch Antibiotikaresistenzen zur großen Herausforderung geworden sind, ist das Erlernen hygienischer Abläufe gerade beim Legen von Kathetern von besonderer Bedeutung. Wie mehrere Studien zeigen, verringert die richtige Händedesinfektion vor dem Kontakt mit dem Patienten oder der Patientin das Infektionsrisiko um bis zu 30% [8], [9], [10].

Im GMA-LZK wird unter 1f Ebene 3 die Hygiene als Lernziel so definiert: Der Student/Die Studentin kennt häufige Fehler in der Hygiene sowie deren Einfluss auf die Patientensicherheit und kann diese benennen. Darüber hinaus kann dieser das Hygieneverhalten im klinischen Alltag kritisch reflektieren. Der Studierende weiß, dass klinikspezifische Hygienestandards existieren [11]. Unsere Studie bestätigt, dass die Kombination von e-Learning Formaten, wie Online-Videos, mit klassischen Formaten, wie Lehrbüchern oder Skripten, gut geeignet ist um Effektivität und Nachhaltigkeit beim Erlernen praktischer und hygienischer Fertigkeiten zu erhöhen. Sie stellt eine kostengünstige, unkomplizierte Methode dar, bereits erlernte Handlungsschritte detailgetreu darstellen zu können. Die unbegrenzte Wiederholungsmöglichkeit liefert damit bereits im Studium Beiträge zur Patientensicherheit.

Bereits Ende der 1990er Jahre wurde von Seiten der Gesundheitspolitik damit begonnen, sich zunehmend mit Fehlermanagement und Transparenz im Gesundheitssystem zu befassen [12]. Während innerhalb der klinischen Betriebe Maßnahmen zur Patientensicherheit greifen, wie Qualitätsüberprüfungen, Festlegung hygienischer Standards, Medikamenteninteraktionsprüfungen und vieles mehr, hinkt die Verankerung des Themas in der Ausbildung der Gesundheitsberufe und im Medizinstudium noch hinterher. 2010 entwickelte eine Expertengruppe der World Alliance of Patient Safety der WHO ein Patientensicherheitscurriculum-Guide für Medizinische Schulen [13]. Seither und teilweise schon davor, wurden an den unterschiedlichen deutschsprachigen Universitäten Maßnahmen gesetzt, dieses Thema in der Lehre zu etablieren. Konkret wurde beispielsweise der „Lernzielkatalog Patientensicherheit für das Medizinstudium“ (GMA-LZK), durch den Ausschuss für Patientensicherheit und Fehlermanagement der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung entwickelt, der die Gunst der Stunde nützt um damit auch in den Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog für das Medizinstudium (NKLM) aufgenommen zu werden [http://www.nklm.de].

In Österreich wurde seitens des Bundesministeriums für Gesundheit eine Patientensicherheitsstrategie entwickelt um unerwünschte Ereignisse zu minimieren. Es wurde eine Plattform für Patientensicherheit gegründet, die sich mit aktuellen Themen und Projekten rund um das Thema befasst, ein Universitätslehrgang Patientensicherheit und Qualität in Gesundheitsberufen an der Medizinischen Universität Wien existiert im postgraduellen Lehrbereich [https://www.plattformpatientensicherheit.at/]. Neuerdings wurden Initiativen ins Leben gerufen, die Wissenschaftskooperationen im Patientensicherheitsbereich fördern. Es gibt beispielsweise an der Medizinischen Universität Wien regelmäßig Journal-Clubs in denen unser Lehrvideoprojekt, Projekte zur Interprofessionalität im pädiatrischen Simulationstraining, Medizinische Simulation und Notfallmanagement oder Simulationstrainings zur Durchführung Vakuum-assistierter Geburten vorgestellt werden mit dem Ziel, das Thema Patientensicherheit in Forschung und Lehre langfristig zu etablieren.

Laut unserer Recherche stehen Lehrfilme zum Thema zwar in ausreichendem Maße online zur Verfügung, Studien zur direkten Auswirkung von Lehrvideos auf klinische und hygienische Fertigkeiten sowie Auswirkungen auf den Lernerfolg sind aber selten. Zukünftig bedarf es randomisierter, Fallkontrollstudien um Belege für diese Form der Wissensvermittlung zu generieren.

Zu den Limitierungen unserer Studie zählt das Fehlen einer Kontrollgruppe im selben Studienjahr. Wir verglichen lediglich verschiedene Jahrgänge miteinander. Eine detailliertere Untersuchung des Prüfungsoutcomes wäre sinnvoll, um eine differenzierteres Verbesserung der Fertigkeiten zeigen zu können. In unserer Studie wurde nur vollkommenes Fehlverhalten von Studierenden bei der entsprechenden OSCE-Station in die Auswertung einbezogen.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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2.
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