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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Internationale Studierende – Initiativen zur Unterstützung und Integration an Medizinischen Fakultäten in Deutschland

Leitartikel Internationale Medizinstudierende

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  • corresponding author Daniel Huhn - Universität Heidelberg, Universitätsklinikum für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Heidelberg, Deutschland
  • author Christoph Nikendei - Universität Heidelberg, Universitätsklinikum für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Heidelberg, Deutschland

GMS J Med Educ 2018;35(5):Doc62

doi: 10.3205/zma001208, urn:nbn:de:0183-zma0012085

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2018-35/zma001208.shtml

Eingereicht: 22. Oktober 2018
Überarbeitet: 22. Oktober 2018
Angenommen: 22. Oktober 2018
Veröffentlicht: 30. November 2018

© 2018 Huhn et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Leitartikel

Wussten Sie, dass der Anteil internationaler Studierender an den Medizinischen Fakultäten Deutschlands bei mehr als 12% liegt? Das entspricht in Summe einer absoluten Zahl von knapp 12.000 internationalen Studierenden, die derzeit für ein Studium der Humanmedizin eingeschrieben sind. Gemeint sind hierbei nicht junge Menschen, die in Deutschland leben und in ihrer (Familien-)Biographie einen Migrationshintergrund aufweisen, sondern ausschließlich diejenigen Menschen, die aus ihrem Heimatland extra für das Studium nach Deutschland kommen. Als Grund, warum junge Menschen ihre Heimatländer verlassen, um in Deutschland ein Medizinstudium aufzunehmen, wird häufig die Güte der medizinischen Ausbildung hierzulande bei vergleichsweise niedrigen Studiengebühren benannt.

Trotz dieser hohen Anzahl internationaler Studierender an den Medizinischen Fakultäten in Deutschland sind viele diese Gruppe betreffenden Fragen noch ungeklärt. Auch wurde bislang vergleichsweise wenig zu internationalen Studierenden im deutschsprachigen Raum publiziert. Aus der existierenden wissenschaftlichen Literatur geht jedoch hervor, dass internationale Medizinstudierende öfter von Stresssymptomen berichten, sie schlechtere Ergebnisse in schriftlichen, mündlichen und praktischen Prüfungen erzielen und eine verlängerte Studiendauer sowie höhere Abbruchraten zeigen. Insbesondere die ersten Semester können als kritische Phase erachtet werden, in der internationale Studierende mit sprachlichen Defiziten und kulturellen Hindernissen konfrontiert sind.

Ein besseres Verständnis der Gruppe der internationalen Studierenden im Rahmen des deutschen Medizinstudiums kann von beidseitigem Vorteil sein: Wenn ihre Bedürfnisse, aber auch ihre Sorgen klarer hervortreten kann besser auf diese eingegangen werden, was diesen Studierenden eine größere Chance auf eine erfolgreiche Studienzeit einräumen könnte. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, anhand dieser internationalen Studierenden viel über die Heterogenität und Vielschichtigkeit von Menschen und Kulturen zu lernen. Ein beidseitiges mit- und voneinander lernen bietet viele Chancen für alle Beteiligten – es wäre schade, diese verstreichen zu lassen.

Vor diesem Hintergrund freuen wir uns, Ihnen das Themenheft „Internationale Medizinstudierende“ präsentieren zu können, um dieser Gruppe einen Raum zu geben, innerhalb dem sich möglicherweise die eine oder andere offene Frage beantworten lässt. Als Herausgeber wünschen wir uns, dass der in diesem Themenheft vorgelegte Kommentar sowie die vier Forschungsarbeiten und vier Projektberichte auf großes Interesse stoßen. Wir hoffen, mit diesem Themenheft für die besondere Situation internationaler Medizinstudierender zu sensibilisieren sowie praktische Anregungen für die Umsetzung von Initiativen an weiteren Fakultäten zu bieten; möglicherweise kann das vorliegende Themenheft gar eine fortschreitende wissenschaftliche Diskussion dieses bislang unterrepräsentierten Forschungsfeldes anstoßen.

Im Themenheft erwartet Sie zunächst ein allgemeiner Kommentar zur vorliegenden Thematik, gefolgt von Beiträgen zum Start ins Studium sowie zur Netzwerkbildung internationaler Studierender. Im Anschluss daran werden zwei Peer-assisted Learning (PAL) Programme zur Unterstützung internationaler Studierender vorgestellt sowie ein weiteres Unterstützungsangebot für Studierende in klinischen Semestern. Ein weiterer Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern sich im Ausland verbrachte Tertiale des Praktischen Jahres auf die Leistungen deutscher Studierender auswirken. Zum Abschluss wird das „Symposium Internationale Medizinstudierende“, welches im Jahr 2017 ins Leben gerufen wurde, vorgestellt.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass jeder Beitrag von insgesamt drei Gutachtern beurteilt wurde; zwei davon wurden auf herkömmlichem Wege im Zuge des Peer-Review-Verfahrens ausgewählt, ein weiterer Gutachter war jeweils selbst ein internationaler Studierender. Uns war es wichtig mit dieser Maßnahme zu gewährleisten, dass die Beiträge, in denen über internationale Studierende geschrieben wird, auch von diesen aus der Perspektive eines internationalen Studierenden begutachtet werden.

Im von Timo Astfalk und Kollegen verfassten Kommentar „Mittendrin oder nur dabei?“ wird die Frage aufgeworfen, inwiefern eine defizitorientierte Wahrnehmung internationaler Medizinstudierender und damit in Zusammenhang stehende spezifische Unterstützungsangebote für diese Gruppe überhaupt hilfreich sind und ob nicht eine stärkere Integration in bereits existierende Studierendenschaften einen größeren Mehrwert mit sich bringen würden [1].

Hinsichtlich der beiden Beiträge zum Studienstart stellen Yassin Karay und Kollegen das Programm „Studienstart International“ der Universität Köln [2], Wendelin Marmon und Mitarbeiter ihr Programm „Willkommen heißen, Orientierung geben, Sprache trainieren“ der Charité in Berlin vor [3]. Beide Programme sollen internationalen Studierenden den Einstieg ins Studium erleichtern, beide Angebote werden hinsichtlich der Zufriedenheit der Teilnehmer evaluiert.

In Form einer qualitativen Analyse nähern sich Timo Astfalk und Brigitte Müller-Hilke dem Thema Netzwerkbildung internationaler Studierender in vorklinischen Semestern und stellen Vergleiche zu Netzwerken deutscher Studierender an [4].

Die PAL-Programme betreffend stellen wir in einem eigenen Beitrag („Interaktiver studentengeleiteter Prüfungsvorbereitungskurs“) ein longitudinales Tutorium vor, welches internationale Medizinstudierende in Heidelberg auf Prüfungen in den vorklinischen Semestern vorbereitet [5]. In „Peer-teaching International“ präsentieren Daisy Rotzoll und Kollegen ebenfalls ein PAL-Projekt, welches in Leipzig für dort ankommende Erasmus-Studierende angeboten wird, um diese besser auf ihren einjährigen Aufenthalt in Deutschland einzustimmen [6].

Ein weiterer Beitrag von Holger Lenz und Mitarbeitern – „Gleiche Chancen für alle“ – stellt ein Unterstützungsangebot für internationale Studierende in klinischen Semestern an der LMU in München vor, bei welchem der Fokus insbesondere auf dem Kennenlernen und Einüben von Kommunikationsstrategien liegt [7].

Die Forschungsarbeit von Sylvère Störmann und Matthias Angstwurm („Was haben das Praktische Jahr im Ausland und Examensleistungen gemeinsam?“) beschäftigt sich nicht mit internationalen, sondern mit deutschen Studierenden, welche Teile ihres Praktischen Jahres im Ausland verbringen, und versucht zu analysieren, ob diese Erfahrung positive Auswirkungen auf die gezeigten Studienleistungen hat [8].

Der letzte Beitrag von Henrike Schulze und Kollegen fasst das „Symposium Internationale Medizinstudierende“ der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland zusammen, welches im Mai 2017 in Hannover zum ersten Mal stattfand [9].


Danksagung

Wir bedanken uns bei den Herausgebern des GMS Journal for Medical Education, Prof. Dr. med. Martin Fischer und Dr. med. Götz Fabry, für die Möglichkeit, das vorliegende Themenheft zu realisieren und ihre stattgefundene Unterstützung im Verlauf. Wir danken allen Autoren für die gute Zusammenarbeit und für ihre Beiträge sowie allen Gutachtern für das unermüdliche und konsequente gemeinsame Tragen des Begutachtungsverfahrens. Unser herzlichster Dank gilt aber Beate Hespelein (Redaktionsbüro des GMS Journal for Medical Education) für die kompetente Verwaltung der eingereichten Beiträge und Koordinierung des Peer-Review-Verfahrens sowie für ihre Gabe, nie den Über- und Durchblick zu verlieren.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Astfalk T, Zhang D, Pérez Anderson RP, Al Halabi O, Schulze H. On center field or at the sidelines? - A plea for a multimodal approach between medical schools and medical student communities while integrating international medical students. GMS J Med Educ. 2018;35(5):Doc61. DOI: 10.3205/zma001207 Externer Link
2.
Karay Y, Restel K, Marek R, Schlüter de Castro B. Studienstart International of the University of Cologne: The closely supervised semester of study entry for students from third countries using the example of the model degree program for human medicine. GMS J Med Educ. 2018;35(5):Doc60. DOI: 10.3205/zma001206 Externer Link
3.
Marmon W, Arnold U, Maaz A, Schumann M, Peters H. Welcome, Orientation, Language Training: a project at the Charité for new international medical students. GMS J Med Educ. 2018;35(5):Doc59. DOI: 10.3205/zma001205 Externer Link
4.
Astfalk T, Müller-Hilke B. Same same but different - A qualitative study on the development and maintenance of personal networks among German and international medical students. GMS J Med Eudc. 2018;35(5):Doc58. DOI: 10.3205/zma001204 Externer Link
5.
Huhn D, Al Halabi K, Alhalabi O, Armstrong C, Castell Morley A, Herzog W, Nikendei C. Interactive peer-guided examination preparation course for second year international full-time medical students: quantitative and qualitative evaluation. GMS J Med Educ. 2018;35(5):Doc57. DOI: 10.3205/zma001203 Externer Link
6.
Rotzoll D, Wiemer S, Zimmermann A, Alex P, Meixensberger J. International Peer-teaching: the LernKlinik Leipzig "Erasmus-Week" for Incoming Erasmus Students. GMS J Med Educ. 2018;35(5):Doc56. DOI: 10.3205/zma001202 Externer Link
7.
Lenz H, Paik WG, Jacobs F. An equal opportunity for everyone?! Supporting international students of medicine at the Ludwig-Maximilians-University in Munich. GMS J Med Educ. 2018;35(5):Doc55. DOI: 10.3205/zma001201 Externer Link
8.
Störmann S, Angstwurm MW. What do international health electives and state examination scores have in common? - A cohort study to compare the results of written medical licensing examinations with the participation in international health electives during the final year of undergraduate medical education in Germany. GMS J Med Educ. 2018;35(5):Doc54. DOI: 10.3205/zma001200 Externer Link
9.
Schulze H, Zhang D, Pérez Anderson RP, Al Halabi O, Huhn D, Astfalk T. Symposium "International Medical Students - Support Programs in Practical Application": Networking, best-practice examples and local representation. GMS J Med Educ. 2018;35(5):Doc53. DOI: 10.3205/zma001199 Externer Link