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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Facharztprüfung Allgemeinmedizin – was können wir von den europäischen Nachbarn lernen?

Artikel Familienmedizin

  • corresponding author Elisabeth Flum - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • author Roar Maagaard - Universität Aarhus, Department of Medical Education, Aarhus, Dänemark
  • author Maciek Godycki-Cwirko - Medical University of Lodz, Centre for Family and Community Medicine, Lodz, Polen
  • author Nigel Scarborough - Health Education East Midlands, Nottingham, Gross-Britannien
  • author Nynke Scherpbier - Radboud University Medical Centre, Department of Primary and Community Care, Nijmegen, Niederlande
  • author Thomas Ledig - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • author Marco Roos - Universität Erlangen-Nürnberg, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • author Jost Steinhäuser - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland; Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Institut für Allgemeinmedizin, Lübeck, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2015;32(2):Doc21

doi: 10.3205/zma000963, urn:nbn:de:0183-zma0009638

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2015-32/zma000963.shtml

Eingereicht: 22. August 2014
Überarbeitet: 21. November 2014
Angenommen: 12. Februar 2015
Veröffentlicht: 13. Mai 2015

© 2015 Flum et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: In der Europäischen Union sind die Anforderungen seitens der Patienten an die hausärztliche Tätigkeit zu einem hohen Anteil vergleichbar, es gibt jedoch keine einheitlichen Standards für Prüfungen während der Facharzt (FA)-Weiterbildung Allgemeinmedizin (AM) oder bei der Facharztprüfung. Ziel dieser Pilotstudie war es, die verschiedenen Bedingungen und Prüfungsmethoden während der FA-Weiterbildung AM in fünf Europäischen Ländern zu vergleichen.

Methode: In fünf Europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Polen, Niederlande, Groß-Britannien) wurde eine semistrukturierte Befragung in einer Expertenrunde durchgeführt. Die Teilnehmer wurden über verschiedene Aspekte der allgemeinmedizinischen Weiterbildung und Prüfungsmethoden in den jeweiligen Ländern befragt. Falls verfügbar, wurden diese Daten durch Informationen von offiziellen Websites der jeweiligen Länder ergänzt.

Ergebnisse: Die Weiterbildung zum FA für AM wird sehr unterschiedlich in den untersuchten Ländern durchgeführt. Die Weiterbildungszeit reicht von drei bis zu fünf Jahren, in manchen Ländern ist vorab ein Fundierungsprogramm von bis zu zwei Jahre verpflichtend. Die meisten Länder erfassen Leistungen longitudinal während der gesamten Weiterbildung, wobei sowohl kompetenzbasierte Ansätze als auch formative und summative Prüfungsmethoden kombiniert werden. Für einige der verwendeten Prüfungsformate ist Evidenz verfügbar. Allerdings unterscheiden sich die Prüfungsmethoden und deren Kosten deutlich zwischen den befragten Ländern.

Schlussfolgerung: Longitudinale und kompetenzbasierte Prüfungsansätze werden aktuell in der FA-Weiterbildung AM favorisiert. Länder, die weniger facettenreiche Prüfungsmethoden einsetzen, könnten dabei vom Beispiel anderer Länder lernen. Dabei müssen bei möglichen Veränderungen allerdings die teilweise erheblichen Kostensteigerungen berücksichtigt werden.

Schlüsselwörter: Hausarzt, Primärarztversorgung, Curriculum, Kompetenzbasierte Weiterbildung, Prüfung(-smethoden)


Hintergrund

In fast allen Europäischen Gesundheitssystemen ist der Hausarzt der erste medizinische Ansprechpartner für alle Beratungsanlässe von der Prävention über akute oder chronische Erkrankungen. Er bietet einen longitudinalen, kontinuierlichen und ganzheitlichen Versorgungsansatz [1]. In einer sich in Hinblick auf zunehmende Patienten- und Arztmobilität verändernden Europäischen Union (EU) sind Anpassungen des Gesundheitssystems erforderlich [2], [3]. Um diesen sozialen und ökonomischen Veränderungen zu begegnen, haben Europäische Länder die Möglichkeit voneinander zu lernen [4]. Die Europäische Akademie für Hochschullehrerinnen in Allgemeinmedizin und Familienmedizin (EURACT) entwickelte 2005 eine Agenda für die Facharzt (FA)-Weiterbildung Allgemeinmedizin (AM) für Europa und definierte damit zentrale Charakteristika und Kernkompetenzen der FA-Disziplin AM [5]. Diese sollte in die nationalen Weiterbildungscurricula für AM der integriert und an die Bedürfnisse des jeweiligen Gesundheitssystems adaptiert werden. Allerdings wurde dieses Ziel nicht flächendeckend für Europa erreicht da einige Länder andere Rahmenmodelle für kompetenzbasierte Weiterbildung verwenden [6]. In den letzten Jahrzenten wurde der kompetenzbasierte Ansatz zunehmend als bedeutende Entwicklung der ärztlichen Weiterbildung angesehen. Im Vergleich zu traditionellen Weiterbildungsformen, zielt der kompetenzbasierte Ansatz darauf ab, sich am Ergebnis und den später zu erfüllenden Rollen zu orientieren und den diesbezüglichen Lernfortschritt des Arztes in Weiterbildung (AIW) zu erfassen. Kompetenzbasierte Weiterbildung soll dabei mehr Flexibilität, Transparenz und Standardisierung ermöglichen [7], [8]. Der kompetenzbasierte Ansatz in der FA-Weiterbildung ist bereits in den Niederlanden (NL) und in Groß-Britannien (UK) umgesetzt. Andere Länder wie Deutschland (DE) planen zukünftig, einen kompetenzbasierten Ansatz einzuführen [6].

Bisher gibt es keine Studien, die international die FA-Weiterbildung AM und unterschiedliche dabei eingesetzte Prüfungsmethoden untersuchen.

Ziel dieser Pilotstudie war es, die verschieden Formen der FA-Weiterbildung AM und die dazugehörigen Prüfungsmethoden in fünf Europäischen Ländern zu beschreiben.


Methoden

Fragebogen

Ein semistrukturierter Fragebogen mit 10 Fragen wurde von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus drei Hausärzten und einem AIW, in Heidelberg entwickelt. Die Fragen bezogen sich auf die Weiterbildung und Prüfungsmethodik auf dem Weg zum FA für AM. So wurde Aspekte wie Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung, Qualifikation der Prüfer, Evidenz der Prüfungsmethoden und deren Kosten adressiert. Alle Fragen wurden offen und auf Englisch gestellt. Tabelle 1 [Tab. 1] zeigt den verwendeten Fragebogen. Nach der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg war für diese Befragung kein Ethikvotum nötig [http://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/40merkblaetter/20recht/05kammerrecht/bo.pdf zuletzt geprüft am 12.08.2014].

Rekrutierung: Die Pilotstudie wurde in fünf Europäischen Ländern durchgeführt. Dafür wurden Personen, die intensiv mit der FA-Weiterbildung AM in Dänemark (DK), Deutschland (DE), Polen (PL), den Niederlanden (NL) und Groß-Britannien (UK) involviert sind kontaktiert. Die Teilnehmer an dieser Studie wurden über ein Europäisches Forschungsnetz für Implementierung (Tailored implementation for chronic diseases, TICD) identifiziert [http://www.ticd.umed.lodz.pl/index.php/homepage zuletzt geprüft am 12.08.2015]. Vier Forscher des TICD-Projektes wurden angesprochen, in ihrem jeweiligen Land einen ausgewiesenen Experten in der FA-Weiterbildung für AM zu benennen. Um darüber hinaus auch die Europäische Perspektive zur FA-Weiterbildung AM abzubilden, wurde zusätzlich ein Mitglied von EURACT angefragt, an der Pilotstudie teilzunehmen. Somit nahmen insgesamt fünf Personen an der Pilotstudie teil, alle waren Hausärzte und aktiv in die FA-Weiterbildung AM und deren Prüfungsmethoden in dem jeweiligen Land eingebunden. Die gesamte Korrespondenz erfolgte per Email.

Analyse der Daten

Die über den Fragebogen erhobenen Daten wurde von zwei Wissenschaftlern der Heidelberger Arbeitsgruppe unabhängig voneinander analysiert. Die Daten wurden kategorisiert, zusammengefasst und anschließend von den Wissenschaftlern diskutiert, so dass seine finale konsentierte Version resultierte. Diese Version wurde erneut von den befragten Teilnehmern und der Heidelberger Arbeitsgruppe überprüft. Falls verfügbar, wurden zusätzliche Informationen, wie z.B. Prüfungskosten von offiziellen Websites der jeweiligen Länder hinzugefügt [http://www.dsam.dk/ zuletzt geprüft am 12.08.2015], [http://www.sst.dk/ zuletzt geprüft am 12.08.2015], [http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.128.129 zuletzt geprüft am 12.08.2015], [http://www.klrwp.pl/specjalizacja.php zuletzt geprüft am 12.08.2015], http://www.leonardo.org.pl/ zuletzt geprüft am 12.08.2015], [http://www.huisartsopleiding.nl/content.asp?kid=10000962&fid=-1&bid=10118723 zuletzt geprüft am 12.08.2015], [http://www.rcgp.org.uk/ zuletzt geprüft am 12.08.2015]. Besonderer Augenmerk wurde auf die eingesetzten Prüfungsmethoden und die Organisation der FA-Weiterbildung AM gelegt. Die Ergebnisse wurde erneut von allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe in Heidelberg geprüft, um eine korrekte Widergabe der Daten sicherzustellen. Es resultiere daraus eine finale Version, die eine deskriptive vergleichende Beschreibung der FA-Weiterbildung AM und deren Prüfungsmethoden in den verschiedenen Ländern beinhaltete. Alle angegebenen Kosten wurden in US-Dollar (US$) nach dem Wechselkurs vom 30.01.2014 umgerechnet.


Ergebnisse

Alle fünf Experten auf dem Gebiet FA-Weiterbildung AM stimmten einer Teilnahme an der Pilotstudie zu. Die Dauer der FA-Weiterbildung AM in den teilnehmenden Ländern reichte von drei bis fünf Jahren. Alle Programme schlossen sowohl stationäre als auch ambulante Weiterbildungsabschnitte in anerkannten Weiterbildungsstätten mit ein. In DK und UK ist ein sogenanntes Fundierungsprogramm nach Abschluss des Studiums und vor Beginn der FA-Weiterbildung AM verpflichtend.

Da in UK und NL die FA-Weiterbildung AM sehr beliebt ist, existiert ein nationales Auswahlverfahren vor der Weiterbildung in UK, in NL ist dies in Planung.

Die Inhalte der FA-Weiterbildung AM werden in allen Ländern außer DE auf nationaler Ebene von Hausärzten festgelegt. In DE hingegen werden die Inhalte der FA-Weiterbildung AM von allen medizinischen Fachrichtungen und nicht ausschließlich von Hausärzten festgelegt.

In allen befragten Ländern werden die Prüfungen landesweit durchgeführt und anerkannt. Alle Länder bis auf DE führen eine longitudinale Überprüfung der Leistungen über die gesamte Dauer der Weiterbildung durch. In DE erfolgt ausschließlich eine 30-minütige theoretische mündliche Prüfung am Ende der Weiterbildungszeit. Die geprüften Inhalte in DE sind dabei nicht spezifisch definiert oder standardisiert und hängen daher von den jeweiligen Prüfern ab. DK [http://www.dsam.dk/flx/english/hippokrates/denmark/ zuletzt geprüft am 20.11.2014] und NL führen eine kompetenzbasierte longitudinale Leistungserfassung durch, kombiniert mit formalen Prüfungen wie Multiple-Choice-Fragen (MCQ) und Testung der Kommunikationsfähigkeiten in NL. UK verfügt über sehr ausgefeilte Prüfungsmethoden, die aus drei Teilen bestehen: Angewandter Wissenstest (Applied Knowledge Tests, AKT), Überprüfung der klinischen Fähigkeiten (Clinical Skills Assessments, CSA) und Überprüfung der Leistungen unmittelbar am Arbeitsplatz als Integral von klinischem Wissen und Fähigkeiten (Workplace Based Assessments, WPBA), welches kontinuierlich während der Weiterbildung durchgeführt wird. Diese drei Teile umfassen verschiedene Prüfungsformen wie computerbasierte MC-Fragen, die Verwendung von elektronischen Medien sowie Erfassung der Kompetenzen und praktischen Fertigkeiten in direkter Beobachtung oder per Video aufgezeichneten Konsultationen mit „echten“ oder Schauspiel-Patienten. Besonderes Augenmerk wird dabei auf das Feedback durch die Kollegen und die Patienten gelegt. Jeder AIW muss ein detailliertes elektronisches Portfolio führen, welches einen Lernplan, seine persönlichen Lern-Ziele sowie regelmäßige Selbst- und Fremdeinschätzungen durch die Weiterbilder enthält.

In NL und UK gibt es hinreichende Evidenz für die Reliabilität und Validität der verschiedenen Prüfungsmethoden, wohingegen in DE, DK und PL nur sehr wenig Evidenz verfügbar ist [10], [11], [12], [13], [14], [15], [http://www.rcgp.org.uk zuletzt geprüft am 12.08.2014]. Die Qualifikationsvoraussetzungen der Prüfer sind ebenfalls sehr unterschiedlich und reichen von ausschließlich formalen Kriterien in DE über fakultative Prüferkurse in PL zu obligaten in DK, NL und UK.

In DK und NL sind keine Informationen über die Kosten der Prüfungsformate verfügbar. In DE werden Prüfungskandidaten bis zu US$ 341 für die Prüfung in Rechnung gestellt. In UK entrichten Prüfungskandidaten für die obligate Registrierung bei RCGP US$ 2.036, sowie separat für AKT US$ 835 und CSA US$ 2.807. Die Vergütung der Prüfer reicht von US$ 102 in PL, US$ 205 in DE bis hin zu US$ 651 in UK. Detaillierte Informationen geben Tabelle 2 [Tab. 2] und Tabelle 3 [Tab. 3].


Diskussion

Diese Pilotstudie gibt einen Überblick über die FA-Weiterbildung AM und die verschieden eingesetzten Prüfungsmethoden in fünf Europäischen Ländern. Die Prüfungsformen unterscheiden sich erheblich zwischen den befragten Ländern. Alle Länder außer DE erfassen eine longitudinale Kompetenzentwicklung während der FA-Weiterbildung AM. Dabei werden kompetenzbasierte Ansätze kombiniert mit formativen (formelle und informelle Prüfungen währen der gesamten Weiterbildung, “Anreiz zum selbstgesteuerten Lernen”) und summativen Prüfungsmethoden (formelle Leistungserfassung des Lernfortschritts zu einem bestimmten Zeitpunkt, „Prüfung zum Nachweis eines Kenntnisstandes“). DK und NL erfassen alle geforderten Kompetenzen longitudinal während der gesamten Weiterbildung, inklusive Kommunikationsfähigkeiten in NL. Die Prüfungsmethoden in UK sind höchst komplex und strukturiert. Im Gegensatz dazu erfolgt in DE keine longitudinale Leistungserfassung, es findet lediglich eine einzige mündliche Prüfung am Ende der FA-Weiterbildung statt.

Für die NL gibt es verfügbare Evidenz für die Bereiche Kognition, Kommunikationsfähigkeiten und der Kompetenzen (“Compass”) [9], [10], [11], [12], [13]. Auch für die eingesetzten Prüfungsmethoden in UK gibt es Evidenz [14], [15] [http://www.rcgp.org.uk]. Darüber hinaus gibt es vereinzelt Berichte zu den verschieden Prüfungsformaten, woraus sich eine abschließende Beurteilung oder Empfehlungen jedoch nicht ableiten lassen [16].

Wie vorausgehend beschrieben, stellen Bevölkerungsmobilität und Arzt-Migration in der EU Herausforderungen an die Gesundheitssysteme der jeweiligen Länder dar. Um die Behandlungsqualität und Patientensicherheit sicherzustellen, wäre es hilfreich Kompetenzen und Prüfungsmethoden in der FA-Weiterbildung AM in der EU zu standardisieren [2], [17]. Dabei könnten die Anforderungsprofile an Hausärzte durchaus zwischen den einzelnen Ländern differieren, ein Austausch der Fachärzte und AIW könnte jedoch erleichtert werden. Besonders DE, das das von allen befragten Ländern das am wenigsten ausgefeilte Prüfungssystem durchführt, könnte dem Vorbild der verschiedenen Europäischen Länder folgen und ein longitudinales System zur Erfassung von Kompetenzen und Fähigkeiten während der FA-Weiterbildung AM einführen. Für Deutschland gibt es Hinweise, dass fast ein Viertel aller Weiterbilder weniger als einmal pro Monat ihren AIW ein informelles Feedback geben [18]. Es sollte jedoch auch berücksichtigt werden, dass Kritiker der kompetenzbasierten Weiterbildung anlasten, dass dabei Expertise vernachlässigt und negativer Druck auf Prüfer und Prüfungskandidaten ausgeübt würde [16]. Bisher gibt es wenig wissenschaftliche Belege, dass die Ergebnisse der verschiedenen Prüfungsformate (MC-Fragen, Video- oder direkte Beobachtungen, OSCE, etc.) mit klinischen Fähigkeiten unter realen Arbeitsbedingungen korreliert [19], [20], [21]. Daher sollten Länder mit einem sehr ausgefeilten Prüfungssystem regelmäßig ihre Methoden überdenken.

Es gibt Evidenz, dass die Form der Prüfung das Lernen beeinflusst [22], [23]. Die Prüfungsmethodik kann daher als ein Instrument zur Regulation der Inhalte der FA-Weiterbildung angesehen werden und sollte sowohl dem tatsächlichen Versorgungsbedarf der Bevölkerung sowie den Lernzielen und dem Curriculum gerecht werden. Um das individuelle Kompetenzniveau des AIW einzuschätzen, sollten verschiedene und komplexe Prüfungsformen eingesetzt werden [24]. Vorzugsweise sollte dabei die Prüfung integraler Bestandteil des Curriculums sein und verschiedene Prüfungsmethoden kombinieren [25].

Wie in den Ergebnissen dargestellt sind strukturierte und standardisierte Prüfungsmethoden deutlich kostenintensiver als weniger aufwendige Prüfungsformen. Die Kosten differieren dabei um mehr als US$ 3.000 pro Prüfungskandidaten. Daher müssen in jedem Land personelle und finanzielle Ressourcen berücksichtigt werden. Es bleibt zu diskutieren, wie viel die FA-Weiterbildung AM kosten darf und zu was für einem Ausmaß ein AIW selbst dafür aufkommen soll. Weiterbilder sollten jedoch in jedem Fall professionelle Anerkennung auch in Form von angemessener Vergütung erhalten.

Eine Stärke der Studie ist, das sie die erste ihrer Art ist, die einen Überblick über die verschiedenen Methoden der FA-Weiterbildung AM und die dazugehörigen Prüfungsformen in Europa gibt. Diese Pilotstudie präsentiert Basisdaten zu einem Thema, das im Kontext der EU-Politik in den nächsten Jahren mehr Aufmerksamkeit erfahren wird. Eine Einschränkung der Studie ist die Größe der Stichprobe. Diese war jedoch vereinbar mit dem erklärten Ziel der Studie, Basisinformationen über die verschiedenen Formen der FA-Weiterbildung AM und entsprechenden Prüfungsmethoden in den teilnehmenden Ländern zu gewinnen. Der Fragebogen enthielt darüber hinaus einige geschlossene Fragen, die eventuell zu eingeschränkten Antworten geführt haben könnten. Zusätzlich waren die erfassten Daten heterogen, was die Zusammenfassung im Ergebnisteil erschwert hat. Durch das Codieren der Antworten der offenen Fragen, ist ein Bias bei der Interpretation nicht ausgeschlossen. Um diesen Effekt zu minimieren, wurden das Transkript sowie das Manuskript von allen Autoren sorgfältig überprüft. Nicht für alle Fragen des Fragebogens ist Evidenz verfügbar, was zu „Eminenz-basierten“ Schlussfolgerungen geführt haben könnte.

Der nächste Arbeitsschritt wird sein, den Fragebogen dieser Pilotstudie anhand der Ergebnisse zu überarbeiten und quantitative Daten zur FA-Weiterbildung AM in Europa zu erheben.


Schlussfolgerung

Diese Pilotstudie gibt einen Überblick über die verschiedenen Arten der FA-Weiterbildung AM und die dazugehörigen Prüfungsmethoden in Europa. Longitudinale und kompetenzbasiere Ansätze werden dabei aktuell in Europäischen Ländern bevorzugt. Länder wie DE, die weniger ausgefeilte Prüfungsformate anwenden, können von dem Beispiel ihrer Nachbarländer lernen. Ein wichtiger Gesichtspunkt der zukünftigen FA-Weiterbildung AM ist der finanzielle Aspekt: Die Erfassung von Kompetenzen (Wissen, Fertigkeiten und Haltung) ist kostspieliger als die reine Erfassung von Wissen. Weitere Studien, die überprüfen, ob die Prüfungsleistung mit klinischen Fähigkeiten im Arbeitsalltag korrelieren, sind wünschenswert.


Beitrag der Autoren

EF und JS entwickelten das Konzept dieser Pilotstudie und führten die Datenerhebung und -analyse durch. RM, MGC, NiS, NS, TL, MR trugen substantiell zu der Erhebung und Interpretation der Daten bei. Alle Autoren waren in das Korrekturlesen und sorgfältige Überprüfen des Manuskriptes eingebunden und haben der final publizierten Version zugestimmt.


Danksagung

Wir danken unserer Kollegin Sarah Berger für das Editieren des englischen Manuskripts.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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