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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Selbstgesteuertes medizinisches Lernen via E-Learning an einem Lehrkrankenhaus in Malawi: Aufbau, Erkenntnisse und Erfahrungen

Artikel – Projektbericht Humanmedizin

  • corresponding author Sandra Barteit - Universität Heidelberg, Institut für Public Health, Heidelberg, Deutschland
  • author Philip Hoepffner - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Würzburg, Deutschland
  • author Sören Huwendiek - Universität Bern, Institut für Medizinische Lehre, Abteilung für Assessment und Evaluation, Bern, Schweiz
  • author Angela Karamagi - ESTHER Deutschland, Malawi German Networking for Capacity Building in Treatment, Training and Research at Kamuzu Central Hospital (MAGNET), Deutschland
  • author Charles Munthali - Kamuzu Central Hospital, Medical Department, Lilongwe, Malawi
  • author Antje Theurer - ESTHER Deutschland, Malawi German Networking for Capacity Building in Treatment, Training and Research at Kamuzu Central Hospital (MAGNET), Deutschland
  • author Florian Neuhann - Universität Heidelberg, Institut für Public Health, Heidelberg, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2015;32(1):Doc7

doi: 10.3205/zma000949, urn:nbn:de:0183-zma0009497

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2015-32/zma000949.shtml

Eingereicht: 30. April 2014
Überarbeitet: 22. September 2014
Angenommen: 1. Dezember 2014
Veröffentlicht: 11. Februar 2015

© 2015 Barteit et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Einführung: Trotz verschiedener Initiativen mehr Gesundheitspersonal auszubilden, besteht in Malawi weiterhin ein ausgeprägter Mangel an Fachkräften im Gesundheitsbereich. Dieser Mangel stellt auch eine erhebliche Herausforderung für die Aus- und Weiterbildung von medizinischem Personal dar - vor allem für Interns, die in ihrem letzten und entscheidenden Ausbildungsjahr vor dem Beginn einer selbstständigen ärztlichen Tätigkeit stehen.

Projektbeschreibung: Wir haben deshalb in der medizinischen Abteilung des Kamuzu Central Hospital (KCH) in Malawi eine E-Learning Plattform eingeführt. Ziel ist es durch den computergestützten Unterricht den Mangel an klinischem Lehrpersonal teilweise zu kompensieren und damit zur Verbesserung der Qualität der medizinischen Ausbildung beizutragen sowie Zugang zu aktuellen und relevanten medizinischen Materialien zu gewährleisten.

Methoden: Zwischen März und April 2012 führten wir zur Evaluation von Relevanz und Angemessenheit der E-Learning-Plattform eine qualitative Untersuchung durch. Die Datenerhebung erfolgte über individuelle Interviews, eine thematisch geleitete Gruppendiskussion sowie durch Beobachtung der Nutzung der Plattform basierend auf einer Checkliste. Die Auswahl der Interviewpartner erfolgte gezielt. Interviews und Gruppendiskussion wurden aufgezeichnet, codiert und interpretiert.

Ergebnisse: E-Learning erwies sich im Umfeld dieses Krankenhauses als technisch machbar. Die Nutzer beurteilten die E-Learning-Plattform als für sich relevant und inhaltlich angemessen. Bedenken wurden in Bezug auf Nachhaltigkeit, Zugänglichkeit und technischer Infrastruktur geäußert sowie hinsichtlich der begrenzten Beteiligung und Verantwortung der malawischen Partner. Das Interesse an E-Learning war hoch, aber sowohl der Bekanntheitsgrad wie auch die Kenntnisse der Plattform waren unter den potenziellen Nutzern gering. Die Evaluation ergab, dass weitere Anpassungen im Hinblick auf die lokalen Bedürfnisse erforderlich sind, um Nutzung und Zugänglichkeit zu erhöhen.

Schlussfolgerung: Um eine aktive Nutzung von E-Learning im gegebenen Umfeld zu erzielen, sind ein aktives Engagement von lokalen Akteuren, eine Identifizierung und Übernahme von spezifischen Verantwortungsbereichen, eine lokal angemessene technische Infrastruktur sowie die Ausrichtung auf die lokalen Bedürfnisse erforderlich.

Schlüsselwörter: computergestützter Unterricht, Multimedia, Medizinische Ausbildung, Capacity Building, IKT, unterbesetzt, Lehrkrankenhaus, virtuelle Patienten, Subsahara-Afrika


Einleitung

In Malawi besteht ein immenser Mangel an Gesundheitspersonal mit gleichzeitigem schlechten Zugang zu aktuellen medizinischen Wissensquellen. Das Verhältnis von Ärzten, Krankenpflegepersonal und Hebammen betrug 2013 0,2 bzw. 3,4 pro 10.000 Einwohner [http://www.who.int/countries/mwi/en/], und steht in starkem Kontrast zu WHO Empfehlungen, die ein Verhältnis von 23 Ärzten, Krankenschwestern und Hebammen vorsehen [http://www.who.int/hrh/workforce_mdgs/en/]. Initiativen gegen diesen Mangel umfassen u.a. eine 3-jährige Ausbildung zum Clinical Officer [1], die Ausweitung der medizinischen Ausbildungskapazität durch das College of Medicine, das seit 1991 ein volles Medizinstudium in Malawi gewährleistet [2] [http://www.medcol.mw/?page_id=1194] sowie ein Notfall-Ausbildungs-Programm für Gesundheitsfachkräfte, das 2005 eingeführt wurde [http://www.who.int/countryfocus/cooperation_strategy/ccs_mwi_en.pd].

Aufgrund des kritischen Mangels an erfahrenen Ärzten für Lehre und klinische Supervision u.a. während des Internships (äquivalent zum Praktischen Jahr des deutschen Medizinstudiums), haben wir eine E-Learning Plattform [http://www.esther-magnet.org] für die medizinische Abteilung des Kamuzu Central Hospital (KCH) in Lilongwe, Malawi, aufgebaut. Der Aufbau der E-Learning Plattform zielt darauf ab, durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) den Mangel an klinischem Lehrpersonal zumindest teilweise zu kompensieren, den Zugang zu medizinischen Informationsquellen zu erleichtern und die Qualität der medizinischen Ausbildung und Versorgung in der Abteilung zu verbessern [3]. E-Learning Programme wurden bereits erfolgreich im Gesundheitsbereich in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen eingesetzt, wie beispielsweise E-Learning für evidenzbasierte Medizin [4] und für die Pflegeausbildung in Malaysia [5][ Primäre Zielgruppe sind die Interns und deren gezielte Unterstützung während der kritischen Phase von der praktischen Ausbildung zur unabhängigen ärztlichen Tätigkeit.

Die Einführung von E-Learning ist Teil eines umfassenderen Ansatzes die Qualität der Ausbildung und Versorgung in der medizinischen Abteilung des KCH im Rahmen einer Krankenhaus-Partnerschaft [http://www.esther.eu] zu verbessern. Im Folgenden beschreiben wir Konzept, Umsetzung sowie die Ergebnisse der Evaluation, die ein Jahr nach Einführung der E-Learning Plattform durchgeführt wurde.


Projektbeschreibung

Das KCH ist ein tertiäres 800-Betten-Krankenhaus, das dem malawischen Gesundheitsministerium untersteht [6]. Es dient als Lehr- und Referenzkrankenhaus für Zentral-Malawi und umfasst ein Einzugsgebiet von rund 6 Millionen Einwohnern [7], [http://www.who.int/patientsafety/implementation/apps/first_wave/malawi_middlesbrough/en/index.html]. Die medizinische Abteilung verfügt über etwa 90 Betten und bietet täglich ambulante Schwerpunktdienste an, wie z.B. Diabetes- oder Tumor-Sprechstunden. Die Abteilung hat eine zentrale Aufnahmestation, in der täglich etwa 40 Patienten betreut werden. Zudem ist die Abteilung zuständig für die Tuberkulose-Station, die außerhalb des Krankenhausgeländes liegt.

Seit 1991 bietet das College of Medicine (CoM) ein vollständiges Medizinstudium in Malawi an [2], [http://www.medcol.mw/?page_id=415]. Derzeit schließen etwa 40 Medizinstudenten jährlich ihr Studium ab [8], wobei höhere Abschlusszahlen angestrebt werden und die Zahl der Neueinschreibungen schrittweise erhöht werden [2]. Nach Abschluss des Studiums erfolgt ein einjähriges Internship in einem Krankenhaus, während welchem Interns die Abteilungen Geburtshilfe, Pädiatrie, Chirurgie und Allgemeine Medizin durchlaufen. Danach arbeiten die Mehrzahl der Absolventen als Arzt in einem staatlichen Krankenhaus [2].

Ebenso wichtig für die medizinische Versorgung in Malawi sind die Clinical Officers (CO) [1]. Nach einer 3-jährigen praxisorientierten Ausbildung erhalten CO Studenten ein Diplom in klinischer Medizin, auf das ein einjähriges Krankenhaus-Praktikum folgt [1]. Nach erfolgreichem Abschluss des Krankenhaus-Praktikums, werden COs sehr vielfältig in der allgemeinen medizinischen Versorgung eingesetzt. Sie führen anästhetische und chirurgische Eingriffe durch, beispielsweise nehmen sie rund 80% aller Kaiserschnitte in Malawi vor [9].

Allerdings beeinträchtigt der Mangel an Lehr-Ärzten die Ausbildung der Interns während dieser prägenden und wichtigen Phase der Internship. Im Durchschnitt sind zwei leitende Ärzte für die Ausbildung der Interns in der Abteilung verantwortlich, neben ihren Aufgaben in der Patientenversorgung und Verwaltung. Dabei ist eine Verbesserung der praktischen Ausbildung entscheidend, um eine qualitative angemessene medizinische Behandlung und Betreuung in Malawi sicherzustellen.

Umsetzung und Inhalt

Inhaltlich und technisch wurde die E-Learning Plattform initial von den deutschen Projektpartnern aufgebaut.

Technische Einrichtung

Die E-Learning Plattform nutzt die Open-Source-Software Moodle [http://docs.moodle.org/26/en/About_Moodle], die auch an der Partner-Universität verwendet wird. Die Computerausrüstung vor Ort besteht aus 2 feststehenden Rechnern und 2 Laptops. Um anfangs Kosten und Zeit zu sparen, wurde ein Linux Virtual-Server in Deutschland angemietet. Das Netzwerk in der medizinischen Abteilung wurde von dem Malawi-basierten Internet-Anbieter Globe Internet Ltd bereitgestellt, der dafür eine WiMAX-Antenne installiert hatte. Die maximale Datenübertragungsrate lag bei 256 KBit/s, Vollduplex. Derzeit nutzt die Abteilung ein kostengünstigeres mobiles 3G-Netz (Prepaid) mit einer Datenübertragungsrate von bis zu 21 Mbps.

Inhalt

Inhalte und die Gestaltung der E-Learning Plattform richteten sich in erster Linie nach den Bedürfnissen der Interns, insbesondere wurden lokale Relevanz und landesspezifische Pathologie berücksichtigt [2], [7], [8]. Der Ausbildungsbedarf wurde von den verantwortlichen Ärzten in Malawi entsprechend relevanter Richtlinien festgelegt und in Absprache mit den deutschen Projektpartnern in einem Anforderungsbegleitheft der medizinischen Abteilung für die Interns spezifiziert. Der Inhalt ist darauf ausgerichtet, die Interns während ihrer Internship in der medizinischen Abteilung zu unterstützen, vor allem hinsichtlich der geforderten Ausbildungsziele der Abteilung. Dabei liegt der Fokus auf praktischen Kenntnissen, wie beispielsweise Patientenmanagement und Demonstration von medizinischen Prozeduren, z.B. Lumbalpunktion.

Die Plattform ist in vier Abschnitte unterteilt: medizinische Lektionen und Materialien, Sterblichkeitsberichte, Präsentationen und Workshops, sowie virtuelle Patienten (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Virtuelle Patienten (VP) sind ein Schwerpunkt der E-Learning Plattform und definiert als „eine interaktive Computer-Simulation aus realen klinischen Szenarien für das Gesundheitswesen, für die medizinische Praxis, Ausbildung oder Überprüfung“ [10], [11] (siehe Tabelle 1 [Tab. 1] und 2 [Tab. 2]). Andere Projekte und Studien zeigen die Relevanz der VP für das Gesundheitswesen hinsichtlich Bildung und ihrer erfolgreichen Anwendung in Entwicklungsländern [12]. Die Plattform bietet zusätzlich Zugang zu den medizinischen Online-Bibliotheken HINARI [http://www.who.int/hinari/en/] und UpToDate [http://www.uptodate.com]. Neben den Interns haben nur registrierte Mitarbeiter der Abteilung Zugang zur Plattform.

Didaktik

Das didaktische Konzept beruht auf selbstgesteuertem Lernen: die Interns lesen problem- bzw. fallorientierte medizinische Texte, sehen sich aufgezeichnete Präsentationen an und arbeiten sich Schritt-für-Schritt durch virtuelle Patienten anhand von Multiple-Choice-Fragen, die eine direkte Rückmeldung zu jeder Entscheidung geben sowie zusätzlich auf thematisch relevantes Material verweisen. Der Wissenserwerb während dieser Selbstlernphasen wird durch Multimedia-Aktivitäten unterstützt, die informative und kommunikative Elemente sowie Aktivität im Rahmen von Aufgaben abdecken, um so eine zügiges Qualifizieren der Interns mit Handlungswissen zu erreichen [13], [14].


Evaluation

Wir evaluierten das Projekt qualitativ im Mai 2012, ein Jahr nach seiner Einführung. Der Fokus der Fragestellung lag dabei auf den Faktoren, welche die Nutzung der E-Learning Plattform beeinflussen.

Methoden

Die Daten wurden anhand aufgezeichneter Interviews gewonnen, die nach einem semi-strukturierten Leitfaden geführt wurden, anhand einer Gruppendiskussion und einer Checkliste, auf deren Grundlage durch Beobachtung IKT-Kenntnisse eingeschätzt wurden. Die Bewertung wurde nach den Qualitätsstandards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) [http://www.oecd.org/daf/competition/prosecutionandlawenforcement/47381304.pdf] vorgenommen und konzentriert sich ausschließlich auf Relevanz und Angemessenheit.

Die Interviews wurden in vier Abschnitte gegliedert: persönliche Informationen, Zugang zu Computern/IKT, allgemeine Lern- und E-Learning Erfahrungen, sowie Nutzung der E-Learning Plattform. Zwanzig Personen (3 leitende Mitarbeiter der Administration, 2 leitende Ärzte, 2 Clinical Officers, 9 Medical Interns und 4 Clinical Officer Interns) wurden gezielt für Interviews ausgewählt. 8 Interns wurden zur Gruppendiskussion eingeladen und 6 (3 Medical Interns, 3 Clinical Officer Interns) zufällig ausgewählte Interns haben an der Beobachtung teilgenommen. Interviews wurden transkribiert und anhand einer Inhaltsanalyse codiert. Die Daten selbst wurden mit einem Textverarbeitungs-Programm analysiert.

Ergebnisse
Nachhaltigkeit

Die Interviewpartner äußerten Bedenken in Bezug auf die Nachhaltigkeit der E-Learning Plattform, vor allem mit Blick auf den Personalmangel und der bis dahin begrenzten Integration der lokalen Akteure. Eine Schwierigkeit wurde darin gesehen, eine kontinuierliche Mitarbeit einer solchen lokalen Person zu gewährleisten, da das KCH nicht selbst verantwortlich für die Personalverwaltung sei und unerwartete Versetzungen an einen anderen Arbeitsplatz erfolgen können (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], (1)). Die Beteiligung der malawischen Partner sei eingeschränkt, insbesondere weil in der Entwicklungs- und Aufbauphase keine Ausbildung eines lokalen Mitarbeiters für Administration und Support erfolgte und es dadurch keine lokalen Zuständigkeiten für Administration oder Support der Plattform gab.

Nachhaltigkeit wurde deshalb als niedrig bewertet und als große Herausforderung gesehen.

Bewusstsein und Zugang

Die befragten Interns erklärten, dass sie keine strukturierte Einführung zur E-Learning Plattform erhalten und teils nur informell von der Zugangsmöglichkeit zur E-Plattform bei der Morgenbesprechung oder während der Visite gehört hätten (siehe Abbidlung 2 [Abb. 2], (2)). Zudem sei der Zugang zur Nutzung der E-Learning Plattform dadurch erschwert worden, dass der Schlüssel zum Computerraum von einer verantwortlichen Person verwaltet wurde, die aber nicht immer erreichbar sei (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], (3)).

IKT-Kenntnisse

Der Grad der IKT-Kenntnisse schwankte zwischen den Medical Interns und den Clinical Officer Interns. Medical Interns lernen während ihres Studiums den Umgang mit IKT im Hinblick auf Medizin, wohingegen Clinical Officer Interns nur gering bis gar nicht damit während des Studiums konfrontiert werden (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], (4)). Ein Clinical Officer Intern benötigte Unterstützung bei der grundlegenden Bedienung eines Computers, während die Medical Interns, sowie 2 Clinical Officer Interns, Computerkompetenz in Bezug auf alle Beobachtungspunkte der Checkliste zeigten. Alle Befragten erklärten, sie würden sich Zeit nehmen, sich in das Programm bzw. die Plattform einzuarbeiten, wenn der Inhalt von Interesse und Relevanz für sie sei. Mehrere Clinical Officer Interns hielten Lehrgänge über IT-Grundlagen und die Nutzung der E-Learning Plattform für sich selbst für notwendig.

IKT-Infrastruktur

Obwohl 1 von 4 Clinical Officer Interns und 5 von 12 Medical Interns über einen privaten Laptop verfügen, wurde die Anzahl der Arbeitsplatzrechner im Computerraum als unzureichend für die medizinische Abteilung wahrgenommen, vor allem um den Bedarf während Stoßzeiten abzudecken. Der meiste Andrang ergab sich dabei während der Mittagszeit und am Ende des Arbeitstages. Nichtsachgemäße Nutzung des Internetzugangs, wie das Aufrufen unangemessenerer Webseiten, wurde als ein negativer Nebeneffekt angemerkt (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], (5)).

Relevanz

Die Befragten bestätigten die Relevanz der Inhalte und die Zweckmäßigkeit der E-Learning-Plattform für den gegebenen Rahmen der Abteilung. Das befragte medizinische Personal beurteilte die E-Learning Plattform als dienlich, um den Mangel an medizinischem Lehrpersonal zu kompensieren und den Zugang zu aktuellen und relevanten medizinischen Informationen zu ermöglichen.

Mögliche Auswirkungen

Die E-Learning Plattform wurde von den Befragten als positiv und nützlich wahrgenommen. Es wurde bestätigt, dass sich durch die Inhalte der Plattform klinische Fertigkeiten, insbesondere in Bezug auf das Patienten-Management (siehe Abbidlung 2 [Abb. 2], (6)), verbessern können. Die E-Learning Plattform wird als zentrale Ressource wahrgenommen, die zuverlässige und aktuelle medizinische Informationen bereitstellt und damit Aufwand und Zeit im Alltag für Informationssuche (siehe Abbildung 2 [Abb. 2], (7)) reduziert.


Diskussion

In der vorliegenden Arbeit beschreiben wir die Entwicklung, die technischen Aspekte, die Einführung und die Erfahrungen der Benutzer der E-Learning Plattform - die Teil eines umfassenderen Ansatzes zur Verbesserung der Ausbildungs- und Behandlungsqualität der medizinischen Abteilung des KCH ist.

Verschiedene Ansätze zu E-Learning in ressourcenarmen Ländern zeigen dessen Zweckmäßigkeit und Relevanz in der medizinischen Ausbildung sowie das Interesse der Nutzer [5], [8], [15]. Diese Einschätzung bestätigten auch die im KCH Befragten und unterstrichen zudem die Auswirkung auf ihre medizinische Fertigkeiten. Um allerdings eine aktive Nutzung des E-Learnings zu erzielen, sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen: der Bekanntheitsgrad der E-Learning Plattform und deren Akzeptanz, die Bewältigung technischer Herausforderungen und die Angemessenheit der IT-Infrastruktur gegenüber der lokalen Gegebenheiten, eine ansprechende Gestaltung und ein angemessener didaktischer Ansatz der Plattform, sowie personelle Ressourcen für lokale Administration und Support (E-Learning Koordinator).

Unsere Evaluation ergab, dass es nicht ausreicht eine E-Learning Plattform mit Inhalten zur Verfügung zu stellen. Für einen zielführenden Einsatz muss in die Aufbauphase investiert werden und die Frage der Pflege und Wartung geklärt werden. Ärztliches Personal und beteiligte Mitarbeiter vor Ort müssen Engagement für das Projekt zeigen [5], um Bekanntheit und Nutzungsgrad der Plattform dauerhaft zu fördern, welche bisher niedrig waren. Allerdings traten während der Projektlaufzeit unvorhergesehene Behinderungen auf, wie der Umzug der Bettenstation auf eine andere Etage des Krankenhauses. Dadurch war der Computerraum für mehrere Monate nicht zugänglich. Außerdem führte die nicht ordnungsgemäße Abrechnung von Projektmitteln für einen längeren Zeitraum zur Sperrung des Netzwerkzugangs durch den Dienstleistungsanbieter.

Deutlich zeigte sich in unserem Projekt, dass für eine erfolgreiche Umsetzung IT-Kompetenzen, räumliche und technische Infrastruktur, eine kontinuierliche IT Support-Struktur, lokales Engagement, verbindliche Kooperationsvereinbarungen sowie ein geeigneter didaktischer Ansatz erforderlich sind [16].

Kenntnisse, um die Plattform sinnvoll nutzen zu können, erwiesen sich als gerade ausreichend. Daher erscheinen strukturierte Einführungen als zweckmäßig für eine verbesserte Nutzung, wie E-Learning Ansätze in ähnlichen Kontexten [3], [15] zeigen. Die Evaluation der Zielgruppe bestätigte ein vorhandenes Potential und die Angemessenheit der eingesetzten Technik.

Derzeit ist die zur Verfügung stehende Anzahl der Computerarbeitsplätze nicht ausreichend, was sich nachweislich negativ auf die Nutzung [17] auswirkt. Eine andere infrastrukturelle Herausforderung ist die limitierende Breitbandanbindung mit geringer Datentransferrate, die den Gesamteindruck des E-Learnings beeinträchtigt [8].

Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse der Evaluation, wie wichtig es ist, die Abteilung, lokale Akteure [3], Dozenten und auch Interns [5] aktiv in das Projekt einzubinden, um so die lokale Unterstützung und das Engagement dafür innerhalb der Abteilung zu steigern.

Die Kritik hinsichtlich der mangelnden Beteiligung und Eigenverantwortung der lokalen Projektbeteiligten sind aufgenommen worden: wir haben einen E-Learning-Koordinator identifiziert, der verwaltungsspezifische Aufgaben der Plattform übernimmt, Inhalte verwaltet und Interns unterstützt, auch in Bezug auf ihre IKT-Fertigkeiten. Zu Projektbeginn stand eine Person mit entsprechenden Kompetenzen und zeitlicher Kapazität für diese Aufgabe nicht zur Verfügung.

Um das Wissen um die Plattform zu verbessern, sind strukturierte Einführungsveranstaltungen für neue Interns der Abteilung zweckdienlich sowie eine aktive Förderung des E-Learnings innerhalb der Abteilung nötig. Dies muss kontinuierlich geschehen, da im Schnitt alle 10 Wochen neue Interns in die Abteilung rotieren. Die Nutzung des E-Learnings soll integraler Bestandteil der Rotation der Interns in der medizinische Abteilung werden. Gezielte Anreize haben sich als nützlich erwiesen die Beteiligung am E-Learning [15] zu fördern. In der nächsten Phase möchten wir diesen Ansatz in Form eines Wettbewerbs für Interns einführen, der das Erstellen von Lehrmaterialien, wie beispielsweise einer Falldarstellung für einen neuen virtuellen Patienten oder das Erstellen von anderen relevanten Materialien für die E-Learning-Plattform [15], auszeichnet.

Um die geringe Datentransferrate zu kompensieren, werden wir folgende Ansätze testen und gegebenenfalls implementieren: ein allgemeines Caching-System [3] und DNS-Caching [16], ein Verzögerung-tolerantes Netzwerk [17], ein Übertragungsprotokoll wie BitTorrent [3], sowie Off-Peak-Downloads bei großen Dateien und Datenkomprimierung [18]. Der Sendebereich des Wireless-LAN wurde erweitert, da einige Befragte einen Laptop besitzen, um damit den Zugang zur Plattform nutzen können. Nach den ersten strukturierten Einführungen zur Nutzung werden wir Didaktik und Inhalte der Plattform erneut evaluieren.

Bildung ist eine wichtige treibende Kraft für die Wirtschaft eines Landes [19] und Bestandteil von Strategien zur Armutsbekämpfung [20]. IKTs sind Teil der Millennium-Entwicklungsziele [http://www.un.org/millenniumgoals], da sie einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung eines Landes [15] haben und daher bereits in die politische Agenda integriert werden, wie die malawische eHealth Agenda zeigt [17]. Nicht nur der Zugang zu Technologie erhöht sich, sondern auch der Wettbewerb in diesem Bereich, was die Kosten für deren Nutzung in Afrika weiter sinken lässt. In der Folge kann die Bedeutung von E-Learning wachsen, als ein Werkzeug, das Zugang zu Bildung ermöglicht und erweitern kann. Insbesondere in Ländern, in denen es z.B. an medizinischem Fachpersonal mangelt. Studien mit ähnlichen Rahmenbedingungen haben gezeigt, dass E-Learning die Ausbildung von Gesundheitspersonal unterstützt [5] und die Qualität der Ausbildung und die Anzahl des ausgebildeten medizinischen Personals positiv beeinflusst [21].


Schlussfolgerung

Wir haben eine E-Learning Plattform in einem tertiären Krankenhaus in Malawi eingeführt, die den Zugang zu relevanten und aktuellen medizinischen Informationen ermöglicht, die ansonsten nicht zur Verfügung stünden. Die E-Learning Plattform wird als Referenzquelle für Behandlungsleitlinien genutzt, sie reduziert Zeit und Aufwand bei der Suche nach Informationen und unterstützt die Ausbildung in Bezug auf medizinische Fähigkeiten und Patientenmanagement.

Die qualitative Evaluation der E-Learning Plattform unterstreicht die Bedeutung eine angemessene IT-Infrastruktur mit entsprechender Unterstützung bereitzustellen, aktiv Akteure zu integrieren und kontinuierliches Engagement der Institution bzw. der Abteilung und der beteiligten Dozenten zu fördern.

Positiv schätzen die Nutzer die Möglichkeiten der E-Learning Plattform den Mangel an klinischen Lehrern teilweise zu kompensieren und damit eine qualitätsgesicherte Ausbildung von Interns zu unterstützen und den Zugang zu aktuellen und relevanten Informationen in der medizinischen Abteilung des KCH zu verbessern.


Einschränkungen

Das Konzept unserer Evaluation weist Einschränkungen auf. Die Untersuchung bezog sich auf das Personal eines Krankenhauses und auf einen begrenzten Zeitraum, bereits früh nach der Einführung der E-Learning Plattform. Dadurch waren die Anzahl der Nutzer und deren Erfahrung begrenzt. Diese frühe Evaluierung wurde jedoch durchgeführt, um Informationen für die Weiterentwicklung der Plattform-Entwicklung zu gewinnen, die auch für die Einführung ähnlicher Projekte hilfreich sein können.


Autorenbeiträge

Alle Autoren waren an der Konzeption und dem Entwurf der Evaluation beteiligt und haben alle der Veröffentlichung der endgültigen Fassung des Manuskripts zugestimmt. Alle Autoren waren an der Revision des Inhalts dieses Artikels beteiligt. Der korrespondierende Autor schrieb das Manuskript, der erste und letzte Autor trugen gleichermaßen zu dem Artikel bei.


Ethische Aspekte

Das Protokoll für die Evaluation wurde durch die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät Heidelberg (Deutschland) und das National Health Science Research Committee (Malawi) genehmigt.

Das Management des KCH hat der Durchführung der Evaluation zugestimmt. Alle Befragten gaben ihre Einwilligung zur Durchführung der Interviews, Gruppendiskussionen und Audio-Aufnahmen. Alle persönlich gegebenen Informationen werden vertraulich behandelt und die individuelle Identifizierung von Befragten wird verhindert.


Danksagung

Das Krankenhaus-Partnerschafts-Projekt erhielt Mittel durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), PROFILE (deutsches ESTHER Sekretariat), innerhalb der ESTHER (Ensemble pour une Solidarité Thérapeutique Hospitalière En Réseau) Initiative in Zusammenarbeit mit dem Partnerschaftsprojekt MAGNET (Malawi German Networking for Capacity Building in Treatment, Training and Research at Kamuzu Central Hospital).


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben. Die Autoren allein zeichnen sich für den Inhalt und das Verfassen des Artikels verantwortlich.


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