gms | German Medical Science

GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Prüfungsleistung deutscher und internationaler Medizinstudierender im vorklinischen Studienabschnitt – eine Bestandsaufnahme

Forschungsarbeit Humanmedizin

  • D. Huhn - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Posychosomatik, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Heidelberg, Deutschland
  • F. Resch - Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Heidelberg, Deutschland
  • R. Duelli - Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät, Studiendekanat, Heidelberg, Deutschland
  • A. Möltner - Universitätsklinikum Heidelberg, Kompetenzzentrum für Prüfungen in der Medizin Baden-Württemberg, Heidelberg, Deutschland
  • J. Huber - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Posychosomatik, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Heidelberg, Deutschland
  • K. Karimian Jazi - Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberger Tutorium für internationale Medizinstudierende (HeiTiMed), Heidelberg, Deutschland
  • A. Amr - Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberger Tutorium für internationale Medizinstudierende (HeiTiMed), Heidelberg, Deutschland
  • W. Eckart - Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Heidelberg, Deutschland
  • W. Herzog - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Posychosomatik, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Heidelberg, Deutschland
  • corresponding author C. Nikendei - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Posychosomatik, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Heidelberg, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2014;31(3):Doc29

doi: 10.3205/zma000921, urn:nbn:de:0183-zma0009216

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2014-31/zma000921.shtml

Eingereicht: 18. November 2013
Überarbeitet: 21. Februar 2014
Angenommen: 23. Mai 2014
Veröffentlicht: 15. August 2014

© 2014 Huhn et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Einleitung: Medizinstudierende mit Migrationshintergrund sind im Rahmen ihres Studiums mit zahlreichen spezifischen Problemen konfrontiert. Internationale Studien geben erste Hinweise darauf, dass diese Gruppe von Studierenden schlechtere Leistungen sowohl in schriftlichen als auch in mündlichen oder praktischen Prüfungen erbringt. Für den deutschsprachigen Raum existieren bisher in Hinblick auf diesen thematischen Fokus keinerlei Erkenntnisse.

Methode: Für das Jahr 2012 wurde eine deskriptive, retrospektive Analyse der Prüfungsleistungen von Medizinstudierenden des vorklinischen Studienabschnitts an der Medizinischen Fakultät Heidelberg für schriftliche Noten der Semesterabschlussklausuren im zweiten (N=276), dritten (N=292) und vierten Fachsemester (N=285) vorgenommen und für die deutschen Studierenden, die Studierenden aus dem EU-Ausland als auch die Studierenden aus dem nicht-EU-Ausland verglichen. Gleiches geschah mit den mündlichen Noten des ersten Staatsexamens für den Zeitraum 2009 - 2012 (N=1137).

Ergebnisse: Deutsche Studierende erzielten in allen Semesterabschlussklausuren sowie in der mündlichen Staatsexamensprüfung signifikant bessere Ergebnisse als Studierende mit einem nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund (alle p<.05). In den Klausuren des dritten und vierten Fachsemesters waren zudem die erbrachten Leistungen der Studierenden mit einem EU-staatlichen Hintergrund signifikant besser als die ihrer außereuropäischen Kommilitonen (p<.05). Außerdem zeigte sich, dass deutsche Studierende zu einem signifikant früheren Zeitpunkt die mündliche Staatsexamensprüfung absolvierten als Studierende mit einem nicht-EU-staatlichen Hintergrund (p<.01).

Diskussion: Die Gruppe der nicht-deutschen Medizinstudierenden mit einem Herkunftsland außerhalb der Europäischen Union ist mit schlechteren Prüfungsergebnissen bei zeitgleich längerer Studienzeit als hochrelevante Risikogruppe innerhalb der Studierenden nicht-deutscher Herkunft auszumachen.

Schlüsselwörter: Medizinische Ausbildung, Leistungseinschätzung, Migration, internationale Medizinstudierende


Einleitung

Die Zahl der Studierenden nicht-deutscher Herkunft an den bundesdeutschen Hochschulen steigt seit Jahren kontinuierlich an. Vor 20 Jahren hatten sich gerade einmal 35.000 Studierende ausländischer Herkunft für ein Studium in Deutschland entschieden. Bis vor zehn Jahren hatte sich diese Zahl mit insgesamt 70.000 nicht-deutschen Studienanfängern hingegen bereits verdoppelt und erreichte im Jahr 2011 mit über 88.000 ausländischen Studierenden ihren bisherigen Höchstwert [1]. Während einige dieser nicht-deutschen Studierenden bereits vor ihrem Studium in Deutschland gelebt sowie eine deutsche Schule besucht hatten, kam eine Mehrheit von 79% für das Studium erstmals nach Deutschland [1]. Innerhalb des Studienfachs Medizin zeigt sich der Anteil von Studierenden nicht-deutscher Herkunft in den vergangenen fünf Jahren mit ca. 15% relativ konstant; was bedeutet, dass jährlich über 2000 Studierende mit Migrationshintergrund ein Medizinstudium an einer deutschen Hochschule aufnehmen [1]. Diese Zahlen verdeutlichen eindrücklich, dass der Gruppe von Studierenden mit Migrationshintergrund in Hinblick auf die soziale Integration und die Adaptation an studienbezogene Leistungsanforderungen eine besondere Beachtung beigemessen werden muss, zeitgleich die Forschungsbemühungen zu diesem Themenfeld – insbesondere im deutschsprachigen Raum – jedoch nach wie vor unzureichend sind [2], [3], [4], [5].

Internationale Studien aus dem europäischen Ausland zeigen, dass Medizinstudierende mit einem Migrationshintergrund bereits im Rahmen des Bewerbungsverfahrens für einen Studienplatz aufgrund ihrer Herkunft gegenüber denjenigen Studierenden ohne Migrationshintergrund benachteiligt werden [6], [7], [8], [9]. Im Verlauf des Studiums selbst berichten ausländische Medizinstudierende dann häufiger von persönlichem Stress, einer reduzierten gesundheitsbezogenen Lebensqualität [3], [10], unzureichender Unterstützung [3], [6] sowie fehlenden Sozialkontakten [3], [11] und weisen in Erhebungen zur Persönlichkeitsdiagnostik höhere Neurotizismus-Werte auf [12]. Diese Belastungsfaktoren sind möglicherweise mit dafür verantwortlich, dass ausländische Studierende höhere Abbruchquoten aufweisen als Kommilitonen ohne Migrationshintergrund [5], [11], und in demjenigen Falle, dass überhaupt ein Abschluss erzielt wird, dieser erst nach einer signifikant höheren Anzahl an Semestern absolviert wird [13].

Den universitären Leistungsüberprüfungen scheint insbesondere im Hinblick auf die längere Studiendauer und die erhöhten Abbruchquoten ausländischer Studierender eine besondere Bedeutung zuzukommen. Sowohl unter dem Aspekt eines potentiellen persönlichen Stressors als auch unter dem Gesichtspunkt einer Hürde, die für Studierende mit Migrationshintergrund schwerer zu meistern ist [14], [15], ist davon auszugehen, dass Prüfungen einen zentralen Belastungsfaktor für ausländische Studierende darstellen. In internationalen Studien aus dem europäischen Ausland sowie Australien konnte gezeigt werden, dass ausländische Studierende schlechtere Ergebnisse erzielen als ihre Kommilitonen ohne Migrationshintergrund, und das sowohl in schriftlichen oder mündlichen als auch in praktischen Prüfungen [14], [16], [17], [18], [19], [20], [21], [22]. In einer Studie aus dem deutschen Sprachraum konnte gezeigt werden, dass Medizinstudierende, die sich selbst als Nicht-Muttersprachler einschätzten, im Rahmen einer OSCE-Prüfung zwar von Ärzten und Studierenden gleich gut wie ihre muttersprachlichen Kommilitonen bewertet wurden, von Simulationspatienten hingegen deutlich schlechter [23]. Unseres Wissens existieren jedoch für den deutschsprachigen Raum keine weiteren Untersuchungen und Erkenntnisse zur differentiellen Prüfungsleistung von deutschen und ausländischen Studierenden in schriftlichen und mündlichen Prüfungen im vorklinischen Studienabschnitt.

Ziel der aktuellen Studie war es, die Leistung von deutschen, inner- und außereuropäischen Medizinstudierenden sowohl in schriftlichen Prüfungen (vorklinische Semesterabschlussklausuren des zweiten, dritten und vierten Fachsemesters) als auch im mündlichen Staatsexamen miteinander zu vergleichen. Wir nahmen an, dass sowohl bei Studierenden mit einem (i) EU-staatlichen als auch bei solchen mit einem (ii) nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund des vorklinischen Studienabschnitts im Vergleich zu deutschen Studierenden eine signifikant schlechtere Prüfungsleistung in schriftlichen Klausuren als auch in der mündlichen Staatsexamensnote zu beobachten ist, dass (iii) diese Leistung bei außereuropäischen Studierenden signifikant schlechter ist als bei innereuropäischen Studierenden, dass bei (iv) EU-staatlichen sowie (v) nicht-EU-staatlichen Studierenden die mündlichen Staatsexamina zu einem späteren Zeitpunkt (höheres Semester) im Studium absolviert werden als bei deutschen Studierenden und dass (vi) außereuropäische Studierende ihr mündliches Staatsexamen zu einem späteren Zeitpunkt ablegen als innereuropäische.


Methode

Studiendesign

Bei der vorgestellten Studie handelt es sich um eine retrospektive Analyse der Prüfungsleistung von Medizinstudierenden des vorklinischen Studienabschnitts an der Medizinischen Fakultät Heidelberg. Sowohl schriftliche Noten der Semesterabschlussklausuren („integrierte Klausuren“) des zweiten, dritten und vierten Fachsemesters aus dem Jahr 2012 als auch die mündlichen Noten des ersten Staatsexamens aus den Jahren 2009 bis 2012 gingen in die Analyse ein. Die gewonnenen Daten wurden mit Informationen zur Herkunft der Studierenden (Migrationshintergrund, differenziert nach EU- und nicht-EU-Staaten) und zum aktuellen Fachsemester in Zusammenhang gestellt.

Stichprobenbeschreibung
Stichproben zu den schriftlichen Semesterabschlussklausuren im vorklinischen Studienabschnitt

Die Daten zur Prüfungsleistung im Rahmen der Semesterabschlussklausuren des zweiten, dritten und vierten Fachsemesters wurden vom Studiendekanat der Medizinischen Fakultät Heidelberg für das Jahr 2012 zur Verfügung gestellt. Dabei gingen nur die Daten derjenigen Studierenden in die Analyse ein, die das erste Mal an der jeweiligen Klausur teilnahmen; Teilnehmer an Wiederholungsterminen im Falle des Nichtbestehens der Klausur wurden nicht berücksichtigt.

Stichprobe zum mündlichen Staatsexamen im Rahmen des 1. Staatsexamens

Daten zur Prüfungsleistung im mündlichen Staatsexamen konnten vom Studiendekanat der Medizinischen Fakultät Heidelberg für diejenigen Prüflinge zugänglich gemacht werden, die innerhalb des Zeitraums 2009 – 2012 ihre mündliche Staatsexamensprüfung im Rahmen des ersten Staatsexamens absolvierten. Es gingen nur die Daten derjenigen Studierenden in die Analyse ein, die die mündliche Examensprüfung das erste Mal absolvierten; Teilnehmer an Wiederholungsterminen wurden nicht berücksichtigt.

Bestimmung des kulturellen Hintergrundes innerhalb der Stichproben

Von denjenigen Studierenden, deren schriftliche Klausur- und mündliche Staatsexamensergebnisse miteinander verglichen wurden, lagen zur Bestimmung ihrer Herkunft zwei Informationen vor: ihre Nationalstaatlichkeit sowie ihr Geburtsort. War eine dieser beiden Variablen nicht-deutsch, wurde weiter zwischen Zugehörigkeit zum EU-Ausland und nicht-EU-Ausland differenziert. Des Weiteren wurden folgende Herkunftsländer in die Kategorie „deutsch“ mit aufgenommen: Österreich, deutsche Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg, da all diese Staaten zumindest teilweise deutschsprachig sind und damit nicht von größeren Anpassungsschwierigkeiten der Studierenden auszugehen ist. Dementsprechend wurden auf Grund des oben beschriebenen methodischen Vorgehens folgende Kategorien vergeben: Studierende mit (i) deutschsprachiger Herkunft sowie Studierende mit einem (ii) EU-staatlichen bzw. einem (iii) nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund

Konzeption der Semesterabschlussklausuren

Bei den Semesterabschlussklausuren des zweiten, dritten sowie vierten Fachsemesters handelte es sich um Multiple-Choice-Prüfungen. Jede Klausur bestand dabei aus insgesamt 90 Fragen des Fragentyps A [24]. Die Studierenden hatten für die Beantwortung der Fragen maximal 135 Minuten zur Verfügung. Zwischen den beteiligten Fachbereichen war die Verteilung der Fragenanzahl wie folgt:

  • zweites Fachsemester: 40 Fragen Anatomie, 30 Fragen Biologie, 5 Fragen Mikrobiologie, 15 Fragen Physiologie
  • drittes Fachsemester: 25 Fragen Anatomie, 30 Fragen Biologie, 35 Fragen Physiologie
  • viertes Fachsemester: 30 Fragen Anatomie, 30 Fragen Biologie, 30 Fragen Physiologie

Pro Semesterabschlussklausur konnte eine maximale Punktzahl von 90 Punkten erreicht werden, die nach vorgegebenem Schlüssel in Notenwerte (1=„sehr gut“ bis 5=„nicht ausreichend“; nur ganze Noten wurden vergeben) umgesetzt wurde.

Rahmenbedingungen der mündlichen Prüfung des ersten Staatsexamens

In Einklang mit der Approbationsordnung für Ärzte (§§ 22, 24 ÄAppO) [25], dauerten die mündlich-praktischen Prüfungen im Rahmen des ersten Staatsexamens bei maximal vier gleichzeitig geprüften Studierenden mindestens 45, höchstens 60 Minuten je Prüfling. Drei Prüfer – je einer aus den Bereichen Anatomie, Physiologie sowie Biochemie – stellten abwechselnd Prüfungsfragen an einzelne Studierende. Ergänzend zur Beantwortung der Prüfungsfragen waren die Studierenden aufgefordert, auch praktische Übungen und Demonstrationen an anatomischen Präparaten und am Mikroskop durchzuführen. Auf die Note (1=„sehr gut“ bis 5=„nicht ausreichend“; die Prüfung ist bestanden, wenn der Prüfling mindestens die Note 4=„ausreichend“ erzielt) jedes einzelnen Studierenden einigten sich die Prüfer im Anschluss an die mündliche Prüfung und trafen ihre Entscheidung mit Stimmenmehrheit. Dabei konnten nur ganze Noten vergeben werden; bei Stimmengleichheit gab die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Statistische Analyse

Die Datenanalyse erfolgte mit dem „Statistical Package for the Social Sciences“ (SPSS) für Windows in der Version 20. Der Kolmogorov-Smirnov-Test wurde angewendet, um die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Daten zu untersuchen. Sowohl für die Datensätze der schriftlichen Semesterabschlussklausuren als auch des mündlichen Staatsexamens wurde dabei der kritische Wert p<.05 für Normalverteilung erreicht, so dass nicht von einer Normalverteilung der Noten ausgegangen werden kann, was zum Einsatz nichtparametrischer Testverfahren führte: Zum Vergleich der einzelnen Gruppen untereinander (deutsch vs. EU, deutsch vs. nicht-EU und EU vs. nicht-EU) hinsichtlich der erzielten Leistungen in den Klausuren bzw. dem mündlichen Staatsexamen kamen Mann-Whitney-U-Tests zur Anwendung; für jede untersuchte Stichprobe wurden drei Vergleiche durchgeführt. Auch zum Vergleich der absolvierten Fachsemester zum Zeitpunkt des Staatsexamens wurden Mann-Whitney-U-Tests für die Vergleiche der Gruppen untereinander (deutsch vs. EU, deutsch vs. nicht-EU und EU vs. nicht-EU) berechnet; auch hierbei also drei Vergleiche insgesamt. Die Reliabilitäten der Semesterabschlussklausuren wurden mittels Berechnung von Cronbach’s Alpha bestimmt.


Ergebnisse

Beschreibung der Stichproben
Stichproben zu den schriftlichen Semesterabschlussklausuren im vorklinischen Studienabschnitt

Für die Semesterabschlussklausuren lagen alle Daten zur Prüfungsleistung der Studierenden vor. In den folgenden Abschnitten werden die Stichproben des zweiten, dritten und vierten Fachsemesters, die in die Berechnung mit eingingen, detailliert dargestellt (siehe auch Tabelle 1 [Tab. 1]):

  • zweites Fachsemester: Die Ausgangsstichprobe der Teilnehmer bestand aus 276 Medizinstudierenden; davon waren 234 deutschsprachiger Herkunft, 13 wiesen einen EU-staatlichen und 29 einen nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund auf.
  • drittes Fachsemester: 292 Medizinstudierende nahmen an der Semesterabschlussklausur teil, wovon 245 deutschsprachiger Herkunft waren, während 18 aus dem EU-staatlichen Ausland, 29 aus dem nicht-EU-staatlichen Ausland stammten.
  • viertes Fachsemester: Es gab 285 Medizinstudierende, die an der Abschlussklausur des vierten Semesters teilnahmen; 238 davon deutschsprachiger Herkunft, 17 mit einem EU-staatlichen und 30 mit einem nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund.

In einem einzigen Fall waren sowohl die Nationalstaatlichkeit als auch der Geburtsort beide nicht-deutsch, die Nationalstaatlichkeit jedoch das EU- (belgische Staatsangehörigkeit) und der Geburtsort das nicht-EU-Ausland (geboren in Moskau) betreffend; hier wurde nach der Nationalstaatlichkeit kategorisiert und dementsprechend eine Zuordnung zum EU-Ausland vorgenommen.

Stichprobe zum mündlichen Staatsexamen im Rahmen des Ersten Staatsexamens

Die Ausgangsstichprobe bestand aus 1140 Medizinstudierenden der Universität Heidelberg. Von dieser Stichprobe mussten drei Prüfungsteilnehmer aus der Untersuchung ausgeschlossenen werden, da von ihnen aus uns nicht eruierbarem Grund keine Daten bzgl. der erzielten Noten vorlagen. Von den in der Stichprobe verbliebenen 1137 Studierenden waren 969 deutschsprachiger Herkunft. 45 Studierende besaßen einen EU-staatlichen und 103 einen nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]).

Auch im mündlichen Staatsexamen trat der (gleiche) Fall auf, dass ein Studierender die belgische (EU) Staatsbürgerschaft besaß, allerdings in Moskau (nicht-EU) geboren wurde; auch in diesem Fall wurde er der dem EU-Ausland zugeordnet.

Leistungsunterschiede zwischen deutschen und internationalen Studierenden
In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse zu den oben formulierten Hypothesen dargestellt.

Prüfungsleistungen in den schriftlichen Semesterabschlussklausuren im vorklinischen Studienabschnitt

Für das Abschneiden in der Semesterabschlussklausur des zweiten Fachsemesters wurden Mann-Whitney-U-Tests berechnet. Dabei zeigte der Vergleich der Noten deutscher Studierender und Studierender mit einem Nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund einen signifikanten Effekt (U=2585.500: p<.05); deutsche Studierende waren signifikant besser als ihre außereuropäischen Kommilitonen (siehe Tabelle 2 [Tab. 2] und Abbildung 1 [Abb. 1]).

Auch der Mann-Whitney-U-Test für die Ergebnisse der Semesterabschlussklausur des dritten Fachsemesters zeigte für den Vergleich der erzielten Noten der deutschen und der außereuropäischen Studierenden einen signifikanten Effekt (U=2333.500; p<.01); erneut waren deutsche Studierende signifikant besser. Auch der Vergleich der Noten inner- und außereuropäischer Studierender erbrachte ein signifikantes Ergebnis (U=165.000; p<.05); Studierende mit einem EU-staatlichen Migrationshintergrund erzielten signifikant bessere Ergebnisse als Studierende mit einem Nicht-EU-staatlichen Hintergrund (siehe Tabelle 2 [Tab. 2] und Abbildung 1 [Abb. 1]).

Auch für die Abschlussklausur des vierten Fachsemesters erbrachte der Mann-Whitney-U-Test ein signifikantes Ergebnis für den Vergleich der erzielten Noten der deutschen Studierenden mit denjenigen der Studierenden mit einem nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund (U=2676.000; p<.05); deutsche Studierende erzielten signifikant bessere Ergebnisse als ihre Kommilitonen außereuropäischer Herkunft. Der Vergleich der Noten von Studierenden mit einem EU-staatlichen Hintergrund im Vergleich zu Studierenden mit einem nicht-EU-staatlichen Hintergrund wurde ebenfalls signifikant (U=166.500; p<.05); innereuropäische Studierende erhielten signifikant bessere Noten als außereuropäische (siehe Tabelle 2 [Tab. 2] und Abbildung 1 [Abb. 1]).

Prüfungsleistungen im mündlichen Staatsexamen im Rahmen des ersten Staatsexamens

Für das erreichte Prüfungsergebnis im mündlichen Staatsexamen zeigte der Mann-Whitney-U-Test ein signifikantes Ergebnis für den Vergleich der Prüfungsleistung der deutschen Studierenden mit derjenigen der Studierenden nicht-EU-staatlicher Herkunft (U=36133.500; p<.001); deutsche Studierende erzielten signifikant bessere Noten als ihre außereuropäischen Kommilitonen (siehe Tabelle 3 [Tab. 3] und Abbildung 2 [Abb. 2]). Zudem waren deutsche Studierende zum Zeitpunkt der Prüfung in einem signifikant niedrigeren Fachsemester als die außereuropäischen Studierenden (U=44762.500; p<.01; siehe Tabelle 3 [Tab. 3] und Abbildung 3 [Abb. 3]).

Reliabilitäten der Semesterabschlussklausuren

Nachfolgend werden die Reliabilitäten der schriftlichen Semesterabschlussklausuren im Jahr 2012 dargestellt:

      • zweites Fachsemester: α=.91
      • drittes Fachsemester: α=.90
      • viertes Fachsemester: α=.92

Diskussion

Die vorliegende Studie stellt – nach Erkenntnis der Autoren – die erste Untersuchung dar, welche die Prüfungsleistungen deutscher und nicht-deutscher Medizinstudierender in schriftlichen Semesterabschlussklausuren des vorklinischen Studienabschnitts sowie innerhalb der mündlichen Prüfung des ersten Staatsexamens analysiert. In allen Abschlussklausuren sowie in der mündlichen Staatsexamensprüfung zeigte die Gruppe deutscher Studierender signifikant bessere Prüfungsergebnisse als die Gruppe derjenigen Studierenden mit einem nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund. In der Abschlussklausur des dritten und vierten Fachsemesters war darüber hinaus die Leistung der Studierenden mit einem EU-staatlichen Migrationshintergrund signifikant besser als die ihrer außereuropäischen Kommilitonen. Außerdem zeigte sich, dass Studierende deutscher Herkunft zu einem signifikant früheren Zeitpunkt die mündliche Staatsexamensprüfung absolvierten als Studierende mit einem nicht-EU-staatlichen Hintergrund. Limitationen der Arbeit sind darin zu sehen, dass es sich um eine retrospektive, explorative Untersuchung handelt, die zwar relevante Unterschiede in der Prüfungsleistung deutscher und nicht-deutscher Studierender im Sinne einer „justification study“ [26] aufzeigen konnte, jedoch bezüglich der möglichen Hintergründe für die gefundenen Diskrepanzen keine Aussagen im Sinne einer „clarification study“ [26] treffen kann.

Die vorliegenden Studie verdeutlicht eindrucksvoll, dass nicht-deutsche Medizinstudierende mit einem Herkunftsland außerhalb der Europäischen Union sowohl bei schriftlichen Semesterabschlussklausuren des zweiten, dritten und vierten Fachsemesters als auch im mündlichen Staatsexamen signifikant schlechtere Ergebnisse als ihre deutschen Kommilitonen erzielen und erst in einem signifikant höheren Fachsemester erstmals zur Staatsexamensprüfung zugelassen werden. Im dritten und vierten Fachsemester weisen außereuropäische Studierende nicht nur signifikant schlechtere Prüfungsleistungen als ihre deutschen, sondern auch als ihre innereuropäischen Kommilitonen auf, was für eine schnellere Anpassung der Studierenden mit einem EU-staatlichen Hintergrund an die neue Situation sprechen könnte. Die Gruppe der außereuropäischen Studierenden ist jedenfalls mit schlechteren Prüfungsergebnissen bei zeitgleich längerer Studienzeit als eine hochrelevante Risikogruppe innerhalb der Studierenden nicht-deutscher Herkunft auszumachen.

Vor dem Hintergrund mehrerer internationaler Studien, die zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind [14], [17], [18], [22], scheinen diese Resultate einerseits wenig überraschend. Andererseits stellt die vorliegende Arbeit die erste Studie dieser Art für den deutschsprachigen Raum dar. Wie wichtig es ist, Untersuchungen zum eigenen Sprach- und Kulturkreis durchzuführen, wird verständlich, wenn beispielsweise Arbeiten aus den USA betrachtet werden [11], [13], [15], [27]. Auch hier zeigen die Ergebnisse deutliche Leistungsunterschiede zwischen Medizinstudierenden unterschiedlicher Herkunft in Bezug auf Prüfungsleistungen im Studium, den Highschool-Notendurchschnitten und Ergebnisse der Medizinischen Zugangstests. Allerdings wird in den Untersuchungen in den USA zwar zwischen US-amerikanischen und internationalen Medizinstudierenden differenziert, die internationalen Studierenden haben dabei jedoch häufig ihren höchsten Schulabschluss auch in den Vereinigten Staaten erworben und sind lediglich einer ethnischen, in den USA lebenden, Minderheit angehörig. Klassische Einwanderungsländer wie die USA oder Australien verfügen dabei über eine gänzlich andere Gesellschaftsstruktur als etwa ehemalige Kolonialstaaten wie Großbritannien oder Frankreich. Und in einem Land wie Deutschland finden wir wiederum eine gänzlich andere Struktur vor. Gründe für die in unserer Studie gefundenen deutlichen Leistungsunterschiede dürften vermutlich zu einem Großteil in sprachlichen Differenzen zu suchen sein [22]. Zwar handelt es sich bei den in deutscher Sprache verfassten Semesterabschlussklausuren ausschließlich um Multiple-Choice-Klausuren, bei denen die korrekte Antwort lediglich passiv detektiert werden muss [24], jedoch ist davon auszugehen, dass bei der Beantwortung vieler Fragen in kurzer Zeit ein Muttersprachler einem nicht-Muttersprachler deutlich überlegen ist, da er schneller den Inhalt der Frage erfassen und verstehen kann und folgerichtig mehr Zeit für deren Beantwortung zur Verfügung hat. Außerdem können zum Teil bewusst beinhaltete Mehrdeutigkeiten der konzipierten Fragen bei nicht-Muttersprachlern für deutliche Verwirrung sorgen.

Während europäische Studierende nur geringe (nicht-signifikante) Unterschiede zu ihren deutschsprachigen Kommilitonen aufweisen, zeigen die außereuropäischen Studierenden deutliche, signifikante Defizite. Dass die europäischen Studierenden weniger deutlich in der Prüfungsleistung abfallen, könnte der Tatsache geschuldet sein, dass ein Großteil der medizinischen Begriffe lateinischen oder griechischen Ursprungs ist, und Studierende, deren Muttersprache näher an diesen geolinguistischen Ursprüngen anzusiedeln ist, weniger Schwierigkeiten beim Umgang mit sprachbasierten Aufgaben aufweisen könnten. So erzielen beispielsweise Studierende, die in ihrer Schulzeit Lateinkenntnisse erworben haben, signifikant bessere Ergebnisse als Studierende, denen diese Kenntnisse fehlen; und Studierende, deren Muttersprache eine europäische ist, schneiden besser ab als solche, deren Muttersprache ihre Ursprünge nicht im europäischen Sprachraum hat [28]. Eine weitere Überlegung in Hinblick auf die schlechteren Prüfungsleistungen der außereuropäischen Studierenden könnte sein, dass diese häufig eine größere kulturelle Adaptationsleistung zu erbringen haben als Studierende aus einem europäischen Land. Es ist davon auszugehen, dass die initiale psychosoziale Desorientierung und sogar damit verbundene gesundheitliche Probleme bei Menschen mit Migrationshintergrund zunehmen, je größer die Differenz der Kultur des Heimatlandes und des gewählten neuen Lebensmittelpunktes ist [29]. Dieser Effekt könnte auch bei den in unserer Studie untersuchten Medizinstudierenden aus dem außereuropäischen Ausland zum Tragen kommen und mit zu dem schlechteren Abschneiden in den universitären Prüfungen führen. Eine weitere Möglichkeit, diese unterschiedlichen Prüfungsleistungen zu interpretieren, bestünde in einer genaueren Betrachtung des Zulassungsverfahrens für Studienplätze an einer Medizinischen Fakultät in Deutschland: Während nicht-deutsche EU-Bürgerinnen und EU-Bürger deutschen Bürgerinnen und Bürgern bei der Studienplatzvergabe für das Medizinstudium gleichgestellt werden, sich also beispielsweise über herausragende schulische Leistungen empfehlen können, ist die Zulassung für das Fach Humanmedizin in der Verordnung über die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) für nicht-EU-Bürgerinnen und –Bürger auf bis zu 5% quotiert. Dies bedeutet, dass bis zu 5% der Studienplätze, nach erfolgter Feststellungsprüfung und Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse, bundesweit an nicht-EU-Ausländer vergeben werden [http://www.hochschulstart.de/fileadmin/downloads/Gesetze/G03.pdf, geprüft 18.12.2013]. Aufgrund dieser unterschiedlichen Zulassungsvoraussetzungen ist nicht auszuschließen, dass sich inner- und außereuropäische Bewerber hinsichtlich ihres Leistungsniveaus unterscheiden könnten.

In Bezug auf die mündlichen Staatsexamensprüfungen ist zudem davon auszugehen, dass ein Muttersprachler einem Studierenden, der Deutsch erst als Fremdsprache erlernt hat, dahingehend überlegen ist, dass es ihm leichter fällt, seine Gedanken flüssig zum Ausdruck zu bringen, was eine bessere Bewertung nach sich ziehen kann. Diese Vermutung wird unterstützt durch eine Untersuchung von Wass und Kollegen [16], die am Beispiel von klinisch-praktischen Prüfungen (OSCE; objective structured clinical exmanination [30]) zeigen konnten, dass die Leistung von ethnischen Minderheiten angehörigen Studierenden signifikant schlechter war als die von Studierenden ohne Migrationshintergrund. Ist bei Prüfern die Tendenz zu beobachten, dass sie neben der tatsächlichen Kompetenz der Studierenden auch deren Performanz in ihre Bewertung mit einfließen lassen, wird dies als Prüfer-Bias bezeichnet [20]. Während diese Bewertungstendenz einerseits verständlich erscheint, da die Form der sprachlichen Präsentation und die Darstellung der inhaltlichen Sachebene nur schwer voneinander zu trennen sind, gehen manche Autoren sogar so weit, dies als Diskriminierung zu bezeichnen [31]. Der spätere Zeitpunkt, zu dem nicht-deutsche Studierende ihr erstes Staatsexamen machen, lässt sich somit möglicherweise auch über die schlechteren Prüfungsergebnisse im Vorfeld des Staatsexamens erklären, die dazu führen, dass Semesterabschlussklausuren und Testate vermehrt wiederholt werden müssen, was auch zu einer Verschiebung der Anmeldung für das Staatsexamen führen kann. Hinzu kommt in manchen Fällen auch die prekäre finanzielle Situation ausländischer Studierender, die parallel zu ihrem Medizinstudium arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, wodurch wiederum weniger Zeit für Bearbeitung der Studieninhalte besteht, womit sich die Dauer des Studiums verlängert [32].

In Anbetracht der Tatsache der signifikant schlechteren Prüfungsergebnisse der außereuropäischen Studierenden in den schriftlichen Klausuren stellt sich die Frage, ob zu fordern ist, dass diese Gruppe möglicherweise eine Verlängerung der Zeit zur Bearbeitung der Multiple-Choice-Fragen erhält, was an einzelnen Standorten diskutiert wird. Andererseits birgt diese Überlegung im Sinne eines Gleichbehandlungsansatzes für alle Studierenden deutliche Schwierigkeiten, insbesondere in der Frage, wem solche Erleichterungen zugestanden werden sollten und wem nicht. In jedem Fall wäre es von wissenschaftlichem Interesse zu überprüfen, ob Nicht-Muttersprachler tatsächlich von einer solchen Maßnahme profitieren. In Bezug auf die mündliche Staatsexamensprüfung könnten ausländische Studierende möglicherweise von einem spezifischen Prüfungstraining profitieren könnten, wie sie im Rahmen des Praktischen Jahres zum Einsatz kommen [33]. Eine aktuelle bundesweite Befragung der 36 medizinischen Fakultäten in Deutschland zeigte, dass – wie auch an der Medizinischen Fakultät Heidelberg ab dem Wintersemester 2013/2014 das Heidelberger Tutorium für internationale Medizinstudierende (HeiTiMed) verwirklicht werden soll – an knapp der Hälfte der bundesdeutschen Standorte spezifische Tutorien für ausländische Studierende angeboten werden. Innerhalb dieser werden Unterrichtsinhalte wiederholt oder es finden Vorbereitungen auf Prüfungen statt, und sie werden sowohl von ausländischen Studierenden als auch den Vertretern der Studiendekanate als hilfreich und förderlich erlebt (unveröffentlichte Daten).

Die vorliegende Untersuchung weißt dahingehend Limitationen auf, dass es sich wie oben bereits ausgeführt bei der vorliegenden Untersuchung um eine retrospektive, explorative Analyse handelt, die lediglich Vermutungen über die kausalen Zusammenhänge und Hintergründe der Ergebnisse im Sinne einer „clarification study“ [26] zulassen. Die aktuelle Arbeit zeigt mit ihren Ergebnissen jedoch die dringliche Notwendigkeit auf, Studien auf den Weg zu bringen, um die Gründe hinter den deutlichen Leistungsunterschieden in Erfahrung zu bringen. Des Weiteren ist einschränkend zu benennen, dass der Migrationshintergrund der Studierenden lediglich aus den Parametern „Nationalität“ sowie „Geburtsort“ entnommen werden konnte. Bei dieser Vorgehensweise kann der tatsächliche Migrationshintergrund jedoch fehlerhaft eingeschätzt werden. Aus diesem Grunde wäre es wünschenswert, weitere prospektive Studien zur Prüfungsleistung deutscher und nicht-deutscher Studierender durchzuführen, die zudem eine feinere Subdifferenzierung der unterschiedlichen Herkunftsländern zulassen. Während die Reliabilitäten der untersuchten Semesterabschlussklausuren hervorragende Werte aufwiesen, ist zudem kritisch anzumerken, dass für die mündlichen Staatsexamina keine Kennwerte zum Gütekriterium der Reliabilität vorlagen. Es ist jedoch eher von einer niedrigen Reliabilität auszugehen, da aus der Literatur deutlich hervorgeht, dass mündliche Prüfungen, die meist ohne eine klare Definition von Prüfungszielen und eines Erwartungshorizontes durchgeführt werden, deutlich schlechtere Reliabilitätswerte aufweisen als schriftliche Prüfungen [34]. Eine Analyse der Noten der schriftlichen Staatsexamensprüfungen ließ sich aufgrund der Regularien der Landesprüfungsämter nicht realisieren. Als weitere Limitation ist zu benennen, dass sich durch die Mehrfachtestung innerhalb der gleichen Stichprobe (deutsch vs. EU, deutsch vs. nicht-EU und EU vs. nicht-EU) die Wahrscheinlichkeit, auch unter Zufall ein signifikantes Ergebnis zu erhalten, erhöht. Auf eine Bonferroni-Adjustierung des Signifikanzniveaus wurde verzichtet.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ausländische Medizinstudierende mit einem nicht-EU-staatlichen Migrationshintergrund schlechtere Ergebnisse als ihre deutschen Kommilitonen erzielen und erst zu einem späteren Zeitpunkt das mündliche Staatsexamen bestreiten. Weitere Forschungsbemühungen in diesem Bereich sollten Aufschluss über die Hintergründe der beschriebenen Unterschiede adressieren.


Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

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Statistisches Bundesamt. Bildung und Kultur - Studierende an Hochschulen. Fachserie 11/Reihe 4.1. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt; 2012. Zugänglich unter/available from: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Hochschulen/StudierendeHochschulenVorb2110410138004.pdf?__blob=publicationFile [zuletzt zugegriffen am 19.11.2013] Externer Link
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