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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Prof. Dr. med. Hans Renschler, geb. 18.04.1925 – gest. 30.04.2011

Nachruf Humanmedizin

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  • corresponding author Florian Eitel - Ludwig-Maximilians-Universität München, Medizinische Fakultät, München, Deutschland; Gesellschaft für Medizinische Ausbildung, Ehrenvorsitzender, Pullach, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2011;28(4):Doc46

doi: 10.3205/zma000758, urn:nbn:de:0183-zma0007584

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2011-28/zma000758.shtml

Eingereicht: 18. Oktober 2011
Überarbeitet: 18. Oktober 2011
Angenommen: 18. Oktober 2011
Veröffentlicht: 15. November 2011

© 2011 Eitel.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Nachruf

Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten, ist herrlich,
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.
Aus: Friedrich Schiller, Nänie

Kurz nach Vollendung seines 86. Lebensjahres ist nach langem, schwerem Leiden Prof. Dr. med. Hans E. Renschler am 30.4.2011 für immer von uns gegangen. Wir - die Mitglieder der Gesellschaft für medizinische Ausbildung - trauern um einen bewundernswerten Kollegen, hochkarätigen Wissenschaftler und großartigen Pionier der Medizindidaktik. Wir erinnern uns gerne an seine durchdachten und kenntnisreichen Ratschläge, die er uns gelegentlich mit methodenorientierter Stringenz, aber warmherzig und verständnisvoll ins Stammbuch schrieb. Hans Renschler war einer der großen Medizindidaktiker, der uns gerade jetzt in den Zeiten des Umbruchs, der Studienreform und der Weiterentwicklung einer Medizindidaktik, sehr fehlt und fehlen wird.

Seine erste Publikation zur Lehre verfasste er 1947 im 2. Jahr seines Medizinstudiums. Nach dem Staatsexamen war er zunächst klinisch-praktisch an der medizinischen Poliklinik der Universität Heidelberg tätig, wo er auch mit summa cum laude promoviert wurde. Er gewann 1953 ein Stipendium des British Council für einen Forschungsaufenthalt am Department of Pharmacology and Therapeutics der University of Sheffield, wo Sir Hans Adolf Krebs den nach ihm benannten Stoffwechselzyklus entdeckt hatte, wofür ihm 1953 der Nobelpreis verliehen wurde.

1956 ging Hans Renschler zurück nach Deutschland an das Universitätsklinikum Marburg, wo er bei dem Internisten Schwiegk, einem Schüler seines Doktorvaters Öhme, die in England erworbenen Methodenkenntnisse zunächst bei Untersuchungen zum Wasser- und Elektrolythaushalt einsetzte. Hans Renschler ging dann an die Klinik von H.E. Bock in Tübingen, wo er unter Schölmerich im Herzkatheterlabor arbeitete.

1962 kehrte er nach Heidelberg zu seinem früheren Lehrer Plügge zurück und erhielt 1964 die Venia legendi.

1965 wechselte Hans Renschler als Oberarzt an die Medizinische Universitätsklinik Köln unter Rudolf Groß.

Dort beschäftigte sich Hans Renschler zunehmend mit Methoden der medizinischen Ausbildung und rief eine „Arbeitsgruppe für Unterrichtsfragen“ ins Leben. Von der Volkswagen-Stiftung erhielt er Drittmittel für die Entwicklung eines audiovisuellen Kurses der Herzauskultation.

Anlässlich eines Gastaufenthaltes bei Sir Graham Wilson in Glasgow arbeitete er mit Ronald Harden zusammen, der kurz danach auf den Didaktiklehrstuhl der University of Dundee berufen wurde und dort auch als Emeritus und Generalsekretär der Association for Medical Education in Europe (AMEE) bis heute tätig ist. Die Initiierung der kollegialen Zusammenarbeit der 1978 gegründeten Gesellschaft für medizinische Ausbildung (GMA) mit der AMEE geht zu weiten Teilen auch auf Hans Renschler zurück. Nicht zuletzt das verweist auf eines seiner Talente: das Knüpfen von sozialen und kollegialen Beziehungen. Ohne seine Stärke als "Netzwerker" wäre es ihm wohl kaum gelungen, in widrigen Zeiten die Sache der Medizindidaktik über Wasser zu halten. Durch Beschäftigung mit der Lehre konnte man damals seine wissenschaftliche Reputation verlieren. Vielleicht hatte er diesen Missstand auch im Auge, wenn er vehement eine wissenschaftsbasierte Lehre und die Ausbildungsforschung forderte und förderte. Jedenfalls hatte es seine Generation von Hochschullehrern schwer, nachhaltig Medizindidaktik zu verfolgen, was Prof. Renschler jedoch nicht davon abhielt, sich Ab Anfang der 1970er Jahre ganz der Lehre zu verschreiben.

Mit der Gründung des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) 1971/72 bewarb er sich für die Stelle eines Hauptabteilungsleiters Medizin und außerdem für den Didaktiklehrstuhl der medizinischen Fakultät der Universität Bonn. Der drohenden Abwanderung von Hans Renschler versuchten seine Kölner Kollegen dadurch zu begegnen, dass sie mit einer Eingabe an den Dekan der medizinischen Fakultät die Institutionalisierung des Faches "Ausbildungsforschung" mit Einrichtung eines Lehrstuhls und eigener Bettenabteilung anregten.

Am Höhepunkt seiner erfolgreichen wissenschaftlichen Karriere wurde Hans Renschler dann 1973 zum ordentlichen Professor für Didaktik der Medizin an die Universität Bonn berufen.

Stets einem wissenschaftlichen Ansatz verpflichtet, untersuchte er in zahlreichen Publikationen die von ihm inaugurierte "Fallmethode" (fallorientiertes Lernen), Methoden der Aus- und Fortbildung, den Einsatz von Computern und neuen Medien in der medizinischen Lehre. Früh fanden zukunftweisende Themen wie Evaluation oder Qualitätsmanagement und Qualitätszirkel in der Fortbildung sein Interesse. Somit war sein Denken in Vielem seiner Zeit voraus. Medizinische Datenverarbeitung, Literaturrecherche und Bibliotheksarbeit sowie die historische Entwicklung der medizinischen Lehre waren Gegenstand seines Forschens und Lehrens.

Stets suchte er den internationalen Kontakt, war gern gesehener Gastredner in Großbritannien, den USA, der Schweiz und China. Er war Mitglied internationaler Organisationen für Medizindidaktik, wurde in mehrere nationale und internationale wissenschaftliche Beiräte gewählt.

Professor Renschler lebte Lehre: So organisierte er zuhause in Bonn für seine Studenten beispielsweise Kurse in englischer Sprache, zunächst als Seminar eher dozentenzentriert, dann im Format des problem-based learning. Einige Seminararbeiten seiner Studenten wurden in angesehenen medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht. Die Studierenden führten das Seminar - zum Teil in der vorlesungsfreien Zeit - in eigener Regie fort. Anleitung zum eigenständigen Lernen war für ihn eine conditio sine qua non. Er wollte selbstbestimmte, methodenbewußte und kritisch verantwortungsvolle Ärztinnen und Ärzte ausbilden und hielt dafür praktisch/klinisch ärztliche Erfahrung sowie wissenschaftliche Kompetenz der Lehrenden für unabdingbar. Wenn er empfand, dass dieses Lehrziel in bestimmten Situationen unmöglich zu verwirklichen war, schreckte er nicht davor zurück, auch ehrenvolle Berufungen bzw. Positionen zurück- bzw. aufzugeben.

In den ersten 5 Jahren des 1973 mit seiner Berufung neu gegründeten Instituts für Didaktik der Medizin warb Professor Renschler die damals unvorstellbare Summe von 3,2 Millionen DM Drittmittel für die Lehre und die Entwicklung audiovisueller beziehungsweise computergestützter Lehrprogramme ein. In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Psychologen entwickelte er computergestützte Lehrprogramme, die er auch zur Lehrevaluation nutzte.

Ein wesentlicher Aspekt seines didaktischen Wirkens war zudem die Zusammenarbeit mit der Landesärztekammer Hessen bei der Entwicklung eines Fortbildungskurrikulums.

Sein Lehrer H.E. Bock bezeichnete die didaktischen Leistungen Hans Renschler’s als Pionierarbeit.

Seine Schülerin Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Ute Fuchs schrieb anlässlich seines 70. Geburtstages: „Mit ihm zu diskutieren ist stets ein Erlebnis und die kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten der ärztlichen Aus- und Weiterbildung und ihrer Methodologie empfinde ich stets als sehr anregend. Sein wissenschaftliches Engagement und seine besondere Lebensfreude wirken sehr ansteckend. Ich fühle mich in der Begegnung mit ihm beschenkt und reicher. Ich wünsche Herrn Prof. Renschler einen schönen und festlichen Geburtstag, den er im Kreis seiner Familie, Verwandten und Freunde in den USA bei seinem Sohn Markus am 19.4.1995 feiern wird und viele weitere schöne gesunde Jahre mit seiner großen Familie.“

Diese treffenden Sätze rufen in uns die Erinnerung an einen originellen und begeisternden Hochschullehrer wach, an den fürsorglichen Mentor der sich ihm gerne und zuhauf anvertrauenden Studierenden, an den kritischen Wissenschaftler, der immer kollegial agierte, und nicht zuletzt an den treu sorgenden Familienvater. Ihn zusammen mit seiner humorvollen Frau Gemahlin in seinem schönen, gastfreundlichen Haus am Bonner Venusberg erleben zu dürfen, vermittelte dem Besucher den wohltuenden Eindruck großer Harmonie. Und wenn er dann mit leuchtenden Augen von seinen Hobbys, - dem Pflanzen von Bambus-Sträuchern und dem Cricket Spiel erzählte, - mochte man ihn umso mehr.

Wir werden Herrn Prof. Dr. med. Hans Karl Eugen Eberhard Renschler in unseren Herzen behalten.

Seiner Familie gilt unsere tief empfundene Anteilnahme, ihm unser ehrendes Gedenken.


Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel hat.