gms | German Medical Science

GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

1st International Conference Faculty Development in the Health Professions. Toronto (Canada) May, 10th-13th 2011

Kongressbericht Humanmedizin

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  • corresponding author Götz Fabry - Albert-Ludwigs-Universität, Medizinische Fakultät, Abteilung für Medizinische Psychologie und Soziologie, Freiburg, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2011;28(3):Doc34

doi: 10.3205/zma000746, urn:nbn:de:0183-zma0007467

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/zma/2011-28/zma000746.shtml

Eingereicht: 3. Juni 2011
Überarbeitet: 3. Juni 2011
Angenommen: 3. Juni 2011
Veröffentlicht: 8. August 2011

© 2011 Fabry.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Kongressbericht

Anfang Mai fand in Toronto die erste internationale Konferenz zur Personal- und Organisationsentwicklung (Faculty Development) in den Gesundheitsberufen statt [http://www.facultydevelopment2011.com/]. Die anfänglichen Bedenken der beiden Hauptorganisatoren Yvonne Steinert (McGill University, Montreal) und Ivan Silver (University of Toronto), dass das Interesse an einer solchen Veranstaltung sich als zu gering erweisen könnte und sich eventuell nur auf Nordamerika beschränken würde, erwiesen sich als unbegründet. Zur großen Freude der Organisatoren hatten sich schließlich fast 350 Teilnehmer aus 28 Ländern auf den Weg nach Kanada gemacht, darunter auch eine starke Fraktion aus Europa. Das wissenschaftliche Programm war entsprechend vielfältig, es umfasste fast 200 wissenschaftliche Kurzbeiträge und Poster, gut 30 Workshops sowie ergänzende Hauptvorträge, Symposien und Diskussionsrunden.

Mehr als Teacher Training

Der wichtigste inhaltliche Schwerpunkt war die Frage nach Inhalt, Form und Methodik von Aus-, Weiter- und Fortbildungsangeboten für Lehrende, wobei sich rasch zeigte, dass der Fokus solcher Angebote weit über ein reines „Teacher Training“ hinausgehen muss [1]. Analog zu Tendenzen in der Medizinischen Ausbildung insgesamt zeichnet sich nämlich auch hier eine Abkehr von der Konzentration auf Inhalte ab, die in einzelnen Seminaren oder Workshops vermittelt werden [2]. Das heißt natürlich nicht, dass eine Ausbildung grundlegender Kompetenzen z.B. für den klinischen Unterricht nicht weiterhin als wichtig angesehen würde, allerdings setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass nachhaltige Veränderungen vor allem von langfristig angelegten, die gesamte Karriere begleitenden Programmen zu erwarten sind. Hierbei geht es nicht mehr nur um Kompetenz-, sondern auch um Identitätsentwicklung [3].

Lernen in Handlungsgemeinschaften

Als besonders wichtig erweist sich dazu einmal mehr das Konzept vom Lernen in Handlungsgemeinschaften, die auf der Grundlage gemeinsamer Grundüberzeugungen, Werte und Prozeduren auf die Erfüllung bestimmter Aufgaben ausgerichtet sind [4]. Gerade im universitären Umfeld können solche Handlungsgemeinschaften, die einer individuellen Entwicklung für Kompetenzen im Bereich der Lehre und Ausbildung förderlich sind, nicht unbedingt als bereits bestehend vorausgesetzt werden. Daher müssen sie gegebenenfalls aktiv aufgebaut werden, um geeignete Foren und Plattformen für den kollegialen Austausch, sowie Möglichkeiten der gegenseitigen Unterstützung und für das gemeinsame Lernen zu schaffen. Konkrete Beispiele dazu sind etwa Akademien für Lehrende [5], [6], internetbasierte Lösungen [7] oder auch begleitende Mentorenprogramme [8]. Allerdings mangelt es dazu vielerorts nicht nur an geeigneten Rollenmodellen, sondern auch auch an Karriereperspektiven für diejenigen, die sich schwerpunktmäßig in der Lehre engagieren. Eine wichtige Herausforderung in diesem Zusammenhang ist die Frage, wie sich Lehrleistungen messen lassen und zwar jenseits von rein quantitativen Parametern [9].

Kompetenzorientierung

Hinsichtlich der inhaltlichen Orientierung von Programmen der Personal- und Organisationsentwicklung stand vor allem die Kompetenzorientierung im Vordergrund und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen nämlich mit Blick darauf, welche Kompetenzen die Lehrenden selbst brauchen, um ihren verschiedenen Rollen (z.B. als Lehrende, Forschende, Führende) gerecht werden zu können und wie diese mit entsprechenden Programmen am besten unterstützt werden können. Dabei spielt zum anderen auch die Frage eine Rolle, welche Konsequenzen die Entwicklung hin zu kompetenzorientierten Curricula in den Gesundheitsberufen ihrerseits für die Rollen und Kompetenzen der Lehrenden hat [10]. Das Thema Prüfungen hat hier besondere Bedeutung [11].

Interprofessionalität

Gerade im Zusammenhang mit der Idee der Handlungsgemeinschaft zeigte sich auch eine weitere wichtige Entwicklung, nämlich die zunehmende Bedeutung interprofessionellen Handelns [12], [13]. Während man sich etwa in Deutschland derzeit mit dem Gedanken einer gleichberechtigten Arbeitsteilung und Zusammenarbeit verschiedener Gesundheitsberufe noch schwer tut, ist die Entwicklung in anderen Ländern, z.B. in Nordamerika, sehr viel weiter fortgeschritten. Dem Titel der Konferenz entsprechend, die ja bewusst auf die „Health Professions“ und nicht etwa nur auf den Bereich der „medical“ (also der ärztlichen) Profession ausgerichtet war, waren zahlreiche Beiträge aus dem Bereich der Pflege oder anderen Gesundheitsberufen vertreten. Eine der Folgen der Akademisierung dieser Berufe, der in Deutschland derzeit noch mit einiger Skepsis begegnet wird, ließ sich hier direkt erleben: Ein Gewinn an wissenschaftlichen Gesprächspartnern, deren andere Perspektive die Gesamtdiskussion auf hohem Niveau bereichert.

Forschung

Insgesamt wurde durch die Konferenz deutlich, dass vielerorts zwar einerseits Personal- und Organisationsentwicklung nicht nur qualitativ hochwertig praktiziert sondern auch wissenschaftlich untersucht wird, dass aber gerade mit Blick auf die Forschung noch viel zu tun bleibt [14]. Zwei der Hauptvorträge versuchten hier, Orientierung zu geben. LuAnn Wilkerson (University of California, Los Angeles), eine Doyenne des Faculty Development, arbeitete in ihrem Beitrag sehr klar heraus, dass Wirkmechanismen und Effekte der Personal- und Organisationsentwicklung bislang nur unzureichend verstanden sind. Daher mahnte sie dringend gut geplante und konzeptuell fundierte Studien an, die diesem Defizit abhelfen könnten. In diesem Zusammenhang warnte sie vor dem „Ascholar Syndrome“, das sich neben akuter Prokrastination bei der Planung und Durchführung von Evaluationsmaßnahmen vor allem durch das Horten von Daten in Schubladen äußert, die somit nie das Licht der wissenschaftlichen Öffentlichkeit erblicken. Ergänzend dazu verdeutlichte John Spencer (Newcastle University) anhand der vor einigen Jahren publizierten BEME-Review [15] zur Effektivität von Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung, dass vor allem Studien zu den Auswirkungen auf der Organisationsebene und im Hinblick auf den Lernerfolg der Studierenden fehlen. Auf eine weitere wichtige Erkenntnis in diesem Zusammenhang machte Brian Hodges (University of Toronto) aufmerksam: Das erfolgreiche Absolvieren eines Masterstudiengangs allein führt noch nicht zu einer verstärkten Forschungsaktivität. Dazu braucht es vielmehr neben einer langfristig angelegten institutionellen Förderung eine gute kollegiale Vernetzung sowie unterstützende Fortbildungsangebot insbesondere im Bereich der Methoden [16]. Das teuerste Gut ist aber – wie so oft – auch hier, ausreichende und geschützte Zeit [17].

Zusammengefasst: Eine lohnende und spannende Konferenz zu einem zentralen Thema der Ausbildung in den Gesundheitsberufen. Eine Fortsetzung ist für 2013 geplant, der Ort steht noch nicht fest.


Interessenskonflikt

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenskonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
McLean M, Cilliers F, van Wyk JM. Faculty development: Yesterday, today and tomorrow. Med Teach. 2008;30(6):555-584. DOI: 10.1080/01421590802109834 Externer Link
2.
Steinert Y. Faculty development: from workshops to communities of practice. Med Teach. 2010;32(5):425-428. DOI: 10.3109/01421591003677897 Externer Link
3.
Hafler JP, Ownby AR, Thompson BM, Fasser CE, Grigsby K, Haidet P, Kahn MJ, Hafferty FW. Decoding the learning environment of medical education: a hidden curriculum perspective for faculty development. Acad Med. 2011;86(4):440-444. DOI: 10.1097/ACM.0b013e31820df8e2 Externer Link
4.
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6.
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