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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Auch Führen will gelernt sein: Angebot und Nachfrage nach Weiterbildung in Betriebswirtschaftslehre für Krankenhausärzte

Leading does not come naturally: supply and demand for further training in hospital aministration for medical professionals

Forschungsarbeit/research article Humanmedizin

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  • Sven Lueke - Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement, Greifswald, Deutschland
  • corresponding author Steffen Fleßa - Ernst Moritz Arndt Universität Greifswald, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement, Greifswald, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2009;26(3):Doc34

doi: 10.3205/zma000626, urn:nbn:de:0183-zma0006260

Eingereicht: 21. Januar 2009
Überarbeitet: 8. April 2009
Angenommen: 23. Juni 2009
Veröffentlicht: 17. August 2009

© 2009 Lueke et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Die Führung von Fachabteilungen und von ganzen Krankenhäusern erfordert Kompetenzen in den Bereichen Personalführung, Finanzmanagement, Marketing und Strategie, aber die wenigsten Chef- und Oberärzte haben während ihrer medizinischen Ausbildung eine entsprechende Qualifizierung erfahren. Dies ist insbesondere der Fall bei Führung als Teil des Managementprozesses. Der vorliegende Artikel stellt Ergebnisse zweier Studien vor, in der die Nachfrage und das Angebot an Weiterbildung in den Bereichen Betriebswirtschaft und Management für im Krankenhaus tätige Mediziner analysiert werden mit schwerpunktmäßiger Betrachtung der Führungskompetenzen. Es zeigt sich ein hohes Bewusstsein der Chef- und Oberärzte für die Notwendigkeit an Weiterbildung in diesem und anderen Bereichen und eine hohe Bereitschaft, hierfür Zeit zu investieren. Gleichzeitig besteht jedoch eine geringe Zahlungsbereitschaft. Gleichzeitig bestehen aber auch zahlreiche Angebote für eine allgemeine Fortbildung in diesem Bereich, jedoch kaum maßgeschneiderte Programme für Chef- und Oberärzte.

Schlüsselwörter: Betriebswirtschaftslehre, Effizienz, Führung, Krankenhausbetriebslehre, Management, Weiterbildung

Abstract

The leadership of departments and hospitals requires qualifications in the fields of personnel and financial management, marketing and strategy, but only few medical experts in leadership positions have been trained in these subjects. This is especially the case in leadership as a part of the management process. This paper discusses the results of two studies analyzing the supply and demand with respect to training in the fields of hospital administration and management for medical experts in hospitals, with a particular emphasis on leadership training. It is shown that these professionals are aware of the fact that they need further training in these and other fields, but their willingness to pay for it is quite limited. At the same time, there is a broad supply of general courses, but hardly any programs specially designed for medical professionals in leadership positions in hospitals.

Keywords: public administration, efficiency, leadership, hospital management, management, further education


Einleitung

Die Komplexität und Dynamik der Krankenhausbranche hat sich in den letzten Jahren erheblich erhöht. Die Abschaffung des Selbstkostendeckungsprinzips, die Umstellung auf fallpauschalierte Entgelte, die höhere Integration der Fachabteilungen untereinander sowie des Krankenhauses mit anderen Sektoren sowie die verpflichtende Einführung des Qualitätsmanagements stellen stetig steigende Anforderungen an die Führung der Häuser und der Fachabteilungen. Längst sind auch die Chefärzte zu Managern geworden, deren Kapazität eben nicht nur medizinisch-fachlich, sondern auch betriebswirtschaftlich gefordert ist [1]. Führung, Budgetierung, Kostenrechnung, Prozessmanagement, Marketing und Strategie werden auch für leitende Krankenhausärzte zu Schlüsselqualifikationen, die auch immer öfters zur Einstellungsvoraussetzung werden. Ähnliches lässt sich stellenweise auch für den Pflegebetrieb in Krankenhäusern feststellen [2].

Die geforderten und benötigten Kompetenzen im Bereich der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere im Bereich Führung und Management, werden jedoch im Medizinstudium und der Facharztausbildung nicht vermittelt [3]. Nach eigenen Schätzungen dürften in den rund 2.100 Allgemeinkrankenhäusern und 1.300 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mindestens 10.000 Chef- und 20.000 Oberärzte mit teilweiser Leitungsverantwortung arbeiten, die potentiell einen Bedarf an Schulung in Betriebswirtschaftslehre haben.

Im Folgenden sollen die Ergebnisse zweier Studien vorgestellt werden, die die Nachfrage und das Angebot an Weiterbildung in Betriebswirtschaftslehre für Klinikärzte erhoben haben. Beide Studien wurden vom Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschafts-lehre und Gesundheitsmanagement der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald mit dem Ziel durchgeführt, eine Marktanalyse für eigene Aktivitäten auf diesem Markt zu erstellen. Schwerpunktmäßig wurde hierbei der Aspekt Führung innerhalb des Managementprozesses betrachtet. Die Arbeit stellt zuerst die Ergebnisse der Erhebung der Nachfrage nach Weiterbildungen vor, anschließend wird das Weiterbildungsangebot beschrieben. Die Arbeit schließt mit einer Diskussion und einem Abgleich von Angebot und Nachfrage.


Weiterbildungsnachfrage

Die Daten zur Nachfrage von Weiterbildungen in Betriebswirtschaft und Management für Krankenhausärzte wurden mittels eines Fragebogens empirisch erfasst, der 19 Items beinhaltet und überwiegend aus geschlossenen Fragen besteht (siehe Anhang 1 [Anh. 1]). Der Fragebogen sollte im ersten Teil neben allgemeinen Angaben insbesondere die Einschätzung des Führungsverhaltens und Führungskapazitäten der Befragten ermitteln. Anschließend sollten Daten über Weiterbildungsbedarf und –wünsche bzw. -modalitäten erhoben werden, auch in Bezug auf betriebswirtschaftliche Felder neben der Führungs- lehre. Führung wird hierbei als der willentliche Beeinflussungsprozess und die unmittelbare Einflussnahme einer Person auf eine Andere verstanden [4], [5]. Ferner bildet Führung einen Teil des Managementprozesses. Unter Management werden dabei Handlungen verstanden, die eine Steuerung von Prozessen in Betrieben erlauben, und aus den Schritten Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Kontrolle besteht [6].

Der Fragebogen wurde an die Ärztlichen Direktoren der Akutkrankenhäuser Mecklenburg-Vorpommerns mit der Bitte geschickt, diesen an die Chef- und Oberärzte und Ärzte in sonstiger leitender Position weiterzuleiten. Ferner wurden die Fragebögen über die Konzernzentrale der SANA AG an die zugehörigen Kliniken deutschlandweit verschickt. Es wurde vollständige Anonymität zugesichert. 85 gültige Bögen konnten in die Analyse einbezogen werden, wobei es aber nicht möglich ist, die Rücklaufquote zu bestimmen, da bei dieser Methodik die Grundgesamtheit nicht bekannt ist.

Allgemeine Angaben

Die überwiegende Mehrheit der Antworten (97%) kam aus Nord- bzw. Ost-Deutschland. 55% waren Chefärzte und 40% Oberärzte, wobei die Altersgruppe zwischen 45 und 60 Jahren erwartungsgemäß überwiegte (58%), aber immerhin noch 36% der Befragten zwischen 35 und 45 Jahre alt waren.

Ein erster Fragenkomplex sollte die eigene Führungserfahrung reflektieren. Auf die Frage „Wie würden Sie allgemein die Mitarbeiterführung in Ihrem Krankenhaus einschätzen?“ antworteten 68% mit „gut“ oder „eher gut“, 22% mit „weniger gut“ oder „schlecht“ (Rest: „weiß nicht“). Auffällig war, dass auch hier das Phänomen der Überkonfidenz eintritt, denn die Frage „Wie würden Sie Ihre eigene Mitarbeiterführung einschätzen?“ wurde zu 83% mit „gut“ oder „eher gut“, aber nur mit 17% mit „weniger gut“ oder „schlecht“ eingestuft (Rest: „weiß nicht“). Ein Vergleich der beiden Hierarchiestufen zeigt, dass Chefärzte die Mitarbeiterführung im jeweiligen Krankenhaus eher besser einschätzen als Oberärzte. 85% der Chefärzte schätzen die Mitarbeiterführung im Krankenhaus als „gut“ oder „eher gut“ ein (Oberärzte: 50%), 13% als „weniger gut“ oder „schlecht“ (Oberärzte: 29%, Rest: „weiß nicht“).

Die Frage „Wie bewerten Sie den Delegationsgrad in Ihrem Krankenhaus?“ beantworteten 47% mit „sehr gut“ oder „gut“, 42% mit „mittelmäßig“ und 11% mit „weniger gut“ oder „schlecht“. Die Antwort auf die Frage „Wie viele Aufgaben können Sie an Ihre Mitarbeiter delegieren?“ war annähernd identisch (48% „sehr viele“ und „viele“, 39% „einige“, 13% „wenige“). Es wurde hierbei keine Differenzierung in administrative und medizinische Aufgaben vorgenommen. Die Einschätzung zur Delegation von Aufgaben im Krankenhaus unterscheidet sich jedoch hinsichtlich der beruflichen Position sehr deutlich. Oberärzte schätzen die Situation an ihrem jeweiligen Krankenhaus relativ schlechter ein als ihre Vorgesetzten (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]). Auch die Bewertung eigener Delegationsfähigkeiten fällt bei Oberärzten kritischer aus als bei Chefärzten (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]).

Weiterbildungsbedarf

Ganz allgemein wollen insgesamt 71% der Befragten ihr Wissen in Betriebswirtschaftslehre und Management ausbauen, lediglich 22% haben dies nicht vor (Rest: „weiß nicht“). Die Begriffe Betriebswirtschaft und Management wurden hierbei inhaltlich nicht weiter differenziert, um die tendenzielle Bereitschaft einer Teilnahme an einer Weiterbildungsveranstaltung dieser Fachdisziplin zu ermitteln. Unterschiede bei den Antworten zwischen den Berufsgruppen gab es hierbei nicht. Dieser Bedarf ist allerdings vom Alter der Befragten abhängig. Von den Ärzten der Altersklasse 35-45 Jahre wollen 81% ihr Wissen in Betriebswirtschaft/Management ausbauen, bei Ärzten der Altersklasse 45-60 Jahre lediglich 64% (Rest: „nein“ oder „weiß nicht“).

Eine konkrete Nachfrage nach Weiterbildung gibt es hingegen bislang kaum. In den nächsten 12 Monaten wollen nur 13% eine Weiterbildung im genannten Bereich beginnen, 59% haben dies nicht vor (Rest: „weiß nicht“). Die Antworten unterschieden sich hierbei nicht zwischen den Altersklassen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass zwar grundsätzlich ein hoher Bedarf besteht, allerdings noch keine konkrete Nachfrage vorliegt.

Weiterbildungsinhalte und -form

Ein dritter Themenkomplex sollte die Präferenzen bezüglich Weiterbildungsinhalten und -form ermitteln, welche aus einer vorgegebenen Menge auszuwählen waren. Bei den Weiterbildungsinhalten wurden vorwiegend personalbezogene Themen gewünscht. Von allen Inhaltswünschen wurden am häufigsten die Themenfelder Management (25%) und Personal (20%) angegeben (DRG/Krankenhausfinanzierung: 15%, Controlling: 15%, Finanzen: 14%, Marketing: 11%). Weitere gewünschte Inhalte, die in einem offenen Feld angegeben werden konnten, waren z.B. GOÄ-Abrechnung, Kommunikationstraining, Finanzierung ambulanter Netzwerke im Krankenhaus und Vereinbarkeit von hoher medizinischer Leistung und Betriebswirtschaft.

Bei der Weiterbildungsform wurde von den Vorgaben (Präsenzveranstaltung/ Kombination aus Präsenz- und Fernlehre/ Fernunterricht) am häufigsten eine Präsenzveranstaltung (52%) angegeben, dann kombinierte Präsenz- und Fernlehre (38%) und nur zum geringsten Teil reiner Fernunterricht (10%).

Zeit-, Distanz- und Kostenfilter

Ob ein Weiterbildungsangebot tatsächlich in Anspruch genommen wird, hängt unter anderem davon ab, wie viel Zeit eine Weiterbildung beansprucht, wie weit der An-fahrtsweg und wie hoch die Zahlungsbereitschaft ist. Die Dauer einer Weiterbildung in Betriebswirtschaft/Management wird dabei möglichst kurz gewünscht. Lediglich einen Wochenblock an Unterricht wollen 38%, bis zu 2 Wochenblöcke würden 30% akzeptabel finden (2 bis 3: 18%, 3 bis 4: 0%, 4 bis 6: 14%, über 6: 0%). Zu fragen bleibt allerdings, ob ein oder zwei Wochenblöcke tatsächlich ausreichen können, um ein Basiswissen an Betriebswirtschaftslehre und Management zu vermitteln.

Die Distanz im Falle einer Präsenzveranstaltung und die damit verbundene Anreisedauer spielen stellenweise eine Rolle für die befragten Ärzte; die Ausprägungen sind aber weniger eindeutig. Zwar würden 11% höchstens nur eine Stunde zum Veranstaltungsort reisen, jedoch würden 21% auch über 4 Stunden fahren (ein bis 2: 29%, 2 bis 3: 22%, 3 bis 4: 17%). Als Verkehrsmittel zur Anreise wird eindeutig der eigene PKW bevorzugt (47%), aber auch der öffentliche Bahnverkehr wird durchaus in Betracht gezogen (33%) (Rest: „egal“).

Die Zahlungsbereitschaft für eine Weiterbildungsveranstaltung ist insgesamt eher gering einzuschätzen (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Hier wären 52% bereit, bis 1.000 € für eine Weiterbildungsmaßnahme zu zahlen, 24% würden 1.000-3.000 € bezahlen, weitere 12% sogar 3.000-5.000 € (5.000-7.000 €: 4%, Rest: keine Angabe).

Zusatznutzen und Erwartungen

Ein besonderes Begleitprogramm einer Weiterbildungsveranstaltung kann dazu führen, dass etwa Zeit-, Distanz- oder Kostenfilter eine geringere Wirkung zeigen. Auf die Fra-ge, welches Begleitprogramm zu einer Weiterbildungsveranstaltung gewünscht wird, wurde am häufigsten Exkursionen in andere Kliniken (43%) angegeben, neben Gemeinsames Abendessen (30%), Kamingespräche (22%) und Ausflüge (6%). In einem offenen Antwortfeld wurde außerdem die Möglichkeit gegeben, sonstige Interessen bzw. Vorschläge für ein Begleitprogramm zu geben. Hierbei wurden u.a. die Punkte Austauschzeiten zwischen Weiterbildungsteilnehmern und Gespräche mit Unternehmern außerhalb des Gesundheitswesens genannt.

Die Erhebung schließt mit der offenen Frage „Welche Erwartungen haben Sie an eine Weiterbildungsveranstaltung im Bereich Betriebswirtschaft/Management?“. Im Vordergrund standen hier zum einen Aussagen bzgl. der betriebswirtschaftlichen Denkweise. („Besseres Verständnis für betriebswirtschaftliches Denken“), bzgl. des Spannungsfeldes zwischen Medizin und Ökonomie („Wahrung des medizinischen Standards unter privatwirtschaftlich geführtem Klinikmanagement; Spannungsfeld medizinische Qualität, medizinische Ethik gegen wirtschaftliche Interessen privater Träger und Kostenträger“) und bzgl. der Praxisorientierung einer Weiterbildungsveranstaltung („Erlernen der Umsetzung an praktischen Beispielen“, „Verknüpfung von betriebswirtschaftlicher Theorie und praxisrelevanter Umsetzung“).


Weiterbildungsangebot

Die Daten für die Analyse des Weiterbildungsangebotes für Betriebswirtschaft und Management wurden mittels Weiterbildungsdatenbanken im World Wide Web (z.B. Info-WebWeiterBildung) gewonnen, fehlende Datenfelder durch Nachfragen bei den Anbietern erhalten, wobei nicht alle zu Angaben bereit waren (z.B. bei Preisen). Ferner wurden die Internetpräsenzen der Landesärztekammern, Kassenärztlichen Vereinigungen und staatlichen bzw. privaten Hochschulen nach Informationen durchsucht. Es wurden Daten zu Weiterbildungsträgern, Zeitaufwand, Preisen, Zulassungsvoraussetzungen, Zielgruppen, Lernformen, Inhalten und Fortbildungspunkten erhoben (siehe Anhang 2 [Anh. 2]). Ein Schwerpunkt soll dabei die Situation in der Bundesrepublik Deutschland sein, was aber stellenweise durch Daten aus Österreich und der Schweiz ergänzt werden soll.

Von Relevanz für die Angebotsanalyse waren hierbei alle Weiterbildungen, die Krankenhausärzte in Betriebswirtschaft und/oder Management ausbilden. Ausgeklammert wurden unspezifische Managementausbildungen (z.B. General Management), die keinen Branchenbezug haben und Weiterbildungen, die nur einen kleinen Teilbereich der Betriebswirtschaft/des Management abdecken (z.B. Qualitätsmanagement). Weiterhin ausgeklammert wurden auch interne Weiterbildungsakademien einiger Klinikkonzerne (z.B. Helios Akademie). Des Weiteren finden sich in der Angebotsanalyse auch keine Individualkurse und Einzelseminare (z.B. Inhouse-Veranstaltungen), da hier nicht von einem institutionalisiertem Lehrangebot ausgegangen werden kann und Preise und Inhalte kundenindividuell festgelegt werden.

Weiterbildungsträger

In Deutschland konnten 59 Träger von Weiterbildungslehrgängen im Bereich Betriebswirtschaft/Management im Gesundheitswesen identifiziert werden. Diese Träger bieten insgesamt 79 verschiedene Weiterbildungen im genannten Bereich an. In Österreich wurden 12 Träger mit 20 Weiterbildungsangeboten gefunden, in der Schweiz 6 Träger mit 9 Angeboten. Abbildung 4 [Abb. 4] kann entnommen werden, dass die Orte, an denen Weiterbildungen angeboten werden, sehr ungleichmäßig in der BRD verteilt sind. Insbesondere im Norden und Osten Deutschlands – mit Ausnahme der Ballungszentren Hamburg und Berlin – sind nur vereinzelt Standorte vorhanden.

In Österreich konzentrieren sich die Veranstaltungsorte auf die östlichen Bundesländer und dabei insbesondere auf die bevölkerungsreichen Hauptstädte (Klagenfurt, Linz, Graz, Salzburg und Wien) und Krems. Die Veranstaltungsorte in der Schweiz konzentrieren sich auf die Hauptstädte Altdorf, Bern, St. Gallen und Zürich, und somit auf die mittleren Kantone. Also auch hier eine Konzentration auf Ballungsräume.

Von allen Weiterbildungsträgern haben 66% eine Anbindung an Universitäten bzw. Hochschulen (keine Anbindung: 30%, Rest: keine Angabe). Im Ländervergleich zeigt sich allerdings, dass in der Schweiz (100,0%) und Österreich (75,0%) ein höherer Grad an Anbindung an akademische Institutionen vorhanden ist.

Die überdurchschnittlich häufige Anbindung an Universitäten und Hochschulen mag ein Grund dafür sein, warum es fast genau so viele Weiterbildungen im Bereich Betriebswirtschaft/Management als (Aufbau-)Studiengang gibt (48%), wie es Weiterbildungslehrgänge gibt (52%). Weiterbildungslehrgänge lassen sich ferner in Veranstaltungen, die an 1-7 Wochenenden stattfinden (Wochenendseminare), und Veranstaltungen, die entweder an mehr als 7 Wochenenden stattfinden oder generell über mehrere Monate bzw. Jahre andauern (Lehrgänge), differenzieren. Wochenendseminare bilden 27% der Lehrgänge, was 14% des Gesamtangebotes entspricht. Auffällig ist in diesem Kontext, dass lediglich ein Wochenendseminar eine Hochschulanbindung (Apollon Hochschule der Gesundheitswirtschaft) besitzt, immerhin aber 40% der Lehrgänge eine solche Verbindung haben.

Zeitaufwand

Der Zeitaufwand einzelner Weiterbildungsangebote ist schwierig zu bestimmen, da die Anbieter sich oftmals auf die vagen Äußerungen Vollzeit und Teilzeit verlassen. Unter Teilzeit wird dabei verstanden, dass eine Weiterbildung neben dem Beruf absolviert werden kann und etwa 10 bis 15 Stunden pro Woche in Anspruch nimmt. Bei Präsenzveranstaltungen finden diese Veranstaltungen abends oder am Wochenende z.B. in Blockform statt. 70% der Angebote werden demnach in der Teilzeitform angeboten, 20% in Vollzeit und 10% waren nicht zuzuordnen.

Preise

Die Betrachtung der Preise einzelner Weiterbildungsangebote ist ein wichtiger Faktor, da z.B. zu hohe Preise Kunden fernhalten bzw. zu niedrige Preise eine mangelnde Qualität suggerieren können. Die Preise der einzelnen Weiterbildungsangebote streuen ziemlich stark, wobei festgehalten werden kann, dass eine Weiterbildung in Deutschland in der Regel über 1.000 € kostet und der Preis nach oben recht offen ist (siehe Abbildung 5 [Abb. 5]).

Für die einzelnen Weiterbildungsformen lassen sich lediglich Preisspannen angeben. Für Studiengänge liegt diese bei 200 bis 15.000 € (bei MBA-Studiengängen: 7.900 bis 32.400 €), für Lehrgänge bei 700 bis 8.900 € und für Wochenendseminare bei 1.500 bis 4.900 €. Im Ländervergleich wird deutlich, dass die Schweiz besonders viele Angebote im Hochpreissegment hat (> 50%), Österreich aber ähnlich wie Deutschland breit gestreut ist.

Zulassungsvoraussetzungen

Eine Grundvoraussetzung für die meisten Weiterbildungsangebote im genannten Bereich in Deutschland ist ein abgeschlossenes Studium bzw. die Approbation (54%) gepaart mit einer 1-2-jährigen Berufspraxis im Gesundheitswesen. 11% setzen eine Berufsausbildung voraus, 23% der Angebote stellen keine bestimmten Zulassungsvoraussetzungen auf (Rest: keine Angabe). Ob diejenigen Angebote, die lediglich eine Berufsausbildung voraussetzen, überhaupt für Ärzte geeignet sind, bleibt zu fragen. Denn schließlich haben Ärzte eine langjährige akademische Ausbildung durchlaufen inklusive einer anschließenden mehrjährigen Facharztausbildung und sind somit ein bestimmtes Lernniveau gewöhnt.

Zielgruppen

Für die Analyse wurden insgesamt vier Zielgruppen definiert, nach denen sich die Angebote kategorisieren lassen. Diese sind Fachkräfte (5%), Führungskräfte (4%), Fach- und Führungskräfte (51%) und Ärzte/Mediziner (25%) (Rest: keine Angabe). Der Unterschied zwischen Fachkräften und Führungskräften ist, dass hier zum einen ein Auf-stieg in eine Führungsposition angestrebt wird bzw. zum anderen schon eine leitende Position vorhanden ist. Die Angebote für Fach- und Führungskräfte sind für die verschiedensten Interessenten offen (Juristen, Mediziner, Ingenieure etc.) und weniger auf eine Zielgruppe spezialisiert. Die Gruppe Ärzte/Mediziner stellt diejenigen Angebote dar, die speziell und ausschließlich für Ärzte/Mediziner entwickelt worden sind. Die Weiterbildungsangebote für Ärzte/Mediziner sind in sich wenig differenziert. Lediglich zwei Angebote richten sich speziell an Chef- und Oberärzte, ein Angebot speziell an Chefärzte und Ärztliche Direktoren.

Lernformen und Inhalte

Weiterbildungen im Bereich Betriebswirtschaft/Management werden überwiegend in der Präsenzform angeboten. 67% der Angebote nutzen diese Lernform; Fernunterricht (14%) und kombinierte Präsenz- und Fernlehre (9%) spielen eine untergeordnete Rolle (Rest: keine Angabe).

Die Inhalte der Weiterbildungsangebote wurden in zwei Kategorien eingeordnet. Die 1. Kategorie lautet BWL und beinhaltet Grundwissen der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, wozu etwa Rechnungswesen, Controlling, Personalwesen, Marketing, Recht etc. zählen, allerdings natürlich mit Branchenbezug zum Gesundheitswesen (z.B. Krankenhaus). Die 2. Kategorie nennt sich Management/Führung/Personal. Bei diesen Angeboten handelt es sich um Weiterbildungen, die speziell die Managementkapazitäten und Führungsqualitäten der Teilnehmer entwickeln sollen. Die Abgrenzung zwischen beiden Kategorien ist hierbei lediglich auf die Schwerpunktsetzung des Angebotes zurückzuführen. Der Schwerpunkt liegt bei 85% der Angebote in der Vermittlung von BWL-Grundlagen, 13% setzen ihren inhaltlichen Schwerpunkt auf Management/Führung/Personal (Rest: keine Angabe). Dies kann ebenso in Österreich beobachtet werden, mit lediglich 10% Weiterbildungen mit Schwerpunkt Management/Führung/Personal. Hingegen ist dieses Verhältnis in der Schweiz deutlich ausgewogener, hier liegt bei 44% der Weiterbildungen der Schwerpunkt im Bereich Management/Führung/Personal.

Fortbildungspunkte

Ein besonderes Merkmal einiger Weiterbildungsangebote ist, dass die Teilnahme daran als Fortbildungspunkte bei der jeweiligen Ärztekammer angerechnet werden können. Dies ist bei 18% der Angebote möglich, die anderen Angebote lieferten hierzu keine Informationen oder verwiesen auf eine Einzelfallregelung. An dieser Stelle ist auf das Curriculum Ärztliche Führung der Bundesärztekammer zu verweisen, welches Vorschläge zur Lehrplanentwicklung für Ärztliches Management macht [7]. Von einigen Ärztekammern in Deutschland ist dies bereits umgesetzt worden (Ärztekammern Hamburg, Nordrhein und Bayern).


Diskussion

Die schriftliche Befragung der ärztlichen Führungskräfte von Akutkliniken hat wichtige Erkenntnisse in Bezug auf Weiterbildungsbedarf, -bedürfnisse und –wünsche geliefert. Die Ergebnisse sind jedoch in zweierlei Hinsicht Einschränkungen unterworfen. Zum einen wurden zwei hochselektive Gruppen von Krankenhausärzten ausgewählt (Chef- und Oberärzte in Leitungsfunktion an Akutrankenhäusern), ohne weitere Differenzierungsmerkmale wie z.B. Kodierungsaufgaben, Budgetverantwortung etc. zu erheben. Dies hat zur Folge, dass z.B. keine Aussagen über mögliche Unterschiede zwischen Fachrichtungen bzw. Abteilungsgrößen getroffen werden können. Zum anderen besteht aufgrund der fehlenden Rücklaufquote eine Limitierung der Ergebnisse dahingehend, dass kein Rückschluss auf die Relevanz der Thematik von ärztlicher Seite erlaubt ist. Zu berücksichtigen ist ferner, dass den befragten Ärzten eine synonyme Auffassung der Begriffe Management und Führung unterstellt wurde, was empirisch noch zu prüfen wäre.

Unter Berücksichtigung der zuvor genannten Einschränkungen zeigt ein Abgleich von Weiterbildungsnachfrage und -angebot, dass insbesondere im Norden und Osten Deutschlands teils weite Anfahrtswege zu leisten sind, um an einer Weiterbildung teilzunehmen und etwa Wochenendseminare kaum vorhanden sind. Dem Wunsch der Nachfrageseite nach einer möglichst kompakten Veranstaltung in Form von ein bis zwei Wochenblöcken steht in dieser Region kein entsprechendes Angebot gegenüber.

Ein ungleiches Verhältnis scheint es auch zwischen dem Angebot an Inhalten und der Nachfrage nach bestimmten Inhalten zu geben. Rund 85% der Angebote mit Schwerpunkt auf Allgemeiner BWL stehen 13% mit Schwerpunkt Management/Führung/Personal gegenüber. Auf der Nachfrageseite werden jedoch insbesondere die Themenfelder Management und Personal häufiger gewünscht, als Themen der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre. Dies kann für Weiterbildungsanbieter zum Anlass genommen werden, ihr Angebotsspektrum der Nachfrage entsprechend zu modifizieren. Bei beispielhafter Betrachtung der Regionen Mecklenburg-Vorpommern, Nord-Brandenburg und Nord-Sachsen-Anhalt ergibt sich das Bild, dass es hier keinerlei Weiterbildung mit der Schwerpunktsetzung Management/Führung/Personal gibt. Hier wären die nächsten Weiterbildungen mit entsprechendem Schwerpunkt in Berlin bzw. Hamburg zu suchen. Es kann allerdings auch Anlass dafür sein, dahingehend unter Ärzten Aufklärung zu betreiben, dass Management und Führung als Teilbereiche der Allgemeinen BWL anzusehen sind, deren alleinige Kenntnis als unzureichend zu bewerten ist. Auch hier ist nach der ärztlichen Auffassung der Begriffe Betriebswirtschaftslehre, Management und Führung zu fragen.

Die Preise der angebotenen Weiterbildungen bewegen sich in einer Zone zwischen unter 1.000 € bis weit über 10.000 €, was vor allem auf die höchst unterschiedlichen Weiterbildungsmöglichkeiten zurückzuführen ist (MBA, Aufbaustudium, Lehrgang). Die Zahlungsbereitschaft für eine Weiterbildung insgesamt liegt zum Großteil (52%) bei bis 1.000 €. Hieraus ist zu schließen, dass diese Weiterbildungen in der Praxis hauptsächlich vom Arbeitgeber finanziert werden bzw. zwangsläufig von diesem finanziert werden müssen, da die eigene Zahlungsbereitschaft der Ärzte eher gering ist.

Die Weiterbildungsträger setzen vor allem auf Präsenzveranstaltungen; Fernunterricht kombinierte Präsenz- und Fernlehre werden kaum angeboten. Auf der Nachfrageseite wird von Ärzten Präsenzunterricht am häufigsten genannt, jedoch scheint auch das Konzept der kombinierten Präsenz- und Fernlehre eine mögliche Form der Weiterbildung zu sein, worauf die Angebotsseite kaum eingeht. Abwechselnde Präsenz- und Fernlernphasen hätten außerdem den Vorteil, dass die Anreisedistanz unter Umständen ein geringeres Teilnahmehemmnis darstellt.

Mit insgesamt 25% der Angebote besteht eine recht große Anzahl an Weiterbildungen, die speziell für Ärzte und Mediziner zugeschnitten ist. Allerdings wird innerhalb dieser Gruppe kaum zwischen beruflichen Positionen oder Funktionen unterschieden (Ärztlicher Direktor, Chef-, Ober- und Assistenzarzt; Radiologe, Kardiologe etc.). Einzelne Weiterbildungsangebote mit entsprechender Differenzierung gibt es zwar schon (z.B. mibeg-Institut Medizin in Köln), aber bei weitem noch nicht flächendeckend.

Die Analyse der Nachfrageseite hat gezeigt, dass Chef- und Oberärzte sich z.B. hinsichtlich der Einschätzung eigener Führungsfähigkeiten oder Kommunikationsschwierigkeiten tendenziell unterscheiden. Ein Ansatzpunkt für Weiterbildungsanbieter wäre hier, auf diese unterschiedlichen Voraussetzungen einzugehen und die Angebote entsprechend zu modifizieren.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass die heutigen und zukünftigen leitenden Krankenhausärzte erkannt haben, dass sie Führung lernen müssen. Sie haben ein hohes Bewusstsein für diese Kompetenzlücke und sind bereit, hierfür Zeit und Geld zu investieren. Im Vergleich zu dem, was jedoch für die medizinische Fortbildung eingesetzt wird, erscheint die Fortbildung im Bereich BWL/Management hingegen noch immer unterschätzt zu werden. Aus akademischer Sicht dürfte die gewünschte Kurslänge von 1-2 Wochen nicht einmal genügen, um grundlegendste Bausteine zu vermitteln. Es besteht die Gefahr, dass die Absolventen dieser Kurzkurse ein Halbwissen erwerben, das ihnen letztlich sogar die Zusammenarbeit mit der kaufmännischen Leitung erschwert. Auf der anderen Seite sind die zahlreichen Master- und MBA-Studiengänge mit mindestens einjähriger Vollzeitausbildung für die meisten Ärzte, die primär in ihrem Fach bleiben wollen und keine ausschließliche Karriere in der Verwaltung anstreben, nicht studierbar. Eine akademisch hochwertige Ausbildung im Umfang von 4-8 Wochen (gestreckt auf mehrere Wochenblöcke) erscheint ein guter und praktischer Kompromiss, der aber eine empirische Prüfung (noch) entbehrt.


Literatur

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Fleßa S. Gut vorbereitet für den Alltag? Ausbildung von Medizinstudenten in Gesundheitsökonomik - eine kritische Analyse. Krankenhaus Umschau. Special Beruf Karriere. 2005;30(7):10-12.
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