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GMS Journal for Medical Education

Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

ISSN 2366-5017

Prof. Dr. med. Dr. hc. Dieter Scheffner, 23.03.1930 - 24.06.2009

Nachruf/obituary Humanmedizin

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  • corresponding author Walter Burger - DRK Kliniken Berlin/Westend, Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche, Berlin, Deutschland

GMS Z Med Ausbild 2009;26(3):Doc25

doi: 10.3205/zma000617, urn:nbn:de:0183-zma0006173

Eingereicht: 25. Juni 2009
Überarbeitet: 7. Juli 2009
Angenommen: 7. Juli 2009
Veröffentlicht: 17. August 2009

© 2009 Burger.
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Gliederung

Nachruf

Am 24.6.2009 verstarb Herr Prof. Dr. med. Dieter Scheffner, Kinderarzt, ehemaliger Leiter der Neuropädiatrischen Abteilung der Universitätskinderklinik der Freien Universität Berlin, langjähriger Dekan der medizinischen Fakultät, Begründer und langjähriger Leiter des Berliner Reformstudiengangs an der Charité (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Herr Prof. Dr. Scheffner war Kinderarzt mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie. Nach seinem Medizinstudium in Heidelberg und Innsbruck und seiner Facharztweiterbildung in der Universitätskinderklinik Kiel wurde er Leiter der Abteilung Neuropädiatrie der Universitätskinderklinik Homburg-Saar, dann Direktor der Neuropädiatrischen Abteilung der Universitätslinderklinik Heidelberg und später der Universitätskinderklinik der Freien Universität in Berlin. Über drei Amtsperioden war er Dekan des Universitätsklinikums Rudolf-Virchow und in dieser Zeit maßgeblich an dem schwierigen Prozess der Fusion der Medizinischen Fakultäten der Freien Universität und der Humboldt-Universität beteiligt.

Als Dekan gelang es ihm, die Lehre aus ihrem Schattendasein heraus zu führen und zu einem zentralen Anliegen der Fakultät zu machen. Ausgangspunkt war eine, im Rahmen des bundesweiten „UniMut“-Streiks der Studierenden entwickelte Initiative zu einer grundlegenden und an internationalen Vorbildern orientierten Reform des Medizinstudiums. Er nahm – für viele Studierende auch noch heute in der Erinnerung ein eindrucksvolles Erlebnis - die Studierenden in ihrem Anliegen als gleichberechtigte Mitglieder der Fakultät ernst. Er wurde selbst noch einmal ein Lernender, als er mit ihnen gemeinsam durch den Besuch verschiedener internationaler Medizinischer Fakultäten grundlegende neue Methoden integrativen und selbstbestimmten Lernens und Lehrens kennen und umsetzen lernte. Daraus gewann er die Überzeugung, dass nur ein grundlegend reformiertes Studium die über viele Jahre beklagten Schwächen der ärztlichen Ausbildung, wie Praxis- und Patientenferne, mangelnde Differenzierung zwischen Aus- und Weiterbildungsinhalten und mangelnde Ausbildung in praktischen Fertigkeiten (u.a. besonders auch Kommunikation!) beheben kann.

Sein Wesen und sein beruflichen Handeln waren geprägt von Gradlinigkeit, Offenheit, Fairness und Hartnäckigkeit. Ohne diese Eigenschaften hätte er es nie geschafft, die dann letztendlich im Berliner Reformstudiengang umgesetzte grundlegende Änderung des Medizinstudiums gegen die vielfältigen, offen und verborgenen Widerstände auf bildungspolitischer und hochschulpolitischer Seite durchzusetzen. Er suchte die offene, ehrliche Diskussion und versuchte immer, die meist emotionale Diskussion auf die rationale Basis der breiten, aber zum damaligen Zeitpunkt in Deutschland kaum rezipierten internationalen Ausbildungsforschung zu stellen. Folgerichtig etablierte er ausgehend von der Arbeitsgruppe Reformstudiengang an der Charité eine Ausbildungsforschung. Mit der praktischen Umsetzung des Reformstudiengangs mit seinen vielen inzwischen beruflich auch an Universitätskliniken höchst erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen konnte er zeigen, dass eine wirklich grundlegende Reform des Medizinstudiums nicht nur möglich, sondern auch unabdingbar ist. Oberflächliche, von überlieferten Vorbehalten und nicht von stichhaltigen Argumenten geprägte Änderungen der Lehre, die unter dem Etikett „Reform“ verkauft werden, waren ihm zuwider. Umso schwieriger war es für ihn, sich in den letzten Jahren auch an seiner Wirkungsstätte immer stärkeren Hindernissen und längst überwunden geglaubten Vorbehalten ausgesetzt zu sehen. Seine Verantwortung gegenüber der Reformidee und den dafür tätigen Fakultätsmitgliedern, war ein wichtiger Grund für ihn, auch weit über seine Emeritierung hinaus, im Reformstudiengang mitzuarbeiten. Diese Aufgabe beschäftigte ihn bis zu seinem Tod. Alle, die das Glück hatten, mit Herrn Scheffner zusammenzuarbeiten, waren dankbar für viele Anregungen und Unterstützungen. Eine große Zahl von Studierenden und Mitarbeitern verdanken ihm richtungweisende Impulse für das berufliche und private Leben. Sein Tod hinterlässt eine schmerzhafte Lücke.