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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Softwareentwicklung und Management von Informationssystemen. Ein Kommentar zu ‚Verpasste Chancen. Nachdenken über Fehlentwicklungen der Medizinischen Informatik’ von Wolfgang Giere

Leserbrief

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  • corresponding author Alfred Winter - Universität Leipzig, Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Leipzig, Deutschland

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2023;19:Doc16

doi: 10.3205/mibe000255, urn:nbn:de:0183-mibe0002554

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2023-19/mibe000255.shtml

Veröffentlicht: 18. Oktober 2023

© 2023 Winter.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Leserbrief

Zunächst einen herzlichen Dank an Wolfgang Giere für die offene Darstellung seiner Erfahrungen in der Medizinischen Informatik seit dem Ende der 1960er Jahre [1].

Gerne möchte ich besonders seine Analysen in Abschnitt 5 „BAIK – verpasste Chance“ hervorheben. Gerade die hier geschilderten Erfahrungen dürfen nicht in Vergessenheit geraten.

Anfang der 1990er Jahre war ich selber in der Abteilung Medizinische Informatik an der Universität Heidelberg für die Softwareentwicklung verantwortlich. Und das bedeutete vor allem, Eigenentwicklungen aus genau den von Wolfgang Giere geschilderten Gründen zurückzufahren und die über Jahre entwickelten hervorragenden Ideen in die Hände industrieller Partner zu geben. Ob dies rechtzeitig und im richtigen Maße erfolgte, könnte auch noch einmal selbstkritisch analysiert werden. In ungefähr dieser Zeit wurde auch die GMDS/GI-Arbeitsgruppe „Methoden und Werkzeuge für das Management von Informationssystemen“ gegründet. Dort haben wir miteinander gelernt, dass Softwareentwicklung Teil des taktischen Managements von Informationssystemen ist und dass dies wiederum mit dem operativen und strategischen Management von Informationssystemen verwoben ist [2]. Daraus ergeben sich unter anderem zwei Konsequenzen:

1.
Mit der Umsetzung hervorragender Ideen durch die Entwicklung von Software ist es nicht getan.
2.
Entwicklung von Software kann tatsächlich der Industrie überlassen werden. Das Management ihrer Informationssysteme bleibt aber Aufgabe der Krankenhäuser.

Gerade der erste Punkt droht in manchen Projekten aus dem Blick zu geraten. Gut, dass Han et al. [3] den Mut hatten, darüber zu berichten, dass mangelhaftes taktisches Informationsmanagement bei ansonsten guter und fehlerfreier Software auch Kinder töten kann.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
Giere W. Verpasste Chancen. Nachdenken über Fehlentwicklungen der Medizinischen Informatik [Missed opportunities. Reflections on misdevelopments in medical informatics]. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2023;19:Doc08. DOI: 10.3205/mibe000247 Externer Link
2.
Winter AF, Zimmerling R, Bott OJ, Gräber S, Haas P, Hasselbring W, Haux R, Heinrich A, Jaeger R, Kock I, Möller DPF, Penger OS, Prokosch HU, Ritter J, Terstappen A, Winter A. Das Management von Krankenhausinformationssystemen: Eine Begriffsdefinition. Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Medizin und Biologie. 1998;29(2):93-105. URN: urn:nbn:de:bsz:15-qucosa-148053 Externer Link
3.
Han YY, Carcillo JA, Venkataraman ST, Clark RS, Watson RS, Nguyen TC, Bayir H, Orr RA. Unexpected increased mortality after implementation of a commercially sold computerized physician order entry system. Pediatrics. 2005 Dec;116(6):1506-12. DOI: 10.1542/peds.2005-1287 Externer Link